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Tabuisierter Israel-Hass

Ein Gastbeitrag von Martin Jander

Mehr als 50 Jahre nach der Entstehung der deutschen linksterroristischen Formationen – Rote Armee Fraktion (RAF), Bewegung 2. Juni und Revolutionäre Zellen (RZ) – ist über ihre Geschichten bereits viel geschrieben worden. Trotzdem wird es zum 40. Jahrestag der Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers noch viele neue Publikationen geben, die von den Verlagen damit angepriesen werden, entscheidende noch unbekannte Details auszubreiten.

Der Jurist und Journalist Butz Peters, Verfasser von bereits drei Büchern zum Thema RAF, wartet 2017 gleich mit zwei neuen Publikationen auf. Eine davon ist mehr als Analyse des Phänomens RAF angelegt („1977 – RAF gegen Bundesrepublik“), die andere mehr erzählend als Chronik des Jahres 1977 („Hundert Tage – Die RAF-Chronik 1977“). Im Kern behandeln beide Bücher dieselbe Geschichte. Leider aber teilen beide neue Bücher den bisherigen Hauptmangel der großen Darstellungen zum Linksterrorismus in der Bundesrepublik: dessen Weltbilder bleiben unterbelichtet.

Ein Mercedes

Neu an Peters Büchern ist, dass der Autor wohl alle Gerichtsurteile und viele Polizeiakten gelesen hat, die irgendwann zu Mitgliedern der RAF ausgefertigt worden sind. Das unterscheidet seine Arbeiten insgesamt und auch seine beiden neuen Publikationen wohltuend von anderen Darstellungen. Der Leser ist mit der Lektüre der Arbeiten von Butz Peters auf dem Stand der Gerichte und der Polizei, so genau wie man eben dort die Geschichte rekonstruieren kann. Er erfährt, wer genau an welchem Anschlag und unter welchen Umständen beteiligt war, vom wem das zunächst nur vermutet wurde und wer fälschlich ins Visier der Polizei geriet.

Bei manchen großen Rätseln der RAF-Geschichte, wie z. B. wer genau Hanns Martin Schleyer wo ermordet hat, muss auch Peters seine Feder strecken. Das ist bis heute weder Polizei noch Gerichten bekannt. Alle anderen Details aber werden hier in sehr gut lesbarer Form ausgebreitet.

Eine solch detaillierte Darstellung ist auch deshalb wichtig, weil die RAF-Mitglieder selbst vor Gericht meist schwiegen und in dem breiten Angebot von Darstellungen sich links verstehender Autoren – siehe zum Beispiel Markus Mohrs jüngst erschienenes Buch „Legenden um Entebbe“ – nicht selten die propagandistische Darstellung der Ereignisse aus den terroristischen Bekennerschreiben wiederholt wurden und werden. Die minutiöse Rekonstruktion der Ereignisse und Abläufe, die Butz Peters mit seinen Büchern anvisiert, ist ein großer Gewinn.

Manches Mal sind die Beschreibungen von Peters allerdings so detailliert, dass die Leser sich unwillkürlich fragen werden, ob die Kenntnis all dieser Einzelheiten ihr Verständnis des linken Terrorismus in der Bundesrepublik wirklich erweitert.

Nehmen wir zum Beispiel Peters Eintrag aus der Chronik des Jahres 1977 zum 6. August. Über eine ganze Seite entlang wird da erzählt, wie genau das RAF-Mitglied Willy Peter Stoll unter falschem Namen den Mercedes erwarb, in dem am 5. September selbigen Jahres Hanns Martin Schleyer vom Tatort in eine konspirative Wohnung verschleppt wurde. Bis hin zum gefälschten Kennzeichen des Kraftfahrzeugs, der Art der Bezahlung, der Probefahrt von Anbieter und RAF-Mitglied und dem genauen Baumodell des Mercedes bleibt kein Detail ausgespart.

In solchen Passagen verwandeln sich die Bücher von Peters in gedruckte Ausgaben der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ungelöst“. Die Leser beginnen lesend an der Fahndung nach nun aber nicht mehr flüchtigen Terroristen teilzunehmen.

Ein Kommuniqué

Peters Genauigkeit bei so vielen Einzelheiten steht in starkem Kontrast dazu, dass der Autor viele Details der Geschichte der RAF, und zwar eben jene, die in den Gerichtsurteilen meist nicht zu finden sind, nur stiefmütterlich oder gar nicht behandelt. Seine Darstellungen teilen insoweit die zwei Hauptmängel, die auch die Bücher von Stefan Aust („Der Baader Meinhof Komplex“) und Willi Winkler („Die Geschichte der RAF“) kennzeichnen.

Der erste dieser Mängel besteht darin, dass die Zusammenhänge und Überschneidungen der RAF-Geschichte mit jenen der Bewegung 2. Juni und der Revolutionären Zellen weitgehend ausgeblendet bleiben. Alle drei Organisationen waren zwar lange Zeit untereinander zerstritten, aber nie so voneinander abgeschottet, wie es viele bisherige Darstellungen glauben machen. RAF und Bewegung 2. Juni fusionierten 1980 sogar. Der politisch konzeptionelle Ansatz der drei Gruppen und ihre Weltbilder unterschieden sich graduell, nicht prinzipiell.

Der zweite wesentlicher Mangel der Arbeiten von Peters besteht darin, und auch den teilt er mit Winkler und Aust, dass er auf eine explizite Analyse der Ideologie und Propaganda der RAF weitgehend verzichtet. So zum Beispiel finden sich nur kurze Hinweise auf die gemeinsam von Mitgliedern der RAF und der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) verfasste Erklärung zur Entführung des Flugzeugs „Landshut“ am 13. Oktober 1977.

Trotz der Entführung von Hanns Martin Schleyer sowie der Ermordung seiner Begleiter war die Bundesregierung 1977 nicht bereit, die inhaftierten RAF-Mitglieder aus der Haft zu entlassen, man spielte auf Zeit. In dieser aus der Sicht der RAF sowie ihrer Freunde verfahrenen Situation beschlossen die Entführer Schleyers und ihre langjährigen Freunde und Förderer aus der PFLP eine zweite Geiselnahme. Sie entführten ein Flugzeug mit hauptsächlich deutschen Urlaubern, um den Druck auf Helmut Schmidt zu erhöhen.

Im Bekennerschreiben, das am 15. Oktober 1977 in der „Frankfurter Rundschau“ in RAF- typischer Kleinschreibung vollständig dokumentiert wurde, hieß es, die Entführung des Flugzeugs habe zum Ziel „unsere genossen aus den gefängnissen der imperialistisch-reaktionär-zionistischen allianz“ freizupressen. Überall auf der Welt seien „revolutionäre und freiheitskämpfer“ mit einem “barbarischen krieg unter der hegemonie der usa gegen die völker der welt“ konfrontiert. In diesem Krieg hätten „imperialisti­sche subzentren wie israel und die brd die exekutiv-funktion der unter­drückung und liquidation jedweder revolutionären bewegung“ übernommen. In „unserem besetzten land“, gemeint ist offenbar Israel, demon­striere „der imperialistisch-zionistisch-reaktionäre feind die höchste ebene seiner blutigen feindseligkeit und aggressivität gegen unser volk und unsere revolution, gegen alle arabischen massen und ihre patriotischen und fortschrittlichen kräfte.“

Die „expansionistische und rassistische natur israels“, heißt es in der Erklärung weiter, trete klarer hervor als je zuvor. Auf den gleichen imperialistischen Interessen sei „westdeutschland 1945 als us-basis aufgebaut“ worden. Zwischen den beiden „regimen“ in Bonn und Tel Aviv gebe es eine enge Zusammenarbeit. Der Charakter des „neo-nazismus in west-deutschland“ und des „zionismus in israel“ werde immer klarer. Während das „zionistische regime die höchst eigenständige und praktische fortführung des nazismus“ sei, täten „bonner  regierung und  die parteien ihres parlaments ihr bestes, nazismus und expansionistischen rassismus in westdeutschland zu erneuern.“

 Hass auf Israel und die USA

Das Kommuniqué, das auch in der Dokumentation von RAF-Texten fehlt, die 1997 im sich politisch links verortenden „ID-Verlag“ erschienen sind, macht unmissverständlich deutlich, um was es der RAF und der PFLP gemeinsam ging. In ihrer Kooperation waren keineswegs nur Technik und Logistik wichtig. Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Dieter Kunzelmann, Ingrid Siepmann und ihre Nachfolger wurden von der PLO, ihren Unterorganisationen sowie deren Unterstützern in den Geheimdiensten der DDR und anderen Satellitenstaaten der Sowjetunion nicht bloß ausgerüstet und trainiert. Sie beteiligten sich vielmehr aktiv und aus voller Überzeugung am Guerilla-Krieg zur Vernichtung Israels und an der politisch-moralischen Dämonisierung der USA sowie des jüdischen Staates. Antiamerikanismus und Antizionismus sowie Antisemitismus gehörten seit den Anfängen der linksterroristischen Formationen zu ihren Weltbildern.

Dieser Aspekt der Geschichte des Linksterrorismus fehlt in den beiden Büchern von Peters fast vollständig. Zwar werden die bislang bekannten Kontakte zwischen der RAF und der PLO/PFLP nacherzählt. Den Zusammenhang ihrer Anschläge, Entführungen und Propagandakampagnen mit dem palästinensisch-arabischen Krieg zur Vernichtung Israels, wie er z. B. in Benny Morris 1999 erschienenen Buch („Righteous Victims: A History oft e Zionist-Arab Conflict, 1881 – 2001“) sichtbar wird, lässt Butz Peters aber völlig außer Acht.

Wie bereits der Titel seines mehr analytisch angelegten neuen Buches verrät („RAF gegen Bundesrepublik“), sieht Peters die RAF in erster Linie als eine Organisation, die es auf einen Sturz der Verhältnisse in der Bundesrepublik angelegt hatte. Dass die Gruppe, ähnlich wie die Bewegung 2. Juni und die Revolutionären Zellen, immer auch ein Kriegsinstrument war, das von Palästinensern, ihren Finanziers aus verschiedenen arabischen Ländern sowie ihren Unterstützern aus den Geheimdiensten der Sowjetunion und deren Satellitenstaaten eingesetzt wurde und dessen Angehörige sich aus voller Überzeugung in den Krieg gegen Israel und die USA warfen, sieht Peters nicht. Mit ihren Anschlägen verfolgten RAF und Co. nicht nur eigene Ziele. Sie reihten sich nahtlos in das Konzept ihrer arabischen Partner ein, die Freunde Israels mit Anschlägen zu überziehen.

Offene Geheimnisse

Bereits eine der ersten Autorinnen zur Geschichte des deutschen Linksterrorismus, die Journalistin Jillian Becker, hat nach der Publikation ihres immer noch lesenswerten Buches („Hitlers Children. The Story of the Baader-Meinhof Terrorist Gang“) im Jahr 1977 eine ausführliche zweite Studie zur Geschichte der PLO („The PLO: The Rise and Fall of the Palestine Liberation Organization“) vorgelegt, die 1984 erschien. Becker hat verstanden, was jeder interessierte Zeitgenosse damals in der Zeitung las: der deutsche Linksterrorismus kann ohne seine Verbindung mit dem palästinensisch-arabischen Krieg zur Vernichtung Israels und die terroristischen Angriffe auf Israels Freunde in der ganzen Welt überhaupt nicht verstanden werden.

Das langjährige Mitglied der Revolutionären Zellen Hans Joachim Klein hat bereits in einem 1979 publizierten Buch („Rückkehr in die Menschlichkeit“) die enge Verzahnung des deutschen Linksterrorismus mit den arabischen Kriegen gegen Israel in groben Zügen dargelegt. Im April 1977 schickte Klein, der am 21. Dezember 1975 am Überfall eines deutsch-arabischen Kommandos auf die OPEC beteiligt war, seine Waffe an den „Spiegel“, erklärte seinen Ausstieg aus dem bewaffneten Kampf und verriet die Vorbereitungen von Anschlägen der Revolutionären Zellen auf die Vorsitzenden der jüdischen Gemeinden in West-Berlin und Frankfurt am Main, Heinz Galinski und Ignatz Lipinski.

Diesen von Jillian Becker, Hans Joachim Klein und vielen anderen längst erarbeiteten Erkenntnisfortschritt über den Charakter des deutschen Linksterrorismus der 70er Jahre ignoriert Butz Peters in seinen neuen Büchern. Trotz einer inzwischen ausführlichen publizistischen und wissenschaftlichen Debatte zu den antisemitischen, antizionistischen und antiamerikanischen Orientierungen vieler Gruppen der Neuen Linken in der Bundesrepublik Deutschland und anderswo, sieht er sich – wie breite Teile der Zeitgeschichtsschreibung und Publizistik – offenbar nicht in der Lage, diesen Zusammenhängen auf den Grund zu gehen.

Man kann über die genaue Bewertung des Antisemitismus, Antizionismus und Antiamerikanismus von RAF, Bewegung 2. Juni, Revolutionären Zellen und breiten Teilen der Neuen Linken in den 70er Jahren gewiss streiten. Dass ihre Geschichten in den Zusammenhang der Geschichte des Antisemitismus und Antizionismus sowie des Antiamerikanismus nach der Shoah gehören, daran gibt es indes keinen Zweifel.

Nachsätze

Der Hass auf Israel zählt, wie der 2014 vom Deutschen Bundestag eingesetzte „Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus“ erst vor einigen Wochen in einem Bericht feststellte, zu den gegenwärtig bedrückendsten und deutlich sichtbaren Zeichen des Antisemitismus nach der Shoah in Deutschland. Die verweigerte Kenntnisnahme seiner Geschichte reproduziert seine Gefahr. Butz Peters kann im Konzert der verschiedenen Sachbücher zum deutschen Linksterrorismus zu Recht und mit Stolz auf seine Detailgenauigkeit verweisen. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat ihn 1991 mit der „Nick-Knatterton-Ehrenmütze“ für besonderes Engagement auf dem Gebiet der Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung ausgezeichnet. Meine Auszeichnung für das momentan beste Buch zur Geschichte der deutschen Linksterroristen erhält der Autor jedoch nicht. Die habe ich bereits an anderer Stelle für Jeffrey Herf und sein im letzten Jahr erschienenes Buch „Undeclared Wars with Israel“ abgegeben.

Rezension für „Starke Meinungen zu:

Butz Peters, 1977 – RAF gegen Bundesrepublik, München 2017, Droemer Verlag, ISBN-13: 978-3426276785, 26.99 €uro

Butz Peters, Hundert Tage: Die RAF-Chronik 1977, München 2017, Knauer TB, ISBN-13: 978-3426788110, 9.99 €uro

Martin Jander, geboren am 21. Januar 1955, ist promovierter Historiker. Seine Dissertation verfasste er 1995 zum Themenbereich DDR-Opposition. Er unterrichtet moderne deutsche Geschichte im europäischen Kontext an der Dependance der Stanford University in Berlin sowie im Programm von FU-BEST. Jander arbeitet mit Wolfgang Kraushaar und Thomas Skelton-Robinson an einer Chronik des linken deutschen Terrorismus und seiner internationalen Verbindungen und schreibt gelegentlich für den „Tagesspiegel“, die „Jüdische Allgemeine“ sowie die Internet-Plattform www.hagalil.com. Er hat verschiedene Arbeitshefte in der Reihe „Geschichte betrifft uns“ des Bergmoser und Höller Verlages in Aachen publiziert sowie Reiseführer. Jander bietet in Berlin und Potsdam Stadtführungen an: www.unwrapping-history.de

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12 Gedanken zu “Tabuisierter Israel-Hass;”

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    Sehr geehrte Frau Frommel,
    wie liberal der Vater von Gudrun Ensslin war und was das genau bedeutete, darüber müsste man mal ausführlich sprechen. Dazu reicht der Platz hier nicht. Verfolgen Sie seine Interventionen nach der Inhaftierung seiner Tochter, so werden sie sehen, dass da von „Liberalität“ keine Rede sein kann. Hier zeigt sich eher ein protestantischer Fundamentalismus. Susanne Bressan und ich haben dazu einen ausführlichen Essay vorgelegt (S. Bressan, M. Jander, Gudrun Ensslin, in: W. Kraushaar (Hrsg.), Die RAF und der linke Terrorismus, Bd. 1, S. 398ff, Hamburg 2006))
    Ich glaube es ist falsch zu sagen, das Israel das „Palästinenser-Problem“ schafft. Die UNO schlägt 1947 vor, dass Juden und Araber jeweils einen eigenen Staat auf dem bisherigen britischen Mandatsgebiet Palästina gründen. Die Vertretung der Juden tut es. Die Vertretung der Araber, unter maßgeblicher Inspiration des Großmufti von Jerusalem, der mit Adolf Hitler kooperiert hatte, lehnt es ab. Die Nachbarn Israels beginnen einen Krieg gegen den neu gegründeten Staat Israel und versuchen ihn zu zerstören. In diesem Krieg fliehen viele Arber aus dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet in die angrenzenden Staaten. Während dieses Krieges und danach, werden aus vielen arabischen Ländern Juden vertrieben. Die Zerstörung Israels scheitert. Israel ist in dieser Situation nicht der Aggressor. Nicht Israel verstößt gegen das Völkerrecht.
    Das alles wird sehr gut in den Büchern des israelischen Historikers Benny Morris beschrieben.

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    Zu Gudrun Ensslin und ihr Hypermoralismus: Ihr Vater gehörte zur „Bekennenden Kirche“, war liberal und verständnisvoll, gleichwohl gab es heftige Debatten vor der Phase der Radikalisierung (besser Brutalisierung), in denen GEnsslin ihm vorwarf nicht genug getan zu haben. Der amoralische Baader war dann eine fatale Entlastung für sie und der letzte Schritt in den Terrorismus.
    Was Israel betrifft, bleibe ich bei meinem Urteil. Nationalismus ist per de nicht völkisch. In keiner Kultur. Der NS war und Neonazis sind völkisch und fallen insoweit aus der Logik der modernen Nationalstaaten, die nun einmal eine konservative Klammer mit ihrer Staatsbegründung schaffen. Israel geht einen dritten Weg, schafft aber ein Palästinenser-Problem, das die gegenwärtige Politik Israels leider nicht realistisch beschreibt.
    Sie tun das auch nicht. Hannah Arendt hat das schon sehr früh richtig gesehen.

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    Sehr geehrte Frau Frommel,

    ob Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin als „Hypermoralisten“ gut gekennzeichnet werden, weiß ich nicht. Vielleicht sollte nman genauer sagen, woher sie Teile ihrer Haltung bezogen. Es ist deutlich eine protestantische Sozialisation, die bei beiden eine Rolle spielt. Eindeutig widersprechen möchte ich Ihrem (Traversos) Argument der angeblich „konservativen Wende“, die die Gründung Israels kennzeichne. Der Zionismus ist nicht mit völkisch-nationalistischen Bewegungen in Europa gleichzusetzen. Ohne den Antisemitismus in Europa und ohne den Holocaust, ist er nicht zu verstehen. Schon gar nicht teilen würde ich ihr Argument, dass es Israel den arabischen und deutschen Terroristen „leicht gemacht“ habe, sich selbst als „Befreiungskämpfer“ zu inszenieren. Israel trägt nicht die Verantwortung für den Terrorismus. Bekanntlich hat die UNO 1947, nach der Beauftragung mehrer Untersuchungskommissionen, die Vertretung der Juden und der Arber aufgefordert, zwei Staaten auf dem Territorium des früheren britischen Mandatsgebietes Palästina zu gründen. Die Juden in Palästina haben dies getan. Die arabischen Nachbarn Israels haben dagegen einen Krieg gegen den neu gegründeten Staat angezettelt, weil sie glaubten, sie könnten Israel vernichten. Das ist dann mehrfach fehlgeschlagen. Die militärische und moralische Vernichtung Israels blieb aber das Ziel der PLO und ihrer deutschen Freunde. Wahrheitswidrig kennzeichneten sie Israel als den Aggressor in dieser Auseinandersetzung. Das ist einfach unrichtig (auch wenn es bis heute so weitererzählt wird).

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    Enzo Traverso (Das Ende der jüdischen Moderne, 2017)
    sieht in der Gründung Israels eine „Rückkehr zum ethnos“ und nennt dies „eine konservative Wende“. Diese hat es Terroristen (wie Ulrike Meinhof und anderen) leicht gemacht, einen gewalttätigen Antizionismus und eine Kollaboration mit palästinensischen Terroristen als „Befreiungskampf“ zu etikettieren und ihre Ideologie des „bewaffneten Kampfes“ zu festigen, wenn man so will eine Position zwischen Links- und Rechtsfaschismus, in der Mitte der Hölle einzunehmen.
    Tja – so verändern sich Hypes-Moralisten und werden schlicht Verbrecher.

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    Sehr geehrte Frau Frommel, Ulrike Meinhof gehört ja zur ersten Generation der RAF. Hier hat ein Autor der „Tageszeitung“ die Geschichte aufgeschrieben: http://www.taz.de/!5193915/ Die erste Generation der RAF wurde ja von den Palästinensern trainiert. Vielleicht sollten Sie einmal eine Geschichte der RAF lesen. Besorgen Sie sich doch von Butz Peters das Buch „Tödlicher Irrtum“, da werden Sie einen guten Einstieg bekommen.

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    Was Ulrike Meinhof betrifft, so feierte sie die Ermordung der jüdischen Sportler (Olympiade) 1972 in München als revolutionäre Tat, vgl. Bettina Röhr, 2006 (so macht Kommunismus Spass), S. 619. Diese grauenvolle Erklärung ist in den Meiden – soweit ich sehe – tatsächlich tabuisiert worden.

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      Durchaus. Die Führungsebene der ersten Generation (damals noch tatsächlich die Baader-Meinhof-Bande) träumte von ihrem Konzept der Stadtguerilla, hatte aber keine praktischen Kenntnisse. Und da es seinerzeit keine VHS-Kurse zu diesem Thema gab, mußten die Grundausbildung auswärts erfolgen. Die Wahl fiel wohl aus gutem Grund auf Palästina – mit der Ausreise über Ost-Berlin wäre auch ein Weiterflug nach Kuba durchaus möglich gewesen; von Fidel Castro hätte die Baader-Meinhof-Bande schließlich lernen können, wie man Guerilla-Taktik erfolgreich anwendet.

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        Es gab auch kein Internet und keine Baumärkte. Dazu wurden die Grenzen (natürlich) kontrolliert. Wir leben heute in einer viel gefährlicheren Zeit, damals war die BRD das Paradies und die Meinhof in ihrer Villa auf Sylt wohlstandsverwahrlost. Bettina heißt übrigens Röhl, wie ihr Onkel Wolfgang Röhl von der Achse.

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