Als Thilo Sarrazin mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ einen primitiven Biologismus und eine rassistisch grundierte Eugenik wieder salonfähig machte, wollte ihn die SPD-Führung ausschließen. Das klappte nicht: schnell wurde den SPD-Oberen klar, dass viele Genossen an der Basis so ticken wie der ehemalige Bundesbanker. Das Wir entschied, Sarrazin blieb. Mehr Glück dürfte man im Falle Sebastian Edathy haben. Der ist schon so gut wie draußen. Das Wir will mit solchen Schweinigeleien nichts zu tun haben.
Wie es der Zufall will, warnt Thilo Sarrazin in seinem neuen Buch vor dem „neuen Tugendterror“, der angeblich in Deutschland herrsche. Freilich meint er nicht die bigotte Empörungswelle, in der sein Parteifreund Sebastian Edathy gerade ertrinkt. Doch erst wenn Sarrazin den Mut hätte, Edathy beizustehen, könnte man ihm bescheinigen, gegen den Tugendterror tatsächlich Widerstand zu leisten statt Bullshit zu verzapfen.
Gegen „Aufschrei“-Frauen und Multikulti-Gutmenschen sticheln, das kostet nicht nur nichts, es ist im Land des angeblichen rot-grünen Mainstreams der sichere Weg in die Talkshows und Bestsellerlisten eines Landes, in dem, wie Maxim Biller kürzlich festgestellt hat, Hitler immer noch allgegenwärtig ist und die Faszination des Dritten Reichs den Subtext jeder Debatte über angebliche Denkverbote bildet.
Wer sich zu seinem Antizionismus, seiner Islamo-, Homo- oder Gynophobie bekennt, wer der Meinung ist, es müsse endlich mal – hier fehlt immer das „wieder“ – gesagt werden dürfen, dass Frauen lieber zuhause bleiben und Akademikerinnen mehr Kinder bekommen sollen, weil die genetisch höherwertig seien als die Brut der südlichen Zuwanderer und der heimischen White Trash, dass Schwule behindert sind, dass der ganze Sozialmurks und der sentimentale Umweltblödsinn einem auf den Sack gehen, dass wir wieder Eliten brauchen, wozu man sich selber natürlich zählt, dass wieder Leistungswille und Härte herrschen sollen statt Weinerlichkeit und Hedonismus, dass – wie es kürzlich im sozialdemokratisch grundierten „Cicero“ hieß – die „Konsensrepublik“ in Wirklichkeit eine „Diktatur der politischen Korrektheit“ bedeute; wer, kurzum, all das wiederholt, was schon von reaktionären Wutbürgern gegen die Weimarer Republik vorgebracht wurde, der darf sein beleidigtes Gesicht in jede Kamera halten und sich des Ehrentitels eines „umstrittenen Denkers“ erfreuen, wo er in Wirklichkeit bloß jemand ist, der sein Denken längst vom Dickdarm erledigen lässt.
Aber lass einmal einer in den Geruch der Pädophilie kommen, so wird er erfahren, was wirklicher Tugendterror ist, wer die wirklichen Gutmenschen sind, was es heißt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein. Das passiert gerade Sebastian Edathy. Alles, was man weiß, oder zu wissen vermeint, ist dass dieser Mann gern Bilder nackter Kinder anschaut, was in Deutschland noch nicht verboten ist.
Er hat weder, wie der eine oder andere Priester oder Pädagoge, Kinder sexuell belästigt, noch hat er Kinderpornos bestellt, bei denen Sex mit Kindern dargestellt wird.
Mag sein, dass die heutigen Gesetze zu lasch sind. Aber das kann man Edathy nicht zum Vorwurf machen. Wo steht eigentlich in der SPD-Satzung, dass man als Sozialdemokrat in Sachen Sexualität dem gesunden Volksempfinden zu entsprechen hat?
Man sagt, dass auch die – mehr oder weniger – erlaubten Bilder entstehen, indem die Not von Familien etwa im EU-Land Rumänien ausgenutzt werde, die ihre Kinder skrupellosen Pornoproduzenten ausliefern. Das wird wohl so sein. Hände hoch, wer sicher ist, keine T-Shirt oder Turnschuhe getragen, kein Produkt der Kommunikations- oder Unterhaltungselektronik benutzt zu haben, das von Kindern unter menschenunwürdigen Ausbeutungsverhältnissen in Bangladesch oder China hergestellt worden ist. Sehe ich da eine Hand? Wieder einer von diesen rot-grünen Mainstream-Gutmenschen mit Jutesack und einem Becher Fairtrade-Kaffee in der Hand. Ein Tugendterrorist schlimmster Sorte.
Hände hoch, wer für die unbegrenzte Einreise von Leuten aus Rumänien oder Bulgarien in die Bundesrepublik oder für eine Transferunion innerhalb der EU ist, weil bei 40 bis 60 Prozent Jugendarbeitslosigkeit im EU-Mezzogiorno es doch klar ist, dass sich Prostitution und Pornoindustrie als Ausweg anbieten. Na, sehe ich Hände? Nee, schon wieder dieser Vertreter des Tugendterrors, vergessen wir’s. Verkauft doch eure Inseln, ihr faulen Griechen, geht doch arbeiten, ihr Roma-Bettler, macht’s doch wie wir, ihr reformunfähigen Ithaker.
Die meisten Strafrechtler und Kriminologen sich dich einig, dass eine Verschärfung der strafrechtlichen Bestimmungen kaum abschreckende Wirkung haben dürfte. Trotzdem brüllt die Meute nach Blut.
Das angebliche Mitgefühl mit „Innocence in Danger“ dient hauptsächlich dazu, den wohlfeilen Volkszorn gegen ein armes Schwein wie Edathy zu befeuern, und nicht, um Europas Kinder aus Verhältnissen zu retten, in denen sie missbraucht werden. Das würde ja Geld kosten. Die Empörung über einen gefallenen Gutmenschen hingegen ist kostenlos. Doch was nichts kostet, ist nichts wert.
P.S. Ich schreibe das, obwohl mir Edathy als rechthaberischer und arroganter Typ schon vor Jahren auffiel:
Damals schrieb ich: „Man muss sich den Abgeordneten Edathy, nachts im Licht seines Bildschirms, als einsamen Menschen vorstellen.“ Wie einsam, freilich, das war mir nicht klar.
Ihr seht das alles komplett falsch!
Edathy ist ausschließlich an Kunstgeschichte interessiert, wahrscheinlich übernimmt er auch bald das Ressort Kunst / Kultur
Gruß Ben
http://ben-ricardo.com/2014/03.....ll-edathy/
Verzeihung bitte:
ich habe die falsche Person zitiert!
Den Herrn Stevanovic wollte ich zitieren, dem Herrn Ziegler hab ich die Zitate faelschlicherweise untergeschoben.
Mea culpa!
Ich bitte Beide, dies zu entschuldigen!
„Aber ich habe meinen Standpunkt begründet und möchte es jetzt damit bewenden lassen.“
Aha…*frustriert guck*
Das ist – mit Verlaub – die uebliche Wendung in einer solchen Debatte, wenn’s inhaltlich sich dahin bewegt, Argumente auszutauschen und nicht nur Standpunkte zu vertreten. Das ist in einer Debatte entschieden zu wenig!
@ Roland Ziegler:
Ich zitiere Sie:
„@ Bagoas
“wie lange, schaetzen Sie, halten Sie das aus und…welchen Stellenwert wird die Ihnen eigene, Ihnen aber verbotene Sexualitaet fuer Sie in Ihrem Leben dann einnehmen?”
Das ist doch der Ansatz der Therapien, die Menschen sollen genau das lernen. Und das ist genau das Argument des Mobs (meiner) – wenig Bock es zu testen.“
Von wem sollen die paedophilen Menschen das lernen? Von Menschen, die deren Problem offensichtlich gar nicht begreifen koennen oder wollen, weil sie
a. selber gar nicht davon betroffen sind und damit auch nicht nachempfinden koennen oder wollen (siehe sie selber [– wenig Bock es zu testen.]…was ich im Uebrigen schon nachempfinden kann)…
b. sich vor allem auf den Opferschutz konzentrieren und ihnen also das Schicksal dessen, den sie therapieren sollen, eben wegen dem vorrangigen Opferschutz voellig egal ist (siehe offensichtlich Roland Ziegler)…
oder auch – mit welchen Mitteln sollen die Betroffenen ‚das lernen‘?
Was der Dr. Beier da in der Chariete im Projekt ‚KTw‘ betreibt, ist nichts Anderes als eine opferbezogene Taetertherapiel fuer Solche, die sich selber als potentielle Missbraucher begreifen oder/und von den behandelnden Therapeuten als Solche betrachtet werden (im Prinzip also alle paedophil empfindenden Menschen). Solch eine ‚opferbezogene Taetertherapie hat bereits seit zig Jahren jeder verurteilte Sexualstraftaeter (wenn Kinder involviert waren) zu absolvieren…frueher – wenn er zumindest Hoffnung haben wollte, auf 2/3 entlassen zu werden, heute wohl – um Hoffnung zu haben, ueberhaupt nochmal entlassen zu werden.
Angeboten wird dort die von Ahlers zuletzt beschriebene ‚Ampel-Regelung’…und die chemische Entsaftung – die chemische Kastration. Und natuerlich ‚Ueberzeugung‘ im Rahmen von Gruppentherapiegespraechen, die ‚ruebergebracht‘ werden muss zum Erhalt eines Persilscheins.
Das Problem liegt aber fuer den ‚therapiebeduerftigen‘ Paedophilen im Wesentlichen nicht darin, zu erkennen, ob, dass und wann er ggf. einem Kind schadet! Das weiss er i.a.R. durchaus und – das moecht ich hier mal behaupten – nur die wenigsten Paedophilen gehen einem Kind tatsaechlich an die Waesche (im Gegensatz zu den sogenannten ’normalen Menschen‘ – wie es auch die entsprechenden Kriminalstatistiken nachweisen).
Sein Problem ist zweischichtig:
a. er sieht sich – auch wenn er gar nichts verbrochen hat – angesichts der oeffentlichen Reaktionen extremst diskriminiert und ausgegrenzt…nicht notwendig in Persona, sondern vor Allem als Zugehoeriger einer Randgruppe. Er fuehlt sich nicht mehr als Teil der Gesellschaft und wird auch nicht mehr so behandelt!
b. wie soll er noch ein auch nur annaehernd glueckliches Leben fuehren koennen – so, wie es jeder ’normale‘ Mensch zumindest potentiell ganz selbstverstaendlich kann – wenn ihm schlichtweg Alles verboten wird…oder werden soll, was ihm – wenn er abstinent bleibt – ueberhaupt noch sowas wie eine Kompensation und ein Erleben seiner sexuellen Praeferenz (abgesehen vom reinen Kopfkino) erlaubt?
Der pfeifft doch auf die Wuerde irgendeines Kindes (siehe Roland Ziegler) wenn seine eigene Wuerde – wie gegenwaertig allgemein praktiziert – mit Fuessen getreten wird! Und…was an seiner eigenen erwachsenen Wuerde ist weniger wert als die noch nicht erwachsene Wuerde eines Kindes? Womit wir wieder beim Punkt a. waeren!
Ich denke, wenn man gesellschaftlich irgendwann mal mit dem Thema ‚Paedophilie‘ und den ganz offensichtlich in Unkenntnis oder im Nichttrennenwollen darineinbezogenen Themen ‚Hebephilie‘ und ‚Ephebophilie‘ fertig werden will, wird das nicht zu machen sein, ohne dem paedophilen Menschen wenigstens Moeglichkeiten zu verschaffen, die die Punkte a. und b. auch zu seinen Gunsten regulieren!
…der Grund, warum kindliche Nacktfotos, die zur Selbstbefriedigung von Pädophilen hergestellt werden, verboten sind, liegt in ihrer Schädlichkeit. Kurz gesagt: der Entwürdigung der Kinder. Wie man annehmen kann, dass der Schaden, den umgekehrt der Pädophile durch den Schtz der Kinder nimmt, auch nur annähernd kompatibel sein kann, ist mir unverständlich. Ich dränge Ihnen meine Ansicht jedoch nicht auf. Aber ich habe meinen Standpunkt begründet und möchte es jetzt damit bewenden lassen.
@ Bagoas
„wie lange, schaetzen Sie, halten Sie das aus und…welchen Stellenwert wird die Ihnen eigene, Ihnen aber verbotene Sexualitaet fuer Sie in Ihrem Leben dann einnehmen?“
Das ist doch der Ansatz der Therapien, die Menschen sollen genau das lernen. Und das ist genau das Argument des Mobs (meiner) – wenig Bock es zu testen.
@Bagoas: Woran die Menschen denken, ist mir gleichgültig. Mir geht es darum, was die Menschen tun, und da gibt es eben ein paar Handlungen, die verboten sind und m.E. auch bleiben sollten, egal ob das Verbot Maskenmänner generiert oder nicht. Auch das Verbot, eine Bank zu überfallen, generiert Maskenmänner, na und? Kriminalität lässt sich nicht sinnvoll bekämpfen, indem man die Gesetze, gegen die verstoßen wird, einfach aufhebt und z.B. Banküberfälle legalisiert. Sittlichkeit bedeutet, sich darüber klar zu werden, was gut (oder wenigstens: erlaubt) und was schlecht (oder wenigstens: verboten) ist, und sich dementsprechend zu verhalten. Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass ein Kinderschänder von dem Sinn bzw. der Güte seines Tuns hinsichtlich der Objekte (!) seines Begehrens überzeugt ist; er tut es trotzdem, OBWOHL bzw. GERADE WEIL es falsch ist. Daqdurch bekommt er das Gefühl von Freiheit und Macht, jenseits jeder Sittlichkeit. Dieses Gefühl hat auch ein Mörder, möglicherweise ist es auch für ihn existenziell-drängend zu morden. Das ist mir aber egal, ich bin trotzdem dagegen, Mörder „ein bisschen“ zu morden zu lassen oder Kleptomanen „ein bisschen“ klauen zu lassen, um ihnen irgendwie Erleichterung zu verschaffen.
Sie können das gerne anders sehen, aber Sie benötigen, um sich durchzusetzen, eine Mehrheit. Meine Stimme bekommen Sie (bzw. der Standpunkt, für den Sie werben) nicht.
@ Roland Ziegler
Ich zitiere Sie:
„Ich finde nicht, dass die Sexualität das einzige ist, was das Leben lebenswert macht.“
Da gebe ich Ihnen grundsaetzlich voellig Recht!
Aber…(*kopfkratz*…es gibt tatsaechlich immer ein ‚Aber‘!), ueberlegen Sie sich bitte mal Folgendes:
Mhm…so wissenschaftlich nachweisbar festgestellt denkt jeder gesunde Mann zwischen 14 und irgendwas Jahren im Schnitt alle zehn Minuten mal an Sex. Das macht er, ohne ‚darueber gross nachzudenken’…*seufz* was fuer eine Formulierung…^^
Was denken Sie…wenn Sie vom Mainstream, von gesetzeswegen, von der Politik und der oeffentlichen Moral kathegorisch verboten bekommen, Ihre sexuelle Praeferenz auf irgendeine Weise, die ueber die ordinaere Selbstbefriedigung per Hand und Kopfkino hinausgeht, ausleben zu koennen…wie lange, schaetzen Sie, halten Sie das aus und…welchen Stellenwert wird die Ihnen eigene, Ihnen aber verbotene Sexualitaet fuer Sie in Ihrem Leben dann einnehmen?
Ich garantiere Ihnen – alles Andere daneben, wie wichtig es Ihnen auch sein mag, wird in den Schatten treten und unter ‚ferner liefen‘ rangieren.
Ihr Argument im Zitat ist Keines, denn es tangiert das tatsaechliche Problem nicht und dienst im Grunde nur der…Selbstberuhigung angesichts des eigentlich anzugehenden Problems.
Ich zitiere Sie:
„Man hat anderes zu verlieren, das auch nicht übel ist, z.B. seinen Verstand oder seine Sittlichkeit.“
Der war jetzt gut! Was schaetzen Sie…wann verloeren Sie unter den oben von mir angegebenen und fuer Paedophile aktuell bestehenden Verhaeltnissen den Verstand, wenn Sie betroffen waeren…?
Und…das mit der Sittlichkeit wollen wir doch angesichts der absolut bigotten gesellschaftlichen Realitaet mal gaaanz schnell wieder vergessen! Man ist immer genau so sittlich, wie man es vorgelebt bekommt und internalisiert…und, wie Einen die Lebensumstaende und die eigene Moral es sein lassen koennen!
Kant…aha. Nun…der musste es ja wissen! Ich wuerde mal sagen, so aus psychotherapeutischer Sicht duerfte Jemand, der aus Ueberzeugung seine ihm von der Natur vorgegebene sexuelle Praeferenz verleugnet, sich also aus innerer Ueberzeugung gegen sie wendet, behandlungsbeduerftig sein…oder sehr schnell werden.
In vorindustriellen Zeiten hat sich auch Niemand darum grossartig gekuemmert, wer jetzt mit wem wann und warum in die Heia steigt, solange dies diskret geschah. Ein solcher Umstand wurde – wenn nicht unbedingt noetig – nicht ans Licht der Oeffentlichkeit gezogen…vielleicht weil…sonst Ruebe ab…vielleicht auch, weils fuer die Menschen damals einfach nicht von der Bedeutung war, wie unsere Medien es uns heute haben werden lassen.
Nochmals…laesst man dem Paedophilen nichts zum ‚Leben‘, muss man sich nicht wundern, wenn man sich damit immer wieder neue Maskenmaenner heranzuechtet, ueber die man sich dann, eben wegen der finalen Tatbegleitumstaende, mit Recht aufregen kann.
@Bagoas: Danke für Ihre Erklärung. Ich finde nicht, dass die Sexualität das einzige ist, was das Leben lebenswert macht. Man hat anderes zu verlieren, das auch nicht übel ist, z.B. seinen Verstand oder seine Sittlichkeit. Laut Kant ist es viel wertvoller, wenn man nicht aus Neigung, sondern aus Überzeugung, geradezu entgegen seiner Neigung, zur Sittlichkeit findet. Diese Möglichkeit steht gerade Pädophilen offen. In vorindustrialisierten Zeiten gab es auch keine Internet-Bilder, und die Menschen kamen klar oder mussten irgendwie klarkommen. Der Pädophile hat die Freiheit seiner Fantasie und seiner Gedanken, hier kann er unbegrenzt herrschen, aber er sollte nicht auf eine wie auch immer geartete Industrieform zurückgreifen können, die in vielfacher Hinsicht schädlich ist.
@ Roland Ziegler
Ich zitiere Sie:
„Nochmal zu dem von Bagoas imaginierten Fall: ein Pädophiler fühlt sich in seiner Pädophilie diskriminiert und dadurch als Mensch bedroht; er greift prophylaktisch zur Waffe und tut – was? Was könnte er mit der Waffe tun, um seine sexuelle Freiheit zu erobern (zu verteidigen gibt es hier nichts)?
Den Bundeskanzler killen? Was hätte das mit seiner sexuellen Freiheit zu tun?
Er könnte zum Beispiel eine Kitatür aufbrechen, sich Zugang zu den Räumen verschaffen und die Erzieherinnen umlegen, die ihn mit Sicherheit in seiner sexuellen Freiheit behindern. Der Herr Bagoas (ich nehme mal an, Sie sind männlich?) versteht ihn in seiner Lendenpein. Mir dagegen sind seine Leiden herzlich egal; ich würde, wenn ich das Szenario realistisch fände, einen Wachschutz dagegenstellen, um die Kinder zu schützen.“
Nein, nein…das meinte ich eigentlich nicht – obgleich ich mir durchaus vorstellen kann, dass Menschen, die – vor Allem oeffentlich – ueber den Rand des Zumutbaren hinausgetrieben werden, absolut irrational handeln koennen.
Ebenso kann ich mir aber auch vorstellen, dass ein Mensch, dem Erstens schlichtweg jede Moeglichkeit (ich beziehe mich damit gerade auch auf das Anschauen von und ggf. onanieren auf entsprechende Bildchen) zur Kompensation seiner sexuellen Beduerfnisse (von den beziehungsmaessigen Beduerfnissen will ich gar nicht erst reden) von einer moralisch empoerten Gesellschaft, der eben dies mit groesster Selbstverstaendlichkeit fuer sich einzufordern moeglich ist, und ihrer Instumentarien genommen wird und der sich Zweitens – sebst wenn er noch gar nichts ‚angestellt‘ hat – als paedophiler Mensch einem solchen Hass und Unverstaendnis ausgesetzt sieht, wie das aktuell der Fall ist, eigentlich ueberhaupt gar nichts mehr zu verlieren hat. Weshalb sonst ist die Selbstmordrate unter Paedophilen, verglichen mit der Rate anderer Bevoelkerungsgruppen, derart unverhaeltnismaessig hoch?
Was ich sagen will ist, dass man damit rechnen muss, dass Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, wel man ihnen alles genommen hat, was fuer sie (wie fuer jeden anderen Menschen auch) das Leben lebenswert macht, keinen Grund mehr haben, auf noch irgendetwas Ruecksicht nehmen zu wollen oder muessen.
Was ich sagen will ist, dass gar nicht so selten, die Oeffentlichkeit sich ihre Monstren auf Grund der Konsequenzen ihrer Empoerung selber schafft!
Wer nichts mehr zu verlieren hat…hat nichts mehr zu verlieren!
Denken Sie darueber nach…
Noch mehr Tugendterror: http://www.tagesspiegel.de/ber.....19772.html
Wenig Zeit für längere Antworten: Ziegler hat Recht.
Bei der Forderung: „Gleiche Rechte für Alle!“ ist wahrscheinlich Artikel 3 gemeint: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Bei Kindern gibt es jedoch ein spezielles Gesetz: das Kinder- und Jugendrecht, das die notwendige Unterscheidung zwischen Kinderrecht und Erwachsenenrecht verdeutlicht. Außerdem gibt es das Wahlrecht und weitere Bestimmungen zum hier zentralen Begriff der Mündigkeit.
Manchmal wird argumentiert, dass die Rechte der Kinder sozusagen vertretungsweise von ihren Eltern ausgeübt werden, bis sie volljährig sind. So wie man ein Vermögen verwaltet. Dann müssen sich die Pädophilen also mit den Eltern auseinandersetzen, was wir hier gewissermaßen tun. Hier spielt der Begriff der Erziehungsberechtigung eine Rolle.
(Im Grunde ist diese Argumentstion aber konstruiert und zweifelhaft; man überlege sich, wieso es zynisch wäre, wenn ein Sklavenhalter von seinen Sklaven sagen würde, die hätten Rechte wie jeder andere Mensch auch, die aber er, der Sklavenhalter, für sie stellvertretend ausüben würde. Dies nur nebenbei, um zu zeigen, dass de facto die Kinder NICHT dieselben Rechte haben wie die Erwachsenden und auch nicht haben können.)
Im Grundgesetz gibt es außerdem den Artikel 2, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Ich nehme an, dieses ist gemeint, wenn man beklagt, dass Pädophile aufgrund ihres besonderen Begehrens diskriminiert werden. Artikel 2 bindet dieses Recht allerdings an die Bedingungen, dass man bei dieser Entfaltung nicht die Rechte anderer verletzt und außerdem nicht gegen das Sittengesetz verstößt. Bei der ausgeübten Pädophilie wird aber das Recht der Kinder verletzt, außerdem das Sittengesetz, das zwar als informelle Übereinkunft vage ist, aber im Fall der Pädophilie doch eindeutig sein dürfte.
Relevant ist außerdem Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“; das bedeutet im Fall der Pädophilie, dass man seine Finger vom kindlichen Körper fernhalten soll, sofern es sich um eine sexuelle Annäherung handelt, und natürlich Artikel 6: Ehen und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung; Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht und die „zuvörderst ihnen obliegende“ Pflicht. „Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“
Angesichts dieser Situation lässt sich wohl kaum behaupten, dass Pädophile in ihrer Persönlichkeitsentfaltung irgendwie gleichberechtigt zum Schutzbedürfnis von Eltern wären, die ihre Kinder schützen wollen.
Das Problem ist, wie so oft, die Macht bzw. das Machtgefälle. Dieses ist bei einem Kindesmissbrauch eines nichtpädophilen Mannes sein unmittelbares Ziel. Bei der Pädophilie sieht es etwas anders aus, aber es läuft trotzdem auf Machtmissbrauch hinaus. Wenn man große Macht über jemanden hat, dann DARF man keine sexuelle Beziehung eingehen, würde ich sagen, egal ob der Anschein der Einvernehmlichkeit besteht; weil die Gefahr des Missbrauchs bzw. der Verletzung zu groß ist.
Bei einem derart großen Machtgefälle wie dem zwischen einem Kind und einem Erwachsenem kann es so etwas wie gegenseitiges sexuelles Einvernehmen nicht geben. Im Vergleich dazu sieht eine Sexbeziehung zwischen einem Chef und seiner Sekretärin geradezu aus wie gleiche Augenhöhe. Aber selbst das ist nicht unkritisch. Weil das unter Erwachsenen passiert, ist ein einverständliches, gleichrangiges Verhältnis, gegen das nichts auszusetzen ist, trotzdem möglich. Bei einer Beziehung zu einem Kind kann es dagegen keine gewaltfreie und illusionslose sexuelle Beziehung geben.
So wie ich das sehe, sagen das auch alle seriösen wissenschaftlichen Untersuchungen. Aber natürlich gibt es auch anderslautende Untersuchungen, bei denen Kinder zu ihren Erfahrungen befragt werden, die sagen, es wäre ganz super-frei gewesen im Bett mit dem Erwachsenen. Was soll das Kind auch sagen. Wenn es dann selber erwachsen geworden ist, legt es sich seinerseits ins Bett zu einem Kind, und der Missbrauch setzt sich fort. Das ist genau die gleiche traurige Geschichte wie bei verprügelten Kindern – die prügeln (oft) auch später als Erwachsene ihre Kinder. Sie finden das „normal“. Das ist eine Deformation der Seele.
Wahrscheinlich muss man gar nicht so viel Wind machen, wie ich es hier mache. Es reicht eigentlich das Votum der Eltern. Selbst wenn das für den Pädophilen eine furchtbare Diskiminierung darstellt, so wird man die Eltern nicht dazu zwingen wollen, die Freiheit ihrer Entscheidung zugunsten des Wohlergehens der Pädophilen aufzugeben. Oder doch?
Man kann also ganz einfach sagen: „Mir ist das alles völlig egal, ich gebe mein Kind nicht in die Hände von Pädophilen, Punkt.“ Egal wie gefährlich oder ungefährlich der ist. Im Ergebnis vertreten nahezu alle Eltern diesen Standpunkt. Nun kann man über diese Elternmehrheit beliebig schimpfen, ohne dass sich daran das Geringste ändern wird. Wodurch sich alle weitere Diskussion mangels Sinn erledigt hat.
Nochmal zu dem von Bagoas imaginierten Fall: ein Pädophiler fühlt sich in seiner Pädophilie diskriminiert und dadurch als Mensch bedroht; er greift prophylaktisch zur Waffe und tut – was? Was könnte er mit der Waffe tun, um seine sexuelle Freiheit zu erobern (zu verteidigen gibt es hier nichts)?
Den Bundeskanzler killen? Was hätte das mit seiner sexuellen Freiheit zu tun?
Er könnte zum Beispiel eine Kitatür aufbrechen, sich Zugang zu den Räumen verschaffen und die Erzieherinnen umlegen, die ihn mit Sicherheit in seiner sexuellen Freiheit behindern. Der Herr Bagoas (ich nehme mal an, Sie sind männlich?) versteht ihn in seiner Lendenpein. Mir dagegen sind seine Leiden herzlich egal; ich würde, wenn ich das Szenario realistisch fände, einen Wachschutz dagegenstellen, um die Kinder zu schützen.
@KJN: In diesem Fall haben Sie recht: da wird mit dem Bezug auf Nervenzellen, d.h. mit wissenschaftlichem Bezug, ein anderes Wertsystem begründet. Nur ist dabei ein Fehler unterlaufen, auf den Sie hingewiesen haben; ihr Hinweis auf die Pubertät stellt ein prinzipiell wissenschaftliches Argument gegen dieses andere Wertystem dar. („Was ist Pubertät?“ erhält eine wissenschaftliche Antwort.) Warum man sich also der Wissenschaft besser komplett enthalten sollte, ist mir nicht klar; das machen Sie ja auch nicht.