Nirgendwo in Deutschland währte die Kleinstaaterei so lange wie in Thüringen. Die Grafik unten (aus Wikipedia) zeigt die politischen Grenzen von 1910 auf. Erst mit dem (Reichs-)Gesetz vom 30. April 1920 wurde zum Folgetag das Land Thüringen aus 7 Einzelstaaten gebildet. Als „kleinthüringer Lösung“. Preußen war nicht bereit gewesen, auch nur einen Quadratzentimenter beizusteuern. Das geschah erst nach 1945. 7 plus 1 Sterne zieren deshalb heute das Thüringer Landeswappen. Thüringen – das Land mit den vielen Residenzen.
Begeben wir uns nach Gotha
Entstanden ist die Herrschaft Sachsen-Gotha, wie all die Thüringer „Herzogtümer“ aus den Erbfolgeregelungen des Hauses Wettin, der „ernestinischen Linie“: Gab es mehr als einen Sohn, wurde die Herrschaft geteilt.
Auch die Grundbesitzverhältnisse in Thüringen sind kleinteilig. Die Enteignung von Großgrundbesitz mit 100 ha und mehr durch die ostdeutsche „Bodenreform“ 1947 erfaßte nur 15 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche Thüringens. In Mecklenburg (-Vorpommern) waren es 54 %.
Hoch über Gotha erhebt sich das im 17. Jahrhundert errichtete Residenzschloß Friedenstein (Bild unten).
Dort residierte Ernst „der Fromme“, der im damaligen 17. Jahrhundert als erster deutscher Monarch eine allgemeine Schulpflicht durchsetzte. In Gotha seien die Bauern und Handwerker gebildeter, als anderswo der Adel, hieß es noch zu Goethes Zeiten. Im winzigen Gotha fand der Karthograf Justus Perthes das qualifizierte Personal für seinen Verlag.
Mit dieser Bildungsgeschichte war es kein Zufall, dass die SPD 1875 in Gotha gegründet wurde.
Übrigens:
Das britische Königshaus Windsor, das sich mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges so genannt hatte, entstammt der „Gothaer Herzogs-Linie“. Als es nach dem Fall der Mauer ab 1990 sehr einfach wurde, in die DDR zu reisen, pilgerten Heerscharen britischer Touristen in die winzige Stadt in Thüringen.
Coburg
Coburg, das bis 1918 in Personalunion vom Gothaer Herzog regiert wurde, stimmte am 30. November 1919 mit überwältigender Mehrheit für eine Eingliederung nach Bayern.
Bis weit nach Thüringen hinein ist die „Veste Coburg“ (Bild oben) sichtbar. Mit dem Fernglas konnte ich als Teenager von Sonneberg aus jedes einzelne Fenster erkennen,
Von den einstigen Kunstschätzen des Kurfürsten Friedrich „des Weisen“, des Beschützers Martin Luthers, auch den Gemälden Lucas Cranachs des Älteren, sind die meisten heute in Gotha und Coburg aufzufinden.
Ein Stück hinaus liegt Schloß Rosenau mit einem herrlichen englischen Garten (Bild unten).