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Merkel auf YouTube

Natürlich waren die jungen Interviewer viel zu unkritisch – noch unkritischer, als man es von berüchtigten Formaten wie dem devoten „Sommerinterview“ mit der Kanzlerin her kennt. Natürlich war der Auftritt von Angela Merkel bei #DeineWahl auf YouTube ein Heimspiel, bei dem sie im Wesentlichen mit der Antwort durchkam: Wir haben schon viel gemacht, aber wir müssen noch mehr machen. Aber das ist nicht der Punkt. Mit diesem Interview hat die opportunistische Revolutionärin Merkel gezeigt, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt hat. Und die stehen gegen die öffentlich-rechtlichen Medien.

1.703.815 Nutzer hatten bis bis zum 21. August das anderthalbstündige Interview mit der Kanzlerin auf YouTube abgerufen. Das mag nicht viel sein, wenn man bedenkt, dass Woche für Woche bis zu zehn Millionen Menschen sich eine dröge Veranstaltung wie den „Tatort“ bieten lassen, und dass Merkel letztes Jahr bei Anne Will sechs Millionen Zuschauer hatte. Beim letzten „Sommerinterview“ waren es aber nur 1,16 Millionen. Und man kann annehmen, dass der Altersdurchschnitt bei YouTube erheblich niedriger war. Der durchschnittliche Zuschauer bei ARD und ZDF ist über sechzig.

Die erwartbare Antwort der Zwangsabgaben-Medien – „Free TV“ sollte bald Unwort des Jahres werden – auf ihren absehbaren Exitus ist die Forderung nach mehr Kanälen, mehr Stellen, mehr Geld, um die Jugend zu erreichen. Merkel scheint davon nicht überzeugt zu sein. Sonst hätte sie ja mit „ZDF neo“ reden können. Die Ostdeutsche hat immer wieder gezeigt, dass sie wenig Respekt hat vor den Beständen des bundesrepublikanischen Konservativismus; deshalb steht ihre Partei heute bei fast 40 Prozent, die SPD bei 25.

Die Zeit der augenzwinkernden Insider-Interviews im Fernsehen und der in den Printmedien platzierten Statements läuft ab. Gut so. Die enragierten Alten von der AfD und die aufgeweckten Jungen der Generation YouTube haben ohnehin abgeschaltet. Es reicht auch nicht, eine Facebookseite zu haben, Tweets abzusetzen und Regierungserklärungen online zu stellen. Man muss sich dem Medium selbst stellen. Das hat Merkel  getan. Ihr Interview ebnet den Unterschied zwischen Mainstream und Underground ein. Inhaltlich kam der YouTube-Auftritt bieder daher. Die Form signalisiert eine Revolution, die so wenig rückgängig zu machen sein wird wie die Energiewende und die Verwandlung Deutschlands in ein Einwanderungsland. Künftige Befragungen werden nicht mehr so brav ablaufen.

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7 Gedanken zu “Merkel auf YouTube;”

  1. avatar

    Zu Merkel: Jaja, leuchtet alles ein.
    Damals, als alles besser war, als die Gummistiefel noch aus Rindsleder waren, sagen wir 1996, hat die CDU sehenden Auges einen Sieg Schröders hingenommen, und keiner der alten und aufrechten Recken hat Kohl gesagt, dass er die Partei an die Wand fährt. Eine kurze Kronprinzendebatte um Schäuble 96, 2 Jahre Götterdämmerung, das war`s – und weil die Partei so war, wie sie war, hat sie Merkel bekommen. Mir fällt es schwer, den Zustand der Union auf sie zu verengen. Sie alleine ist ein Phänomen, aber in Linie mit Kohl ist es ein Muster. Wenn man es Anfang der 80er beginnen lässt, kommen fast zwei Generationen zusammen. Klar bleibt da nicht mehr viel.

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    Wenn man etwas Erfahrung gesammelt hat, ist YouTube um Klassen besser, als es das Fernsehen jemals war. Was Amateure dort an Wissen präsentieren, ist erstaunlich. Erst dadurch habe ich gemerkt, auf was für einem niedrigem Niveau, in jeder Hinsicht, das ÖR sendet und das es besser geht. Die ÖR hatten ihre Chance mit Qualität etwas zu machen, was andere so nicht produzieren können und haben es vergeigt. Das beste, das regionale, ist auch schon das billigste – den Rest können andere besser.

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    Etwas OT
    Ihren Kommentar auf welt.de finde ich hervorragend. Da ich mir dort eine Kommentarsperre eingefangen habe, weil ich Merkel wohl zu sehr kritisierte meinen Kommentar hierzu an dieser Stelle:

    Hölderlin schrieb in seinem Briefroman Hyperion, die Schrecken des real existiernden Sozialismus‘ vorausahnend:

    Beim Himmel! der weiß nicht, was er sündigt, der den Staat zur Sittenschule machen will.
    Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, daß ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte.

    Das Zitat im Kontetxt, weil er schon shön ist:

    Du räumst dem Staate denn doch zu viel Gewalt ein. Er darf nicht fordern, was er nicht erzwingen kann. Was aber die Liebe gibt und der Geist, das läßt sich nicht erzwingen. Das laß er unangetastet, oder man nehme sein Gesetz und schlag es an den Pranger! Beim Himmel! der weiß nicht, was er sündigt, der den Staat zur Sittenschule machen will. Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, daß ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte.

    Die rauhe Hülse um den Kern des Lebens und nichts weiter ist der Staat. Er ist die Mauer um den Garten menschlicher Früchte und Blumen.

    Aber was hilft die Mauer um den Garten, wo der Boden dürre liegt? Da hilft der Regen vom Himmel allein. O Regen vom Himmel! o Begeisterung! Du wirst den Frühling der Völker uns wiederbringen. Dich kann der Staat nicht hergebieten. Aber er störe dich nicht, so wirst du kommen, kommen wirst du, mit deinen allmächtigen Wonnen, in goldne Wolken wirst du uns hüllen und empor uns tragen über die Sterblichkeit, und wir werden staunen und fragen, ob wir es noch seien, wir, die Dürftigen, die wir die Sterne fragten, ob dort uns ein Frühling blühe – frägst du mich, wann dies sein wird?

    1. avatar

      Lieber Waldgänger, „Hyperion“ ist einer meiner Lieblingsromane. Sie können diese Stelle – und Hölderlin überhaupt – jedoch kaum zum Zeugen wider den Sozialismus nehmen. Ähnlich wie hier steht es auch bei Karl Marx, etwa in der Kritik des Gothaer Programms und dessen Forderung nach einen „freien Volksstaat“:
      „Da nun der Staat doch nur eine vorübergehende Einrichtung ist, deren man sich im Kampf, in der Revolution bedient, um seine Gegner gewaltsam niederzuhalten, so ist es purer Unsinn, vom freien Volksstaat zu sprechen: solange das Proletariat den Staat noch gebraucht, gebraucht es ihn nicht im Interesse der Freiheit, sondern der Niederhaltung seiner Gegner, und sobald von Freiheit die Rede sein kann, hört der Staat als solcher auf zu bestehen. Wir würden daher vorschlagen, überall statt Staat „Gemeinwesen“ zu setzen, ein gutes altes deutsches Wort, das das französische „Kommune“ sehr gut vertreten kann.“

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        Werter Alan Posener, ich schrieb vom real existierenden Sozialismus. Dieser führt(e) stets zu totalitären Staaten, die für viele Menschen zur Hölle wurden, eben weil der Mensch den Staat zum Himmel machen wollte. Für das Glück künftiger Generationen wurden Millionen von Leben zerstört. Marx begrüßt diese Idee im Zitat, das Sie bringen:
        „Solange das Proletariat den Staat noch gebraucht, gebraucht es ihn nicht im Interesse der Freiheit, sondern der Niederhaltung seiner Gegner“
        => Gulag, Holodomor, Kulturrevolution, Großer Sprung nach Vorne, etc.

        Das ist das schiere Gegenteil von der Hölderlin’schen Vorstellung.

        Hölderlin präsentiert in seinem Bild vom Staat als Mauer um einen Garten, so wie ich es verstehe, ein Staatsmodell, den man heute wohl libertär nennen würde. Der Staat ist für die äussere und innere Sicherheit zuständig, hält sonst aber weitgehend aus dem Leben der Bürger raus. Also gerade das Gegenteil des totalitären Staates

        In Ihrem Artikel bringen Sie das Bild von Merkel, von einer brutalen Gärtnerin die alles raus reißt, was ihr nicht passt und dabei wenig Rücksicht auf die Natur nimmt und einen sterilen Garten hinterlässt.
        Gutes Bild.
        Mit Bezugnahme auf Hölderlin könnte ich noch ergänzen, dass sie die Mauer eingerissen hat.

        Für Mitleser hier der Link auf den Artikel von Alan Posener

        https://www.welt.de/debatte/kommentare/article167931363/Warum-Angela-Merkel-so-gern-Unkraut-jaetet.html

  4. avatar

    Ot
    Schade, dass sie nicht zum Anschlag in Barcelona schreiben, dann halt so: Warum erschießen Polizisten den Terroristen, statt ihn zu überwältigen und ins Arbeitslager zu stecken? Terroristen sollten nicht 70 Jungfrauen, sondern das abarbeiten ihrer Schulden erwarten.

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    1.703.815, das ist wenig, sehr wenig, wenn man bedenkt wie das Video promotet wurde, und dass bekannte youtuber dafür gewonnen worden konnten.

    Die identitäre Bewegung, von denen wohl 80%-90% der youtube-Gucker noch nie was gehört haben, erreicht in ihren aufruftstärksten Videos um die 400 000, also 20% der Merkel Videos, obwohl die IB-Videos kaum promotet werden und alles andere als professionell gemacht sind.

    Die IB stellt sich vor:
    https://www.youtube.com/watch?v=rPXI6tA31yI
    Eigentlich langweilig, nur Köpfe die in die Kamera sprechen.

    Lustig auch das hier, mit > 400 000 Aufrufen. Man versteht den Gesang des Mädels kaum, weil es stark hallt, aber nett anzuschauen ist sie:
    https://www.youtube.com/watch?v=rHaBDpuzspw

    Da scheint eine riesige Nachfrage zu bestehen. Man sehe sich auch mal die Aufrufzahlen von pi-news an.
    Wenn ein Breitbart in Deutschland auftritt, wird er die politischen Medien aufrollen. Die Nachfrage ist da.

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