Was ist konservativ? Ich gebe zu, dass ich in der Regel Diskussionen über Begriffe aus dem Weg gehe, weil es wichtiger ist, über die Wirklichkeit zu diskutieren; eine typisch angelsächsische Haltung, die bereits im mittelalterlichen Realienstreit zum Ausdruck kommt. Dennoch meine ich, dass man gelegentlich der Vereinnahmung von Begriffen etwas entgegensetzen muss. Ich selbst, obwohl im lebensweltlichen Habitus eher konservativ (42 Jahre verheiratet, Reihenhaus, Garten, sorgsame Pflege bestimmter Vorlieben und -urteile), bin vom geistigen Habitus her eher ein Freund der Veränderung. Vielleicht kann man sagen: ich bin mit mir nicht einverstanden. Was wiederum eine konservative Haltung ist, weil schon mein Vater ähnlich tickte.
Month: Oktober 2016
Alternative Reichsbürger
Nach den tödlichen Schüsse auf einen Polizisten in Bayern sind die so genannten „Reichsbürger“ verstärkt in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Zentrale Positionen der Szene werden auch von vielen AfD-Mitglieder vertreten, wie zum Beispiel die Meinung, Deutschland sei ein besetztes Land und nicht souverän. Sogar einige „richtige“ Reichsbürger sind dort aktiv – also Menschen, welche die staatliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland gleich ganz leugnen. Die Partei hat diese Personen bislang verharmlost. „Es gibt Leute, die glauben, die Bundesrepublik sei nur eine GmbH. Das ist töricht und falsch. Aber es gefährdet nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung“, sagte Parteivize Alexander Gauland noch am 11. März diesen Jahres der „Märkischen Allgemeinen“. Weiterlesen
Afrika – Kontinent mit Potential
Anfang Oktober besuchte Kanzlerin Angela Merkel die drei afrikanischen Staaten Mali, Niger und Äthiopien. Ihre Wahl war auf diese Staaten gefallen, weil durch sie die Hauptfluchtlinie derer verläuft, die sich auf den gefährlichen Weg nach Europa machen. Unter dem Motto „Fluchtursachen bekämpfen“ versprach Merkel den drei Ländern finanzielle Hilfe beim Aufbau einer Infrastruktur zur Bekämpfung der Schleuserbanden, vor allem technisches Gerät und Expertise für eine effektive Polizeiarbeit.
Diese Schwerpunktsetzung der Kanzlerin kann man nachvollziehen, wenn man weiß, wie sie innenpolitisch unter Druck geraten ist, seit deutlich wurde, dass die Zustimmung für ihre Flüchtlingspolitik in der Bevölkerung deutlich zurückgeht. Bis zum Beginn der heißen Phase des Wahlkampfs im Frühsommer 2017 muss sie sicherstellen, dass die Zuwanderung gegen Null geht, weil sonst ihre vierte Kanzlerschaft gefährdet wäre. Hätte sie wirklich etwas Nachhaltiges für die Entwicklung des afrikanischen Kontinents bewirken wollen, hätte sie einen anderen Schwerpunkt setzen und vor allem andere Reiseziele wählen müssen. Weiterlesen
Importierter Antisemitismus, historisch
Wenig nur ist erbaulicher als eine schöne historische Quelle. Von Zeit zu Zeit werde ich Fundstücke aus Archiven und Bibliotheken posten. Einfach so, ohne großen Kommentar, nur mit einer kurzen Erläuterung des Kontextes. Und zur freien Verwendung. Das ist keine Meinung, vielleicht aber meinungsbildend.
Warum die „Junge Freiheit“ kein konservatives Organ ist
Als ich in einem Artikel für die „Welt“ Bob Dylan den „großen Konservativen unserer Zeit“ nannte, twitterte Dieter Stein, Chefredakteur der „Jungen Freiheit“ (JF): „Ich dachte, das wäre ich.“ Nice try. Aber die JF ist nicht konservativ, sie ist reaktionär. Über diese Charakterisierung ärgerte sich Stein und schickte mir zum Beweis das „Leitbild“ der JF. Was daran reaktionär sei, fragte er rhetorisch. Die Antwort soll nicht rhetorisch ausfallen, sondern argumentativ.
Das neue Deutschland – Was nach der Flüchtlingskrise auf uns zukommt
„Wir schaffen das“. Zu viel wurde in die drei Worte der deutschen Bundeskanzlerin hinein interpretiert. Inzwischen mag sie den Spruch des Jahres 2015 nicht mehr wiederholen. Er hätte ihr fast das Amt gekostet. Der positive Empfang und die Aufnahme hunderttausender geflüchteter Menschen in den Sommer- und Herbstmonaten des letzten Jahres waren nicht im Sinne aller Deutschen. Mit „Pegida“ begann eine kleine, aggressiv-populistische Minderheit gegen die Willkommenspolitik der Mehrheit zu agitieren bis ihre Forderungen politisch von der Sammlungspartei „Alternative für Deutschland“ aufgegriffen wurde und es geschafft hat, das Land zu spalten. Aus einer Flüchtlingskrise ist eine gesellschaftliche geworden, die das Land noch lange beschäftigen und verändern wird. Weiterlesen
Putins Jünger
Die Liste der Putin-Verehrer ist lang und bunt. Alle politischen Lager sind darin vertreten. Donald Trump sieht in ihm einen Bruder im Geiste, ein Raubein, das sich nimmt, was es will. Wie der TV-Star Trump nach Frauen griff, greift Putin nach Territorien. Er tut es, weil er es kann und weil er keine Gegenwehr zu befürchten hat. Weiterlesen
Was Merkel in Afrika nicht sagte und forderte
Als Getriebene ihrer Flüchtlingspolitik und der allgemeinen Flüchtlingskrise sei Merkel jetzt drei Tage in den afrikanischen Ländern gewesen, schreiben einige Medien.Sie war auch in Niger, dem ärmsten Land der Welt , das zu einem Drehpunkt der Schlepperindustrie südlich der Sahara geworden ist , wo Hunderttausende seit Monaten auf ihre Weiterfahrt warten Richtung Deutschland. Ja, es ist Deutschland, auch wenn sie erst in Italien oder Spanien ankommen. Es ist falsch wenn immer wieder in Reden zum Thema gesagt wird, die Flüchtlinge wollten nach Europa. Nur wenige wollen nach Osteuropa oder in Griechenland bleiben. Nur wenige können nach England, was anscheinend im Unterschied zu all den TV und Expertenreden der letzten Monate, die das Mantra wiederholten, man könne in Zeiten der Globalisierung keine Grenzen mehr abschotten bzw sichern, das doch ganz gut können. Die Reise Merkels sei eine zur Bekämpfung der Fluchtursachen gewesen, heißt es. Doch warum wurde dann das Thema Bevölkerungspolitik, Mädchen und Frauenrechte nicht angesprochen? Weiterlesen
Wo Donald Trump Recht hat: Männer sind Schweine
Die Empörung über Donald Trumps sexistische Äußerungen ist groß. Man könnte meinen, er stünde mit seiner Einstellung allein da. Dem ist nicht so, wie jeder Mann und jede Frau weiß. Doch weil das nicht gesagt wird, bleibt die Diskussion verlogen.
O Tempora! O Morus! Oder: Wie man Shakespeare verfälscht
Da glaubt man, als Shakespeare-Biograph das Werk des Dichters zu kennen, und muss sich nun eines Besseren belehren lassen. Denn der Deutsche Taschenbuchverlag hat ein 65-seitiges Buch herausgegeben: „Die Fremden. Für mehr Mitgefühl“. Autor: William Shakespeare. Der Einband ist mit einem roten Aufkleber versehen: „Weckruf aus einer anderen Zeit. VON ERSCHÜTTERNDER AKTUALITÄT“. Anders als die nicht erschütternden, nicht aktuellen sonstigen Produktionen dieses Dramatikers „aus einer anderen Zeit“ wie „Hamlet“, „Der Kaufmann von Venedig“, „Romeo und Julia“ usw., muss man annehmen. Also: kaufen! Weiterlesen
Verteidigung der Gesamtschule
Das deutsche Erbrecht kennt die Regelung, dass man ein Erbe ausschlagen kann. Dies ist vor allem dann ratsam, wenn man von dem Verstorbenen Schulden erbt, die man mit dem eigenen Vermögen nicht begleichen kann. In der Politik kommt es selten vor, dass man das politische oder moralische Erbe negiert, das von einem früheren Heros der Partei überkommen ist. So sonnt sich die CDU heute noch im Glanze Konrad Adenauers. In der SPD ist Willy Brandt fast zur Heiligenfigur aufgestiegen. Mit der Sachpolitik früherer Parteiführer geht man schon etwas vorsichtiger um. Manches Erbteil wird auch schlicht verweigert. So distanzieren sich heute große Teile der SPD von der Agenda 2010 von Gerhard Schröder, obwohl diese Reform die Grundlage für unser heutiges Wirtschaftswachstum gelegt und den Sozialstaat vor dem Kollaps bewahrt hat. Schändlich geht die SPD heute mit einer Schulform um, die sie einst erfunden hat und die auf eine lange, ehrwürdige Geschichte zurückblicken kann: die Gesamtschule. Weiterlesen