Während die Fragen der existentiellen Humanität in den letzten Monaten vor allem am
Flüchtlingsthema öffentlich abgehandelt werden , sind andere sozial Schwache und Leidende
aus dem Blick geraten, wie Hunderttausende in Altenpflegeheimen und in Krankenhäusern,
die schlecht gepflegt werden oder unheilbar krank sind und sterben wollen. Sie haben scheint es, keinerlei Lobby, außer den mutigen Pfleger Klaus Fussek, der ein Buch veröffentlicht und die Missstände mit Verelendung, Verwahrlosung, ja sogar mit Massentierhaltung vergleicht, ein Schandfleck des Sozialstaates, des Gesundheitswesens .
Im Bundestag soll am Freitag durch ein neues Gesetz zur Sterbehilfe über ihr Schicksal am Ende des Lebens entschieden werden, über das Ärztelobby und Kirchen -und Parteien streiten.Darf überhaupt im Jahre 2015 die Regierung und das Parlament darüber entscheiden, ob wir sterben dürfen, wenn wir es wollen? Weiterlesen
Allgemein
Amal – Stadt der Hoffnung
An einem verregneten Wochenende im Oktober trafen sich am Werbellinsee am Rande der Schorfheide die Parteivorsitzenden aller im Bundestag vertretenen Parteien unter strengster Geheimhaltung zu einer Krisensitzung. Eingeladen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel. In einem von der Presse abgeschotteten Nobelhotel wollte sie den Spitzen der anderen Parteien eine kühne Idee verkünden, die sich ihr Stab unter Leitung des „Flüchtlingskommissars“ Peter Altmaier ausgedacht hatte – frei nach dem Motto: Ungewöhnliche Situationen verlangen nach ungewöhnlichen Lösungen. Der Vorschlag, den sie unterbreitete, ist wahrhaft revolutionär, weil er mit einem zentralen Axiom der Integrationspolitik in unserem Land radikal bricht. Bisher galt die Lehrmeinung, dass Integration von Menschen aus fremden Kulturen in unsere Gesellschaft nur gelingen könne, wenn sie in unserer Mitte leben und sich nicht in Ghettos unter Ihresgleichen zurückziehen und sich dadurch von den Deutschen abschotten. Berlin-Neukölln, Duisburg-Marxloh und Dortmund-Nordstadt gelten in diesem Diskurs immer als die abschreckenden Beispiele für „verlorene Quartiere“.
Altmaier und seine Crew schlugen der illustren Runde nun das genaue Gegenteil vor. Sie wollen den Flüchtlingen aus Syrien ermöglichen, eine eigene Stadt zu gründen und darin weitgehend selbstverwaltet zu leben. Der Vorschlag steht so quer zu allem, was bisher als unumstößlich galt, dass die Kanzlerin die Notwendigkeit sah, die anderen demokratischen Parteien vorab in die Diskussion einzubinden, bevor der Vorschlag das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Weiterlesen
Obergrenzen? ein Tabuwort in Politik und Medien
ob das der Demokratie hilft ?
Während bei VW und bei der Vorbereitung der UNO Klimakonferenz in Paris Grenzwerte und Obergrenzen eine entscheidende Rolle spielen, auch bei Managergehältern der Deutschen Bank
und den FIFA- Millionen inzwischen, ist das Wort Obergrenzen für Flüchtlinge und Asylbewerberinnen durch Merkel, GROKO Vertreter, Grüne, Linkspartei zu einem Tabuwort geworden.Die Moderne fällt bei diesem Wort bezogen auf Flüchtlinge zur Zeit in magische und Mantra Zeiten zurück oder nach vorne, da ja die Moderne eh nicht mehr so sicher zu sein scheint.Meint man durch Vermeiden eines öffentlichen Nachdenkens über Obergrenzen, wo es um den Unterschied von 1 -10 Millionen geht innerhalb weniger Monate, die Realität in irgendeiner Weise leugnen oder sie gar positiv gestalten zu können? Weiterlesen
Wie Jakob Augstein die Demokratie zerstört
In der empörten Republik arbeiten Ideologen von links und rechts fleißig an der Demontage der Demokratie.
Die Rechten behaupten, uns fehle es am völkischen Selbstbehauptungswillen; die von einer linksgrün versifften Politmafia kontrollierte Regierung besorge die Selbstabschaffung Deutschlands und die Islamisierung des Abendlands. In erwartbaren Nuancen anders, im Kern aber ähnlich klingt die Anklage, die Jakob Augstein nun von links erhebt.
Einwanderung „made in Germany“
Von Sonja Margolina:
Millionen von Migranten strömen ins Land. Unter ihnen gebe es junge und fähige Menschen, die zum gemeinsamen Wohlstand beitragen könnten, war neulich im SD- Beitrag von Anna-Christina Grohnert „Vielfalt zahlt sich aus“ zu lesen. Sie würden eine demografische Talfahrt beenden und vielleicht den begabten Nachwuchs mitbringen. Wie Sergej Brin, der als Fünfjähriger mit seinen jüdischen Eltern als Mathematiker 1978 in die USA ausgewandert war und später Google gegründet hatte. Oder Steve Jobs, der Sohn syrischer Einwanderer, der in den USA adoptiert wurde. Wider die guten Absichten der Autorin liest sich der Artikel weniger als Plädoyer für die Einwanderung, denn eher als Beleg für deren Scheitern in Deutschland.
Die Eltern von Sergej Brin würden vermutlich nicht auf Idee kommen, nach Deutschland auszuwandern. Weiterlesen
1000 Peitschenhiebe als Mahnung
Von Christoph Giesa:
Der deutsche Journalist Constantin Schreiber hat Texte des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi gesammelt, übersetzen lassen und als Buch herausgegeben („1000 Peitschenhiebe – Weil ich sage, was ich denke“). Nach der Lektüre erkennt man nicht nur, dass Badawi für Gedanken brutal bestraft wird, die hier in Deutschland unspektakulärer Mainstream sind. Vielmehr kann man auch Impulse mitnehmen, die der aktuellen Debatte rund um Flüchtlingsströme und Radikalisierung interessante neue Facetten hinzufügen.
Schon im Vorwort schreibt der Herausgeber:
Raif Badawi hat nicht den Weg gewählt, den Tausende andere junge Araber jedes Jahr wählen, und sich Richtung Westen verabschiedet. Dabei hat er die gleichen Beweggründe wie sie: Die jungen Saudis sind es leid, in Lebensmodelle gedrängt zu werden, die sich kaum mit der Moderne verbinden lassen. Sie wollen sagen, was sie denken; treffen, wen sie wollen; tragen, was sie mögen. Aber für diese Sehnsucht zu kämpfen und zu leiden, das trauen sich die wenigsten – und überlassen damit ihre Heimat denjenigen, die sie noch konservativer, noch strenger, noch rückwärtsgewandter machen wollen. Weiterlesen
Sarah Wagenknecht, Stalin und Goethe
Sarah Wagenknecht, die Stil-Ikone der LINKEN, tourt zur Zeit durch die Lande und unterhält ein bildungsbürgerlich geprägtes Publikum mit einer Goethe-Lektion. Dabei wendet sie eine Masche an, die sie schon bei der Vereinnahmung des Urvaters der westdeutschen Marktwirtschaft, Ludwig Ehrhard, für ihr sozialistisches Projekt praktiziert hat. Sie erklärt Goethe zum Antikapitalisten! Dabei beruft sie sich vor allem auf eine Passage im fünften Akt von „Faust II“. Dort entwickelt der alternde Faust (Goethe?) die Vision einer Landkultivierung für Millionen von Menschen, die von einer „kühn-emsige[n] Völkerschaft“ ins Werk gesetzt wird. Faust möchte Teil dieser tätigen Gemeinschaft sein: „Solch ein Gewimmel möcht ich sehn! / Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn!“. Diese Textstelle hat schon die marxistische Literaturinterpretation der DDR für ihre Ideologie missbraucht. Sie hat in den Text das Bekenntnis Goethes zum schaffenden Volk, ja, zum Sozialismus (Stichwörter: „Volk“/“Gemeindrang“/“Völkerschaft“) hinein gelesen. Weiterlesen
Radikal –ein Roman wie ein Drehbuch für die derzeitige Eskalation
Von Christoph Giesa:
Yassin Musharbash, bei der Zeit unter anderem für die Themen Islamismus und Islamophobie zuständig und Autor des Blogs zum Thema (Link: http://blog.zeit.de/radikale-ansichten/) hat ein hoch aktuelles Buch geschrieben. Allerdings nicht heute, sondern vor vier Jahren. Es beschreibt faktisch die derzeitig zu beobachtende Eskalation, die Radikalisierung der gesellschaftlichen Mitte zwischen Islamismus und Rechtsradikalismus.
Der Plot ist an sich schnell erzählt, bildet er doch nur das Grundrauschen für die erschreckende Moral des Buches. Ein gemäßigt muslimischer Grünenpolitiker wird Abgeordneter – man muss ein wenig an Cem Özdemir denken bei der Beschreibung – und sorgt für große Hoffnungen in der muslimischen Community. Noch bevor er allerdings richtig Fuß fassen kann, wird er in einer Live-Sendung, die dem ZDF-Morgenmagazin sehr ähnlich scheint, von einer Bombe getötet. Mit ihm sterben viele der anwesenden Zuschauer und Mitarbeiter. Kurz danach taucht ein Bekennervideo von Al-Qaida im Netz auf, alles scheint klar.
Die Öffentlichkeit reagiert wie erwartet: Pauschaler Hass schlägt Muslimen entgegen, die sich als Reaktion darauf tatsächlich zu radikalisieren beginnen. Eine ehemalige Mitarbeiterin des umgekommenen Politikers und ein Islamexperte erkennen allerdings, dass die Erzählung Schwächen hat. Irgendwas scheint faul. Weiterlesen
Judenreine Jugend
Ein Betrunkener sucht verzweifelt unter einer Laterne nach seinem Schlüssel und bittet einen Passanten um Mithilfe. Nach einer Weile fragt der Passant: „Sind Sie sicher, dass Sie ihn hier verloren haben?“ „Nein, da drüben“, lallt der Betrunkene, „aber hier ist das Licht besser.“
Der Betrunkene kommt mir ein wenig vor wie die Autoren der neuesten „Shell-Jugendstudie“.
Die Studie meint, „eine Generation im Aufbruch“ zu erkennen. Aber nur, weil sie sich auf diejenigen konzentriert, die im Licht stehen. Die im Dunkeln sieht die Studie nicht.
Ist die unausgeschlafene Gesellschaft ein Märchen?
VON PETER SPORK:
Eine Studie über das Schlafverhalten von Naturvölkern, gerade inCurrent Biology (http://www.cell.com/current-biology/abstract/S0960-9822%2815%2901157-4) erschienen, erregt derzeit Aufsehen. Grundaussage: Es ist ein Märchen, dass wir in einer unausgeschlafenen Gesellschaft leben, denn auch die Naturvölker schlafen im Mittel nur 6,5 Stunden und machen tags nur selten Nickerchen. Dennoch klagen sie nicht über zu wenig Schlaf. Außerdem gehen sie erst drei Stunden nach Sonnenuntergang zu Bett und stehen oft vor Sonnaufgang auf. Anders als derzeit immer behauptet werde, bestimmten Sonnenauf- und -untergang also nicht das Schlafverhalten. Damit scheint die Grundthese meines Buches Wake up!widerlegt.
Doch wie immer ist die Sache etwas komplizierter. Weiterlesen
Ostdeutsche Demokratieverdrossenheit
Anlässlich des 25-jährigen Jahrestags der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 2015 wurde in den Zeitungen der Republik Bilanz gezogen. Ökonomische Kennziffern über die Annäherung der neuen Bundesländer an das Niveau des Westens wurden aufgezählt und bewertet. Was im Vereinigungsprozess falsch gelaufen ist, wurde benannt und diskutiert. Ein mentaler Befund war für mich besonders erschreckend. Auf die Frage, ob die Demokratie die beste Staatsform sei, antworten die Westdeutschen zu 89% mit Ja, in Ostdeutschland sind es nur 63%. Die Frage, ob sie mit dem Funktionieren der Demokratie in unserem Land zufrieden seien, beantworten im Westen 61% mit Ja, während im Osten nur 33% zustimmen. Die Ostdeutschen scheinen ihre Abneigung gegen die Demokratie in Deutschland auch an ihre Kinder weitergegeben zu haben. In der aktuellen Shell-Studie über die Befindlichkeiten der Jugend (Oktober 2015) äußern sich nur 54% der ostdeutschen Jugendlichen zufrieden mit unserer Demokratie, im Westen sind es 77%. Das ist verwunderlich, sind die jungen Ostdeutschen doch im vereinten Deutschland geboren, haben dieselbe Bildung genossen und besitzen dieselben Lebenschancen wie ihre westdeutschen Kameraden. Weiterlesen