Nach dem Brexit-Referendum haben sich die deutschen Parteien schnell positioniert. Die Kanzlerin ließ verlauten, man müsse den Briten jetzt Zeit geben, den Ausstieg aus der EU vorzubereiten. Sie warnte davor, aus Rache jetzt „garstig“ zu sein und die Briten demütigen zu wollen. Ihr Motiv ist klar: Sie möchte auch nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königsreichs aus der EU-Familie das Land eng an die EU binden, weil sie den freien Geist der Briten und ihr Gespür für marktwirtschaftliches Handeln überaus schätzt. Die SPD hingegen drängte auf sofortige Ausstiegsverhandlungen, als könne es ihr nicht schnell genug gehen, den Störenfried GB endlich loszuwerden. Gleichzeitig forderten die beiden SPD-Granden Gabriel und Schulz eine neue sozialpolitische Ausrichtung der EU, eine „europäische Wachstumsunion“. Hinter diesem Begriff verbirgt sich das alte Konzept der SPD, das sie schon bei Machtantritt von Francoise Hollande als europäische Verheißung lanciert hatte: höhere Staatsverschuldung zur Ankurbelung der Wirtschaft in den EU-Staaten und Vergemeinschaftung der Staatsschulden. Die Linke forderte das, was sie in jeder Lebenslage fordert: Abkehr von einem „Europa der Banken“ und Umverteilung des Reichtums zugunsten der Armen. Sarah Wagenknecht forderte sogar eine Volksabstimmung über die EU-Verträge. Damit gibt sie ein weiteres Mal zu erkennen, wie groß die geistige Nähe der Linken zu den Rechtspopulisten der AfD tatsächlich ist. Weiterlesen
Cem Özdemir
Die rechten Verführer und die Apathie der Gesellschaft
Die Parolen der rechten Scharfmacher delegitimieren zunehmend die liberale Demokratie. Umso befremdlicher ist die Apathie weiter Teile des Bürgertums angesichts dieser Entwicklung. Hat dieses keine Lehren aus der Spätphase der Weimarer Republik gezogen?
Brennende Flüchtlingsheime, Angriffe auf Journalisten bei Pegida-Demonstrationen, ein versuchter Mordanschlag auf eine Kölner Kommunalpolitikern, Todesdrohungen gegen amtierende Bürgermeister. Deutsche Zustände im Herbst des Jahres 2015. Weiterlesen