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Kein NPD-Verbot: Bravo!

Es gibt noch Richter in Preußen. Dass ein Verbot der NPD vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt wurde, ist ein guter Tag für die Demokratie und den Rechtsstaat.

Dabei ließen die Richter keinen Zweifel daran, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. „Das politische Konzept der NPD ist auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet.“ Der „von der NPD verwendete Volksbegriff“ – aufgepasst, Frauke Petry! – „verletzt die Menschenwürde.“ Ja, die „NPD weist eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus auf.“ Aber: „ein Erreichen der verfassungswidrigen Ziele der NPD mit parlamentarischen oder außerparlamentarischen demokratischen Mitteln erscheint ausgeschlossen.“

Mit anderen Worten: Die Bundesrepublik Deutschland ist als Demokratie so weit gefestigt, dass Neonazis keine Chance haben. Terroristische Organisationen wie die NSU oder einzelne Kameradschaften und dergleichen sind ein Fall für die Sicherheitsorgane, wie es die RAF war, wie es Ableger der PKK, der Hamas, Al Qaidas oder des IS sind.

Man kann sich darüber streiten, ob unter diesem Gesichtspunkt das Verbot der KPD 1956 richtig war. Schließlich hatten die Kommunisten bei der Bundestagswahl 1953 nur etwas mehr als zwei Prozent der Stimmen erhalten. Das Wirtschaftswunder war im vollen Gang, Adenauers CDU sollte 1957 mit der Parole „Keine Experimente!“ die absolute Mehrheit erringen, die DDR war spätestens seit dem Aufstand des 17. Juni und erst recht nach dem Ungarn-Aufstand 1956 auch für die westdeutsche Linke keine Alternative mehr. Dennoch urteilten die Richter damals:

„Eine Partei kann nach dem Gesagten auch dann verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG sein, wenn nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf besteht, dass sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zukunft werde verwirklichen können.“

Insofern ist das heutige Urteil eine direkte und notwendige Korrektur der damaligen Entscheidung. Faktisch hat sich die bundesdeutsche Politik und Justiz mit der Tolerierung der DKP, die nicht weniger verfassungsfeindlich war als die KPD, und die wie die KPD von Ost-Berlin und Moskau gesteuert wurde, vom KPD-Verbotsurteil distanziert. Ähnlich verfuhr man mit den studentischen K-Gruppen wie jener, in der ich tätig war. Obwohl nach eigenem – lautstarken – Bekunden verfassungsfeindlich, durften sie offen agieren und sich sogar bei Wahlen blamieren. Aus ihren Reihen gingen schließlich Lehrer, Staatsanwälte, Richter, Unternehmer, Publizisten und Politiker hervor, die der Republik treu gedient haben.

Das dürfte bei der NPD nicht passieren. Aber darum geht es nicht. Sie ist zu unbedeutend, um verboten zu werden, so das Fazit des Urteils: „Jar nich erst ijnorieren“, sagt der Berliner dazu. Richtig. Ohnehin kommen die Gefahren für die freiheitliche und demokratische Grundordnung heute aus anderen Ecken, vornehmlich aus den identitären Bewegungen in der islamischen und Teilen der deutschen Bevölkerung. Hier gilt: Wehret den Anfängen! Aber mit Argumenten, nicht Verboten.

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57 Gedanken zu “Kein NPD-Verbot: Bravo!;”

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    Nun ja, Roland Ziegler, die Winnetou-Bände sind ganz toll, und hinzu kommt dass sich jeder nach den Sechzigern den Mann wie Pierre Brice vorstellte und seine Schwester wie Marie Versini. Aber das ist Indianerromantik.
    Man hat zwar alle Versprechen gebrochen und immer weiter das indianische Land reduziert, aber Heilige waren die Indianer nicht. Sie haben reihenweise Leute auf Trecks und Siedler überfallen und sklapiert.
    Also das ist Romantik. Die Empathie ist sehr individuell. Der eine bemitleidet diesen, der andere den Nächsten.
    Aber: 3000 Tsunami-Opfer, teilweise aus Europa, werden mehr bemitleidet als eine höhere Zahl an Erdbebenopfern in Haiti. Also: Die Empathie weht nicht sehr weit aus der Haustür raus. Was in Ordnung ist, finde ich. Es scheint mir künstlich, jeden lieben oder verstehen zu zu wollen.
    Kinder werden mehr bemitleidet als Erwachsene, Robbenbabies mehr als Schweine. Damit wird zuweilen gespielt, bzw. recht häufig, von karitativen Organisationen oder Medien. Eine Sammlung für herzkranke Kinder bringt vermutlich mehr ein als eine für Alzheimer-Patienten.
    Die Empathie für Aleppo-Bewohner schätze ich niedriger ein als für Opfer in Sbrenica, weil das vor der Haustür liegt. Außerdem war Milosevic entbehrlich und Assad ist das vielleicht nicht.
    Das ist zu komplex, um es auf Winnetou zu verkürzen.

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    Lieber Herr Posener, der Gedankengang möchte ich gar nicht in Frage stellen. Auch nicht die Verantwortung der Europäer und erst Recht nicht die NATO. Aber, eben, Trump ist nicht vom Himmel gefallen, und was ich seit den Tagen der NeoCons sehe, ist eine konstante Delegitimierung sämtlicher Institutionen, in die, soweit ich das sehe, der Größte Teil der Republikanischen Partei mit eingestimmt hat. Das Impeachment gegen Clinton war ja nur der Vorgeschmack, Pelosi als Kommunistin, Obama Muslim…ach, das war alles nicht wenig. Das nochmal richtig Aufgepumpt ergibt erst Trump – warum auch nicht? Nehmen wir die UNO als Beispiel. Die UNO war nie als Bund freier Völker gedacht, von Anfang an bestand die Mehrzahl der Mitglieder aus Diktaturen und gerade heute ist das nicht anders. Weil aber eine andere Plattform fehlt, hat die UNO als Bühne einen unglaublichen Wert, wenn man sie denn zu nutzen weiß. Erinnern Sie sich an Bolton und den generellen Zugang der Regierung Bush zur UNO. Im Ernst, jeder der danach noch von Weltgemeinschaft sprach, war mindestens ein Vollidiot, wenn nicht (in der entsprechenden Presse sicher) ein Verräter. Und dann kommt TTP und weitere Regeln, an die sich das arme Amerika halten muss. Warum sollte ein Amerikaner denn Jeb Bush wählen? Die hatten schon zwei Präsidenten seit dem Fall des Kommunismus und ihre eigene Partei redet ununterbrochen davon, dass alles Mist ist. Wozu internationale Regeln, wenn die nur den Feinden Amerikas helfen? Ich posaune mal in die Welt, dass die NeoCons erst die Spielräume geschaffen haben, die von der TeaParty erfolgreich genutzt worden und die heute in der Akzeptanz der Alt-Right münden. Schauen Sie sich die Sprache der Kammeraden hier an. Erinnert Sie das nicht an die Zeit des Bush2 Irak-Krieges? Diese logischen Dribblings (the absence of a proof is not the proof of absence…mit anschließender Frage, auf wessen Seite man eigentlich steht). Da führt eine direkte Linie über liberal-versifft zu Trump. Wer ist denn von den Republikanern aufgestanden und hat laut gesagt, dass die Michigan Milicia sie nicht mehr alle auf dem Christbaum hat? Und nun, grabt Trump die gesamte freie Welt bei der pussy, weil die Normalos unter den Republikanern pussies waren, zumindest solange ihre Themen gefühlt verfolgt worden sind. Herr Stein hat den Antizionismus der Linken angesprochen. Ja, klar, nachdem es ein Trommelfeuer an Propaganda von Rechts gegen Linke gab, identifiziert die nachwachsende Linke eine pro Israel Haltung mit rechter Einstellung. War es nicht Tennenbom der meinte, wer für Israel ist, glaubt nicht an die Erderwärmung und umgekehrt. Es ist falsch, das Herrn Stein vorzuwerfen, es ist ja bei uns nicht anders, wer für Israel ist, ist rechts, wer links ist, ist wahrscheinlich Antisemit. Kulturelle Zugehörigkeit statt informierter Meinung. Broder sei Dank, ist pro-Israel hier nur noch an Anti-Islam gekoppelt, was prima viel Platz lässt für sämtliche rechte Antisemiten Europas. Und dann, wenn keine Strafe droht, platzt der Antisemitismus raus. Argh, ich verliere gerade die Fassung…nein, wir werden Trump überleben, es wird nur offensichtlich, was schon da war und wir alle wider besseres Wissen schon zu lange ertragen haben. Kein Faschismus, aber Scham. Und was machen die Liberalen jetzt? Eine „that`s not normal“ Kampagne im delegitimierenden Stil der Rechten…ich bekomme Kopfschmerzen. Danke für die Gesprächstherapie.

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      Ich glaube, Stevanovic, man muss differenzieren. Die Neocons sind nicht die Tea Party, und die Tea Party ist nicht Trump, und Trump ist schon gar nicht ein Neocon. Früher sagte Irving Kristol: „A Neocon is a Liberal who has been mugged by reality.“ Es gibt, siehe Hannes Stein oder mich, unter den heutigen Liberals einige frühere Neocons, oder fast-Neocons, die von Trump überfallen worden sind.

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      @Stevanovic
      „War es nicht Tennenbom der meinte, wer für Israel ist, glaubt nicht an die Erderwärmung und umgekehrt.“
      Schwieriges Thema und großartig, daß Sie es ansprechen: Wenn wir aufhören würden, uns zu klassifizieren, könnten wir anfangen zu diskutieren.
      „Broder sei Dank, ist pro-Israel hier nur noch an Anti-Islam gekoppelt, was prima viel Platz lässt für sämtliche rechte Antisemiten Europas.“
      Nein, nicht Broder sei Dank, sondern Spiegelbild einer älteren Achse – und die war nicht ‚gut‘..
      (Philo- und Antisemiten sind Semiten doch letztlich egal, es geht um die Spiegelung der eigenen ‚Gewissheiten‘)

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      Bei allem Respekt vor Herrn Stein, so einfach ist es nicht, zumindest nicht in dem Teil, den ich sehe. Hier der (satirische) Stand der Dinge, vor zwei Amtszeiten:
      https://www.youtube.com/watch?v=2Z9Hvo7p8Dw
      Wie wäre die Wahrnehmung, wenn Bush schwarz gewesen wäre?
      Den Link zu Powels Rede vor UN lass ich mal weg. Und auch den Link zu den Aussagen des UN-Botschafters Bolton auch. Unter Bush war McCain isoliert, die Neocons hatten das Postfaktische erfunden. Tief Luft holen, es passiert etwas revolutionäres: die USA werden ihre außenpolitischen Interessen verfolgen!!! Das ist ja was ganz neues.
      Seit Clinton bauen die Republikaner jedem Blödsinn eine Rampe und nun ist Trump von ihr besonders weit abgesprungen. Aber es war zu keinem Zeitpunkt unter Bush2 anders. Obama hat den außenpolitischen Schaden in zwei Amtsperioden nicht begradigen können. Selbst die Eskalation mit Russland fing mit dem Georgienkrieg an, den ein größenwahnsinniger Cheney ohne Plan losgetreten hatte.
      Der einzige Unterschied zwischen Bush2 und Trump sind die fehlenden Feigenblätter, nämlich dass Trump es den liberal hawks unmöglich macht, sich die Welt schön zu reden. Nein, es hat nicht mit Trump begonnen und die Republikaner waren schon lange gekippt. McCain war mal Kandidat, weil kein anderer Lust hatte, sich für George die Klatsche abzuholen, nicht weil McCain etwa Konsens in der Partei gewesen wäre.
      Keine Ahnung, wie groß der Schaden diesmal sein wird, aber die gesamte Amtszeit von Obama läuft die freie Welt der Dynamik hinterher, die damals losgetreten wurde. Trump ist der Sündenbock, auf den wir uns alle einigen können. Aber Hand aufs Herz…

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        Lieber Stevanovic, die Neocons haben nicht „das Postfaktische erfunden“. Sie waren der begründeten Ansicht, Amerikas Sicherheit dürfe nicht auf Bündnissen mit Diktatoren beruhen, erstens weil das Amerikas Ruf schädigt, zweitens (und wichtiger), weil diese Diktatoren sich als schwach erweisen könnten in einer Welt, die – seit dem Fall der Sowjetunion – eine demokratische Welle erlebte. Ziel war also, Amerika mit den demokratischen Kräften der Welt zu verbünden und diesen Kräften nach Möglichkeit zu helfen, die Macht in ihren Ländern zu erringen. Das Problem bei alledem war, dass diese Politik nur langfristig erfolgreich sein kann. Die USA betreiben aber seit jeher eine kurzatmige Politik, die sich von Administration zu Administration ändert. Diese Feststellung war Ausgangspunkt meiner Überlegung, dass ein „demokratisches Imperium“ wie die EU langfristig mehr für die Ausbreitung der Demokratie erreichen könne als ein demokratischer Nationalstaat wie die USA. Nach dem arabischen Frühling, dem Aufstieg der Islamisten, der reaktionären Wende in Syrien und Ägypten, nun auch in der Türkei und den Philippinen, den Kollaps Libyens usw. sieht es so aus, als hätten sowohl die USA als auch die EU mit ihrer Politik Schiffbruch erlitten. Aber ich bin mir da nicht so sicher. Gewiss ist es aber so, dass die Möglichkeiten des Westens, die Welt überhaupt zu gestalten, begrenzter sind, als es die Neocons (und liberale Falken wie ich) hofften.

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        Bei der Rede Powells damals vor der UN – als Fake-News- präsentiert wurden – ist etwas sehr Wichtiges zerstört worden. Seitdem interessiert die UN keinen mehr. Von her aus führt eine direkte Linie zu Trump, die von vielen (z.B. Herrn Stein) bis heute nicht verfolgt worden ist.

        Die Leute reiben sich die Augen und fragen: Von welchem Stern ist denn Herr Trump heruntergekommen! Wir haben ihn ja gar nicht kommen sehen! Und das heißt: Niemand hätte das kommen sehen können, denn wir sehen ja immer alles zuerst.

        Ganz ähnlich wie die Luckefreunde die heutige AfD ansehen und sich fragen, wie hat das nur geschehen können. Nein – man selber hat nie was falsch gemacht und nichts dazu beigetragen, man ist rechtzeitig abgesprungen, als der Zug total überraschend auf das falsche Gleis lief,

        Das reicht aber nicht: rechtzeitig abzuspringen. Man muss sich die Mühe machen, das Bild aus einer anderen Perspektive als der gewohnten anzusehen, idealerweise rechtzeitig.

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        …der Grund, warum diese Linie vernachlässigt worden ist, liegt an einem gefährlichen Idealismus: „Wir haben recht; wir sind die Guten. Dann ist es nicht so wichtig, welche Methoden wir wählen. Die Bösen machen es ja auch nicht anders,, und wir wollen bestehen können.“ Diese Haltung ist das ganze Problem. Man muss Spielregeln aufstellen und sich selber an sie halten. Wenn man glaubt, Regeln im Interesse einer Sache brechen zu dürfen, ziehen alle anderen nach. Am Ende zerfällt die Kooperation zu einem „Jeder gegen Jeden“, und man steht in einem Scherbenhaufen.

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        @Alan Posener: Wenn Sie so wollen, kann man vielleicht auch die NATO oder allgemein „den Westen“ in der Zeit des Kalten Krieges als demokratisches Imperium betrachten; und das war durchaus erfolgreich – zumindest, was die Überwindung diverser Diktaturen angeht. Daß andere dabei geschaffen wurde… – der Zyniker würde sagen, daß wo gehobelt wird, halt Späne fallen.
        Der Westen bezog seine Anziehungskraft damals aus einem Gleichgewicht aus Freiheit (vor allem Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit, Reisefreiheit) und Sicherheit (vor allem durch ein gewisses Maß an Wohlfahrtsstaat – hier mehr, dort weniger) unter dem Dach des Rechtsstaats. In Spanien und Portugal fielen die Diktaturen nachhaltig (über die Aufarbeitung schweigen wir lieber), in Griechenland und der Türkei waren die Militärdiktaturen nur Episode, und selbst die langjährigen Polizeistaaten in Südkorea, Paraguay oder den Philippinen verschwanden.
        Was wir derzeit erleben, ist daß dieses Imperium schwächelt, da es einen seiner Pfeiler (die soziale Sicherheit) weitgehend erodiert hat und gleichzeitig dabei ist, das Rechtsstaatsprinzip zu schwächen.
        Es sollte nämlich nicht übersehen werden, daß sowohl Donald Trump als auch die Parteien der europäischen Antiliberalen (FN, PVV, UKIP, AfD, LINKE, FPÖ, etc.) einen guten Teil ihrer Zustimmung von jener Mittelschicht erhalten, die sich vom sozialen Abstieg bedroht sieht.

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        Richtig, Opa Krempel, aber Abstiegsangst ist kein Grund, Rassist zu werden oder Rassisten zu wählen.

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        Ein anderer Grund ist der, dass in USA alles von zwei Parteien geregelt und entsprechend dramatisch zugespitzt wird. Das ist ja eine äußerst dürftige Auswahl; ein solches Restaurant würde ich verlassen. Gerade besser als essen zu müssen, was auf den Tisch kommt.
        Da bleibt dem autoritären Populismus nur, sich eine der beiden Parteien zu erobern, und das ist logischerweise eine konservative Partei.

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        @Alan Posener: „Abstiegsangst ist kein Grund, Rassist zu werden oder Rassisten zu wählen.“ – Stimmt. Ich habe das auch nicht als Grund gesehen, sondern als – wenigstens partiellen – Erklärungsversuch, damit man die Ursache für den Aufschwung der Feinde unserer freiheitlichen und offenen Gesellschaft bekämpfen kann.
        Nur ein kleiner Teil der Mittelschicht ist explizit und offen rassistisch; das sind im großen und ganzen diejenigen, die schon immer rassistisch gewählt haben. Auf viele eher kleinbürgerliche Kreise haben aber Parteien, die sich mit Skinheads umgeben oder von Rabauken vom Schlag Jean-Marie Le Pens angeführt werden. abstoßend gewirkt.
        Nun kommen aber weltweit neue Parteien aus der Versenkung, die nicht so offen rüpelhaft auftreten, sondern eine bürgerliche Fassade wahren, verkünden, die Sorgen der Wähler vor dem Abstieg ernst zu nehmen, und auch schon gleich die passenden Schuldigen präsentieren: Die Fremden (vorzugsweise aus dem Orient) und die „Systemparteien“, die diese Fremden hier ins Land gelassen haben. „Das System“ mit seiner Gier und Verschwendung ist an der Misere schuld, daß heutzutage am Ende vom Geld noch so viel Monat übrig ist, daß „die Pleite-Griechen“ (O-Ton Boulevardpresse) sich „von unserem Geld einen faulen Lenz“ machen, daß „Asylanten in Wohnheime kommen, während bei uns die Obdachlosen erfrieren“ und blah und schnauf. – Kurz: Ein permanentes Wir-gegen-die.
        Die Zielgruppe sind diejenigen, die das Gefühl haben, daß es stetig bergab geht und daß sie mit dem Rücken zur Wand stehen. Ihnen gilt das Versprechen, alles werde wieder so wie früher – so einfach, so überschaubar, so gut -, wenn „die anderen“ erst einmal weg seien.
        Wer keine Abstiegsangst hat, ist für diese Argumente nicht zugänglich. Auch früher sind diejenigen, die keine Angst vor dem Fegefeuer hatten, den Seelenfängern nicht auf den Leim gegangen.

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        Lieber Opa Krempel. Sie schreiben: „Nur ein kleiner Teil der Mittelschicht ist explizit und offen rassistisch“. Klar, weil das ja verpönt ist. Was aber, wenn die politische Korrektheit fällt? Ich halte den Rassismus für die „Default Position“ in jedem Menschen. Es braucht, will sagen, eine permanente gedankliche Anstrengung, nicht rassistisch zu sein. Man merkt das besonders bei Linken, die sich in Sachen Antisemitismus gedanklich nicht anstrengen, weil sie glauben, das sei bei ihnen kein Problem, weil sie ja Antiimperialisten und Antirassisten seien. Wird mit dem Antizionismus diesen Leuten eine Möglichkeit gegeben, sich zu entgrenzen, ergreifen sie sie. Und so ist es auch bei anderen Menschen. „But would you want your dasughter to marry one?“ war die Parole der Rassisten in England in den 1960er Jahren – mit anderen Worten: Du weißt, dass wir Recht haben, du willst es nur nicht laut sagen. Barry Goldwater, Gegner der Kennedy-Johnson-Bürgerrechtsreform, kandidierte unter der Parole: „In your heart, you know he’s right.“ Alles Reden von der schweigenden Mehrheit, der Lügenpresse usw. zielt darauf, den inneren Schweinehund von der Leine zu lassen. Das hat denkbar wenig mit ökonomischen Dingen zu tun.

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        Lieber Alan Posener, partiell haben Sie recht: Der Rassist steckt in jedem von uns, und es ist die Erziehung, die dafür sorgt, daß er nicht ausbricht.
        Aber Sie liegen falsch, wenn Sie sie wirtschaftliche Situation des Einzelnen ausblenden. Mir fällt dazu der Satz ein, den Georg Büchner mit Blick auf das revolutionäre Frankreich prägte: „Ein Huhn im Topf eines jedes Bauern macht den gallischen Hahn verenden.“
        Zur Verdeutlichung: Nach dem II. Weltkrieg wurden Millionen Vertriebene in Westdeutschland angesiedelt. Sie waren Neuankömmlinge, aber nicht wirklich Fremde; sie sprachen weitgehend die gleiche Sprache (wenn auch einen anderen Dialekt) und gehörten nicht selten der gleichen Kirche an. Aber es gab Neid: Die Vertriebenen bekamen im Rahmen des Lastenausgleichs Bauland zugeteilt (in Westdeutschland wurde damals gespottet, daß, wenn man den Landbesitz zusammenzähle, den die Vertriebenen als verloren angegeben haben, Deutschland bis Moskau gereicht haben müsse). Und es wurde sofort geschimpft, die neu gebauten Häuser der Vertriebenen seien so gut ausgestattet, daß im Winter der Schnee auf den Dächern liegenbleibe. Die gleichen Argumente hörten wir gegen Ende der 1980er, als Spätaussiedler kamen („Guckt nur mal, was für Autos die fahren, und unsereiner muß dafür jahrelang sparen!„), bzw. vor kurzem., als immer mehr Menschen über das Mittelmeer nach Europa flohen („Denen kann es nicht schlecht gehen; die haben Smartphones„).
        Der Neid auf die Vertriebenen legte sich, als im Zuge des Wirtschaftswunders auch die alteingesessenen Westdeutschen Förderung für Häuserbau und Sanierung erhielten. Die Vertriebenen sind seither kein Thema mehr für Neid.
        Und umgekehrt: Solange Vollbeschäftigung herrschte, wurden Gastarbeiter zwar nicht gerade geliebt, aber Parolen, sie nähmen den Deutschen die Arbeitsplätze weg, waren sofort als Unfug erkennbar. Sie verfingen erst, als selbst nach dem Anwerbestop noch Deutsche Arbeit suchten, aber keine fanden.

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        Alles richtig, lieber Opa Krempel. Aber: Die Wirtschaftsdaten in den USA sind so gut wie seit Jahren nicht mehr. Trotzdem gewinnt Trump. Uns geht es in Deutschland so gut wie seit 15 Jahren nicht mehr. Trotzdem legt die AfD zu.

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        Ich glaube, die ‚default position‘ des Menschen, ist, daß er nicht über die Sippen- oder Dorfgrenze hinaus empathiefähig ist und daß er nach irgendwelchen Merkmalen sucht, mit denen er Außenstehende erkennt. Diese Merkmale sind, um es mal mit diesem gender slang auszudrücken, ‚gesellschaftliche Konstrukte‘, einige davon in Europa 2000 Jahre alt und in der Religion verwurzelt, das ist wohl wahr, obwohl ich es nicht glauben will. Aber mit ‚Ökonomie‘ hat das schon zu tun, mit ‚Denk- /Verhaltensökonomie‘ (zuviel Denken strengt an), ‚das ist unser Land und nicht denen ihrs‘, ‚unsere Regierung soll unsere Interessen vertreten, nicht die anderer Länder‘, ‚America first‘ usw. usf. wenn man so will, hat das mit Egoismus zu tun. Unbedingte Globalisierungsbefürworter müssen schon gute Argumente bringen, außer ‚auch der 3. Welt etwas abgeben zu wollen‘.
        Und diese rassistischen Thesen der Anthropologen im 20. Jh.: Ich glaube da müsste die aufgeklärte Wissenschaft in toto noch einiges an Aufarbeitung leisten. ‚Political correctness‘ ist da doch nur eine Krücke, die niemand mehr ernst nimmt. Da müsste tiefere Einsicht folgen.

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        Ich glaube nicht, KJN, dass man nicht über die Dorfgrenze hinaus empathiefähig ist. Als Sie damals Winnetou gelesen haben (falls Sie das taten), waren Sie möglicherweise voller Empathie und mussten bei Winnetou 3 womöglich sogar weinen? Und nun bedenken Sie, aus welcher Ferne und fremdartigen Kultur Winnetou stammt und dass er – was dem Ganzen die Krone aufsetzt – sogar gar nicht gelebt hat.

        (Sie können dasselbe mit x-berliebigen anderen Figuren erleben, ich war erst kürzlich sehr betroffen, als ich lesen musste, Dobby der Hauself das Zeitliche gesegnet hat.)

        Wenn Sie nun sagen, das sei ja nur Literatur, im echten Leben wäre das anders, würde ich z.B. auf Kinder verweisen, denen es sogar möglich ist, mit einer Fliege Empathie zu empfinden (von Kaninchen ganz zu schweigen). Noch möglich ist, muss man vielleicht sagen, denn im Verlauf des Erwachsenenlebens macht man schon einen erheblichen Verrohungsprozess durch (wie ich neulich bei einem Obi-Mitarbeiter feststellen musste, als der meinte, für ein Kaninchen würde bei ihm ein halber Quadratmeter Sitzfläche völlig reichen, die würden ja nur sitzen und fressen, bis sie zu Weihnachten geschlachtet werden. Kein Kind käme je auf so einen abwegigen Gedanken.)

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        @Roland Ziegler
        Da haben Sie aber sowas von recht, lieber Roland Ziegler, wir kommen immer durcheinander mit der Charakterisierung von kollektiven und individuellen ‚Affekten‘ (so sagt man dazu, glaube ich): Bei einer ‚exotischen‘ Schönheit oder ET (Spielbergs Film) sind wir individuell (und sicher hier aus verschiedenen Beweggründen), nicht bereit, rassistischen Vorstellungen überhaupt nur einen cm³ Raum zu geben, weil wir die entsprechenden Personen sofort bereit sind ‚einzugemeinden‘. Kommt uns aber, sagen wir beim Ausführen des Hundes, eine Gruppe von 4 bis 6 jungen Männern entgegen, die gerade selbstbewusst Spaß haben und alle Klischees der ‚Nafris‘ äußerlich bis zur Karikatur hin erfüllen, sich auch das Fell des Hundes von vorne bis hinten sträubt, trägt man gerne Smith & Wesson, oder? Mir geht das jedenfalls so.
        Daß wir deswegen political correctness – quasi als Puffer für ein kurzes Innehalten und eine erste wirkliche Einschätzung der Situation brauchen, ist mir auch klar. Aber die Sache ist doch die, daß unserer ‚Führungselite‘ die mittlerweile weitgehend die Kompetenz abgesprochen wird, die Realität noch einschätzen zu können – das ist doch der Subtext der meisten Einträge hier – und das ist eine ernste Krise. Klar: Auch dem Harz 4 – Empfänger und dem Bewohner des rust belt geht es materiell besser, als einem senegalesischen Bauern, aber die Selbstwirksamkeit, das vergessen wir immer bei allen Diskussionen.. ja auch eben bei den ‚Wirtschaftsdaten‘. Trump ist kein Mirakel.
        Achja, noch zum Thema: hans liegt doch richtig: An den Unis läuft ideologischer Mist. Immer mehr. -> Handwerk hat goldenen Boden.

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      Die coalition of the willing war eine neue Qualität in den Beziehungen des Westens untereinander. Schon damals war die NATO als außenpolitisches Instrument von den USA kalt gestellt worden. Wenn die Europäer ihre eigene Verteidigung gegen Russland ernst nehmen würden, bräuchten sie die Army nicht, ich glaube da sind sich wohl alle einig. Russland ist nicht mal die Halbe UdSSR und die fehlende Hälfte ist auf westlicher Seite. Und wenn man ganz ehrlich ist, nichts anderes sagt Trump. Die Ideen der konservativen Revolution hat Europa doch über die US-NeoCons wiederentdeckt (Souverän ist der , der den Ausnahme…blabla) und selbst PI-News war ein Produkt des Post-9/11 war on Terror. Es ist immer schwer irgendwo einen Anfang zu verorten, zugegeben. Aber es begann nicht mit Trump, für mich war es Bush2 und sein Anhang, das Brechen der demokratisch/westlichen Welle: Are you with us or are you against us? Ist das mit the right to choose gemeint? Wohl kaum.
      Der Westen, wir alle, werden Trump verdauen müssen und können. Nur wenn wir geschockt sind, dann sollten wir alle überlegen was, wann schief gelaufen ist und das Problem war nicht das grab them by the pussy.

      OK, ich schweife ab.

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        Lieber Stevanovic, ganz so sehe ich das nicht. Nach 9/11 hat die Nato zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Bündnisfall ausgerufen, und der Krieg in Afghanistan war und ist ein NATO-Krieg. Die Nato wurde also nicht von den USA unter George W. Bush „kaltgestellt“. Beim Irak waren es ja Chirac und Schröder, die eine „Achse Paris-Berlin-Moskau“ schmiedeten, um den krieg zu verhindern; die „Koalition der Willigen“ war eine Reaktion darauf. Die Franzosen haben das später bereut, als sie wiederum auf einen Krieg gegen Libyen drängten und nur mit Mühe und Not die USA überzeugen konnten, mitzumachen. Deutschland hielt sich auch da heraus, so dass auch diese Operation keine Nato-Sache war.
        Was bei Trump neu ist: Er behauptet, Hauptaufgabe der Nato müsste der Krieg gegen den Terror sein, was man nach 9/11 hätte glauben können, aber spätestens seit dem Aufstieg Putins nicht mehr glauben kann. Hauptaufgabe bleibt der Schutz Europas vor Bedrohungen aus dem Osten, genauer, aus Russland. Der Krieg gegen den Terror bleibt natürlich Aufgabe der Nato, aber es gibt selten Situationen (wie jetzt im Irak), wo militärische Kapazitäten, wie sie NATO besitzt, entscheidend sind bei diesem Kampf. Oft sind da Polizei- und Nachrichtendienste effektiver. Würde Trump die NATO umbauen wollen zu einer Anti-Terror-Agentur, wären die baltischen Staaten, Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien usw. die unmittelbaren Leidtragenden; bald würde auch auf den Balkan der krieg wieder losgehen.

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    Wann kommt endlich der Höcke-Artikel? Alle Welt redet darüber, und wenn ich mir einen starken Autor aussuchen darf, dann Bärbel Schäfer;)

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    Zu Adrian:
    genau so ist es. Das BVerfG verhindert reine Gesinnungsjustiz. Die Länder hätten zeigen müssen, daß es konkrete Bezehungen zu Verbrechen (NSU) und/oder physischer Gewalt gegeben hat. Vermutlich gab es das, aber die Polizei hat nicht in diese Richtung ermittelt. Es ist durchaus merkwürdig, aber die Anträge waren so schwach begründet.

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    Wenn es nur um Gefahr für die (schlecht definierte) Demokratie geht, und wenn ich Erika Steinbach ernst nehme, wüsste ich allmählich eine andere Partei, sorry.

    Wie wär’s mit einer Neuauflage über die Definition von Demokratie und Parlamentarismus? In diesem Land geht es doch nur noch um Macht und Pöstchenerhalt.

    Wie wäre es, wenn man alle Parteien verböte, und jeder Politiker müsste sich selbst verantworten vor dem Grundgesetz?

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      @Oleander
      „In diesem Land geht es doch nur noch um Macht und Pöstchenerhalt.“
      Darum geht es immer und in jedem Land. Entscheidend ist aber, inwieweit das engstirnige Denken der ‚Alternativlosigkeit‘ Raum greift. Wichtig daher der Erhalt des Meinungs-Pluralismus: Sei es bei der Beurteilung der Volkswirtschaften (-> Griechenland), demokratisch gewählter US-Präsidenten, des ‚Weltklima-Erwärmung‘ (-> brrr, bestimmt bekommen wir bald erklärt, wieso der kalte Winter Folge der Klimaerwärmung ist) oder der Kulturen (‚Ethnien‘ bzw. Religionen, -> Islam). Daß ich bedaure, daß diese Trennlinie – pro/contra Pluralismus in der deutschen politischen lechts-rinks Landkarte keine Rolle spielt, dürfen Sie als meinen persönlichen Beitrag zur Politikverdrossenheit verbuchen.

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    Sehr geehrte Frau Frommel,

    vielen Dank für Ihre Einschätzung. Das Verbot der Partei ist dann die notwendige Folge der Verfassungswidrigkeit, sodass das Bundesverfassungsgericht lediglich die Kategorisierung einer Partei als verfassungswidrig erschwert hat, indem neben die bisherigen Kriterien (Ablehnung der FDGO oder des Bestandes der Bundesrepublik, die sich nicht auf eine rein theoretische Ebene beschränkt, sondern aggressiv-kämpferisch umzusetzen versucht wird) ein weiteres Kriterium gestellt hat?

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    Sehe ich ähnlich. Hier hat’s einer anhand der über tausend Absätze des Urteils juristisch aufgedröselt: http://www.dasgelbeforum.net/f.....?id=426687 – lediglich ein Aspekt will mir aber immer zu kurz zu kommen scheinen: dass die NPD derart geschwächt wurde, dass JETZT, im zweiten Anlauf, kein Verbot mehr möglich war, hatte ja wesentlich damit zu tun, dass im ERSTEN Verfahren offenkundig wurde, wie stark, z.T. mehrheitlich, die NPD-Führungsgremien von Verfassungsschutz-V-Männer durchsetzt waren. Gerade die echten Aktiven dürften sich daraufhin abgesetzt und nun eben im Untergrund reorganisiert haben – und zwar so, dass sie weder durch ein Parteiverbot tangiert würden, noch überhaupt noch so leicht ausspionierbar sind. Ob das langfristig das klügere Ergebnis war, wird sich erst noch weisen.

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      Die Freiheit, so Rosa Luxemburg, ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. Natürlich dachte die Kommunistin nicht wirklich so. Bei anderer Gelegenheit sagte sie deutlich: „Der Reaktion Daumen aufs Auge, Knie auf die Brust!“ Für echte Demokraten freilich gilt das erste Wort; wir nehmen ernst, was Luxemburg nur so dahin sagte.

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    Zu Klaus J. Nick:
    Es gibt zwei – eng auszulegende – Verbote
    a) eine tatsächlich für die fdGO gefährliche Partei. Sie kann verboten werden trotz Parteienprivileg;
    b) Volsverhetzung (auch Holocaus-Leugnung = Unterfall), wenn „der öffentliche Friede“ gefährdet wird.
    Bei den Hass-Aufrufen gegen Flüchtlinge etc. ist aus meiner Sicht b) verletzt. Die Typen gehören schlicht festgenommen.
    Hingegen sind verfassungswidrige Meinungsäußerungen nicht verboten. Nur bei Parteien spielt das eine Rolle, aber auch dort genügt es nicht für ein verbot, dass sie ein verfassungswidriges Programm haben.
    Ich finde das in sich stimmig und konsequent.

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      Danke, Frau Frommel, mir würden diese Begründungen für ein Verbot oder Nichtverbot ausreichen. Ich möchte Klarheit darüber, daß die Rechtsprechung unbeeinflusst von der Politik agiert (so wie ich mir auch wünsche, daß die Wissenschaft und , ähem, die Medien unbeeinflusst von der Politik agieren). Alles andere liefert doch denen Gründe, die ein Establishment oder einen ‚Großen Bruder‘ projezieren und die allzu schnell als ‚Populisten‘ abgetan werden. Und wenn Politik schnell und oft nach ’neuen Gesetzen‘ ruft (‚gestaltende Politik‘), wie ein Herr Maas, ist m.E. Wachsamkeit angesagt.
      Wenn es als Beleg für eine unabhängige Justiz dienen kann, daß die NPD nicht verboten wurde, ist mir das also recht.

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    Zu Adrian und Posener:
    Verfassungswidrig und damit verboten ist eine Partei, wenn deren Ziele verfassungswidrig sind (das ist bei der NPD der Fall) und sie die Macht hat, diese umzusetzen (das wurde verneint). Beide Voraussetzungen müssen gegeben sein. Dann ist die Rechtfolge ein Verbot.

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    Alan Posener, Sie schreiben „Ohnehin kommen die Gefahren für die freiheitliche und demokratische Grundordnung heute aus anderen Ecken, vornehmlich aus den identitären Bewegungen in der islamischen und Teilen der deutschen Bevölkerung. Hier gilt: Wehret den Anfängen! Aber mit Argumenten, nicht Verboten.“

    Wir verdanken Michel Foucault den Begriff „Dispositiv“. Nach Foucault ist das dispositiv eine „Formation, deren Hauptfunktion zu einem gegebenen historischen Zeitpunkt darin bestanden hat, auf einen Notstand (urgence) zu antworten. Das Dispositiv hat also eine vorwiegend strategische Funktion.“ „Sie stellen Überzeugungen bereit, nach denen Wirklichkeit gestaltet wird, indem sie mit Autorität bestimmte Formen und Inhalte von Überzeugungen und Problemen aus der Vergangenheit in die Gegenwart transportieren. Damit gestalten Diskurse unser Denken, Fühlen, Wollen und Handeln grundlegend. Durch den Diskurs werden nicht nur die Gegenstände geordnet und bewertet, sondern auch entschieden, was überhaupt als Gegenstand in Frage kommt, d. h., die erfahrbare Wirklichkeit kann sich in der Diskurstheorie nur in den diskursiv gültigen Formen zeigen. Das Dispositiv stellt die Verflechtung der diskursiven Elemente, d. h. das, was zu einer bestimmten Zeit in einer bestimmten Gesellschaft als denk- und sagbar gilt, mit sozialen Praktiken und Gegenständen dar, die für diese Praktiken von Bedeutung sind.“

    Die Rechtsprechung ist ein Teilelement das Gesamtdispositivs innerhalb der jetzigen Machtverteilung. Wie beurteilen Sie die Versuche der Etablierung von außerjuristischen Dispositiven und Herrschaftsinstrumenten, die im Zuge eines erweiterten Nazibegriffs im so genannten „Kampf gegen Rechts“ und sogenannte „Fake News“ verfolgt werden. Ich verweise auf das von der Achse des Guten zusammengestellte Dossier: Zensur 4.0 (http://www.achgut.com/artikel/.....avantgarde).

    Sind diese Instrumente noch innerhalb des Rahmens Ihres Postulats „Argumentieren statt Verbieten“? Wären sie mit einem Plädoyer „Argumentieren statt Zensur“ nicht auf der Höhe unserer Zeit? Alan Posener, hic Rhodos, hic salta. Oh

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      Oje, wenn man sich durchklickt, bleiben nur viel heiße Luft und ein hysterischer Broder.
      „außerjuristischen Dispositiven und Herrschaftsinstrumenten“ – das trifft auf die Haftung jeder Schülerzeitung zu. Es ist doch gar keine Frage, ob jemand versucht im Gefolge von „Fake News“ seinen Standpunkt durchzusetzen und andere zu diskreditieren. Natürlich, was denn sonst. Nur, und da habe ich kein valides Beispiel auf der Achse gefunden, an welcher Stelle wurde die Verbreitung einer Meinung verhindert? Alles, was nicht im Bundestag sitzt und nicht gegen die Regierung agitiert, ist ein außerjuristisches Dispositiv und jeder, der nicht Broder zustimmt, wird Herrschaftsinstrument. Waldsterben, mehr ist das nicht.

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        Heute, denke ich, sollte zuerst „God bless America“ gewünscht werden. Eine geradezu revolutionäre Rede eines, der mit Sicherheit kein Blödmann ist, wie er von Mainstream Deutschland gerne gesehen wird; das Establishment wird nicht amused sein. Eine verkommene postmoderne Linksliberale wie Hillary Clinton hat die Loser der globalen Wirtschaftsentwicklung in USA als „basket of deplorables“ stigmatisiert, Donald Trump adressiert an sie, dass sie und ihre Agenda nicht mehr ignoriert werden. Geben wir seiner Politik eine Chance. Immer wieder schön zu sehen, wie die Staffel Übergabe im demokratischen Amerika abläuft. Die Amerikaner haben Stil, hier müssen wir uns mit Elefantenrunden vorlieb nehmen.

        Sie schreiben „Nur, und da habe ich kein valides Beispiel auf der Achse gefunden, an welcher Stelle wurde die Verbreitung einer Meinung verhindert? “ Haben Sie nicht mitbekommen, wie z.B. ein Gerald Hensel von Scholz & Friends das seinige getan hat, die Achse des Guten, Tichys Einblicke und andere auf Blacklists zubringen, ihnen damit finanziell das Wasser abzugraben. Ich denke, es ist vor allem Henrik M. Broder mit seinem Bonus zu verdanken, dass dies für Hensel& Co. zu einem Schuss ins eigene Bein wurde. Sie wissen, dass ich kein Freund davon bin, das tausendjährige Reich zu „Instrumentalisieren“; ich würde mich freuen, wenn man eine Diskussion ist nicht nötig hätte, auf diese Epoche zu verweisen. Hier jedoch hat die Keule die richtigen getroffen, die sich mit dem Vorwurf konfrontiert sehen, dass ihr Vorgehen genauso schäbig ist wie der Boykott der Juden im Dritten Reich (Schauen Sie sich mal die Bewertungen bei Scholz & Friends ein). Dadurch sind sie eingeknickt; ohne Broder wurde ein Hensel noch seine Strippen ziehen wollen im Kampf gegen Rechts und im Netz gegen Nazis.

        Sie haben Recht, wenn sie auch Schülerzeitungen ins Spiel bringen. Das Dispositiv „Kampf gegen Rechts“ geht von Merkel, Maas, Schwesig, aus deren Ministerium die in diesem Jahr auf 100 Millionen verdoppelte Regierungsknete im Kampf gegen Rechts verteilt wird, über die Bundeszentrale für politische Bildung, paragouvernementale Institutionen wie die Amadeu Antonio Stiftung mit der vorbildlichen Expertin Anetta Kahane an der Spitze mit ihren Medienkombattanten Stern und Zeit im Netz gegen Nazis, bis hin zur Schüler- Zeitschriften und den lokalen Gruppierungen der sich Antifa nennenden Streetfighter und Saalschläger (z.B. http://www.spiegel.de/politik/.....29795.html). Dieses Dispositiv will bestimmen, was denk- und sagbar ist, was diskursiv gültige Formen sind und welche als Todfeind auszuschließen und zu vernichten sind. Natürlich gibt es in einer Gesellschaft Meinungskampf, Kampf um Ressourcen und Machtkampf zwischen verschiedenen Lagern. Es gibt auch ein Gegendispositiv; ich denke jedoch, dass dieses Dispositiv „Kampf gegen Rechts“ umso aggressiver, postfaktisch und kontrafaktisch, verleumderischer agieren wird, je mehr es ins Schwimmen kommt.

        By the way: haben Sie diesen Kommentar, Antwort auf Ihre Ausführungen übersehen http://starke-meinungen.de/blo.....ment-61550? Ich persönlich finde die Architektur des Blogs im Kommentarbereich oft unübersichtlich.

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        Ergänzend sollte man eines hinzufügen, Stevanovic: Einige der „Achse“-Autoren, die die Einschränkung der freien Meinungsäußerung an die Wand malen, waren schon reichlich frei, bevor sie auf der „Achse“ publiziert haben. Kulke oder Maxeiner beispielsweise weitgehend frei von Fakten oder wissenschaftlichen Standards, Lengsfeld frei von sorgfältiger Recherche.
        Lassen wir uns also einfach einmal davon überraschen, wie die Referentenentwürfe für ein Gesetz gegen Fake News oder Hate Speech lauten werden. Überflüssig wäre das Gesetz, wenn es die bereits bestehende Strafnorm der Volksverhetzung einfach nur umformuliert. Beleidigungen und üble Nachrede sind etwas, wo die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus tätig wird, sondern erst nach einer Anzeige. Und Vortäuschung einer Straftat bzw. falsche Beschuldigungen sind ebenfalls bereits jetzt strafbar. Schauen wir also, wie der Tatbestand definiert sein soll.
        Das einzig Positive, das man einem solchen Gesetz jedoch abgewinnen kann, ist daß diejenigen, die so gern von sich behaupten, sie seien konservativ, nun gezwungen sind, Farbe zu bekennen, warum sie dagegen sind, daß per Gesetz einem der ur-konservativen Grundsätze wieder Geltung verschafft werden soll: „Üb immer Treu und Redlichkeit“.

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    Daniele Longo: gegen ein Verbot spricht die Tatsache, dass die ANtragsteller Gesinnungen (Worte), nicht Taten vorgetragen haben. Es wr falsch, die KPD zu verbieten. Nun i9st der Fehler praktisch korrigiert. Etwas anderes ist die PArteienfinanzierung. Da bietet das Urteil Spielräume für eine Grundgesetzänderung beim festgestellten verfassungswidrigen Zielen (Worten und Programmen).

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    Mit guten Argumenten die Demokratie retten? Nun, diese Argumente zeigen in der Vorausschau die Überwindung einiger Schwächeposten: Rentnerdemokratie, Sozialstaat, Weltdemographie.
    Und sollte die Presse die Demokratie retten wollen, dann wird es so langsam Zeit damit anzufangen. Tempus fugit.
    Mit einem „negativen Nationalismus“ (Heinrich August Winkler) ist die Demokratie nicht zu retten.

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    „Lieber Adrian, ich habe im zitierten Artikel die Worte „… sind zu verbieten“ nicht gefunden. Habe ich etwas übersehen?“

    Aber warum sollte das Bundesverfassungsgericht, wie es in Artikel 21 Absatz 2 heißt (was ich weggelassen hatte), über die Verfassungswidrigkeit einer Partei entscheiden, nicht aber darüber, ob eine als verfassungswidrig erkannte Partei verboten werden soll? Wenn also die Verfassungswidrigkeit und das Verbot einer Partei zweierlei Dinge sind, wie Sie annehmen, auf welcher Rechtsgrundlage könnte dann das Verfassungsgericht überhaupt eine Partei verbieten?
    Ich denke, dass der Artikel dahingehend zu verstehen ist, dass das Verbot die Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit ist.
    Möglicherweise haben Sie hier allerdings einen Interessanten Punkt. Ich würde entsprechend gerne wissen, ob das Bundesverfassungsgericht lediglich die Verfassungswidrigkeit neu definiert hat, oder ob das Urteil bedeutet, dass ein Verbot nicht mehr notwendig die Folge einer Verfassungswidrigkeit ist.

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    Torsten Krauel sieht das zutreffend. In den 1950er Jahren war das Verbot einer Gesinnung noch verankert im fraglichen Rechtsbewusstsein der zeitgenossen und in den Köpfen der oberen richter. Das hat sich grundlegend geändert.
    Das Gericht wollte die Rechtsprechung der 1950er Jahre kippen; denn Gesinnungsjustiz gilt mittlerweile als unerträglich. Das besagt nicht, dass Aufrufe zur Gewalt nicht Anlass für ein Parteiverbot sein können, die AfD freut sich also zu früh.
    Die Antragsteller haben in dem vorgelegten Material zu viel Gesinnungsmüll präsentiert und sind aus diesem Grund 2 Mal abgelehnt worden (beim ersten Mal haben Bayern und NRW auch n och zu viele V-Mänenr in die NPD eingeschleußt); Das alles hätte ihnen schon beim ersten Mal zu denken geben müssen. Der 2. Antrag war schlicht überflüssig und kontraproduktiv.

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    In Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes heißt es

    „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.“

    Von den Erfolgsaussichten dieses Unterfangens steht da nichts, und das ist (oder seit heute: war) auch die traditionelle Auffassung des Bundesverfassungsgerichts. Wozu hat man eigentlich noch eine Verfassung?
    Sicherlich ist die Gefahr, die effektiv von der NPD ausgeht, eher gering, und selbst wenn eine derartige Gefahr jemals entstehen sollte, so könnte man die Partei immer noch verbieten. Dennoch sollte man die Verfassung ändern, wenn sich die Meinung durchsetzt, dass man aktive, aber inkompetente Verfassungsfeinde gewähren lassen sollte (diese Meinung kann man durchaus vertreten).

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      Lieber Adrian, ich habe im zitierten Artikel die Worte „… sind zu verbieten“ nicht gefunden. Habe ich etwas übersehen?

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    Naja, letztlich beruht die richterliche Entscheidung auf einer politischen Einschätzung. Ich frage mich schon, inwieweit es einem Rechtssystem schaden kann, eine Partei deswegen zuzulassen, weil sie ‚keine Gefahr mehr für die Demokratie ist‘. Das kann ja sein, daß ich zu wenig Ahnung von Jura und von unserem Rechtssystem habe, aber sollte es bei einem Verbot oder dem Zulassen einer Partei oder politischen Inhalten und Aussagen (z.B. Holocaustleugnung) nicht eher um den Schutz des Individuums gehen, statt um den Schutz einer (demokratischen) Staatsverfassung? (Das ist keine rhetorische Frage, ich denke, genau die Betrachtung der Entscheidungen über DKP, KPD würden da weiterführen.)

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    Ich glaube nicht, dass ein NPD-Verbot von den etablierten Parteien beabsichtigt war. Ich habe darauf gewettet, dass es wieder mal kein Verbot gibt. Eben in der ARD – die rote Malu und einige sog. Rechtsextremismus-Experten reden ziemlich planloses Zeug. Tenor: „Wir“ müssen gegen die Anderen klare Kante zeigen. – Mal sehen, wer bis zur Wahl noch alles zu den Anderen gerechnet wird. Das linke, destruktive „Wir“ scheint mit aber auf tönernen Füßen zu stehen.

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    Nachtrag

    Ich muss meinen Beitrag präzisieren:

    Sie begründen, warum die Entscheidung richtig war. Mir fehlt jedoch die Erklärung, warum es falsch gewesen wäre, wenn man das Veebot ausgesprochen hätte. Welche wgaticen Auswirkungen hätte das gehabt?

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      Lieber Daniele Longo, Schaden hätte bei einem Verbot m.E. die Demokratie genommen. Das Prinzip der Demokratie und des Rechtsstaats besagt, dass man im Zweifel auch Meinungen und Organisationen tolerieren muss, die antidemokratisch sind, auch deshalb übrigens, weil ein wirksames Verbot ein Ausmaß an staatlichen Eingriffen erfordert, das nur dann zu rechtfertigen wäre, wenn die Demokratie und der Rechtsstaat gefährdet wären. Es gibt, um es kurz zu machen, so etwas wie Narrenfreiheit, auch wenn diese Narren ziemlich unangenehme Menschen sein können.

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    Herr Posener,

    Ihr Erläuterung erscheint mir einleuchtend. Doch entweder habe ich Ihren Beitrag nicht aufmerksam genug gelesen, oder aber mir fehlt die Antwort auf die folgende Frage:
    Was hätte denn gegen ein Verbot gesprochen?
    Die Entscheidungsgrundlage wäre jedenfalls gegeben gewesen.

    Und noch eine Frage stellt sich mir: Warum den Anfängen nicht mit Verboten wehren?

    Vielen Dank im Voraus

    Daniele Longo

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    Ach du je, wenn man Krauel weiter denkt, dann wird es erst richtig ungemütlich. Scientology, Freikirchler…wo anfangen und wo aufhören, wenn man die Dinge immer zu Ende denkt und bei 33 landet. Für Faschisten muss das gleiche Recht gelten, wie für alle: es zählt die Handlung, nicht der Gedanke und auch nicht das zu Ende gedachte.

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      Krauels Argumentation basiert darauf, die NSDAP sei vor der Wahl im September 1930 auch unbedeutend gewesen. Leider ist das entgegen der historischen Tatsachen. Bei Landtagswahlen hat sie achtbare Ergebnisse erzielt, im Januar 1930 wurde ein Politiker der NSDAP Minister in Thüringen, und 1929 bekam sie durch Hugenbergs Presse eine reichsweite Plattform geboten, da sie beim Volksbegehren gegen den Young-Plan trommeln sollte. Unbedeutend war sie daher keineswegs.

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