Diesen Song würde ich lieben, egal wie der Text wäre, allein wegen Mick Jaggers „Pleeztomeechoo“ und Keith Richards‘ Solo. Wir spielen ihn mit unserer Band, und es ist immer eine Herausforderung – viel Text, den man mit gleichbleibendem Hochdruck rüberbringen muss – und eine Freude. Doch ich liebe „Sympathy For The Devil“ auch, weil der Song ein ganzes Konzeptalbum ist und an seinem eigenen hohen Anspruch scheitert. Und heroisches Scheitern ist auch etwas wert.
Hitler
Nein, Freunde, das war kein Putsch
Natürlich war das kein Putsch. Es gab keine Führung. Keinen Plan. Kein Ziel. Das Militär war nicht einbezogen und hätte nicht mitgemacht. Die wichtigsten Kapitalistengruppen einschließlich der alles entscheidenden Chefs der Kommunikationsplattforme waren nicht einbezogen. Der Staat befand sich nicht in einer existenziellen Krise, aus der heraus eine Machtübernahme – durch wen eigentlich? – wenigstens einem Großteil der Mittelschicht hätte plausibel gemacht werden können. Der 6. Januar war eine kurzfristig außer Kontrolle geratene Demonstration. Der Präsident hatte die Emotionen der Demonstranten angefeuert und gehört dafür abgesetzt. Aber das war kein Staatsstreich. Warum werden die Ereignisse dann so hochgejazzt?
Appeasement: Versuch einer Ehrenrettung
75 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs ist es vielleicht angebracht, sich zu fragen, ob wir die richtigen Lehren aus dessen Vorgeschichte ziehen. Bekanntlich bin ich skeptisch, was das Lernen aus der Geschichte angeht; hauptsächlich, weil sich die Geschichte nicht wiederholt. Heute gilt es zum Beispiel als ausgemacht, dass die Beschwichtigungspolitik gegen Adolf Hitler nicht nur gescheitert ist, sondern verbrecherisch war.
Radfahrer, Juden und andere Sündenböcke
Zum rhetorischen Arsenal meines Freunds und Kollegen Henryk M. Broder gehört ein Gedankenexperiment, das er letztens wieder bei der Besprechung von Götz Alys neuem Buch „Warum die Deutschen? Warum die Juden?“ eingesetzt hat:
„Wenn Sie das nächste Mal bei Ihren Nachbarn zu einer Geburtstagsparty eingeladen sind, dann machen Sie – beiläufig, zwischen einem Prosecco und einen Mojito – die Probe aufs Exempel. Sagen Sie einfach, ohne ihre Stimme zu erheben oder zu senken, den Satz: „An allem sind die Juden und die Fußgänger schuld.“ In neun von zehn Fällen wird Ihr Gegenüber mit der Frage reagieren: „Wieso die Fußgänger?“ Weiterlesen
Vom Versagen der Eliten: Was uns „Das Amt“ zu sagen hat
Wieso gibt es eine solche Aufregung um den Bericht der Unabhängigen Historikerkommission zur Geschichte des Auswärtigen Amts (AA) in der Nazi-Zeit? Die Antwort lautet zunächst: Einmal mehr entlarvt dieser Bericht jenen Mythos der Bundesrepublik als Lebenslüge, demzufolge die alten Eliten und Institutionen des Reichs trotz der Usurpierung der Macht durch Hitler im Kern „anständig“ blieben – weshalb es ja auch unnötig war, nach dem Krieg jene Institutionen zu zerschlagen und die Eliten auszutauschen, wie es die amerikanischen Besatzer mit der „Re-Education“ zunächst wollten. Weiterlesen