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Freunde spionieren einander nicht aus? LOL.

Über die regierungsamtliche Empörung wegen des undichten Kanzlerinnen-Handys sagte Karsten Voigt im Deutschlandfunk, sie sei „wohl ehrlich, aber naiv“. Zur Zeit seiner Kanzlerschaft sei Gerhard Schröder selbstverständlich davon ausgegangen, dass mehrere Dienste, auch der amerikanische, ihn auszuspionieren versuchten, so der Beauftragte der Rot-Grünen Regierung für die transatlantischen Beziehungen.

Er, Voigt, habe gleich zu Beginn seiner Arbeit herauszubekommen versucht, ob der BND die Amerikaner ausspioniere, und habe die Auskunft bekommen, das sei nicht so. Aber es sei klar gewesen, dass die CIA in Deutschland tätig sei. Man sollte dankbar sein, so Voigt, dass es die Amerikaner seien, die das Kanzlerinnen-Kommunikationsinstrument geknackt hätten und nicht – nun ja – andere, weniger wohlwollende Mächte.

So ist es. Ein Wort der Vernunft aus sozialdemokratischem Mund.

Die gegenwärtige mediengetriebene Hysterie über die neuen Enthüllungen Edward Snowdens hat – wie jede Hysterie – etwas Perverses. Denn was jetzt ans Tageslicht kommt, ist Selbstverständliches. Als vor einigen Monaten klar wurde, in welchem Umfang die NSA die Telefon- und Internetbenutzer überprüfen kann und überprüft, da handelte es sich immerhin um eine neue Qualität der Überwachung; die Bestürzung darüber, dass so etwas technisch machbar ist und gemacht wird, konnte auch nachvollziehen, wer – wie ich, bekanntlich – diese Bestürzung nicht teilt und die polizeiliche Überprüfung der Datenautobahnen so notwendig findet wie die polizeiliche Überwachung der stinknormalen Autobahnen.

Was aber jetzt offen gelegt wird, ist sozusagen stinknormale Spionage, wie sie seit urdenklichen Zeiten praktiziert wird. Die technische Leistung, ein angeblich sicheres Handy zu knacken, verdient Respekt, ansonsten aber handelt es sich nur um eine Erweiterung der bisher üblichen Taktiken: Räume und Telefone verwanzen, Informanten anwerben. Man erinnert sich, dass vor drei Jahren aufgrund der Wikileaks-Affäre  der Büroleiter des damaligen  FDP-Chefs und Außenministers Guido Westerwelle als Informant der US-Botschaft in Berlin enttarnt wurde. Er hatte die US-Stellen über den Fortgang der schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen informiert. Wer davon ausgeht, dass Helmut Metzner die einige Quelle der US-Stellen in Berlin ist, muss wirklich sehr naiv sein.

Staaten wollen wissen, wie andere Staaten ticken. Was denken die Staatenlenker wirklich, jenseits der diplomatischen Floskeln und Freundschaftsbeteuerungen? Welchem Druck seitens welcher Interessenverbände, insbesondere aus der Wirtschaft, möglicher Geheimabsprachen mit anderen Staaten, parteilpolitischer und koalitionsinterner Rücksichtnahmen, persönlicher Verwicklungen usw. sind die Regierenden jener Staaten ausgesetzt, mit denen man es zu tun hat, ob als Verbündete oder Gegenspieler? Das alles sind legitime Fragestellungen, die übrigens auch Journalisten interessieren, die sich ja auch tagtäglich um interne Quellen und Hintergrundinformationen „unter drei“ bemühen; wie ja auch die Regierungen solche Hintergrundinformationen und Quellen ihrerseits bewusst einsetzen, um Falschinformationen zu streuen und Journalisten – und andere Interessierte – hinters Licht zu führen.

Was nun das Verhältnis der USA zu Deutschland betrifft, so tun manche, als sei das Misstrauen, das in dem Bemühen um solche Hintergrundinformationen jenseits dessen, was das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung herausgibt, irgendwie unverdient, gar Ausdruck eines imperialen Verhältnisses. Als wären die Deutschen völlig unverdientermaßen Opfer einer imperialen Macht. Man versteht zwar das tiefe Bedürfnis mancher Deutscher nach der Opferrolle. Aber wie angebracht ist dieses selbstgerechte Selbstbild? Betrachtet man Deutschland aus sicht der USA, sieht es ein wenig anders aus.

Ich will gar nicht so weit in die Geschichte zurückgehen. Zu Zeiten John F. Kennedys zum Beispiel gab es ernsthafte Sorgen in den USA, die Bundesregierung unter Konrad Adenauer werde – aus Ärger über die Entscheidung Kennedys einen „deutschen Finger am nuklearen Abzug“ nicht zuzulassen und die Berliner Mauer hinzunehmen – sich dem Ansinnen des französischen Präsidenten Charles de Gaulle anschließen, einen westeuropäischen Gegenpol zur „angelsächsischen“ Weltmacht aufzubauen. Wie wir inzwischen aus den Notizen und Memoiren der damals Beteiligten wissen, gab es tatsächlich in der Regierung Adenauer solche Überlegungen. Vermutlich wussten die Amerikaner über ihre eigenen Quellen auch von diesen Entwicklungen; jedenfalls wurde der Kennedy-Besuch vom Sommer 1963 vor allem deshalb angesetzt, um der westdeutschen Regierung klarzumachen, dass eine solche Politik angesichts der Popularität Kennedys in der Bevölkerung chancenlos wäre.   

Die Frage, ob Deutschland als wichtigste Wirtschaftsmacht und bevölkerungsreichstes Land in Europa die Europäische Union als Gegenpol zum transatlantischen Bündnis ausbauen will, zumal mit dem stets als engsten Partner bezeichneten Frankreich, hat seitdem, und erst recht seit der Wiedervereinigung, nicht an Brisanz verloren. Immerhin verkündete Gerhard Schröder angesichts des zweiten Irak-Kriegs eine „Achse Moskau-Berlin-Paris“, um den Amerikanern entgegenzutreten, und band mit dem Pipeline Northstream Deutschland noch enger an die russischen Gasfelder und den staatlichen Lieferanten Gazprom.

Es ist gleichgültig, ob man diese Politik Schröders – wie ich – für verhängnisvoll hielt oder – wie viele andere, die zu Hunderttausenden auf den Straßen und Marktplätzen Deutschlands dafür demonstriert haben – für richtig. Aus Sicht der US-Regierung war das eine höchst beunruhigende Entwicklung, und es war – aus ihrer Sicht – dringend erforderlich, herauszubekommen, ob damit eine grundsätzliche Neuausrichtung der deutschen Politik einherging, oder ob Schröder nur aus wahltaktischen Gründen die antiamerikanische Karte spielte.

Die Frage der grundsätzlichen Ausrichtung der deutschen Politik hat sich seitdem nicht verändert. Schröder ist zwar zur Gazprom gegangen, aber unter seiner Nachfolgerin Angela Merkel bleibt die deutsche Politik unberechenbar. Man denke nur an ihre lautstarke Opposition gegen die Aktion in Libyen – bedingt hauptsächlich durch den Wunsch ihres Koalitionspartners FDP, sich in der Landtagswahl in Baden-Württemberg zu profilieren; oder gegen die ebenso lautstarke, und ähnlich motivierte, Opposition gegen jedes Ansinnen eines militärischen Vorgehens in Syrien. In beiden Fällen waren selbst die notorisch amerikaskeptischen Franzosen verlässlichere Verbündete. Auch hier kann man die Position der Bundesregierung für richtig halten. Aber man muss begreifen, dass es für die USA von höchstem Interesse war und ist, herauszubekommen, erstens, wie Deutschland etwa im Sicherheitsrat oder in der Nato stimmen wird, und zweitens, warum.

Auch die von Deutschland durchgedrückte Wirtschaftspolitik in der Eurozone macht den Amerikanern – speziell der Obama-Regierung – Sorgen. Das Abwürgen der Konjunktur in den südlichen Euro-Ländern durch eine brutale Austeritätspolitik hat auch der US-Wirtschaft schwer geschadet. Wiederholt hat die Obama-Regierung die deutsche Regierung gebeten, von dieser Politik abzurücken; bisher vergeblich. Es lag und liegt natürlich im Interesse der USA zu wissen, was die Regierung Merkel mit dieser Politik bezweckt, zumal die „Wirtschafts- und Währungsunion“ unter Ausschluss Großbritanniens – des ältesten und verlässlichsten Verbündeten der USA – und unter weitgehender Ausschaltung der Brüsseler Behörden und des Europaparlaments als intergouvermentale Einrichtung unter totaler Abhängigkeit von der Bundesregierung entstanden ist. Interne Überlungen aus dem Umkreis der Kanzlerin – ich zitiere aus einem mir zugespielten Papier – definieren „Deutschlands Aufgabe“ als „eine EU-Reform, die behutsam Elemente deutscher Verfasstheit auf Europa ausweitet, wo dies möglich ist“. Vor diesem Hintergrund nimmt sich die Klage über ein imperiales Gehabe der USA als das aus, was es ist: Dummes Gewäsch. Aber selbst wenn man als Deutscher die Umgestaltung Europas nach deutschem Muster begrüßt – dass die USA das mit Sorge betrachten und sich fragen, wie ernst das gemeint ist, wer damit was bezweckt, welche Erfolgsaussichten eine solche Politik hätte und so weiter und so fort – das ist doch klar.

Ich rede da noch gar nicht von Dingen, die für die Amerikaner von damals bis heute von aktuellerer und dringenderer Bedeutung waren und sind, insbesondere die Neigung deutscher Firmen, mit Feinden Amerikas wie dem Irak Saddam Husseins, dem Iran der Ayatollahs, dem Syrien Baschar al-Assads äußerst zweifelhafte Geschäfte zu machen. Dass die USA möglichst – etwa über Informanten im Wirtschafts- und im Außenministerium, wo über die Genehmigungen für solche Geschäfte entschieden wird – über die Absichten solcher Firmen – und darüber, ob die Bundesregierung so unschuldig ist, wie sie immer tut, wenn die Geschäfte auffliegen, informiert sein wollen, ist doch klar.

So viel zur dummen Phrase, „Freund spionieren Freunde nicht aus.“ Das tun sie schon, wenn sich Freunde so verhalten. Und überhaupt: Nationen haben keine Freunde, sie haben Interessen. Uns verbinden lebenswichtige Interessen mit den USA, wie mit unseren EU- und Nato-Partnern, mit Russland (Energie), mit China (Handel) und mit der arabischen Welt (Öl). Wir bilden außerdem, wie man so sagt, mit den USA eine „Wertegemeinschaft“. Aber wir haben auch Interessenkonflikte mit den USA; und die Bedeutung dieser „Werte“ legen wir zuweilen verschieden aus. Kann sein, dass Deutschland dabei immer im Recht ist und die blöden Amis nicht; aber darum geht es hier nicht.

Was mich zur letzten Frage bringt: Wenn wir tatsächlich glauben, dass „Freunde nicht gegen einander spionieren“, was tut eigentlich der BND? Karsten Voigt meint, er habe sich überzeugen lassen, dass der BND keine Informationsbeschaffung in den USA betreibe. Wenn das stimmt, dann handelt es sich um eine ungeheure Fahrlässigkeit. Denn die USA sind für uns ungleich wichtiger als wir für die USA. Hätte der BND seine Arbeit richtig getan, hätte er nicht erst vom „Spiegel“ über das Abhörprogramm gegen Regierungshandys erfahren müssen.

Soll man wirklich glauben, dass der BND keine – sagen wir – informellen Informationsbeschaffungsprogramme hat in Bezug auf alle Staaten, die wir als „Freunde“ definieren? Also alle EU-Staaten? Also alle Nato-Partner? Soll man ernsthaft glauben, dass der BND in – sagen wir – den EU-Staaten Kroatien, Bulgarien und Rumänien nicht tätig ist? Das wäre besorgniserregend. Wie ist es mit dem Nato-Land (und EU-Beitrittskandidaten) Türkei? Ist der BND dort nicht tätig? Was ist mit Israel, dessen Sicherheit immerhin Teil unserer Staatsräson ist? Ein Freund, gewiss, wie es immer wieder heißt, wenn man Israel kritisieren will – „gerade unter Freunden muss ein offenes Wort erlaubt sein“, nicht wahr; muss man also davon ausgehen, dass man in Jerusalem zwar – wie es mir geschehen ist – dem israelischen Atom-Verräter Vanunu im arabischen Markt begegnen kann, aber  keinem BND-Informanten über den Weg läuft? Ja, was tun die Leute eigentlich?

Derweil hat der „Whistleblower“ Snowden gezeigt, worum es ihm wirklich geht. Sein Kompagnon, der Trotzkist Glenn Greenwald, hat seinen Job beim „Guardian“ geschmissen, um eine Agentur zu gründen, die Snowdens schier endlose Geschichten künftig meistbietend verhökern wird. Das Geld und das Auktions-Knowhow steuert Ebay-Gründer Pierre Omidyar bei. Ebay ist natürlich bekannt für den Schutz von Kundendaten. Nun habe ich als Liberaler nichts gegen die Vermarktung von Information an sich. Ich bin ja nicht Glenn Greenwald, der regelmäßig auf den Jahrestagungen der ISO gegen die Marktwirtschaft wettert. Aber wenn es darum geht, mit der Sicherheit von Nationen einerseits, den Ängsten von Menschen andererseits Geschäfte zu machen, so bin ich altmodisch. Manche Dinge sollten unverkäuflich sein und bleiben. Aber das nur nebenbei.

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114 Gedanken zu “Freunde spionieren einander nicht aus? LOL.;”

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    @EJ
    „Und meckern.“
    Das habe ich doch schon zugegeben. Und das gefällt mir selber überhaupt nicht. Sie unterstellen mir in der Folge „demokratische Missgunst“, die „falsche Entscheidungen delegitimiert“. Also ich gehöre Ihrer Meinung zu denen, die ihre Bedenkenträgerei und Besserwisserei, Frust, was auch immer – gerne im Nachhinein – den Mut zu weiterer Entwicklung verhindern: Will ich gar nicht zu entkräften versuchen, wenn es so ‚rüberkommt. Nur eins: Habe ich jemals eine Einzelperson angegegriffen, damit demotiviert? Über was ich – wenn Sie das so wollen – lamentiere, meckere, was auch immer – sind (wie ich denke) Fehlentwicklungen, die kollektiv getragene Entscheidungen betreffen. Weil beim Einzelnen zuviel Angst besteht, eigene Entscheidungen zu treffen, dazu zu stehen und durchzusetzen. Genau das, was wir dazu brauchen, haben wir eben nicht: Fehlertoleranz dem Einzelnen gegenüber, der zwar stets sogenannte Tipps und Hilfestellung bekommt, wenn er vom Konsens oder Mainstream abweicht, dessen abweichende Einwände aber in den seltensten Fällen überhaupt zur Kenntnis genommen werden. Und ich sehe eben in diesem Willen zum Aufgehen in der Gruppe auch die genau kollektive Verantwortungslosigkeit, die dazu geführt hat die Spionageabwehr zu deligieren – in diesem Fall an die NSA.
    Ich hätte jetzt gedacht – auch mit Verlaub – daß Sie bereit wären, Systemkritik von pubertärem Anspuchsmeckern zu unterscheiden. (Ehrlich gesagt kann mir das auch alles ziemlich egal sein.) Ersteres war mein Anliegen, wenn ich ähnliche Ursachen bei Problemen mit „Postgeheimnis … Bankgeheimnis … Außenpolitik … Sozialsystem … Verkehrspoltik … Wissenschaft & Bildung … Energiepolitik … innere Sicherheit …“ zu erkennen meine – mehr noch, ich sehe unseren mühsam errungenen Individualismus flöten gehen – aber wenn ich der einzige sein sollte der das so sieht, ist das ja auch eine Information. Genauso, wenn das von mir allzu sehr als Meckern rüberkommt, man ist ja nicht ganz frei von der Fähigkeit zur Selbstkritik.
    Womit ich allerdings – und das ergibt sich auch aus dem Vorhergesagten – wirkliche Verständnisprobleme habe, ist, Stevanovics Balkan-, Familienmetaphern, wo es um Einzelpersonen geht (der Jüngste usw.), überzustrapazieren und sie auf Staaten(!) zu übertragen.
    Staaten haben kein Verhalten und können auch nicht „befreundet“ sein (ich denke Obama oder ein anderer Präsident bekommt noch eine Menge Probleme mit ihrer allzu selbstbewussten Behörde) – in dieser Sichtweise, lieber EJ, werden wir uns auch in Zukunft unterscheiden – oder? (Warum auch nicht..)

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    @ Moritz Berger: wann kaufen Sie sich endlich das Buch von Alan Posener?

    Nu‘ insistieren Sie doch nicht so gnadenlos! Diskret, wie ich bin, habe ich absichtlich nicht auf APO geantwortet. (Ich bin einer der wahrscheinlich nur drei Leute, die sein Buch nach Erscheinen zum vollen Preis gekauft haben. Und wahrscheinlich bin ich der einzige von den dreien, der’s tatsächlich auch gelesen hat. (Und – Überraschung! – sooo schlecht war’s gar nicht 😉 )

    @ KJN: Postgeheimnis … Bankgeheimnis … Außenpolitik … Sozialsystem … Verkehrspoltik … Wissenschaft & Bildung … Energiepolitik … innere Sicherheit …
    Hauptsache wir haben “kein Tempolimit”, die Möhren sind “Bio” und es werden keine Jungen beschnitten.

    Mit Verlaub, lieber KJN, ich halte Sie für einen typischen Vertreter unserer Ohnmacht. Sie vermischen alles mit allem. Und meckern. Nahezu nur. Sehen überall und nur Fehlentscheidungen, um Entscheidungen – Politik ist Entscheidung – und damit Politik zu delegitimieren und zu verhindern . Ich vermute: Demokratische Missgunst – ein überaus weit verbreitetes Leiden.

    @ Stevanovic

    Schöne Balkan-Geschichten! – Ja, es gibt die in Ihrer ersten Geschichte geschilderte „natürliche Ordnung“. Die Frage in unserem Falle ist nur, ob wir in jedem Falle „der Jüngste“ bleiben müssen.

    Wenn ja, empfiehlt es sich offenbar, einen Älteren/ Ranghöheren zu suchen, der unsere Interessen gegen die Begehrlichkeiten der anderen Älteren schützt, auch weil er sich daran ein bisschen bedienen möchte, aber wahrscheinlich/ hoffentlich nicht nur deswegen. Das ist unser status quo, denke ich.

    Meinen wir, dass uns unser Schutzpatron allzu sehr ausnimmt, bleibt evtl. aber die Möglichkeit einer Verteidigungs- und/ oder Angriffs-Koalition unter all den Jüngeren, die im Prinzip und faktisch in vergleichbarer Lage sind. Das ist sicher nur unter großen Schwierigkeiten zu bewerkstelligen, weil es ein Mindestmaß an Vertrauen und (gegen ein nur vages Gewinnversprechen, gegen eine nur vage Gewinnhoffnung) viel Teilen, viel Verzicht, viel Trennen-von – heißt: Entscheidung – voraussetzt. Unmöglich ist es aber nicht.

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    Ob man an den großen Themen partizipiert, fragen Sie; ein bisschen schon, glaube ich. Wenn nicht, dann könnte man es immerhin erreichen; auch die großen Dinge sind nicht bis in die Ewigkeit festgeklopft. Dass man jedenfalls an den mittelgroßen partizipiert, kann man an der Energiewende sehen, die die Leute gegen den Willen der Regierung und gegen der Industrie (manche setzen die mit der allgemeinen Vernunft gleich) durchgesetzt haben. Ich wüsste keinen Grund, warum es einen prinzipiellen Unterschied zwischen den kleinen bis mittleren und den großen Dingen geben sollte und bin deshalb optimistisch. Eine mögliche Antwort, die den Lauschern sicher wenig Freude macht, obwohl sie sich vor der Hand besorgt geben, ist Europa (Euro-Europa).

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    @Stevanovic
    „Politiker/Geheimdienst Marotte“
    Das ist so ein Psycho-Ding: Paranoia – Zwang, zwischen den Zeilen zu lesen. Snowden ist in diesem Sinne „verbrannt“ und alles was er sagt, wird als Teil seines persönlichen Überlebenskampfes, also Taktik gesehen – nicht zu Unrecht. Seine eigentliche Botschaft, also die Demütigung Deutschlands/Europas durch die USA ist bereits in der Welt. Man sollte ihm eine sozialstaatliche Lösung zur Sicherung seiner Existenz gönnen.

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    Was sagen und nicht weinen:

    http://www.spiegel.de/politik/.....31245.html

    -Regierungssprecher Steffen Seibert relativierte die Äußerungen des Innenministers später. Er erklärte, eine „direkte Kontaktaufnahme“ zwischen der Bundesregierung und Snowden sei „nicht das Thema“. Ein Kontakt werde derzeit auch nicht aktiv gesucht, ergänzte ein Sprecher von Friedrichs. Mit Blick auf eine mögliche Zeugenbefragung verwies Seibert auf die Justiz und einen möglichen Untersuchungsausschusses des Bundestags. Über das Treffen Ströbeles mit Snowden sei die Regierung vorab nicht informiert gewesen, sagte der Regierungssprecher.-

    Ist das so eine Politiker/Geheimdienst Marotte? Telefone, Mails, Post, Unterwäsche durchsuchen (unbedingt wiederrechtlich) ist OK. Machen ja alle. Mit jemanden, der erwiesene Informationen geliefert und auch noch voll gesprächsbereit ist, reden – nee, muss mal nachdenken. Wenn der BND Snowden abhört und Informationen bekommt, rettet er Deutschland, aber wenn Snowden sie freiwillig geben will, ist keiner in der Regierung zuständig?

    Das mit der Informationsbeschaffung verstehe ich wirklich nicht. Könnte aber auch was mit dem abgefangenen Flugzeug von Morales in Wien zu tun haben. Jetzt könnten wir über Souveränität schwadronieren, die uns nicht zugestanden wird. Leider bekommt man die nicht geschenkt, man nimmt sie sich und trägt die Konsequenzen. Aber ohne Bahnsteigkarte geht ja nichts – und nein, so sehr ich eine Geschichte mit dem bösen Albion versuche zu konstruieren, das sind wir ganz alleine.

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    @Stevanocic
    „Von unserer Elite erwarte ich Substanz.“
    Eben! Die aber werden wir nicht bekommen, weil diese beim Marsch durch die Institutionen sämtliche Maßstäbe verloren hat. Meine Hoffnung war bis neulich noch Europa: Hier das gleiche Trauerspiel mit lavierenden Zombie-Apparatschiks, die sich über die Schriftart von Briefköpfen ihrer Behörden in die Haare kriegen, aber bei hunderten von Ertrinkenden vor Lampedusa einig bleiben. Unsere „Elite“, die derzeit eine gesamte Generation per Bologna-Prozess in Bullimie-Lernerei, Psychopharmaka-Abhängigkeit und „Burnout“ schickt um aus den besonders angepassten Exemplaren Nachwuchs für Öffentlichen Dienst und/oder HR-management oder andere Funktionäre der Nomenklatura zu „rekrutieren“ (HR: „human ressources“, ehem. „Menschenmaterial“). Natürlich kotzt sich einer, wie ich, hier procastinationsmäßig ab und zu hier aus, wofür ich nur um Nachsicht bitten kann, aber wenn ich „der Ami“ wäre, würde ich auch ziemlich genau hingucken, angesicht der hier vorherrschenden organisierten Verantwortungslosigkeit des herrschenden geistig-moralischen Prekariats. Ob „die Amis“ besser sind, weiß ich nicht, aber zumindest ist bei denen offensichtlich der Überlebenswille höher. Vielleicht ist er durch 9/11 wieder geweckt worden – wir brauchen wohl auch ein Menetekel: Von den USA erbärmlich vorgeführt zu werden, wird wohl nicht reichen.

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    Zum einen liest die US-Regierung meine Mails, weil nach 50jahren NATO und Westbindung man den Deutschen an und für sich immer noch nicht trauen kann, selbst denen mit Migrationshintergrund nicht. Ok, dem Vatikan anscheinend auch nicht. Die Welt ist wohl so.
    Zum anderen organisieren sich Verbündete in einem five-eyes Verein, der nur aus Angelsachsen besteht. Sonst darf keiner teilnehmen, der nicht seinen Eid auf das perfide Albion geschworen hat. Selbst die Franzosen nicht.
    Aber bevor wir uns im Lamentieren ergehen, sollen wir uns vor nationalistischen Verhaltensmustern und ungerechtem Antiamerikanismus hüten? Das klingt nach Bahnsteigkarte kaufen, wenn man den Bahnhof stürmen will.
    Nein, als Bürger ist es mir nach ungerechtem Albion-Bashing. Hätten sie meine Mails nicht lesen und es auch noch mit meiner Zwielichtigkeit begründen sollen. Deswegen kann ich die Mitforisti nur aufrufen, aus allen Rohren gegen das Empire zu feuern.

    Nur, wenn unsere Polit-Prominenz wie Bosbach, Oppermann, Friedrich, Steinbrück, Gabriel, Tritin oder die Stasi-Kasperle sich an meiner Seite über die bösen Amis beschweren wollen, dann geh ich lieber wieder Heim. Wenn Albion heute eine „digitale Besatzungsmacht“ ist, dann ist diese Riege im besten Fall Vichy, im schlechtestem ein Haufen Pfeiffen, die Nebelkerzen werfen. Wir als Bürger dürfen polemisch, populistisch, platt und ungerecht sein. Die Gnade der fehlenden Verantwortung. Von unserer Elite erwarte ich Substanz.

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    @KJN & EJ

    Die beste jugoslawische Komödie ist „Die Marathonläufer drehen die Ehrenrunde“. Eine Familie, in der die Frauen nach der Geburt des Sohnes sterben und die Männer ur-alt werden, so dass im Haus 6. Generationen Männer leben, von denen jeder das Alpha-Männchen sein will, es aber die natürliche Hackordnung des Alters gibt. Der älteste stirbt, die Testamentseröffnung wurde zum sprachlichen Kulturgut in Serbien: „Liebe Familie, wer euch gekannt hat, dem fällt auch die schwarze Erde (das Grab) nicht mehr schwer… „ ok, den Humor muss man mögen. Der Jüngste, gewiss dass noch 4. Generation vor ihm sind, bevor er was Eigenes hat und der sich seit Tagen auf seinen energischen Auftritt vorbereitet, schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch und ruft: Ich will wissen was mir gehört! Worauf er natürlich von den anderen richtig Rund gemacht wird. Seit dem ist es eine Redensart geworden, meckernde oder fordernde Menschen mit einem „Willst du wissen, was dir gehört?“ zum Schweigen zu bringen. In Deutschland gibt es die Redensart: mach die Augen zu, dann weißt du, was dir ist. Der serbische Ausdruck geht da etwas weiter: Wenn du schwach bist, überlege dir gut, ob du Fragen willst, die Antwort könnte dir nicht bekommen. Das könnte ein Grund sein, warum die Bundesregierung nicht allzu forsch auftritt und auch nicht von Souveränität sprechen will.

    Noch eine Balkan-Geschichte: In der Schule hatte ich Pionier-Unterricht. Die Lehrerin erklärte uns die Arbeiter-Selbstverwaltung. Die Arbeiter könnten morgens abstimmen, was sie produzieren wollen. Als Beispiel nannte sie Fahrräder oder Schrauben. Das war die gleiche, die uns erzählte, der Kartoffelkäfer sei eine Züchtung der CIA. Jeder wusste, dass das Blödsinn ist, nur wer meckerte, musste zur marxistisch/leninistischen Selbstkritik. So ähnlich ist es mit der von der Zivilgesellschaft getragenen Demokratie. Klar, wir können gegen das Windrad um die Ecke demonstrieren, wir können ein Gästeklo einbauen oder eine Bürgermeister wählen, der es uns wegen Gentrifizierung verbietet, wir können gegen oder für Stuttgart 21 sein, überhaupt können wir uns aufregen, so viel wir wollen und in einem kleinem Kreis auch einiges bewirken. Wer bei uns meckert, muss nicht zur M/L Selbstkritik, nur den einen oder anderen Shitstorm sollte man verkraften können. Nur „als Bürger“ gegen die Men in Black vorgehen oder ernsthaft glauben, wir hätten durch Wahl oder Protest einen Einfluss auf die großen Entscheidungen und Entwicklungen oder auf ganze Staaten, ist ein Märchen der Demokraten, wie die Arbeiter-Selbstverwaltung der Sozialisten. Posener hat es irgendwann am Anfang der Debatte gesagt: Die NSA sind gute Leute, die uns nichts Böses wollen. Der König hat eine Bataille verloren. Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht! Zumindest kann man sich antrainieren, sein bürgerlich/demokratisches ADS in den Griff zu bekommen und sich auf die zu verlassen, die ohnehin mehr Ahnung von Politik haben. Ich möchte eine provokant Fragen stellen: Gibt es diese demokratische Partizipation des einzelnen Bürgers an den großen Themen wirklich (kann es sie überhaupt geben?) oder ist es eine liberale Lebenslüge? Seelische Heilung beginnt erst, wenn man lernt, los zu lassen.

    Zur Technik: die Technik, das W-Lan wie ein Sonar zu benutzen, ist fast fertig. Dann können wir Live-Bilder aus jedem von einem W-Lan bestrahlten Raum erstellen. In der Praxis kann dann ein Pickelgesicht wie Snowden meiner Frau morgens beim Anziehen zusehen und wäre ja auch noch im Recht. Immerhin habe ich 99 mehrmals vor dem US-Konsulat demonstriert und habe mich auch als Freiwilliger in einem Krieg gegen die USA eintragen lassen. Nach der angewandten Sicherheitslogik ein klarer Fall von theoretischer Bedrohung. Und eure Väter waren Nazis- auch ein klarer Fall von „könnte doch sein“. Abgesehen von den dokumentierten Schrägheiten der Blog-Beiträge. Die Technik ist da, wenn ein nihilistischer Zweifel die Norm ist, dann gibt es auch genug Gründe. Wir sind nackt und werden höchstens noch nackter. Und nichts auf dieser Welt kann das verhindern. Spannend werden die Auswirkungen: wenn fremde Männer ins Schlafzimmer schauen können, müssten Muslimas selbst im Bett Kopftuch oder Burka tragen. Auf den Streit der Theologen bin ich gespannt. Die Technik setzt keine Grenzen mehr, nur noch die Größe der Paranoia.

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    @EJ:„Oder wir legen uns weiter auf den Rücken und lassen es weiter über uns ergehen… Lustgewinn“
    Wenn ich mal für mich sprechen darf, ist meine Fähigkeit zum Masochismus bereits länger erschöpft. Man kann ja nur ahnen, was unsere gewählten Verteter, deren während ihrer 16h-Tage freigesetzte Energie offensichtlich zu 99,999% im System verpufft (als Nestwärme, zwecks Stallgeruch), sonst noch alles versäumen. Natürlich ist das eine Machtfrage, was sonst?
    Das sieht alles (noch) sehr ordendlich aus hier, aber wir lassen vieles viel zu sehr laufen: Postgeheimnis: Futsch; Bankgeheimnis: gab’s das mal?; Außenpolitik: 99% wegducken – 1% „Zeichen setzen“; Sozialsystem: Kurz vor dem Zusammenbruch, weil über Lohnnebenkosten finanziert; Verkehrspoltik: Klientelpolitik für gute Klientel und den Staatsbetrieb; Wissenschaft & Bildung: Produktion von Nomenklatura; Energiepolitik: Ersatz von Ingenieurskunst durch Ideologie mit bekannten Folgen; innere Sicherheit: Statt erkennberer Grenzen Verfeinerung von Deeskalationsstrategien usw. usf.
    Hauptsache wir haben „kein Tempolimit“, die Möhren sind „Bio“ und es werden keine Jungen beschnitten.
    Das ganze erinnert an die β-Version der neuesten Windows-Version: Sieht gut aus, nach 5 Minuten geht nix mehr und dann Neustart..
    (Aber wahrscheinlich ist das jetzt wieder – altersbedingt – konservativ..)

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    Genau so ist es, EJ.
    Und, Stevanovic: Guter Songtext, danke für den Hinwei. Wer geglaubt hat, bei „MiB“ gehe es um Außerirdische, dem ist echt nicht zu helfen. Hollywoods Realismus ist halt nicht zu toppen.

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    @ KJN: soll Mr. Obama im Klartext die amerikanische Hegemonie eingestehen. Und dann muss unsere Regierung in der Folge Klartext darüber reden, daß sie unsere Grundrechte offensichtlich infolge unvollständiger Souveränität nicht garantieren kann.

    Was muss/ kann Obama da noch eingestehen? Deutlicher geht’s doch gar nicht.

    Was unsere Regierung betrifft, und nicht nur die, sondern uns alle, ist es eine Machtfrage
    (1.) eine Frage des praktischen (technischen) Könnens (selbst in entsprechend großem Stil „gegen“ zu lauschen und/ oder das Fremdlauschen technisch zu unterbinden, aber auch selbst z.B. hinreichende Terrorprävention zu betreiben)
    (2.) eine Frage des politischen Willens.

    Auf mehr als auf die verbale, auf die praktische Respektierung „voller Souveränität“ zu hoffen, ist Traumtänzerei (schon im Hinblick auf diejenigen, die uns neben den USA ebenfalls aushorchen). Warum sollte unsere Souveränität respektiert werden? Weil wir so nett sind?

    Entweder wir nehmen zur Kenntnis, wie die Welt funktioniert und berappeln uns endlich. Oder wir legen uns weiter auf den Rücken und lassen es weiter über uns ergehen. Spart Geld und Mühe und ist anscheinend – guck ma‘, wie die Doofen sich abstrampeln – auch nicht ohne Lustgewinn.

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    Das ganze ist wohl doch ernster. Es geht nicht um Merkels Handy, das ist mir egal, aber es geht um so etwas, wie das Postgeheimnis. Man weiß, das gibt’s bei Emails (faktisch) nicht, aber eine solche Garantie, wie auch öffentliche Sicherheit, Bankgeheimnis (auch faktisch abgeschafft) sind konstituierend für einen Staat, wofür braucht man den denn sonst? Wenn der sehr selbstbewusste General Alexander meint, er wäre mit „im Recht“, dann möchte ich sofort das amerikanische Wahlrecht, um die Arbeit seiner Behörde für die nächsten 4 Jahre auch mit meiner Stimme zu legitimieren. Wenn das nicht geht, soll Mr. Obama im Klartext die amerikanische Hegemonie eingestehen. Und dann muss unsere Regierung in der Folge Klartext darüber reden, daß sie unsere Grundrechte offensichtlich infolge unvollständiger Souveränität nicht garantieren kann. Und warum sie sich nicht – in unserem Namen, das ist schließlich ihr Auftrag – darum bemüht.
    Was die „Wirtschaftsspionage“ betrifft: Patente sind genauso zu schützen, wie Briefgeheimnisse. Wozu braucht man sonst ein gleichnamiges Amt (?). Ob „online“ oder nicht. Alles andere bei dem Thema ist Privatangelegenheit oder sollte es sein.

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    Es ist alles geheim und nichts Genaues weiß man nicht, aber jede Behörde hat einen Zweck oder ein Geschäftsmodel. Der BND ist eine Black Box und der Verfassungsschutz – hatten wir ja hier letztens. Das Geschäftsmodel der NSA ist seit Jahrzehnten bekannt. Wenn Alexander meint, VS und BND arbeiten mit den gleichen Methoden und den gleichen Programmen (ist bestätigt), dann können wir doch ruhig zugeben: wir haben das Geschäftsmodel unserer Geheimdienste nicht verstanden und wenn im NSU-Prozess der VS die Zusammenarbeit mit dem Parlament ungestraft verweigern kann – tja, dann Hand aufs Herz, haben die Amis ihren Laden besser im Griff.

    Ich spreche nicht von einer geheimen Diktatur, tiefer Staat trifft es eher, muss vielleicht auch sein. Die Mitglieder des parlamentarischen Kontrollausschusses sagen schon seit Jahren öffentlich, dass sie in diesem Ausschuss nichts erfahren – wer kontrolliert die Jungs dann? Lange gegoogelt, nichts gefunden.

    Wie meinte Herr Posener: gute und anständige Leute, die wollen uns nur schützen. Womit wir bei den Men in Black wären – die anonymen galaxy defender.Die kümmern sich um das wahre Leben, damit wir ruhig in unserer zivilgesellschaftlichen Blase leben können.Haben wir als mündige und aufgeklärte Bürger schon Danke gesagt?

    Dann jetzt mal ein NASTROVJE! an alle MIB, die uns täglich retten.

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    Genossen! … wie schon mal bemerkt benötigt ein System, das überzeugend Menschenrechte vertritt, kein (Inland-)Geheimdienst. (Und Terroristen, samt deren Ideologie, sollte man nicht ausbilden und bewaffnen. Oder?)

    Bis das soweit ist, könnte die Macht der Geheimdienste schlichtweg durch ein Recht auf individuelle Akteneinsicht, auf ihren Auftrag Verfassungsschutz, konzentriert werden.

    Ein Missbrauch durch Politik oder Verfassungsschutz selber, wäre erheblich eingeschränkt. Meine ich.

    Abwehr von Wirtschaftsspionage sollte Sache der Wirtschaft bleiben. Wer so doof ist Entwicklungs- und Forschungsergebnisse online zustellen, dem ist eh‘ nicht zu helfen.

    … tja, und wenn ‚Horch und Guck‘ beim schnüffeln ’ne feuchte Hose kriegen … hi, hi, hi … 😉

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    Irgendwie erinnert mich das auch an einen schlechten Mafiafilm, in dem der alte Pate sich im Sessel zurücklehnt und durch die Rauchwolke einem ängstlichen Jungen mitteilt: „Die Dinge sind wie sie sind. Aber Du musst dich entscheiden. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“

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    @Stevanovic: Durchaus möglich, dass die europäischen Geheimdienste noch viel unkontrollierter sind. Wie soll man das wissen? Man kann es leider so schlecht beurteilen – ist alles so geheim.

  17. avatar

    Lieber EJ, wenn Sie mein Buch über die EU als Imperium gelesen hätten, würden Sie die Antwort auf all Ihre Fragen schon kennen.

  18. avatar

    @Ziegler

    Men in Black von Will Smith:

    Alright check it let me tell you this in closing
    I know we might seem imposing
    but trust me if we ever show in your section
    believe me it’s for your own protection
    ‚cause we see things that you need not tsee
    and we be places that you need not be
    so go with your life forget that Roswell crap
    show love to the black suit
    ‚cause that’s the men in that’s the men in
    Here come the men in black
    galaxy defenders
    Der beste Satz:
    we’re your first last and only line of defense
    against the worst scum of the universe

    Checks and Balances sind was für Weicheier:-)

    Aber Scherz bei Seite: das größere Geheimdienstproblem ist in Europa. Was die rund 100 Geheimdienste machen, kann keiner überblicken. Deswegen kann es keinen europäischen Snowden geben.

    Neueste Meldung: NSA hat die Papstwahl überwacht. Bestimmt mit gutem Grund. Hätte ja auch ein Islamist gewählt werden können.

    Wir können die Überwachungen nicht mehr mit konkreten Gefahren erklären.
    absence of proof is not proof of absence, deswegen gilt für die Geheimdienste: the sky is the limit

    Ich kann mich nur wiederholen: die US-Geheimdienste werden besser kontrolliert als die europäischen. Wir schauen in die falsche Richtung.

  19. avatar

    Alan Posener: als sei das Misstrauen […] Ausdruck eines imperialen Verhältnisses. Als wären die Deutschen völlig unverdientermaßen Opfer einer imperialen Macht. […] die Klage über ein imperiales Gehabe der USA […]: Dummes Gewäsch

    Seltsam, seltsam! Was veranlasst ausgerechnet Sie, den großen Freund der USA, dazu, deren Licht derart unter den Scheffel zu stellen?

    Ich jedenfalls hoffe, dass die USA ein Imperium (Supermacht o.ä.) sind, das (die) uns vor konkurrierenden Ambitionen schützt – so lange die USA das überhaupt noch können, während wir (Europäer/ Deutsche) dazu weder willens noch in der Lage sind.

    Oder geht es Ihnen nur darum, unsere – selbstverständliche – Tributpflicht zu verschleiern? Wollen Sie uns ebenfalls, wie unser(e) (europäischen) Regierung(en), weiß machen, Schutz gäb’s für lau? Warum? Um unseren (Souveränitäts-)Stolz zu wahren? Um unsere West-Loyalität nicht zu schmälern?

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    Lieber André Aimaq, St´phane Hessel hat nie, so weit ich weiß, etwas gegen die DGSE gesagt oder geschrieben:

    http://de.wikipedia.org/wiki/D.....3%A9rieure

    Lieber Bill Brook, so isses. Aber tatsächlich hatte der BND unter Schröder – so erzählte es mir jedenfalls Karsten Voigt – nicht einmal ein USA-Referat. Unter Merkel sei das eingerichtet worden. Immerhin.
    Und:
    http://www.aljazeera.com/news/.....63351.html
    Die in diesem Zusammenhang entscheidende Passage:
    „It’s invaluable to us to know where countries are coming from, what their policies are, how that would impact us across a whole range of issues,“ Clapper said. Asked if US allies had conducted the same type of espionage against US leaders, Clapper responded: „Absolutely.“

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    Ach so, noch ein Gedanke: der Geheimdienst ist ein zentrales Merkmal staatlicher Souveränität. Wenn wir Europa vertiefen wollen, müssten wir auch darüber reden. Jetzt schaffen wir in Deutschland es nicht, den Verfassungsschutz der 16 Länder zu organisieren und zu kontrollieren. Wie wollen wir dann die Geheimdienste der 17 Euro-Länder oder der 27 EU Länder synchronisieren?

    Zumal wir über US-Geheimdienste durch den Skandal mehr wissen, als über die in Europa.

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    Diese unsichtbaren Mächte, deren Machenschaften ganz normal sind, sollten als moderne Nachfahren der Engel gewürdigt werden. Selber graugesichtig, erspüren sie unsere Wünsche, lauschen im Idealfall sogar in unsere Köpfe hinein, wie die Engel in dem Film „Der Himmel über Berlin“, spenden Trost und geben uns Sicherheit, indem sie uns eine unsichtbare Hand auf die Schulter legen. Und ernten dafür nur Empörung: Undank ist der Welt Lohn.

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    @Bill Brook

    Danke für den Einwurf. Wir können gerne über Geheimdienste reden und was ihre Aufgabe in einer demokratischen Gesellschaft sein sollte. Momentan reden wir nur über die NSA.

    Friedrich geht nach Amerika und behauptet er wüsste nicht was die Amis machen. Darauf Alexander: Ich habe es ihm gesagt. Die EU beschwert sich über das Abschöpfen in Spanien. Alexander sagt: Das war euer eigener Geheimdienst. Wir beschweren uns über Key-Score. Alexander: Euer Geheimdienst benutzt es schon längst. Unser Geheimdienst: ja, schon, wir inhalieren aber nicht. Unser Parlament führt eine Untersuchung zur NSU durch und die Chefs mehrerer deutscher Geheimdienste verweigern die Zusammenarbeit, es werden Akten vernichtet.

    Wir könnten so ewig weitermachen: Juncker in Luxemburg ist über den Geheimdienst gestolpert. In Bulgarien und Rumänien sabotieren Geheimdienst-Seilschaften die Demokratie. Im spanischen ETA-Krieg hat sich der Geheimdienst mehrfach verselbstständigt. Das beste aber:
    Wir haben nicht nur keinen Schimmer, was der BND so den ganzen Tag macht. Der Ober-Kontrolleur der deutschen Geheimdienste, der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Herr Oppermann von der SPD, fordert Aufklärung – was, wenn ich die Stellenbeschreibung richtig lese, seine Aufgabe ist. Dazu muss man wissen, dass er Innenminister im Wartestand ist und auf die Leute, die er heute kontrollieren soll, morgen angewiesen sein wird.

    Im Gegensatz zu dem verfilzten Europa haben die USA eine parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste. Und daran sind ausnahmsweise mal nicht die Cowboys schuld.

    Wir sollten schon darüber Nachdenken, warum die Boston-Bomber trotz einer Scheepflug-Spur im Internet und trotz explizierter Warnungen des russischen Geheimdienstes nicht entdeckt werden, warum eine NSU hier 10 Jahre nicht mal bekannt war.Was machen die Jungs den ganzen tag, ausser geheim sein.

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    Es ist doch kein Skandal, wenn die NSA Merkels Telefon abhört. Das ist ihre Aufgabe. Ein Skandal wäre es, wenn der BND nicht zumindest versuchen würde, Obamas Telefon abzuhören. Wie mir bei der Ganzen Sache der BND sowieso viel zu kurz kommt. Aber wahrscheinlich meinen alle, das wäre eine Suppenküche.

  25. avatar

    … hab‘ ich geschrieben, die Ex wendet sich schneller als ein(e) Tomahawk fliegt? … quod erat demonstrandum: So schließt sich der Kreis: ‚Politik wie Banken bedienen sich grenzenlos am Geld von Sparern und Steuerzahlern. Hinter dem Lärm um die NSA wurde fast unbemerkt mit Zutun Berlins vergangene Woche eine der allerletzten Hürden auf dem Weg zu diesem historisch einmaligen Raubzug niedergerissen.‘

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    Lieber Herr Posener,

    da Sie in Berlin keine Zeit gehabt haben die Amma zu knuddeln:
    http://www.spiegel.de/panorama.....30344.html

    sollte für Sie auch ein wenig Herzenswärme übrigbleiben.

    Leider haben Sie für die Fakten von Herrn Straubhaar kein “ Ohr “ 🙂

    Und:

    Ich verfolge derzeit das “ House of Lies “ 🙂

    Der Job verpflichtet 🙂

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    @ Alan Posener: Nö, entweder oder gibt’s im Geschäft für unbeugsame lebenslange Überzeugungen, versuchen Sie’s damit doch mal nebenan … Sicherheitsbehörden haben einen Job zu machen, und insbesondere nach 9/11 ist denen zum Einen so viel aufgepackt worden und zum Anderen so viel an Freiraum und Spielzeug gegeben worden, dass da Einiges entweder gewollt übersehen wurde und/oder aber unübersehbar wurde. Das hat einige Folgen, zum Einen, dass vor lauter Beschäftigung mit den Spielzeugen der eigentliche Job schlechter gemacht wird, weil die Ziele nicht mehr klar im Visier sind und Quantität die Qualität ersetzt; zum Andern, dass die notwendige Kontrolle abhanden gekommen ist. Man weiß ja nicht genau, was nun der Quantensprung für Dianne Feinsteins Saulus-Paulus-Erlebnis gewesen ist, das sie zur Klage über die fehlende Kontrolle gebracht hat; vielleicht soll der POTUS geschützt und dafür ein paar NSA-Bauernopfer gebracht werden, wenn’s denn schon an ein blame game geht, vielleicht fühlt sie sich auch einfach nur persönlich hinter’s Licht geführt. Jedenfalls trifft aus meiner Sicht beides zu: Man kann nicht dauerhaft einen derart aufgespreizten Spagat zwischen bestimmten maßgebenden politischen Werten und widersprechender administrativer Praxis durchhalten, es schadet den Werten wie auch der Praxis.

    Es fällt auf, dass seit gestern mehrfach der Vergleich mit den Post-Nixon-1970er-Jahren gebracht wird, z.B. Tim Weiner:
    „We’ve seen this movie before, and we saw it in the 1970s, when we learned through the post-Watergate hearings of the Senate into American intelligence that the NSA had been spying on Americans… this was political espionage.
    Now, spying on a foreign leader like Angela Merkel is also political espionage, if you ask me. […]
    I think the president was on to something when he said, ‚Just because you can do something doesn’t mean you should do it.'“ und: „Of all the messes that President Bush left for President Obama to clean up… the great expansion of the National Security Agency’s powers that Bush ordered after the 9/11 attacks may take them longest to clean up“.
    Oder John Schindler, ein früherer NSA-Mann:
    „We’re clearly headed for a DC intel knife fight of the kind not seen since mid-1970s; this 1 could be even worse given reactions so far.
    12:22 PM – 29 Oct 2013“
    http://www.theguardian.com/wor.....e-coverage

    Vielleicht ist jetzt wirklich einfach die Zeit gekommen, um Amerika aus der Endlosigkeit des Post-9/11 zu lösen.

  28. avatar

    Ihre Argumentation, Alan Posener steht auf tönernen Füßen. Nur weil ein Unding jahrzehntelang irgendwie akzeptiert war, heißt es nicht, das eine Gesellschaft nicht schlauer werden darf. Veränderung beginnt immer damit, dass man anfängt den Status Quo in Frage zu stellen. Wäre das nicht so, würde es in Deutschland auch immer noch die Todesstrafe geben oder die Slaverei in den USA. Im Gegensatz zu Ihnen halte es mit Stéphane Hessel: „Empört Euch!“

  29. avatar

    ‚Wenn die neue Bundesrepublik tatsächlich ein nach innen und außen souveräner Staat wäre, dann würde bzw. könnte sie zumindest gegen die Überwachung ihrer Bürger durch eine fremde Macht massiv einschreiten.‘

    Freunde, Genossen … auch Sklaven haben Rechte, sie können nicht entlassen, sie müssen verkauft werden.

    Daher Carl Philipp Gottfried von Clausewitz: ‚Ich glaube und bekenne, daß ein Volk nichts höher zu achten hat als die Würde und Freiheit des Daseins.‘

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    „Es ist mehr als deutlich, dass eine vollständige Überprüfung aller Geheimdienstprogramme erforderlich ist, damit die Mitglieder des Geheimdienstausschusses des Senats voll darüber unterrichtet sind, was die Geheimdienste tatsächlich tun.“ – Dianne Feinstein, Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat
    Quelle:
    http://www.faz.net/aktuell/pol.....39188.html

    Halten wir ruhig mal fest: Es ist keine German Angst, dass wir glauben, da sei etwas aus dem Ruder gelaufen. Das Märchen vom deutsch/französischem Sonderweg nach 45 ist auch nicht der Grund für die Reaktion der guten Frau. Die USA haben ein Problem mit ihrem Geheimdienst. Wir hätten bestimmt auch eines, wenn bei uns jemand zuständig wäre. Das heißt 1:0 für den amerikanischen Parlamentarismus, denn so eine Frau haben wir nicht. Wir haben dieses Gremium:
    http://www.bundestag.de/bundes.....ieder.html

    Die deutsche Aufregung basiert natürlich auf dem Nicht-Wissen von der Tätigkeit der eigenen Geheimdienste, von dem Nicht-Wissen der fehlenden Kontrolle der eigenen Geheimdienste und vom den schauspielerischen Fähigkeiten der sogenannten Opposition zu dem Thema.

    Über das alles sollten/müssten wir mal reden.

    Wir sollten aber auch, in Anlehnung an Frau Feinstein, alles daran setzen, die Jungs zu finden, die unsere Kanzlerin abgehört und unsere Gesetze gebrochen haben und sie in den selben Knast stecken, in dem unsere treuen Transatlantiker Herrn Snowden sehen möchten. Wenn die noch in der US-Botschaft sind, könnten wir die auch ruhig mal mit Polizei umstellen. Die Britten haben da Erfahrung. Wir müssen nicht Verständnis haben, jeder zahlt seinen Preis. Sie haben es für ihr Land getan und wir sollten es für unseres tun.

    Nur, dass die westlichen Geheimdienste unter einer effektiven parlamentarischen Kontrolle stehen, glaubt selbst Frau Feinstein nicht. Und wenn die das sagen darf, dürfen wir, deren Bundesmutti abgehört wurde, es erst recht.

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    @ Albrecht Kolthoff: „While NSA analysts were busy sifting billions of phone records, they were unaware that one of their own contract analysts, some guy named Snowden, was about to spill all the precious beans. Big Data will prove more of an illusion than a panacea. The agency will learn — not the hard way, I hope — that knowing everything unfortunately means knowing nothing at all.”
    Guter Punkt. Aber da muss man sich schon fragen: ist man gegen die massenhafte Sammlung von Telefondaten, weil sie eine lückenlose Kontrolle der bürger (Stichwort big Brother) ermöglicht, oder ist man dagegen, weil sie im Gegenteil ineffektiv ist? Entweder oder. Ente oder Trente.

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    Was ist eigentlich ein Geheimdienst?
    Ein Geheimdienst ist eine Behörde, die zur Gewinnung von Erkenntnissen über die außen-, innen- und sicherheitspolitische Lage Informationen u.a. mit nachrichtendienstlichen Mitteln sammelt und auswertet.
    Gibt es so was in der Welt? Offenkundig nicht, ist ja ein Geheimdienst.
    Solange der hobbesche Naturzustand zwischen den Staaten herrscht, ein Weltstaat oder Weltsouverän erscheint weder möglich noch wünschenswert, wird es Geheimdienste geben.
    Die werden dann das tun, was ihrem Begriff entspricht. Nun stellt sich die Frage: Ist es besser, wenn alle Regierungen und Staaten gut über alles informiert sind oder nicht?
    Die Veränderungen in der Welt beurteile ich danach, ob ich und alle Menschen dadurch besser oder schlechter leben kann. Sicherheit gehört auch dazu, aber noch viel mehr.
    Snowden handelt mit diesen Informationen, warum soll er besser sein als die anderen Geheimdienstler?
    Pessimistisch betrachtet: NSA wird auch dann Kanzler, Könige und was auch immer beobachten und Daten sammeln, wenn nun weltweit erklärt wird, daß dies eingestellt wird. Optimistisch betrachtet: Wir wissen es alle. Und das wird aufhören, wenn es keine Staaten mehr gibt. Niemand weiß wann sie überflüssig sein werden, weil der Krieg jeden Staates gegen jeden aufgehört haben wird.

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    Nee, nee, Moritz Berger, ich guck auch „Homeland“, ich bin ja nicht naiv. Aber „unser Alan Posener“ ist nett gesagt. Das wärmt das Herz.

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    Man muss schon zwischen zielgerichteter Informationsbeschaffung und flächendeckender Massenüberwachung „auf Vorrat“ unterscheiden. Erstere ist vermutlich seit der frühen Steinzeit in der Welt; der Verlockung ist nicht zu widerstehen, dass die „Augen aufgetan“ werden, um hernach zu „wissen, was gut und böse ist“. Diese Art Informationsbeschaffung hat allerdings definierte Ziele, Themen und Erkenntnisgewinne, und davon leiten sich die verwendeten Techniken und Methoden ab. Damit kann man dann beispielsweise solche weltbewegenden Erkenntnisse gewinnen:
    „“What is this mother-fucker Pangalos doing“, zitierte Pangalos aus einem dieser abgehörten Gespräche der Amerikaner auf Englisch.“
    http://derstandard.at/13813702.....lomaten-ab

    Relativ neu ist die technische Möglichkeit, bestimmte Kommunikationsformen praktisch restlos zu erfassen. Diese Methoden sind für bestimmte Zwecke absolut brauchbar, beispielsweise um nachweisbare Telefonrechnungen für alle Kunden zu erstellen. Ein Irrglaube ist aber, dass man umso mehr Nadeln fände, wenn man nur die Heuhaufen immens vergrößert.
    Eben jenes fehlgeleitete Denken wird heute in der WashPost schön auf den Punkt gebracht:
    „This is not just a massive invasion of privacy that the people of France, Spain and other countries understandably resent. It’s also a mistake.
    While NSA analysts were busy sifting billions of phone records, they were unaware that one of their own contract analysts, some guy named Snowden, was about to spill all the precious beans. Big Data will prove more of an illusion than a panacea. The agency will learn — not the hard way, I hope — that knowing everything unfortunately means knowing nothing at all.“
    http://www.washingtonpost.com/.....story.html

    Und das dringt auch langsam bis in die Reihen der Politiker vor:
    „“The government has not made its case that bulk collection of domestic phone records is an effective counterterrorism tool, especially in light of the intrusion on American privacy,” Leahy said at a hearing this month.“
    http://www.washingtonpost.com/.....ory_1.html

    Den Senatoren und Abgeordneten Leahy, Sensenbrenner und Wyden kann ich mit ihrer Gesetzesinitiative nur Erfolg wünschen, die darauf abzielt, „[to] end the mass collection of phone data“. Man wird’s sehen.

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    Stevanovic: „Und da sind wir in den Untiefen des deutschen Frusts: Wir können devot bis zur Selbstaufgabe sein (was wir nicht sind!), wir bleiben trotzdem auf dem Radar. Liegt nicht an uns, liegt am Radar.“
    Eben: Und wenn Herr Pofalla die Spionage-Affäre für beendet erklärte, weil er sie ja offensichtlich bis nach der Wahl unter dem Deckel halten wollte, und Obama seinen doch recht selbstbewussten Behördenleiter („moderne Soldaten“) in seine Außendiplomatie einbauen muss, zeigt das allein schon, wie prekär die Politik allerorten ist. Wie gesagt, was technisch möglich ist, wird gemacht und warum das Hochtechnologieland Deutschland nicht in der Lage sein soll, die Schlüsseltechnologie des 21 Jh. zu beherrschen und stattdessen weiter fröhlich die Fördergelder in Richtung Autoindustrie lenkt (deren Produkte auf Kredit letztlich des Steuerzahlers nach Südeuropa geliefert werden) erschließt sich mir nur dadurch, daß der deutsche Michel seine eigenen Interessen nicht bereit ist wahrzunehmen und sich stattdessen um die Privatsphäre von Frau Merkel oder anderer Feudalmuttis und Feudalpapis sorgt. Vielleicht sollte man mal bei der Queen nachfragen, ob sie Deutschland nicht in den Commonwealth aufnimmt, dann hätte Deutschland wenigstens eine richtige Königin.

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    „(2) Die Deutschen waren nicht immer SO gute Freunde, wie sie gerne tun, wenn sie beleidigt sind.“

    Das ist dann Richtig, wenn sie das „SO gute Freunde“ als Maßstab nehmen. Tatsächlich ist ganz Europa so treu-doof Proamerikanisch, das es auf eine eigene Verteidigungspolitik weitgehend verzichtet, Deutschland ganz besonders. Die USA haben zeitweise 20% ihres Öls von Hugo aus Venezuela bezogen, ohne dass wir Paranoia vor einem Neo-Kommunistischen Block aus Venezuela, USA und Vatikan bekommen hätten und in Florida deswegen 100Millionen Gespräche am Tag abgehört hätten. Nein, die Deutschen waren nicht immer „SO“ gute Freunde. So wenig wie Spanier, Franzosen etc. Wer bleibt dann aber dann als „SO“ guter Freund? Jetzt drehe ich mich im Kreis: Wenn es „SO“ gute Freunde unter Staaten gar nicht gibt, ist nicht unsere Freundschaft die Kategorie, die Grenzen schafft, sondern lediglich die US-Paranoia, die sie (zugegeben) mit allen anderen Staaten teilen. Nur bitte bleiben sie fair: Vielleicht wird Merkel zu Recht wegen ihres Nazi-Opas und dem Rapallo-Komplex abgehört. Aber Spanien, Frankreich, Brasilien – sie verstehen die Pointe. Wer Gründe braucht, findet welche. Ausser bei Australien, UK, Neuseeland und Kanada – oder? Verschieben wir nicht die Ursache von paranoiden (deswegen professionellen) Geheimdiensten auf die reale Politik innerhalb des westlichen Lagers. Es ist egal, wie gute Freunde wir sind.

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    @Alan Posener: Sie sollten aber berücksichtigen, dass Politik die Gestaltung/Umgestaltung des Bestehenden bedeutet. Und nicht einfach den „tiefen Staat“ so akzeptieren und konservieren, wie er ist.

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    Die Thematik einmal aus der ökonomischen Brille betrachtet:

    http://www.welt.de/wirtschaft/.....erein.html

    „Kosten steigen, Nutzen sinkt

    Die Ökonomik der Informationssammelwut besagt, dass am Ende die Kosten der Informationsverarbeitung dramatisch steigen, der Nutzen zusätzlicher Informationen aber immer geringer wird. Mehr Quantität bedeutet eben nicht bessere Qualität. Priorisierung, Gewichtung, vor allem aber die Bewertung haben nichts mit „Menge“ zu tun.

    Elektronische Suchmaschinen, Algorithmen und Hochleistungsrechner können zwar nahezu jede Informationsmenge in nahezu unendlich kurzen Intervallen erfassen, verdichten und nach vorgegebenen Mustern einordnen. Die Bewertungen und die Folgerungen jedoch bleiben in jedem Falle eine politische, gesellschaftliche und kulturelle Entscheidung. Ein abstraktes „richtig“ oder „falsch“ gibt es nicht, weil es keine absoluten Wahrheiten gibt.

    Die Informationssammelwut suggeriert, dass Terror, Verbrechen oder Vergehen verhindert werden könnten, wenn nur rechtzeitig alle Informationen bekannt wären. Das ist schlicht der Wunsch nach dem totalen Überwachungsstaat. Mit seiner Hilfe könnten Denken und Handeln der Bevölkerung lückenlos und ständig überwacht werden. Missliebiges Verhalten ließe sich unterdrücken“

    Und da glaubt unser Alan Posener und andere dass die NSA den Terrorismus verhindern kann 🙂

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    @ Stevanovic: sie haben Recht, mein Essay hat (mindestens) zwei Argumentationsstränge: (1) Das ist normales Verhalten zwischen Staaten in einer Hobbes’schen Welt. (2) Die Deutschen waren nicht immer SO gute Freunde, wie sie gerne tun, wenn sie beleidigt sind.
    Aber anders als Sie meinen, schließen sich die beiden Stränge nicht aus, sondern ergänzen einander.
    @ Claus: Cameron wehrt sich ja eben gegen die Medien, die diese Hysterie anfachen. Völlig zu Recht.
    @ Michael Behrent: Sie sprechen Großes gelassen aus. In der Tat ist das Bedenklichste an der ganzen Affäre die Tatsache, dass ein Edward Snowden (der ja nicht einmal Mitarbeiter der CIA war, sondern eines Subunternehmers) an diese ganzen Daten rankommen konnte. Dilletantismus ist dafür der falsche Ausdruck. Es ist verbrecherischer Leichtsinn. Dafür müssten in den USA Köpfe rollen.
    @ Roland Ziegler: Nichts für Ungut. Aber Sie argumentieren hier, wie so oft, rein formal. Klar, wenn niemand Atomwaffen hat, braucht niemand Atomwaffen. Wenn niemand einen „tiefen Staat“ unterhält, braucht niemand einen tiefen Staat. Wenn niemand lügt, braucht man keinen Lügendetektor, sprich Geheimdienst. Wenn die Welt ein Paradies wäre und die Menschen wären gut, wäre die Welt ein Paradies und die Menschen wären gut. Das ist aber erstens eine Tautologie und zweitens ist die Welt nicht so, und die Menschen sind nicht so. Siehe oben unter „Hobbes“. Man kann immer nur in einer Welt der Grautöne zwischen schlecht und etwas besser wählen, und das ist schon viel.

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    Sie erklären uns, was die Amerikaner beim Abhören von uns erfahren wollen. Dass das doch „ganz klar“ sei.

    Aber es wurde solange die Terrorgefahr heraufbeschworen, bis die wirklichen Gründe offensichtlich geworden sind. Nachdem die nun offensichtlichj sind, ist plötzlich alles „ganz klar“.

    Vorher aber hieß es, ein Zusammenhang zwischen dem Abhörskandal und dem Euro zu sehen, wäre „Raunen“.

    Bei der normalen Autobahn würde die Polizei sicher auch gern wissen, wer wohin mit welchen Absichten unterwegs ist. Das geht sie aber nichts an. Man würde sich gegen eine derartige Überwachung des Autobahnverkehrs genauso wehren wie man sich gegen die aktuelle Überwachung der Datenautobahnen wehrt. Dass wir es nicht selber sind, die unseren Verkehr überwachen, sondern dass es andere heimlich tun, verschärft das Problem erheblich.

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    Das Argument, die Welt sei ein grausamer Ort, an dem es keine Freunde, sondern nur Interessen gibt, die in glücklichen Momenten wie eine Wertegemeinschaft aussehen, kann ich verstehen. Niemand hat einen Grund, anderen zu trauen und wenn er es doch tut, kann er sich des Schadens gewiss sein. Das Leben ist kein Ponyhof und so weiter. Die Welt ist so, wie sie ist, da nützt kein Jammern.

    Den Zustand der Welt aber mit deutscher Politik begründen (der Rock war halt zu kurz, Kleines), als ob sich hier irgendetwas Grundlegendes an Westausrichtung und Marktwirtschaft ändern würde, ist, milde ausgedrückt, nicht der richtige Ansatz, um uns die Zwänge des US-Sicherheitsdenkens zu erklären. Wenn das alle so machen (es also keine US-Zwangsneurose, sondern normales gebaren ist), dann ist es egal, von wem Deutschland sein Gas bekommt. Und da sind wir in den Untiefen des deutschen Frusts: Wir können devot bis zur Selbstaufgabe sein (was wir nicht sind!), wir bleiben trotzdem auf dem Radar. Liegt nicht an uns, liegt am Radar.

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    ‚Die beleidigten Reaktionen beeindrucken die Amerikaner nicht im mindesten. Sie zeigen nur, dass die ahnungslosen Politiker in der EU den wichtigsten Punkt immer noch nicht begriffen haben: Wenn Politiker die Souveränität ihrer Staaten verkaufen, sind sie nicht bloß ‚bedingt abwehrbereit‘.

    Sie sind wie die Maikäfer, die auf dem Rücken liegen und mit den Beinchen hektisch strampeln, weil sie sich nicht mehr selbst aufrichten können.‘

    … muhahaha!

  43. avatar

    „Die gegenwärtige mediengetriebene Hysterie über die neuen Enthüllungen Edward Snowdens hat – wie jede Hysterie – etwas Perverses. Denn was jetzt ans Tageslicht kommt, ist Selbstverständliches.“

    Vielleicht sollten Sie das mal dem britischen Premier mitteilen, denn der scheint Ihre Artikel noch nicht gelesen zu haben:

    „Der britische Premierminister David Cameron will verhindern, dass Zeitungen weitere Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden veröffentlichen. „Wenn sie nicht gesellschaftliches Verantwortungsgefühl an den Tag legen, wird es sehr schwer für die Regierung, sich zurückzuhalten und nicht tätig zu werden“, sagte Cameron im Parlament.“
    http://www.tagesschau.de/ausland/cameron360.html

    Oder sind diese Beschwichtigungen bereits vorauseilender Gehorsam angesichts der schwindenden Demokratie?

  44. avatar

    So viel Aufwand, um die „Freunde“-Rhetorik zu entlarven? Immer shon wurde spioniert und immer schon war es ein Skandal, wenn es herauskam. Wenn das alles so ist, warum kritisieren Sie nicht den Dilletantismus der amerikanischen Geheimdienste, die glauben, sich die digitale Welt nutzen zu können, als sei sie ein Fernrohr, durch das man nur von einer Seite schauen kann? Zum zweiten Mal in kurzer Zeit wurden die Dienste von unteren Chargen bloßgestellt und bringen so ihre politische Führung in Schwierigkeiten. Nun sieht es so aus, das die USA die Repräsentanten ihrer strategischen Partner delegitimiert, zu lame ducks degradiert und so jedem billigen Ressentiment Vorschub leisten. Die Formulierung „Freund“ benutzte übrigens POTUS in Berlin. Vielleicht sollten Sie seine Reden schreiben?

  45. avatar

    „Dankbar“ sollen wir sein, dass die Amerikaner das Handy geknackt haben. Dass es längst geknackt ist, ist sowieso klar, weshalb man also froh sein sollte, dass (wenigstens auch) die Freunde mithören. Dies soll eine Stimme der Vernunft sein? Wir sollen dankbar zu sein, dass es die Richtigen sind, die da lauschen?

    Herr Posener, so viel Abgeklärtheit will mir nicht einleuchten. Ich glaube nicht, dass es an meiner Sehnsucht, endlich auch mal Opfer und nicht immer nur Täter zu sein, liegt. Ich glaube eher, dass die Empörung der Europäer damit zu erklären ist, dass sie in dieser Affaire ein Opfer sind. Opfer eines Lauschangriffs, wie er in der Geschichte bislang einmalig ist, das sollten wir doch mal festhalten.

    Der Lauschangriff, um den es hier geht, richtet sich gar nicht gegen den islamistischen Terrorismus, stattdessen gegen europäische Bürger und Institutionen. Ich möchte daran erinnern, dass auch die EU-Institutionen in Brüssel von der NSA abgehört wurden. Außerdem fällt auf, dass England aufgrund eines Abkommens nicht Opfer eines Lauschangriffs ist, sondern Kerneuropa. Wir alle wisssen, dass Kerneuropa mit dem Euro ein Projekt angeschoben hat, das den Freunden der Leitwährung Dollar nicht unbedingt gefallen kann.

    Staaten wollen wissen, wie andere Staaten ticken, schreiben Sie. Warum fragen sie dann nicht einfach? Sie könnten ein vertrsauliches Gespräch suchen oder ein paar deutsche Zeitungen oder Blogs lesen, wenn sie befürchten, dass die Nazis wieder zur Macht greifen und sich raffiniert hinter einer CDU-Fassade tarnen. Offenbar lauschen sie, weil sie diesen offen liegenen Quellen nicht glauben oder zumindest sicherstellen wollen, dass nichts anderes, „Eigentliches“ im Hintergrund läuft, von dem sie nichts wissen. Die Annahme einer gefährlichen Wirklichkeit hinter dem friedlichen Schein. Nun bildet aber die NSA (und auch die anderen Geheimdienste, auch der BND) selber genau so eine Wirklichkeit hinter dem Schein.

    Hier sollte man nicht doppelte Standards anlegen. Entweder man glaubt offiziellen Verlautbarungen grundsätzlich nicht und rechtfertigt damit ALLE Geheimdienste. Dann sollte man sich fragen, warum man ausgerechnet den geheimdienstlichen Verlautbarungen („das richtet sich alles nur gegen gemeinsame terroristische Feinde, der BND weiß von nichts, Obama wusste ebenfalls von nichts, usw.“) glaubt. Oder man bemüht sich darum, die Wirklichkeit hinter dem Schein – den „tiefen Staat“ – abzuschaffen. Dann muss man gegen solche Abhörsysteme und Geheimverträge usw. angehen, statt sich zu freuen, wenn man zufällig erfährt, dass man von den Richtigen abgehört wird.

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