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Syrien muss geteilt werden

Als Jugoslawien nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Diktatur implodierte und sich Serben, Kroaten, Albaner, Christen und Muslime an die Gurgel gingen, war die Lösung relativ schnell gefunden: Der künstliche Staat wurde in seine Bestandteile zerlegt, jedes Völkchen bekam seinen Mini-Staat. Lediglich Bosnien wurde als multi-ethnisches, multi-religiöses Feigenblatt beibehalten. Heute sind all diese ethnisch weitgehend homogenisierten Zwergstaaten halbwegs funktionierende Demokratien oder doch wenigstens keine failed states.

Slowenien und Kroatien sind bereits Mitglieder der Europäischen Union, die anderen werden früher oder später folgen. Lediglich das multiethnische Bosnien funktioniert bis heute nicht als Staat und wird faktisch vom Hohen Repräsentanten der EU als Protektorat regiert.

Dabei war Jugoslawien im Vergleich zu Syrien ein ganz gut funktionierendes föderales Gebilde. Syrien hingegen ist ein von den britischen und französischen Regierungen aus der Konkursmasse des Osmanischen Reichs zusammengeschustertes Gebilde, das nie als Nation – geschweige denn als Demokratie – funktioniert hat. Im Wesentlichen besteht es aus drei großen Bevölkerungsblöcken: den arabischen Sunniten; den – ebenfalls sunnitischen – Kurden; und den – ebenfalls arabischen – Alawiten.

Ob diese Gruppen anders als durch eine Diktatur zusammenzuhalten gewesen wären, ob eine aufgeklärt-laizistische Föderation jemals eine realistische Option gewesen wäre, ist  nun eine hypothetische Frage. Die Baath-Partei und die Assads regierten dank der Unterstützung Moskaus Syrien mit eiserner Hand, so wie Saddam Hussein den Irak regierte. Nun implodiert das Land, so wie der Irak zu implodieren drohte, als die USA Saddam stürzten.

Die Tatsache, dass sich alle drei Bevölkerungsgruppen in Syrien hassen, obwohl es die beschriebenen ethnischen und religiösen Überschneidungen gibt, von Sprache und Kultur ganz zu schweigen, sollte niemanden verwundern, der sich an die Dynamik der Jugoslawien-Kriege erinnert. Es kann sein, dass der gegenwärtige Bürgerkrieg als Bürgerrechtsbewegung der unterdrückten sunnitischen Mehrheit begann und dass es – wenn Assad nicht vom Iran, von Russland und von China unterstützt worden wäre – in Syrien zu einer Entwicklung wie im Irak hätte kommen können, wo seit der gewaltsamen Pazifierung des Landes durch US-Truppen unter General David Petraeus arabische Schiiten und Sunniten und kurdische Sunniten in einer unruhigen und konfliktreichen, halbwegs demokratischen Föderation zusammen leben.

Doch ist auch im Irak das letzte Wort nicht gesprochen: Der Iran versucht,  mit Hilfe der schiitischen Mehrheit den Irak faktisch in einen Satellitenstaat zu verwandeln; die Kurden haben den Traum eines eigenen Staates nicht aufgegeben, den sie bestimmt zu verwirklichen suchen würden, wenn der schiitisch-iranische Druck zu groß werden sollte; und bis heute versuchen radikale sunnitische Gruppen und Berufs-Dschihadisten aus aller Welt, einen Bürgerkrieg zu entfachen.

Und in Syrien ist der Zug für eine föderale Lösung längst abgefahren. Was als Protestbewegung begann und vor allem durch die Brutalität des Assad-Regimes zu einem blutigen Bürgerkrieg gemacht wurde, ist inzwischen zum Kampf um die Bildung eines arabisch-sunnitschen, eines kurdischen und eines alawitischen Staates ausgeartet. Man mag das bedauern, aber man sollte nicht versuchen, diese Entwicklung aufzuhalten. Das wäre nur möglich durch eine massive Intervention und Besatzung nach dem Modell des Irak. Das aber wäre weder durch die UN zu legitimieren, weil Russland und China einen entsprechenden Vorstoß im Sicherheitsrat mit ihrem Veto blockieren würden; noch hat die Administration Barack Obamas die Absicht, amerikanische Leben – und Milliarden Dollar – zu opfern, um Syrien zusammenzuhalten. Zynisch könnte man sagen: Syrien hat ja auch kein Öl. (Und Amerika produziert inzwischen so viel aus dem Fracking eigener Ölschiefervorkommen, dass es bald das Zeug exportieren kann und weder die Ölfelder des Irak noch jene des Iran braucht.)

Offensichtlich hat sich die US-Regierung insgeheim bereits mit der Teilung Syriens abgefunden. Auf einer Pressekonferenz am 18. Juli sagte Obamas Sprecher Jay Carney: „The fact is Bashar al-Assad will never again rule Syria in the way that he did before“. Sicher. Aber er könnte zum Beispiel einen alawitischen Teilstaat im Westen regieren, von Latakia im Norden bis Damaskus im Süden. Den Sunniten bliebe der mittlere Teil entlang dem Euphrat, von Aleppo bis zur irakischen Grenze. Und die Kurden regieren jetzt schon de facto den Nordosten entlang der türkischen Grenze.

Angeblich hat Assad bereits den israelischen Außenminister Avigdor Liebermann kontaktiert, um dessen Unterstützung für die Errichtung eines alawitischen Staates zu gewinnen; insbesondere will Assad Land auf den von Israel besetzten Golanhöhen bekommen, um die aus dem Rest des Landes vertriebenen Alawiten anzusiedeln.

Aber auch die Sunniten machen Israel Angebote. Würde Israel die „Unterstützung Assads einstellen“, so ein Vertreter der Rebellengruppe „Free Syrian Army“ im Interview mit der Web-Zeitung „Israel Hayom“ schon im März 2012, würde nicht nur Assad fallen und der jüdische Staat seinen Feinden Hisbollah und Iran einen Schlag versetzen: „Das syrische Volk würde das nie vergessen“ und Frieden mit Israel schließen.

Nun  ja. Auf Dankbarkeit sollten Staaten ohnehin nicht setzen, der jüdische Staat schon gar nicht. Weder für den Rückzug aus dem Südlibanon noch für den Rückzug aus Gaza hat Israel je etwas anderes geerntet als Raketenangriffe von Hamas und Hisbollah. Und niemand kann den Israelis garantieren, dass Syrien nach Assad nicht von radikal-islamischen Gruppen beherrscht würde, die mit einer Frontstellung gegen Israel von ihren eigenen Problemen abzulenken versuchen könnten. Andererseits bliebe auch Assad, wenn er Herrscher eines Mini-Staats in Westsyrien würde, weiterhin – ja erst recht – vom Iran und von der Hisbollah abhängig.

Ein kurdischer Staat im Nordosten Syriens wiederum könnte versucht sein, sich als Kern eines künftigen Groß-Kurdistan zu verstehen und die Türkei und den Irak destabilisieren.

Und doch scheint die Teilung des Landes die einzige Möglichkeit zu sein, den Bürgerkrieg zu beenden, dem jetzt schon weit über 100.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Es ist kaum einzusehen, weshalb die Weltgemeinschaft die Teilung des Sudan begrüßt, mit dem der dortige Bürgerkrieg beendet wurde, aber Syrien unbedingt intakt halten will, obwohl ein Sieg der Sunniten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einem Pogrom gegen die Alawiten (und die Christen) und möglicherweise mit einem Krieg gegen die kurdischen Autonomiegebiete einhergehen würde.

Die Zerstückelung von Ländern entlang ethnisch-religiöser Bruchlinien, einst das Mittel der Wahl zur Bereinigung solcher Konflikte – man denke an den „Bevölkerungstransfer“ zwischen der Türkei und Griechenland oder zwischen  Indien und Pakistan, oder an die Vertreibung der Deutschen aus den künftig polnischen und tschechoslowakischen Gebieten nach 1945 – ist eine unangenehme Angelegenheit und widerspricht unseren heutigen multikulturellen Vorstellungen. Aber multiethnische und multikulturelle Gebilde funktionieren in der Regel nur im Rahmen liberaler Imperien, wie es die Imperien Großbritanniens, der Osmanen oder der Habsburger waren; oder wie es die EU heute ist, wo die Konflikte zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland, Flamen und Wallonen in Belgien, Deutschstämmigen und Italienern in Südtirol – und bald auch Serben und Albanern im Norden Kosovos – zunehmend irrelevant erscheinen. Im ganzen Nahen Osten gibt es nur eine bedeutende Minderheit, die nicht um Leib und Leben, Recht und Eigentum fürchten muss, und das sind die israelischen Araber, die zur Minderheit im israelischen Staat wurden, nachdem sie den Teilungsplan der UN ablehnten, der ihnen nicht nur die Westbank, sondern auch das heutige Galiläa gegeben hätte. Das ist ein Grund, weshalb mehr und mehr Bewohner des projektierten Staates Palästina sich fragen, ob nicht ein binationaler Staat Israel-Palästina für sie besser wäre. Freilich denken nur wenige Israelis, dass es ihnen in einem solchen Staat lange gut gehen würde. Und sie können auf das Schicksal aller Minderheiten in allen anderen Staaten der Region verweise, zuletzt der zehn Millionen Kopten in Ägypten.

Nein, der Trend im Nahen Osten geht, ob man das mag oder nicht, in Richtung Revidierung der von den Kolonialmächten 1918ff gezogenen Grenzen und der Etablierung von ethnisch-kulturell homogenen Nationalstaaten.

Mag sein, dass in einer ferneren Vergangenheit irgendein quasi-imperiales Gebilde – eine mit der EU assoziierte, von der Türkei geführte „Mittelmeerunion“ etwa – der Region einen ähnlichen Frieden bringt, wie ihn die EU dem Balkan gebracht hat. Aber das ist Zukunftsmusik. Und die gegenwärtigen Aufgaben beginnen mit der Teilung Syriens: immerhin ein Projekt, auf das sich angesichts des Patts im Bürgerkrieg alle interessierten Player – vom Iran über Russland und der Türkei bis hin zu den USA, Israel und der EU – einigen könnten. Je schneller dieser Vorschlag auf den Tisch kommt, desto besser. Mauern zwischen Menschen sind nicht schön. Aber, wie John F. Kennedy am 13. August 1961 sagte: „A wall is better than a war“.

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101 Gedanken zu “Syrien muss geteilt werden;”

  1. avatar

    Lieber Stevanovics,

    “europäischer Weizen in die VR China und zurück als Brötchen zum Aufbacken”

    wenn solche für Sie Sinn machen… dann brauchen wir uns letztlich über ökonomische Fragestellungen wie Wachstum nicht mehr den Kopf zu zerbrechen.

    Aber vielleicht liegt es auch an Ihrem ehemaligen sozialistischen Hintergrundumfeld. 🙂

    Die Tonnenideologie war jenseits des Eisernen Vorhangs weit verbreitet.

    Wenn es Sinn machen würde – warum nicht?

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    @KJN

    „Grundsätzlich eine gute Sache, der Teufel liegt – wie immer bei der Ökonomie – im Detail.“

    Bevor ich für die Freihandelszone bin, möchte ich diesmal das Kleingedruckte verstehen.

    Die Euro Gegner sind damals niederkartätscht worden. Im Angesicht zweier Weltkriege, des Holocaust und totalitärer Regime war da nicht viel zu argumentieren.
    Das halt im „scheitert der Euro, dann scheitert Europa“ immer noch nach.

    Der Meinung bin ich persönlich immer noch.

    Die Freihandelszone ist keine Schicksalsfrage, wie es der Euro für mich ist.

    Deswegen würde ich gerne eine nüchterne Kosten/Nutzen Rechnung sehen.

  3. avatar

    http://www.welt.de/politik/aus.....mobil.html

    „Die Türkei wollte ein staatsähnliches Gebilde der Kurden an ihrer Südgrenze nie tolerieren. Trotzdem wurde Saleh Muslim, der Führer der Pyd, für zweitägige Gespräche nach Istanbul eingeladen. Der Besuch zeigt, wie schnell aus Gegnern Freunde werden können, wenn es plötzlich einen großen gemeinsamen Feind gibt.“

    Wenn Kurden und Türken sich einigen – wen wollen wir aufrüsten, um die Integrität Syriens zu verteidigen? Mit leichten oder auch mit schweren Waffen?

  4. avatar

    „Leider auch die irische katholische Bevölkerung in Nordirland bis in die jüngste Vergangenheit.“

    Ein paar Kilometer weiter wären sie in der Mehrheit gewesen und hätten in einem von ihnen dominierten Staat leben können. man kann Irland viel vorwerfen, aber nicht, dass es kein katholisches Mekka sei.
    Die IRA wurde in Kooperation UK, Irland und USA kastriert, gerade weil die Diskriminierung seit 1916 nicht ein ewiger Hungerwinter war und UK einiges versucht, diese Diskriminierung zu beenden.

    Sollten die Allawiten den Krieg verlieren, sind sie Freiwild. Mit ihnen die Christen.
    Sollten die Allawiten den Krieg gewinnen, werden sie die sunnitische Population dezimieren.

    Trotz der wunderschönen irischen Heulsusenlieder und den unvergleichlich rührenden IRA Filme, ist es nicht vergleichbar.

  5. avatar

    Und was die Wirtschafts-Außenpolitik der EU betrifft (@Alan Posener), scheinen sich da viele gegenläufige (Lobbyisten-) Interessen in Brüssel durchzusetzen. Eine klare Interessensvertretung für die Bevölkerung Europas in der Welt ist jedenfalls nicht erkennbar. Da tun die USA sicherlich mehr für ihre Leute und das ist auch die eigentliche Aufgabe einer Administration.

  6. avatar

    @Stevanovic
    Freihandelszone
    Grundsätzlich eine gute Sache, der Teufel liegt – wie immer bei der Ökonomie – im Detail. Der Händler freut sich über Bedarf und Nischen. Macht man das ganze monokulturmäßig platt, bzw. behindert den Kleinwuchs durch was auch immer (lange Diskussion, hatten wir hier schon zur Genüge), haben nur wenige etwas davon. Örtliches Handwerk und Industrien gehen dann kaputt. Na ja, und wenn dann Eltern in bester Absicht ihre Kinder studieren lassen, weil die Stelle im öffentlichen Dienst doch wesentlich attraktiver ist, als der elterliche Betrieb, sind griechische Verhältnisse eben nicht mehr weit. Protektionismus hilft da gar nichts mehr – nur Jahrzehnte Transfer, die aber auch nur helfen, wenn wir hier in D unser Hauptgeschäftsmodell überdenken.

    Was Syrien betrifft, denke ich, daß wir den langen Weg zum geeinten Europa über Religionskonflikte, Nationalstaaten und Despoten gegangen sind (Ihr Hinweis auf den Balkan), bzw. noch gehen und daß es blauäugig wäre, in Syrien (Ägypten usw.) eine Entwicklung in wenigen Jahren zu erwarten.

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    @Parisien

    Sollte sich eine Konferenz auf eine Teilung einigen, mit Russen, Chinesen, USA, Europa und hoffentlich auch dem Iran, dann ist der Krieg vorbei. Aufteilung geht nur unter Beteiligung und mit Einverständnis der Beteiligten. Wenn einer nicht will, geht der Krieg ja weiter.

    Waffen werden geliefert, weil jeder an den totalen Sieg glaubt. Ein einiges Syrien kann ein jahrelanger Krieg werden, bis zur totalen Niederlage einer Seite. Welchen Vorteil sehen sie darin?

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    @Berger

    Für die meisten Produkte gibt es so gut wie keine Zölle, wer Geld hat, kann überall Geschäfte machen. Europäer bauen Werke in USA und umgekehrt.
    Wenn die Freihandelszone folgenlos wäre, müsste man nicht Jahrelang verhandeln. Da passiert etwas, sie führen selbst ein paar Beispiele an. Die Kunstszene hat es als erste begriffen. Weitere werden folgen.
    Der Euro hat Tektonische Platten in Europa verschoben. Diesmal würde ich gerne wissen, wie wir darauf vorbereitet sind (wären). Wer sind die großen Gewinner, wer die kleinen Verlierer? Es wird welche geben.
    Nur eins glaube ich nicht, dass die Freihandelszone keine Auswirkungen haben wird.

    „europäischer Weizen in die VR China und zurück als Brötchen zum Aufbacken“

    Wenn es Sinn machen würde – warum nicht?

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    @der blonde Hans

    „Die einheimische, katholische Bevölkerung wurde jahrhundertelang diskriminiert und unterdrückt.“

    Leider auch die irische katholische Bevölkerung in Nordirland bis in die jüngste Vergangenheit.

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    Lieber Parisien:

    „Lieber Gott, hab ein Einsehen: Lass es da, das Eis. Für immer.“

    Kein weiterer Kommentar

  11. avatar

    @M.B. – Nachtrag.

    … *rofl* … jetzt habe ich das ‚darunter‘ überlesen. Ich bitte um Vergebung wegen der falschen Addition. Sie haben was gut bei mir. 😉

    (Ist aber auch ein nicht einfach die diversen Lutheraner zu addieren. Die wissen wohl selber nicht, wie viele sie sind.)

  12. avatar

    Moritz Berger, 31. Juli 2013 um 16:51

    … nix für ungut werter M.B., wenn ich Ihre Prozente addiere komme ich auf 145,6%. Klappt ’s immer noch nicht mit der Prozentrechnung? … mhmm?

    Übrigens, so abwegig ist APos Meinung nicht, denn der Konflikt ‚Irland'(hatten wir hier schon) ist ursächlich mit der Kolonialisierung durch schottische und englische Kolonisten im 17. und 18. Jahrhundert begründet.

    Die Iren blieben katholisch und die Kolonisten waren protestantisch. Die einheimische, katholische Bevölkerung wurde jahrhundertelang diskriminiert und unterdrückt.
    Als Irland dann endlich 1921 selbständig wurde, wurde es auch noch geteilt. Die Macht in Nordirland behielten aber die Nachfahren der Kolonisten, die Protestanten. Kein Wunder, dass es immer noch vereinzelt zu Ausschreitungen zwischen diesen Bevölkerungsgruppen kommt.

    Es handelt sich also in erster Linie um einen ethnischen Konflikt, weniger um einen religiösen.

    Wäre Irland von den Briten nicht geteilt worden, gäbe es diesen Konflikt nicht (mehr).

  13. avatar

    Interessant ist die Formulierung: „Muss geteilt werden.“ Normalerweise liest man „should“=“sollte“. Über’n Teich kann man should täglich mehrfach finden.
    Eigentlich ist „muss“ schöner. Muss scheint für den Autor zu bedeuten, dass sonst nichts am Horizont sichtbar ist und er gedanklich dahinter steht.
    Aber die should-Formulierung interessiert insofern, als sie völlig unpersönlich ist. Wer soll teilen? Wie soll das danach beaufsichtigt werden? Sollen alle Teile gleichmäßig Waffen bekommen? usw.
    Am wichtigsten ist das wer. Und dann ist eine weitere Frage von Bedeutung: Glaubt irgendwer, dass die Kurden mit den Türken auskämen oder Israel mit der MB bessere Nachbarn hätte?
    Und glaubt niemand, dass Assad, wenn er es alles wiederbekäme, konzilianter wäre? Ich schon. Aber dann sind die Russen wieder dort. Und um das geht es in Wirklichkeit, glaube ich. Und die Russen würden das Gas fördern. Übersetzung: Es wäre dann nicht so liberal dort.
    Es werden also Fragen aufgeworfen, die in Wirklichkeit einen ganz anderen Hintergrund haben.
    Anmerkung: Die Amerikaner – viele – werfen ihren Oberen jeden Tag deren Lügerei vor.
    Ich wusste schon, dass eines Tages in der Region Aufstände angezettelt würden, als ich das allererste Mal von Gas im Mittelmeer las. Das sind zwei schöne große Felder vor Israel, Syrien und Zypern. Komisch, dass die Anrainer rechtzeitig verarmten oder in Bürgerkriegen versackten, oder?
    Man kann daran ablesen, was in Kanada, Norwegen und Dänemark los sein wird, wenn das Packeis über dem Lomonossow-Rücken abschmilzt. Lieber Gott, hab ein Einsehen: Lass es da, das Eis. Für immer.
    Gas, Öl und andere Bodenschätze gehören drei Weltmächten, damit wir das wissen. Wir anderen sind Kanacken, die immer schön einen Obulus geben sollen an einen von den dreien.
    Andererseits – das muss man festhalten – hat Syrien sich mit seiner Irannähe nie einen wirklichen Gefallen getan und sich im Libanon benommen wie eine eigene Großmacht.

  14. avatar

    Lieber Stevanovics

    „Ich werde Produkte und Dienstleistungen von Hanolulu bis nach Tallinn anbieten und beziehen können. Das klingt fabelhaft. Ich werde eine Firma in Offenbach anmelden und in Albuquerque Geschäfte machen.“

    Ich glaube Sie sind nicht informiert… dass können Sie bereits heute 🙂

    Und wenn Sie schon hier die Freihandelszone USEU so loben, wie hoch sind wohl derzeit die Zölle zwischen den US und der EU?

    Dass wir in EU mittlerweile von der US amerikanischen Regulitis überrollt werden, ist Ihnen wahrscheinlich auch noch nicht aufgefallen…

    Soviel zum freien US Unternehmertum.

    Und was den sogenannten freien Handel betrifft:

    Eier aus New York nach HH

    europäischer Weizen in die VR China und zurück als Brötchen zum Aufbacken 🙂

    Leider ist Alan Posener, wie auch bei seinem Bäcker von Adam Smith bei seinem Ricardo und Portugal stecken geblieben 🙂

    Der komparative Kostenvorteil spielt de facto eine immer geringere Rolle im Wirtschaftsbereich.

    Außer Ihnen gelingt es Bangladeshi oder Kambodschaner für einen Tagessatz von 2 Euro nach Deutschland zu bringen und hier in sweat shops arbeiten zu lassen.

    Die Chinesen waren bereits vor 10 Jahren in Rumänien und laut Saviano:
    http://en.wikipedia.org/wiki/Roberto_Saviano
    gibt es immer noch Chinesen im Umland von Neapel.

    Und bevor ich es vergesse, es sollen auch Friseure in Thüringen geben, deren Stundensatz 3.00 Euro beträgt.

    Soviel zur These, dass das pro-Kopf Einkommen in der zukünftigen Freihandelszone zunehmen wird und es allen besser geht!!!!

    In einem anderen thread haben wir bereits die zukünftige industrielle Entwicklung diskutiert.Stichwort kleine Losgrößen, dezentrale Produktion, 3D Drucker Industrie 4.0 etc.

    Und wenn DHL bereits vor 2 Jahren workshops veranstaltet, die auf das sinkende Handelsaufkommen hinweisen (bedingt durch de4zentrale Produktion s.o.)dann kann man vielleicht abschätzen wohin der Trend geht.

  15. avatar

    @Stevanovics

    „Es ist genau so geteilt worden. Iralnd und UK leben prima zusammen und kontrolieren die Extremisten. Eine gelungene Scheidung.“

    Ich sprach von Nordirland und nicht von Eire, dass seit 1921/22 unabhängig ist.

    Und was die gelungene Scheidung betrifft:

    http://www.stol.it/Artikel/Chr.....Nordirland

    Vielleicht sollte man analog Alan Posener auch Nordirland teilen:

    Bevölkerung nach Kirchenzugehörigkeit (Census 2001):[2]

    Protestantische Kirchen: 45,5 %, darunter
    Presbyterian Church in Ireland: 20,7 %
    Church of Ireland (Anglikaner): 15,3 %
    Methodist Church in Ireland: 3,5 %
    Andere protestantische Kirchen: 6,1 % (darunter die Freie Presbyterianische Kirche, der auch Ian Paisley angehört und die Non-Subscribing Presbyterian Church of Ireland)
    Römisch-Katholische Kirche: 40,3 %
    Andere Religionen: 0,3 %
    Keine Religion/ohne Angaben: 13,9 %

    P.S.Und wie war dass noch mit den Aversionen von Alan Posener gegeüber den Iren 🙂

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    @Moritz Berger

    „Der Logik folgend , die Alan Posener anwendet, hätte Nordirland auch in einen katholischen und protestantischen Gebiet geteilt werden müssen.“

    Iralnd ist das beste Beispiel für die „dann last es halt“ These. Es ist genau so geteilt worden. Iralnd und UK leben prima zusammen und kontrolieren die Extremisten. Eine gelungene Scheidung.

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    Die Pointe war die Frage nach der Freihandelszone, nicht nach dem Imperium. Wenn 17 europäische Staaten einen Euro nicht hinbekommen, ohne dass Teile der Bevölkerung sich wieder hassen und wenn es 27 Staaten nicht schaffen, gemeinsame Standards zu setzen, warum sollte eine so riesige Freihandelszone dann funktionieren? Digitalisierung und Automatisierung, Boom der Lebensmittelindustrie, Medizin…und trotzdem bekommen man weder in Europa noch in den USA die soziale Frage in den Griff. Die US Mittelschicht erodiert, Süd/Ost Europa verslumt- mit Verlaub, das ist doch nicht wegen zu viel oder zu wenig Freihandel.

    Barroso sprach von 135T Arbeitsplätzen ohne Mehrkosten. Wo hat er diese Zahl her? Warum nicht 150T? Gemeinsame Standards? Wer legt diese fest und wer ermächtigt ihn dazu? Wo kann ich Einspruch erheben? Europa jammert über Brüsseler Diktate – wer diktiert dann? EU hat Demokratiedefizit? Hilft da eine weitere Ebene, ein EUUS Wirtschaftsrat, der …ja, von wem eigentlich legitimiert und kontrolliert wird? Posener warnt vor dem Zerfall Europas wegen dem Euro. Können sie sich das Zerstörungspotential einer Missglückten Freihandelszone vorstellen? Warum glaubt er nicht an den Euro, dafür aber an die Freihandelszone – das wollte ich wissen.

    Ich selbst bin gefühlt für diese Freihandelszone. Romantische Gefühle und Träume von unbegrenzten Möglichkeiten sind mir jedoch zu wenig. Ich wäre gerne überzeugt, von dem einen oder anderem. Nach der EU und Euro-Geschichte wäre es doch angebracht, mal kurz inne zu halten. Ich bin mir halt nicht sicher. Ich will aber nicht für etwas sein, um „viel schlimmeres“ zu verhindern.

    Mich treibt das deswegen um, weil die Verhandlungen eröffnet worden sind und ich die Erstauflage von “Imperium der Zukunft” verwette, dass wir in paar Jahren ein noch größeres Geheule über verlorene Souveränität, „wir werden nicht gefragt“ und die CIA haben werden, als wir es bei Stuttgart21 hatten, als der Wutbürger ein Jahrzehnt Bubu machte, um dann einen auf „No pasarán“ zu machen.

    @Moritz Berger

    Ich werde Produkte und Dienstleistungen von Hanolulu bis nach Tallinn anbieten und beziehen können. Das klingt fabelhaft. Ich werde eine Firma in Offenbach anmelden und in Albuquerque Geschäfte machen. Nur die Griechen haben sich auch gefreut, in 17 Ländern kein Geld wechseln zu müssen. Jetzt haben sie keines.

  18. avatar

    68er: ‘Derblondehans zitiert Gert von Paczensky!
    Und Herr Posener – oder wer auch immer – schaltet es frei, das ist wahrer Liberalismus.‘

    … hallo? … was ist verkehrt an Gert von Paczensky? … oder am Zitat? … habe ich was übersehen? … was sollte ich wissen? … nur zu, ich lerne gern.

  19. avatar

    @Stefanovics

    Sie schreiben :

    „Mit der Freihandelszone von Honolulu im Westen bis Tallinn im Osten ist gerade ein Imperium in Vorbereitung, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Es wird alle Vorteile des Spätrömischen besitzen, es wird eine lingua franca geben und als Bürger wird man Möglichkeiten haben wie noch nie.“

    Was haben Sie als Bürger Stefanovics Möglichkeiten wie noch nie ??

    Und Sie schreiben am Ende:

    „Gefühlt sind selbst die Kollegen hier im Schwimmbad, da neige ich zum Düsternis.“

    Daher auch dieser Satz von mir:

    „Na ja es ist eben die Hitze in Deutschland….“
    Es ist furchtbar still in Deutschland ….

    Konkret was Syrien betrifft.

    Ganz ehrlich, solche sogenannte pragmatischen Vorschläge wie die von Alan Posener (und um ihn bei einer Kritik von mir im O-Ton zu zitieren)

    „gehen mir am Arsch vorbei.“

    Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sprich der Konflikt soweit gediehen ist, dass scheinbar ein end of no returm gekommen ist, dann gibt es plötzlich Lösungsansätze.

    Wann gibt es endlich einmal bei ähnlichen sich entwickelnden Konflikten innovative politische Ansätze die möglichst frühzeitig die entsprechende Situation entschärfen.

    Der Logik folgend , die Alan Posener anwendet, hätte Nordirland auch in einen katholischen und protestantischen Gebiet geteilt werden müssen.

    Sie schreiben von der think out of the box Philosophie, die kann ich bei Alan Posener leider nicht erkennen.

    Da hätte ich etwas mehr Butter bei die Fische erwartet.

    Aber vielleicht sollte ich meine Erwartungshaltung an unsere Nomenklatura was politische Innovationen etwas zurücknehmen.

    Vielleicht sollte ich auch mehr Verständnis für unsere journalistische Nomenklatura haben , die angesichts der “ Umwerfungen “ im Wirtschaftsprozess (vom Zeitungskonzern zum “ Kolonialladen des 21. Jahrhunderts „) nicht mehr die “ Ruhe “ zu Denkanstößen hat.

    Und was Ihre Hype zur neuen Freihandelszone betrifft:

    Dieser Satz:

    „Wenn die Waren freier fließen, wird mehr produziert, bessere Produkte entstehen und damit mehr Wohlstand auf allen Seiten.“

    gefunden im:

    http://www.stern.de/wirtschaft.....35475.html

    und diese Studie:

    „Die Studie zeigt für insgesamt 126 Länder, wie sich das langfristige reale Pro-Kopf-Einkommen infolge eines transatlantischen Freihandelsabkommens verändern würde. Den größten Zuwachs verzeichnen nach den Berechnungen die USA. Dort würde das langfristige Bruttoinlandsprodukt je Einwohner um 13,4 Prozent steigen. Auch im gesamten EU-Raum würden Wohlfahrtsgewinne erzielt. In allen 27 Mitgliedsstaaten würde das reale Pro-Kopf-Einkommen um durchschnittlich fast fünf Prozent höher ausfallen. Den größten Einkommenszuwachs verzeichnete Großbritannien mit einem realen Pro-Kopf-Einkommen von fast zehn Prozent.“

    http://www.bertelsmann-stiftun.....116768.htm

    “ gaukeln “ uns doch nur etwas vor.

    Und ich dann diesen Artikel lese:

    „Die Vereinigten Staaten, so der niederschmetternde Befund des Ökonomen Paul Krugman, «haben mehr von einem vererbten Klassensystem als andere Industrienationen». Wer arm geboren wurde, hat in der Schweiz oder in Deutschland, in Frankreich wie in Italien, bessere Chancen aufzusteigen. Gerade gestern demonstrierten Angestellte von Fast-Food-Ketten wie McDonald’s und Burger King in sieben US-Grossstädten für eine Aufbesserung ihrer schändlichen Löhne und Arbeitsbedingungen.

    Vier von fünf Amerikanern sind betroffen

    Während ganz oben an der Spitze der amerikanischen Lohn- und Vermögenspyramide der Dollar rollt und in einem einzigen Jahr ungeheure Vermögen angehäuft werden, entwickelt sich die Situation von Armen und Mittelklasse zusehends prekärer: Soziale Unsicherheit wächst, die amerikanische Spielart des Kapitalismus funktioniert nicht mehr. Barack Obama weiss dies, doch ausgerechnet der demokratische Präsident muss am Ende von zwei Amtszeiten womöglich eine düstere Bilanz ziehen: Die Lebensbedingungen der Amerikaner haben sich weiter verschlechtert, die beschämenden sozialen Ungleichheiten ebenfalls.“

    aus:

    http://www.tagesanzeiger.ch/au.....y/26196229

    dann müßte das Euphoriegeschwätz doch wieder auf eine realistische pragmatische Diskussionsgrundlage heruntergebracht werden.

    Und in den Natur setzen wir uns für die Artenvielfalt ein.

    Warum wollen wir alles „starbuck-isieren “ oder „nestlé-isieren “

    Warum nur eine lingua franca.

    Warum nicht viele Sprachen?

    Wie heißt es im Tschechischen:

    „Mit jeder neu gelernten Sprache erwirbst du eine neue Seele“

    P.S. Im zusammenhang mit der Aufarbeitung der politischen Vergangenheit fiel mir auf (vielleicht täusche ich mich)

    Es gab bei den Kommunisten, sprich auch bei Mao den Personenkult.

    Wenn ich sehe wie Alan Posener Reagan und Thatcher auf ein ähnliches Podest stellt, dann frage ich mich schon, ob er tatsächlich der Renegat ist, der er behauptet zu sein.

    Und in diesen Zusammenhang auch hier noch eine Kurzanalyse:

    Am Anfang vom Ende steht Reagan

    Neu ist daran nichts, denn die Ursprünge dieser Malaise lassen sich zurückverfolgen bis zum Wahlsieg Ronald Reagans. Mit ihm begann 1980 der Aufstieg neoliberaler Ideologien und Wirtschaftsformen, Globalisierung und Deindustrialisierung verschärften die ökonomische Unsicherheit vieler Amerikaner ebenso wie die von Reagan und seinen Republikanern forcierte Schwächung der US-Gewerkschaften. Zusehends gerieten auch Angehörige der weissen Unter- und Mittelschichten unter Druck: «Entbehrung und Elend steigen besonders bei Weissen an», stellt die AP-Studie fest.

    aus:

    http://www.tagesanzeiger.ch/au.....y/26196229

  20. avatar

    …Man muss bedenken, dass jeder Staat im Prinzip sowohl aus der EU als auch aus dem Euro ausscheren kann. Es müssen nur die entsprechenden Mehrheiten gewählt werden. Die Wahl ist deshalb keine Kirsche auf irgendeiner Torte, sondern das entscheidende, das nicht nur den demokratischen Charakter, sondern auch den freiheitlichen sicherstellt. (Letzteres wird häufig übersehen, wenn z.B. gesagt wird, dass Demokratie ja gar nicht so wichtig sei im Vergleich zu Liberalität).

  21. avatar

    APo: … ‚Aber multiethnische und multikulturelle Gebilde funktionieren in der Regel nur im Rahmen liberaler Imperien, wie es die Imperien Großbritanniens, der Osmanen…

    … den fand ich auch noch gut: … – liberales (liber ‚frei‘) Imperium der Osmanen …

    ‚Der vielleicht berühmteste Armenier überhaupt, der weit über 80-jährige Chansonnier Charles Aznavour, war persönlich präsent, als die Stadt Genf vor zwei Jahren ihre Pläne für eine Gedenkstätte präsentierte. Das Mahnmal soll an den Völkermord erinnern, dem im Ersten Weltkrieg bis zu 1,5 Millionen Armenier zum Opfer fielen.‘

  22. avatar

    …ich habe eigentlich nur Ihr/Poeeners „Imperium“ kritisieren wollen, das dazu führt, dass man sich eine dunkle, raumgreifende, „imperialistische“ Macht vorstellt, die das von ihr kontrollierte Gebiet und die dort wohnenden Menschen immer tiefer und weiter kontrollieren will. Klar passt die Prism-Geschichte zu dieser Vorstellung, deshalb gibt es ja auch so große/“hysterische“ Widerstände hierzulande.

    Aber trotzdem ist diese Vorstellung falsch, noch falsch, muss man sagen, denn auch ein freiheitlicher Verbund kann sich natürlich unterderhand in jenes „Imperium“ verwandeln. Jede Demokratie kann unterderhand zu einer autoritären Staatsform werden. Deshalb muss man immer aufpassen.

    Aber wir sollten festhalten: Wir befinden uns (noch) in einem einigermaßen freiheitlichem Verband, einer Kooperative von befreundeten Staaten, hier in Europa sogar in einem Prozess der nationalstaatlichen Vereinigung, der eher einem Hausbau ähnelt als einem Imperium (bei dem gestritten wird, wer im Keller und wer in der Beletage wohnt). Diese Kooperationen sind grundsätzlich erstmal vernetzend und friedensfördernd, in einer Globalisierung außerdem unverzichtbar und v.a.D. sehr von dem Kolonialismus und Imperialismus jedes „Imperiums“ – egal wie liberal dieses ist – zu unterscheiden.

  23. avatar

    @ Stevanovic

    Moritz Berger ist leicht zu verstehen. M.E. meint er, dass die Gasfelder bedeuten, dass diese „Interessenzone“ nicht den Russen überlassen werden sollte, sondern irgendeinem „liberalen Imperium“.
    Und Alan Poseners Problem ist, dass die Interessenpoltik der US heute ungenierter stattfindet, so dass liberal ein müdes Lächeln auslöst, siehe auch M.B.:

    „…….und als Bürger wird man Möglichkeiten haben wie noch nie.
    Auf diese Aussage kann ich nur mit dem A.T. Buch Moses antworten:
    Und der Herr wandte sein Antlitz ab und weinte bitterlich.“

    Man beobachtet die ganze Entwicklung über Jahre. Wenn man nicht ganz blind ist, sieht man Trends und ist „not amused“. „Liberal“ ist die Tünche. Der gute alte Kolonialismus mit seinen Schattenseiten scheint wenigstens hier und dort funktionierende Strukturen erstellt zu haben, vor allem wenn GB daran beteiligt war. Den heutigen Energiekolonialismus aber nennt man nur liberal. In Wirklichkeit fordern einige Ägypter, dass die US ihr Land verlassen. Ich habe sogar eine Erklärung für diese Fehlentwicklung, eine mehr mentale: Die Europäer interessierten sich wenigstens für Afrika. Sie betrachteten die anderen Kulturen als interessant.
    „God’s own nation“ dagegen meint, es gäbe nur eine einzige erstrebenswerte Kultur. Ich habe mich schon oft genug gefragt, ob darin neben finanziellen Interessen ein tiefer Komplex steckt, den man immer nur anderen unterstellt. Was ist das schon, eine im Prinzip in dieser Form erst 150 Jahre alte Staatsform/Kultur?

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    @ Stevanovic / Roland Ziegler: In der Tat verstehe ich, worauf R.Z. zu Recht hinweist, unter „Imperium“ durchaus nicht (nur) Gebilde, die von einem Hegemon zu dessen Nutz und Frommen mit Gewalt zusammengehalten werden. Aber wenn Sie das wirklich interessiert, Stevanovic, müsste ich Sie auf mein Buch „Imperium der Zukunft“ verweisen, wo ich den Begriff und seine Anwendbarkeit auf die Europäische Union diskutiere; dort auch mehr zum Begriff des „liberalen Imperiums“. Ich gebe aber zu (und habe das hier auch schon mal erörtert), dass der Begriff „Imperium“ missverständlich ist.
    Lieber Moritz Berger, man kann auch sagen: Es fällt manchen Leuten schwer, sich von lieb gewordenen Vorurteilen zu trennen. Zum Beispiel von der Vorstellung, dass die USA eine ölgetriebene Außenpolitik betreiben – so gerade der Subtext bei Frank Castorffs „Ring“-Inszenierung in Bayreuth. Barack Obama hat das Ziel formuliert, die USA sollten bis Ende des Jahrzehnts energieautark sein; es besteht kein Anlass anzunehmen, dass dieses Ziel verfehlt würde.
    Wenn dem so ist, so sind weitere Erdöl- und Erdgasvorkommen „nice to have“, aber nicht mehr lebenswichtig. Entsprechend fällt die US-Politik aus. Man hat sich aus dem Irak zurückgezogen, man will sich in Syrien nicht die Finger verbrennen, man war auch in Libyen sehr skeptisch und „führte von hinten; außenpolitische Hauptagenda der Obama-Administration ist die Freihandelszone mit der EU.
    Freilich für uns Europäer, die wir abhängig sind von Öl und Gas und keine eigenen Vorkommen besitzen, alle diese Regionen von entscheidender Bedeutung.Statt also den USA zu unterstellen, ihre Außenpolitik sei ölgetrieben, sollte man fragen, warum die EU nicht deutlicher ihre energiepolitischen Interessen verfolgt – sich also um ihre imperialen Angelegenheiten kümmert. Im Berlaymont zu Brüssel hat man die im Blick, aber die Medien tun immer so, als würde die EU eine rein humanitär getriebene Außenpolitik betreiben.

  25. avatar

    Derblondehans zitiert Gert von Paczensky!

    Und Herr Posener – oder wer auch immer – schaltet es frei, das ist wahrer Liberalismus.

    Wenn man hier nicht mehr schreiben darf, dass man einen Artikel zum Kotzen findet, in dem in neopimerialistischem Stil ein souveräner Staat mal eben filetiert werden soll, kann ich damit leben.

    ADIÓS MUCHACHOS!

    http://www.youtube.com/watch?v.....re=related

  26. avatar

    …aber Sie haben insofern recht, dass die USA den Anspruch aufrecht erhält, Hegemonialmacht des Westens zu sein. Der wird ihr von Frankreich und nun auch von der EU insgesamt, zumindest dem Euroraum, d.h. der EU-Kernzone, gelegentlich und sehr sanft und nur in wirtschaftlicher Hinsicht ein kleines bisschen steitig gemacht. Ob dieses Aufmucken dem Hegemon gefällt? Man kann es sich nicht vorstellen. Aber Hegemon kann sich entspannt zurücklehnen und via NSA gemütlich zuschauen: Es gibt ja diese Eurokrise.

  27. avatar

    @Stevanovic: Die PRISM-Affaire sagt nach meiner Ansicht etwas darüber aus, wie die Geheimdienste der Staaten ihre eigenen Bevölkerungen bzw. die Bevölkerungen ihrer angeblichen Partner behandeln. Nämlich als potentielle Gefahrenquelle. (Das ist sogar nachvollziehbar, aber es gibt kein demokratisches Mandat dafür, kein ärztliches Attest sozusagen, aber erhebliche Risiken & Nebenwirkungen.)

    Bei einer Umfrage unter Südeuropäern, ob es einen Hegemon in der EU gibt, käme doch vermutlich heraus, dass Deutschland dieser Hegemon ist (nicht USA)? Und bei der PRISM-Affäre bespitzelt der amerikanische Geheimdienst insbesondere Deutschland. Und außerdem auch die europäischen Behörden in Brüssel.

  28. avatar

    @Moritz Berger

    „Soviel zu Ihrer Argumentation, dass US Energieinteressen keine Rolle spielen.“

    Wäre es nicht einfacher, statt Milliarden für Kriege und Geheimdienste auszugeben, das Öl oder Gas einfach zu kaufen?

    Ja, es gibt Energie in der Gegend – nur, warum sollte sich jemand Ärger, Kosten und unkalkulierbare Risiken an den Hals hängen, wenn er das Zeug viel billiger kaufen kann? An wen verkauft Venezuela sein Öl?

    Wenn die Amerikaner das Gemüht eines ausgehungerten Ferengi haben und nur geil auf Profit sind, dann macht das alles doch erst recht keinen Sinn.

    Über die Verantwortung der Amerikaner können wir gerne reden – nur Öl und Gas ist kein schlüssiges Motiv.

  29. avatar

    @ Roland Ziegler

    Die PRISM Affäre hätte ich mal so gedeutet, dass der Westen einen Hegemon hat. Das eine ist es, sich seine eigene kleine Welt innerhalb der EU zu machen, etwas anderes mit ihm in einer Freihandelszone zu sein. Machen sie eine Umfrage in der EU, ob es in der EU einen Hegemon gibt. Jawohl! Ich bin nicht gegen diese Freihandelszone, aber nach dem Euro schlittern wir gerade in ein weiteres Großprojekt, dass mit „keine Kosten“ und „Arbeitsplätze“ beworben wird. Sollte ich „im Angesicht der Herausforderung alternativlos“ hören, fange ich an zu schreien. Wenn ich das richtig sehe, führt nur die Kunstszene eine kontroverse Debatte. Kann sein, dass ich mich komplett irre, dass eine riesige Freihandelszone keine Dynamik entwickelt und es im Grunde keine Bedeutung hat, bin ja kein Fachmann. Als ich Barrosos kurze Erklärung gehört hatte, hatte ich ein Déjà-vu. Da werden große Worte nicht mal gelassen ausgesprochen, sie werden genuschelt.

    @Moritz Berger

    „Na ja es ist eben die Hitze in Deutschland….“
    Es ist furchtbar still in Deutschland ….
    Ihre Aussage zu Syrien habe ich nicht wirklich verstanden. Sie glauben, Syrien hat eine Zukunft?

  30. avatar

    Lieber Herr Posener,

    der “ Niedergang “ Journalismus zeigt sich oftmals an schlecht recherchierten Aussagen:

    “ Zynisch könnte man sagen: Syrien hat ja auch kein Öl. (Und Amerika produziert inzwischen so viel aus dem Fracking eigener Ölschiefervorkommen, dass es bald das Zeug exportieren kann und weder die Ölfelder des Irak noch jene des Iran braucht.)“

    1. Wie hoch sind wohl die Produktionskosten je barrel im Irak im Vergleich zu Wyoming?

    2.Vielleicht sollte man auch das HB regelmäßig lesen:

    http://www.handelsblatt.com/fi.....66554.html

    Und auch etwas kritischer Ihre Hausblättchen lesen:

    „Yet while not exactly a hoax, the feel-good news about what The Economist dubbed a “North American hydrocarbon bonanza,” in which Alberta’s undeveloped shale gas and shale oil reserves alone might rival those of the U.S., is at best an illusion“

    http://www.thestar.com/busines.....olive.html

    Und was Syrien betrifft:

    Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass Israel derzeit ein sehr großes Erdgasvorkommen erschließt:

    http://www.nzz.ch/aktuell/wirt.....1.18109584

    Und noch verfügt Syrien über ein levantinisches Küstengebiet:

    An estimated 122 trillion cubic feet (tcf) (mean estimate) of undiscovered, technically recoverable natural gas are in the Levant Basin Province, located in the Eastern Mediterranean region.

    Technically recoverable resources are those producible using currently available technology and industry practices.

    This is the first U.S. Geological Survey assessment of this basin to identify potentially extractable resources.

    “The Levant Basin Province is comparable to some of the other large provinces around the world and its gas resources are bigger than anything we have assessed in the United States,” said USGS Energy Resources Program Coordinator Brenda Pierce. “This assessment furthers our understanding of the world’s energy potential, helping inform policy and decision makers in making decisions about future energy supplies.”

    aus:

    http://www.usgs.gov/newsroom/article.asp?ID=2435

    Riesige Gasvorkommen

    Nach Angaben der beteiligten Firmen liegt das neu entdeckte „Leviathan“-Gasfeld 5100 Metern unter dem Meeresspiegel und hat ein Volumen von rund 450 Milliarden Kubikmetern. Es ist damit doppelt so groß wie das ein Jahr zuvor entdeckte Feld „Tamar“.

    Das Feld ist Bestandteil gigantischer Erdgasvorkommen im Levante-Becken („Levant Basin Province“) dessen Anrainer Zypern, Syrien, Libanon und Israel sind. Der Umfang dieser Reserven wird vom United States Geological Survey auf 3,5 Billionen Kubikmeter förderbarem Gas geschätzt, eine Menge, äquivalent zu 20 Milliarden Barrel Öl.

    aus:
    http://jghd.twoday.net/stories.....iegsgrund/

    Hier zum Vergleich die derzeitigen Reserven nach einzelnen Ländern:

    http://de.wikipedia.org/wiki/E.....C3.A4ndern

    Soviel zu Ihrer Argumentation, dass US Energieinteressen keine Rolle spielen.

  31. avatar

    „Syrien hingegen ist ein von den britischen und französischen Regierungen aus der Konkursmasse des Osmanischen Reichs zusammengeschustertes Gebilde, das nie als Nation – geschweige denn als Demokratie – funktioniert hat“

    Dann warten wir doch einmal ab was mit den afrikanischen Staaten passieren wird….

    …bereits passiert ist mit Eritrea, Äthiopien, Somalia, Nigeria etc.

    Daher stelle ich das “ muß “ von Alan Posener einmal zur Diskussion.

  32. avatar

    @Stevanovic: Ich glaube hier gehen Sie dem etwas irreführenden Begriff „Imperium“ von Herrn Posener auf den Leim. Nehmen Sie doch einfach „Union“, „Verbund“, „Kooperative“ oder sowas, dann gibts auch keinen Hegemon und keine Frontstellung mehr. Den müden weißen Mann können Sie auch herauskürzen; der ist gar nicht so müde, sondern z.B. in Südeuropa aktuell ziemlich aufgekratzt.
    Ein Haus, das man baut, steht nicht gegen etwas, sondern es steht einfach so, vorausgesetzt, die Statik stimmt. Es bietet Schutz und Komfort; mehr braucht es nicht. Wie Sie sagten: Es geht darum, dass Nachbarn nicht über sich herfallen. Sondern sich meinetwegen anschreien, Türen knallend in ihre Zimmer verziehen, aber nach einer Weile wieder herauskommen und sich an einen Tisch setzen, weil sie es alleine eben nicht mehr gebacken kriegen.

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    @Stefanovics

    …….und als Bürger wird man Möglichkeiten haben wie noch nie.

    Auf diese Aussage kann ich nur mit dem A.T. Buch Moses antworten:

    Und der Herr wandte sein Antlitz ab und weinte bitterlich.

    Na ja es ist eben die Hitze in Deutschland….

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    @Posener

    „Nein, der Trend im Nahen Osten geht, ob man das mag oder nicht, in Richtung Revidierung der von den Kolonialmächten 1918ff gezogenen Grenzen und der Etablierung von ethnisch-kulturell homogenen Nationalstaaten. Mag sein, dass in einer ferneren Vergangenheit irgendein quasi-imperiales Gebilde – eine mit der EU assoziierte, von der Türkei geführte „Mittelmeerunion“ etwa – der Region einen ähnlichen Frieden bringt, wie ihn die EU dem Balkan gebracht hat. Aber das ist Zukunftsmusik.“

    Ich glaube ihnen, dass sie darauf hoffen. Ihr Wunsch nach dem gütigen Imperium bricht sich selbst jetzt Bahn, als eine Art Entschuldigung, für den Schritt zurück. Dieses Ideal bleibt ihr Maßstab.

    Mit der Freihandelszone von Honolulu im Westen bis Tallinn im Osten ist gerade ein Imperium in Vorbereitung, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Es wird alle Vorteile des Spätrömischen besitzen, es wird eine lingua franca geben und als Bürger wird man Möglichkeiten haben wie noch nie. Mein Herz schlägt höher, wenn ich schon heute von der Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte lese (ok, geflunkert). Sogar der nächste Schritt, Südamerika, erscheint vorskiziert.

    Nun sind Imperien zumeist Eroberungen eines Hegemon oder Zusammenschlüsse gegen etwas. Gegen was könnte es sein? Wenn ich mir die Landkarte anschaue fällt es mir schwer, dieses Imperium als etwas anderes, als das Bollwerk des Westens gegen Afrika, NO oder Asien zu sehen. In manchen Momenten erscheint es mir wie die clevere Geschäftsidee der müden englischen Aristokraten, die sie mal in der Welt beschrieben haben. Gelangweilt vom Herrschen ersannen sie einen Plan, das britische Empire zu erhalten und sich doch ihren Hobbys widmen zu können. Das letzte Bollwerk des müden weißen Mannes. Selbst wenn von Obama regiert. Das gemeinsame Thema dieses Imperiums könnte (aufgeklärter) Rassismus sein. Gruselig.

    Der Hegemon (Eroberer) sind die USA. In der ersten wirklichen Krise der EU verfeinden sich die Völker, stellen den Euro in Frage und Ressentiments brechen auf. 4.Reich und Transferschmarotzer (eine zeitung ihres Arbeitgebers ganz vorne mit dabei). Selbst sie sind aus diesem Grund gegen den Euro. Osmanen bauen Straßen und Brücken, erheben Steuern – Serben flippen aus. Den Hegemon mag niemand, auch den gütigen nicht. Können sie sich vorstellen, was passiert, wenn dieses neue Imperium ins Trudeln gerät? Einen Klärungsprozess gibt es wie beim Euro wiedermal nicht. Meinen sie nicht, dass der europäische lauwarme Antiamerikanismus zu einem Orkan werden kann und genau damit das zerstört, was mit der Freihandelszone aufgebaut werden soll?

    „Vielleicht werden dann Israel und Palästina den Vorreiter bilden bei der Überwindung der Kleinstaaterei. Aber es ist unsinnig, diese Entwicklungsphase überspringen zu wollen.“

    Entwicklungsphase klingt so hoffnungsvoll. Warum glauben sie, dass es überhaupt Sinn macht, Völker vereinen zu wollen? Die Effizienz ist offensichtlich, klar. Sind aber die Folgekosten dieser Gebilde nicht zu hoch? Ich unterstelle ihnen nicht manischen Willen, auch werden sie nicht müde, Fehlentwicklungen in der EU aufzuzeigen. Imperium ist bei ihnen keinen Wert an sich. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass sie der Geschichte müde sind und nach einem erlösenden Moment suchen (alle Völker werden Brüder). Könnte es nicht sein, dass die Freihandelszone nach dem Euro einfach die nächste größere Herdplatte ist?

    Wenn wir schon out the box denken, warum nicht richtig? Könnte nicht mein Urbild des europäischen Nationalisten, die Figur Alan B’Stard aus The New Statesman, am Ende nicht doch für eine besser funktionierende, weil auf Schlechtheit aufbauende Welt, stehen? Ein Liberalismus der Völker, mit gutem Ergebnis für alle?

    Gefühlt sind selbst die Kollegen hier im Schwimmbad, da neige ich zum Düsternis.

  35. avatar

    „Die Tatsache, dass sich alle drei Bevölkerungsgruppen in Syrien hassen, […] sollte niemanden verwundern“

    Mich verwundert in allererster Linie, woraus Sie diese „Tatsache“ ableiten, Herr Posener. Diesen Punkt haben Sie nirgends begründet, der ist überhaupt so falsch, wie er nur falsch sein kann. Und als Fundament Ihrer Forderung, Syrien gehöre balkanisiert, eignet er sich unbegründet schon mal gar nicht.

    Übrigens schließe ich mich dem Nutzer Skalg an in der Bemerkung, dass noch nicht einmal die Kurden eine Abspaltung ihrer Gebiete vom Rest des Staates verlangen.

  36. avatar

    Lieber Detlef Gürtler, ja, ich lese den Economist regelmäßig, und dieser Artikel hat mich beeindruckt. Wir behandeln Syrien ja so, als handele es sich um ein Land wie der Iran oder Ägypten, wo die Gegensätze weitgehend politisch-religiös, nicht ethnisch sind; diese Staaten existieren in ihren Grenzen länger als Deutschland in seinen und sind als Nationen mindestens so gefestigt wie Deutschland. Das gilt eben nicht für Syrien oder den Libanon, „Palästina“, Jordanien, den Irak.
    Stevanovic – gewitzt, nehme ich an, durch Balkan-Erfahrungen – hat schlüssig erklärt, weshalb ein binationaler Staat Palästina keine Chance hat. In der Region ist ein Jahrhundert kleinerer, ethnisch-religiös relativ homogener Staaten angesagt. Vielleicht werden dann Israel und Palästina den Vorreiter bilden bei der Überwindung der Kleinstaaterei. Aber es ist unsinnig, diese Entwicklungsphase überspringen zu wollen.

  37. avatar

    @Parisien

    Es sollen sich die teilen, die nicht zusammen wollen oder können, nicht wegen dem Selbstbestimmungsrecht, es geht um Nachbarn umbringen. Israel soll der Staat der Juden bleiben, damit es nicht zu weiteren Teilungen kommt. Ein Bi-nationales Israel oder die Rückkehr der Flüchtlinge werden im besten Fall zu einem zweiten Libanon führen. Wer es gut meint mit den Flüchtlingen, der lässt so Vorschläge, auch wenn es Israel ins Schwitzen bringt. Eine Sekunde nachdem die Tinte auf dem bi-nationalem Vertrag trocken ist, wird Separatismus gerufen und Waffen gehortet. Wären die beiden Gesellschaften so weit, diese Spannung auszuhalten, hätten wir keinen NO Konflikt. Deswegen sind beide Vorschläge aus meiner Sicht Quark. Sowohl für Israel, als auch die Araber.

    „Das Einzige, das diesen Menschen helfen würde, wäre Bevölkerungspolitik, Frauenrechte, Bewässerung und Aufbau einer Wirtschaft, Moderne sozusagen.“

    Klar, nur dann wären sie nicht das, was sie sind und die führen gerade Krieg, weil sie das, was sie sind, bleiben wollen.

    „Macht nur schön weiter eure Grenzziehungen, das ist leichter als Änderungen von innen.“
    Das ist genau mein Ansatz.

    „In Europa wurde um 1500 zunehmend der Einzelne und sein Schicksal wichtiger als die Kirche. Das sind 500 Jahre.“

    Faschismus war ein großes Thema vor 50Jahren, Kommunismus noch vor 20Jahren.

    Das futuristische Manifest wirkt noch heute besser als jeder Kaffee und ist von 1909:

    http://www.kunstzitate.de/bild.....rismus.htm

    „Unsere“ Welt ist gerade mal 20Jahre alt.

  38. avatar

    Grundsätzlich Zustimmung. Die von Europäern künstlich gezogenen Grenzen, vom ex-britischen Südafrika bis ins ex-sowjetische Zentralasien, bringen mehr Leid als Nutzen.

    Im konkreten Fall: ja, Syrien wie beschrieben dreiteilen.
    Irak ebenso (Sumer: Schiiten, Babylon: Sunniten, Ninive: Kurden. So ähnlich waren auch schon die osmanischen Provinzen vor der Gründung Iraks durch die Engländer).
    Im Libanon könnte man im Norden einen christlichen Staat gründen und im Süden ein Hisbollahstan.

    Die Palästinensergebiete im Westjordanland sollten sich wieder mit Jordanien zusammenschließen: die Araber westlich des Jordan haben das Recht auf einen eigenen Staat, die Araber östlich des Jordan ebenfalls, die aus Saudiarabien stammende Dynastie der Haschemiten nicht. Ramallah hat mehr mit Amman zu tun als mit Gaza. Aus Gaza könnte man einen eigenen Stadtstaat machen, in den die Ägypter ihre religiösen Irren entsorgen können.

    Die Annektion der Golanhöhen durch Israel sollte endlich anerkannt werden, die ansässigen Drusen dürften zur Zeit sehr froh sein, nicht von Assad oder al-Nusra regiert zu werden. Syrien hat jedes Anrecht auf diese Region verwirkt.

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    @ Stevanovic

    Krass.
    Alle sollen sich aufteilen, aber Israel binational werden?
    So wie Kopten in Ägypten die MB schlecht bekommt, Christen im Irak nichts mehr zu melden haben (oder Bahai im Iran), so wie Posener das Schicksal von Alawiten und Christen in einem ungeteilten von „Rebellen“ (niedlich) regierten Syrien richtig prognostiziert, so würde es Juden im „binationelen“ Israel langfristig gehen.
    Das Einzige, das diesen Menschen helfen würde, wäre Bevölkerungspolitik, Frauenrechte, Bewässerung und Aufbau einer Wirtschaft, Moderne sozusagen. Solange sie wegen Religionszugehörigkeit töten und „mehret euch“ machen, um in der Überzahl zu sein, ist ihnen nicht zu helfen. So lange wirtschaftliche Notlagen dazu führen, dass eine Religion herausgepickt und hierdurch dort „ethnisch gesäubert“ wird, wächst auch kein Gras. In Europa wurde um 1500 zunehmend der Einzelne und sein Schicksal wichtiger als die Kirche. Das sind 500 Jahre. Und da dort die einzelnen Zweige einer Religion sich für wichtiger halten, kommen nur Diktatoren einigermaßen klar. Demokratie kann nicht auf so was wachsen. Und das sagt man nicht, weil es jeder weiß. Die USA wollen Demokratie exportieren oder das, was sie dafür halten. Aber die Strukturen im Kopf fehlen bei zu vielen. Und solange die Frau nichts zu melden hat, werden sie auch weiter fehlen. Demokratie fängt zwischen Mann und Frau an und dort, wo man seine Kinder gleichmäßig beerbt und nicht etwa Söhne beerbt und Töchter verheiratet. Erst um 1900 studierten in Europa die ersten Frauen. 400 Jahre. Danach erwarben sie sich Rechte. Wenn die saudischen Frauen auch soweit sind, wird sich vielleicht etwas ändern. Aber wenn Sie sich in New York anschauen, was eine gut ausgebildete saudische Frau bereit ist, auf sich zu nehmen, ist es noch ein langer Weg. Macht nur schön weiter eure Grenzziehungen, das ist leichter als Änderungen von innen. Aktionismus sozusagen, das beruhigt. Und man hat was zum Schreiben, denn das Vorige von mir wurde von Berufeneren alles schon gesagt.

  40. avatar

    Naja, vor dem Frühstück ist ausgewogenes Differenzieren nicht meine Stärke. Mit dem „größten Friedensprojekt“ würde ich etwas dosierter umgehen. Es bleibt aber schwierig, sich eine grund-widerliche Überlegung, die allen Instinkten wiederspricht, als humanste Lösung vorzustellen. „Die Einrichtung selbstverwalteter Gebiete mit dem Aufbau von Verwaltungskompetenz für die Entwicklung zivilgesellschaftlicher Strukturen mit dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe“ klingt besser als „ethnische Säuberung“. Schon klar.

    @ Detlef Gürtler

    Danke für den Link. Ob die Grenzen so richtig sind – keine Ahnung. Der Artikel erscheint mir aber insgesamt sehr schlüssig.

    Einer der Gründe, warum in Syrien niemand offiziell von Aufteilung spricht, ist Rhetorik vor der Weltgemeinschaft. Könnt ihr euch einen Kurden in Schießweite der türkischen Armee vorstellen, der „Separatismus“ laut ausspricht?

    Assad ist Präsident ganz Syriens. Der kann nicht sagen, dass er sich vertan hätte und eigentlich auch für Separatismus ist. Dann verliert er Gewicht. Warum sollte er das tun? Er bekommt Hilfe von China WEIL er Separatisten bekämpft.

    Jihadisten haben es eh nicht mit National/Kleinstaaten, die kämpfen um die Seelen aller Moslems/Menschen. Die haben noch den meisten Spielraum. Können aber nicht, weil sie als Sektierer da stehen würden.

    „Unsere“ bekommen von uns Waffen, weil sie Universellsten sind (oder wir das von ihnen verlangen). Nationalpark passt nicht in die Rhetorik.

    Wer von diesen Gruppen, wären sie bei Trost, würde als erster von Aufteilung sprechen?

  41. avatar

    @ Stevanovic: Ich würde es vielleicht nicht so drastisch formulieren, aber das ist mein Problem: Sie haben leider in groben Zügen Recht.

  42. avatar

    Es gab einen Moment, da hatte ich das Gefühl, es verstanden zu haben: Im Spiegel war ein kurzes Interview mit einem serbischen Kanonier, der Sarajewo belagerte und regelmäßig Granaten in Richtung Stadt feuerte. „Was waren sie vor dem Krieg?“ – „Ich war in Sarajewo Lehrer an der Oberschule.“ –„Gab es in ihrer Klasse ethnische Probleme?“ „Ach was, wir feierten gemeinsam, besuchten uns, viele heirateten. Ich wusste nicht mal, welcher Nationalität meine Schüler waren.“ – „Was machen sie jetzt hier?“ – „Ich verteidige Europa vor den Türken!“ Es gibt nichts zu verstehen. Es ist halt so.

    Kurz danach begann in rot/grün Deutschland die Debatte um das „Zentrum gegen Vertreibungen“. Natürlich moralisch einwandfrei, man gedachte nicht der vertriebenen Landsleute, die litten, weil sie Deutsche waren, man gedachte der bösen Vertreibung als Phänomen. Guido Knopp thematisierte das Leid auf seine unnachahmliche Art und für einen Augenblick erschien Vertreibung als etwas unnötiges, unreifes, etwas, dass man mit reden hätte lösen können. Der Verweis auf die Verbrechen der Nazis ließ es wie eine gerechte Strafe erscheinen. Moralisch ein Verbrechen, aber aufgerechnet gegen eine moralische Monstrosität erklärbar. Moralische Überdosierungen mit kantischer Allgemeingültigkeit. „Nie wieder Ausschwitz“ drunter ging nichts mehr. In so einer vernebelten Atmosphäre konnte ein Holocaust Mahnmal von einem Deutschen Kanzler Schröder mit „Ein Ort, an den man gerne geht“ kommentiert werden. Die Welt durch die Margot- Käßmann-Brille.

    So geriet aus dem Blickfeld, was die Vertreibung eigentlich war: Es war das größte Friedensprojekt in Mittel/Osteuropa vor der EU Osterweiterung. Die Deutschen waren die größte Gruppe der Vertriebenen, weil sie den Krieg verloren haben. Die Vertreibung ist die einzige funktionierende Stabilisierung von Völkern, die dem Nationalismus des 19Jahrhunderts verfallen sind. Dieser Nationalismus hat selbst gütige Imperien zu Fall gebracht. Die Vertreibung war keine gerechte Strafe, sie war eine Notwendigkeit, um der Region Frieden zu bringen. Ohne die Vertreibung gäbe es keinen Frieden in Europa. Das Zentrum sollte der Menschen gedenken, die für diesen Frieden Opfer brachten, der deutschen Schlesier zum Beispiel. Das Gedenken wurde einem ergonomischen Zeitgeist geopfert.

    In Syrien wird es keinen guten Frieden geben. Eine Seite gewinnt, die andere verliert. Der Verlierer leidet. So einfach ist das. Da helfen auch keine Assad-Hitler vergleiche oder Al-Qaida Warnungen. Wenn Assad verliert, verschwinden Völker, wenn er gewinnt, ist Syrien ein Schlachthaus. Die Lösung, die Menschenleben rettet, sind klar abgegrenzte Nationalparks und ethnische Säuberungen. Klingt nicht nur nicht moralisch-ergonomisch, mir wir schlecht. Nur DAS ist das europäische Erfolgsmodel, die Stunde null der europäischen Kultur nach zwei blutigen Kriegen und die Basis einer Union in Europa.

    PS: Jetzt bitte nochmal unter dem Blickwinkel über ein Rückkehrrecht der Flüchtlinge und eine Bi-Nationalen Staat Israel nachdenken.

  43. avatar

    Ich finde, hier reden sie ein bisschen an der Realität vorbei und ethnisieren den Konflikt mehr, als die Fakten hergeben.

    a) Syrien zersplittert – aber nicht nur entlang ethnischer Linien. Religiöse, ethnische (die werden ja gerne zusammengeworfen, aber das stimmt so nicht), politische, regionale (Stadt/Land, Dorf vs Dorf) sowie tribale Konfliktlinien überlagern sich munter und verschieben sich täglich. Da eine spontan alle zufriedenstellende Lösung zu finden, ist schlicht unmöglich; der Konflikt würde auf anderer, kleinerer Ebene weitergehen.

    b) Jugoslawien ist eine falsche Analogie. Das war eine Föderation, in der es bereits einigermaßen funktionale Teilstaaten gab, die oft auf eine lange Staatstradition zurückblicken konnten. In Syrien haben wir es mit politisch wie wirtschaftlich stark entwickelten und gar nicht entwickelten Regionen zu tun, aus denen kaum überlebensfähige Staaten hervorgehen könnten oder die auch nur vorhaben, einen eigenen Staat zu gründen.

    c) Das worst-case Szenario für Assad wäre momentan, Kontrolle über Alawitengebiete, während die Kurdengebiete sich von Damaskus lösen und der Rest im Bürgerkrieg versinkt. Das Land zu dreiteilen würde nur dafür sorgen, dass in den Alawitengebieten eine Militärdiktatur entsteht, in den Kurdengebieten die PKK, die iraktreuen Kurden und dritte Parteien sich bekriegen während die Türkei sich einmischt, und dass im Rest des Landes alle möglichen Gruppen sich dabei ablösen, Land zu erobern.

    Solange niemand eine Sezession will (sogar die Kurden haben sich bisher kaum dazu geäußert, und die wollen das noch am ehesten) wird eine Teilung auch gar nichts bringen.

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