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Einsamer Tod in Santa Fe

Vergessenheit, eine Volkskrankheit der modernen Gesellschaften, macht auch vor Prominenten nicht halt: Der berühmte Schauspieler Gene Hackman lebte offenbar eine Woche in geistiger Umnachtung neben seiner verstorbenen Frau Betsy Arakawa, einer bekannten Pianistin, bevor auch er starb. Ihre Leichen wurden erst acht Tage später entdeckt.

Der Tod des zweifachen Oscar-Preisträgers Gene Hackman hat weltweit seine vielen Fans wie mich traurig gemacht. Erschreckend sind jedoch die Umstände. Nach den Ergebnissen der gerichtsmedizinischen Untersuchung hatte der 95jährige offenbar nicht mitbekommen, dass seine 63jährige Frau, mit der er 30 Jahre verheiratet war, am 11. Februar an einem seltenen, durch Nagetiere übertragenen Virus gestorben war und tot in einem Badezimmer ihres Anwesens in Santa Fe lag, da er an Alzheimer im fortgeschrittenem Stadium litt. Am 18. Februar starb er dann selbst an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Aber erst am 26. Februar fanden zwei Handwerker die schon teilweise verwesten Leichen des vermögenden Paares in ihrem Haus.

Viele nicht nur in den USA werden sich jetzt wie ich fragen, wie es sein kann, dass ein über Jahrzehnte so bekannter und bewunderter Schauspieler und seine in Musikkreisen ebenfalls renommierte Frau so in Vergessenheit gerieten, dass offenbar niemand ihre schweren Erkrankungen und ihren Tod bemerkte. Gab es keine Familienangehörigen, Freunde, Nachbarn, Schauspiel- und Musikkollegen, Angestellte oder Pflegekräfte, die mit ihnen in Kontakt standen, nach ihnen schauten, sich um sie kümmerten und denen etwas auffiel? Nichtmal ein elektronisches Warnsystem?

Hackman hatte sich schon vor 20 Jahren von der Schauspielerei zurückgezogen, weil er keine Rollen mehr bekam. Er schrieb danach noch mehrere Romane und engagierte sich an ihrem Wohnort in Texas auch im Kulturbereich. Das Paar lebte nach Medienberichten sehr zurückgezogen in einer Gated Comunity, wo die Nachbarn oft Abstand von einander halten.

Der einsame Tod von Petra Kelly und Gert Bastian

Der Fall erinnert an den tragischen Tod der Grünen-Gründerikone Petra Kelly und ihres Lebens- und politischen Gefährten Gert Bastian 1992. Auch ihre Leichen wurden erst zwei Wochen danach entdeckt, obwohl beide über lange Zeit sehr prominent, bewundert und politisch äußert aktiv waren, auch im Bundestag, und Kelly auch Vorsitzende ihrer Partei gewesen war. Doch offensichtlich waren sie auch sie von ihren politischen und sonstigen Freunden und ihren Familien vergessen worden und lebten am Ende sehr einsam und zurückgezogen.

Das besonders Tragische: Der zum Pazifisten gewendete ehemalige Bundeswehrgeneral hatte seine Partnerin nach Ermittlungen der Polizei im Schlaf erschossen, bevor er sich selbst erschoss. Hatte niemand aus ihrem Umfeld mitbekommen, was mit und in den beiden vorging, wie verlassen sie offensichtlich am Ende waren? Aber offenkundig hatten sie gar kein persönliches Umfeld mehr.

Auch Nichtprominente sterben häufig einsam, besonders war das so in der Pandemie während der politisch verordneten Einschließung selbst von Hochbetagten. Das bekommt man in den Medien aber fast nie mit. Der Tod ist selten etwas Schönes, auch nicht der vom Putin-Regime, aber auch in der Ukraine jetzt wieder gefeierte „Heldentod“ an der Front. Manchmal kann der Tod eine Erlösung sein, gerade bei Alten, Kranken. Für sie selbst, ihre Angehörigen und ihr Umfeld. Trost gibt, wenn beim Sterben wenigstens jemand dabei ist, die Hand hält, Abschied nimmt. Völlig einsam möchte wohl niemand sterben.

Aber es scheint, dass es zunehmend zu einer Schattenseite unserer scheinbar so agilen, stark individualsierten modernen Gesellschaften wird. Dass dieses Schicksal nun auch ein sehr prominentes Paar ereilt hat, ist da kaum tröstlich.

Ludwig Greven ist freier Journalist, Autor und Christenmench.

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