Von New York aus reist Joseph Samuel per Schiff nach New Orleans, wo ihn sein Bruder Julius erwartet. Julius ist bereits ein erfolgreicher Geschäftsmann.
1842
Mein Bruder hat mich sehr gut Eingekleidet und gab reine Wäsche, aber solche feine und schon gewaschene Wäsche habe ich nie früher gesehen. Ich bin wirklich sehr Glüklich, mein Bruder ist der beste Mänsch wo man Sehen will. Ich habe Ihm heute vorwurfe gemacht, warum das Er seine Eltern so schlecht behandelt, und er hat mir versprochen Ihnen etwas Geld zu schikken. – Ich gehe herum Spazieren mein Bruder will noch nicht das ich anfangen soll zu Arbeiten, und was will ich mehr haben? Ich habe Geld, so viel ich Nöhtig habe, mein Bruder nimt mich zu Allen Vergnügungen mit, und ist kein Mensch auf der Welt Glüklicher als wie ich.
1842-3
Zwey Jahre sind verflossen in ein Thöriges, Schwühliges und Lasterhaftes Leben, und während der Zeit nicht ein einziges Mahl an meine Eltern gedacht. O! diese Sünde werde ich nie Büßen können, und mein Zweck(?), meine Zukunft. Alles habe ich im Thöhrigen geschwühl Verschertzt. O! Julius, Julius mein Bruder, wie wenig hast Du verstanden mich den rechten Wege zu Leiten, in der Stelle mich auf Spaziergänge in Lusthäuser zu führen, häst du mich an einer ernsthaften Arbeit gewöhnen sollen. Dein gutes Herz hat nicht gewußt wie weit es Irre (?) geht. Ich kann dir deshalb nur für deine gute Meinung danken, und kann nur mein jezigen Zustand mich Selbst und meine Leichtigkeit der Jugend Schuld geben.
O! wie schwer muß ich es Bereuen, das ich so Leichtsinnig gehandelt habe und nicht an meine armen Eltern zu denken, denen ich so heilig (?) zu unterstützen Versprochen habe. O diese handlung ist gräßlich, und macht mich Selbst ein Abscheulichen eindrukk. Wieder ganz ohne mittel, und ich soll jetzt zu Arbeiten anfangen, wo ich bis jetzt hier den Edelmann geschpielt habe? nein das ist mir Unmöchlich! dafür schähme ich mich zufiel für die Leute, die mich hier kennen. Ich würde Gespottet und Ausgelacht werden, nein, es soll Niemand wissen in welcher Noht ich mich jetzt finde, und ich muß von diesem Lande fort, wo ich villeicht mein Zwekk erreicht hätte, wenn ich gleich zum guten Beispiele geleitet worden währe. O wie wehe wird mir! Der kalte Schweiß lauft mir von der Stirne, wenn ich daran denke so ein schöhnes, freies Land zu Verlaßen, ein Land wie das heilige Canan, man kan fast Sagen ein Land wo Milch und Honig fließt. und in dieser Großen, Prachtvoller neuer Welt wo ich noch nie jehmanden gesehen habe der um ein Almosen bittet, in diesem Paradiese, ist jemand, der ganz Wohl und Munter ist, und der jetzt beinah der Verzweiflung nahe ist. und weiß sich nicht zu Ernähren, und dieser jehmand, bin Ich. Ich hoffe zu Gott das diese Zeilen niemahls in fremde Hände fallen werden, den ich würde nie die Schande aushalten können.
1843
„Wenn die Nacht am strengsten ist Gott am nächsten“ dieses ist ein altes und wahres Sprich-Wort. Heute kommt ein Mann zu mir, der bereits vertig ist um nach Brasilien zu Reisen, und macht mir der Vorschlag mit Ihm zu gehen, und um meine Gesellschaft als Relionsgenossen zu haben mir die Reisekosten vorzuschießen. Ich nahm seinen Vorschlag mit der größten Freude an, und Uebrigens, was ist mir daran gelegen wo ich hin Gehe? wen ich nur von hier Vortkommen kann, ich nahm also wie oben Gesagt den Vorschlag an und wir Reisen den 7 July 1843 mit dem Kaufmanns-Schiff Warsaw von Neu Orleans ab.
New Orleans war 1n den 1840er Jahren eine liberale und multikulturelle Stadt. (Ja, ich weiß: für Schwarze sah es anders aus, aber selbst da war New Orleans unter den Städten des Südens etwas Besonderes. Am Vorabend des Bürgerkriegs gab es neben 14.500 afroamerikanischen Sklaven auch an die 11.000 freie Bürger afroamerikanischer Herkunft.) Da die Juden, die hierher zogen, meistens ledige junge Männer waren wie Julius und Joseph Samuel, war es durchaus üblich, dass sie katholische Frauen heirateten. Insgesamt lebten in den 1840er Jahren etwas weniger als 2000 Juden in der Stadt. 1842, im Jahr also, als Joseph in New Orleans ankam, schrieb ein schockierter Besucher aus Deutschland: „Obwohl die politische Atmosphäre hier so liberal ist, dass ein Jude einstimmig in die gesetzgebende Versammlung gewählt werden konnte, halten nur vier Haushalte Koscher, nur zwei den Schabbat, und zwei Drittel der Knaben sind nicht beschnitten.“
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