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Der Schwanengesang des Imperiums, Teil 1

Von Sonja Margolina:

Der Aufruf der 60 Russland-Versteher „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“ ist in der Öffentlichkeit auf scharfe Kritik gestoßen. Zahlreiche Medien und inzwischen auch eine überwältigende Mehrheit der Osteuropa-Experten monieren einseitige Schuldzuweisungen an die Adresse des Westens und eine deprimierende Ahnungslosigkeit bezogen auf Russland und Osteuropa. Die inzwischen gewonnenen Erkenntnisse über den asymmetrischen Krieg Russlands gegen die Ukraine und über die subversiven Aktivitäten des Kremls in den europäischen Staaten erlauben es nicht mehr, Russland zum Opfer des imperialistischen Westens zu stilisieren.

Allmählich wird der Öffentlichkeit bewusst, dass besonders am Anfang des Konflikts in den deutschen Medien der Standpunkt der russischen Propaganda unreflektiert wiedergegeben wurde. Spätestens nach dem Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 hat sich die Berichterstattung jedoch deutlich verbessert. Dank journalistischer Recherchen kam die Einflussnahme, die russische Geheimdienste, Einflussagenten und deren gut ausgestattete Auslandsmedien in den EU-Ländern und auf dem Balkan im letzten Jahrzehnt ausüben durften, in ihrem ganzen Ausmaß zum Vorschein. Nicht zu unterschätzen sind auch die Investitionen im strategischen Energiebereich, die Bestechung von Politikern und die Unterstützung rechter und linker Parteien sowie von Ökoaktivisten. Ein neues Instrument der Einflussnahme stellen die Versuche dar, in der russischen Diaspora eine Fünfte Kolonne zu rekrutieren oder Austauschstudenten als „Trolle“ zu engagieren, die für den Shitstorm gegen kritische westliche Medien zu sorgen haben.

Das Ziel dieser vielfältigen Aktivitäten ist die Schwächung des Westens und der EU, die Stärkung antidemokratischer Kräfte in der EU und, als Programm-Minimum, die Anerkennung einer auf die einstigen Sowjetrepubliken ausgedehnten russischen Einflusssphäre. Das Programm-Maximum wäre eine bedingungslose „Integration“ der kriselnden, demoralisierten EU in den Einflussbereich Russlands. Daraus wird vorerst nichts, und dafür zahlt vor allem die Ukraine einen hohen Preis.

Die Beilegung des Systemkonflikts und die Öffnung gen Westen, die so hoffnungsvoll angefangen schien, enden im Desaster. Wir sind Zeugen des Scheiterns der Modernisierung Russlands und seiner Kehrtwende in Richtung revanchistischer Machtpolitik. Vor diesem Hintergrund möchte ich einige Überlegungen, die aus meiner Sicht für das Verständnis dieser Entwicklung wichtig sind, zur Diskussion stellen.

Die Sowjetunion (SU) hat gegen Ende der 80er Jahre ihre Niederlage im Kalten Krieg hinnehmen müssen. Totgerüstet und überschuldet ging der Koloss ideologisch und wirtschaftlich bankrott. Das letzte Imperium zerfiel in einzelne Staatsgebilde, die sich mit wenigen Ausnahmen in dem Zustand wiederfanden, der dem europäischen Chaos der 1920er Jahre nicht unähnlich war. Pogrome, Sezessionskriege, Flüchtlingsströme – all das geschah am Rande des Imperiums und wurde in Europa nur partiell registriert. Unbemerkt von der Außenwelt wurden mehrere Millionen Flüchtlinge und erzwungene Umsiedler von der russischen Landmasse absorbiert.

Die einstigen Minderheiten, nun Titularnationen, fanden sich als Opfer, die Russen, die eine schwache nationale Identität hatten, als Täter wieder. Die Russen wurden für den Stalinismus und die Unterdrückung der Völker verantwortlich gemacht. Es schien damals naheliegend, die Geschichte der kommunistischen Verbrechen aufzuarbeiten. Und vieles wurde in dieser Richtung auch getan. Doch die Mehrheit der Russen befand sich in ihrem Bewusstsein da, wo die Verlierer des 1.Weltkriegs einmal waren. Sie empfand den Zerfall des Landes als Katastrophe, warf Gorbatschow Verrat vor und sehnte sich nach Revanche. Es vergingen jedoch zwanzig Jahre, bevor die angestauten Ressentiments für die nationalistische Mobilisierung reaktiviert werden konnten.

Die Perestroika und die Auflösung der SU waren ein Werk der Eliten. Die Kehrseite der „Revolution von oben“ war – sie war keine. Die kommunistische Partei hatte zwar ihr Herrschaftsmonopol verloren, doch andere Institutionen, vor allem der KGB und die Außenaufklärung (GRU), wenn auch umorganisiert und ihres kompetenten Personals entledigt, blieben im Wesentlichen unangetastet.

Es gibt viele Hinweise darauf, dass die Perestroika durch das Bestreben der Geheimdienste, ihre Macht durch Privateigentum und Auslandsinvestitionen zu befestigen, befeuert wurde. In der Mitte der 80er Jahre gelang es ihnen, die sogenannten Parteigelder mit Hilfe der kommunistischen Parteien im Westen in großem Stil zu waschen. Doch nach der Machtübernahme durch Boris Jelzin wurden sie von Oligarchen überrumpelt, die Jelzins Wiederwahl finanziell absichern sollten. Jeder Oligarch, der etwas auf sich hielt, hat einen gewaltigen Sicherheitsdienst aufgebaut, in dem das beste KGB-Personal für private Kriege gegen rivalisierende Strukturen eingesetzt wurde und für Medienkampagnen und Verbindungen zur organisierten Kriminalität zu sorgen hatte. Natürlich waren die Sicherheitsleute, die gegeneinander arbeiteten, untereinander vernetzt. In der Mitte der 90er Jahre waren sechs von sieben systembildenden Oligarchen jüdisch. Damit konnten die KGBler sich nicht abfinden.

Es besteht nur wenig Zweifel daran, dass die Geheimdienste sich nach Revanche sehnten und beharrlich an der Enteignung der Oligarchen arbeiteten. Sie strebten einen „nationalen Kapitalismus“ an, in dem ihnen, als einem neuen Adel, der Staat gehören würde.

http://www.amazon.de/New-Nobility-Restoration-Security-Enduring/dp/B00NTOYUM8/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1418210155&sr=8-1&keywords=Soldatov

Der Oligarch Boris Beresowski – ein cholerischer Intrigant und schlechter Menschenkenner – half der Familie Jelzins, die sich in dessen Amtszeit bereichert hatte, einen Nachfolger zu finden. Er bildete sich ein, ein höriger Platzhalter, ein farbloser Geheimdienstoffizier ohne Charisma, Wladimir Putin, würde nach seiner Pfeife tanzen. Wenn die Revolution ihre eigenen Kinder frisst, frisst die Korruption ihre Väter.

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11 Gedanken zu “Der Schwanengesang des Imperiums, Teil 1;”

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    Jemanden, der so was ‚rauslässt, sollte man mit Skepsis betrachten und erstmal nichts glauben:

    „Sie sind selbst Jüdin, wie empfinden Sie den Zusammenhang zwischen Deutschsein und den Verbrechen der Nazis?

    Margolina: Auch für mich war Deutschland zunächst das Land der Täter, zumal viele Verwandten meiner Eltern in Weißrußland liquidiert wurden. Die Tatsache, daß Juden ihrerseits in das Terrorsystem in der Sowjetunion verstrickt waren, half mir aber, mich mit der deutschen Vergangenheit zu arrangieren.

    Fühlten Sie sich denn als Jüdin wegen der Verbrechen jüdischer Kommunisten in der Sowjetunion schuldig?

    Margolina: In gewisser Weise ja, zumindest fühlte ich mich nicht rechthaberisch, deshalb habe ich auch das Buch darüber geschrieben. Heute verstehe ich das Engagement der Juden für den Sozialismus als tragische Verwicklung, ich bin nachsichtiger geworden.“
    Aus Interview mit Junge Freiheit 2003

    Jemand, der Bolschewiki-Bashing betreibt, ist auch nicht besser als einer, der statt dessen reiche Juden negativ hervorhebt oder Israel-Bashing liebt, denn er gibt Antisemiten Vorschub. Daher werde ich das oben stehende Elaborat nicht lesen und schließe mich 68er an, der sich abwendet, guter Instinkt, thumbs up. Dass Juden antisemitischen Gusto haben können, hat Broder oft genug hervorgehoben. Bislang dachte ich, der wäre in der jüdischen Gemeinschaft, die im Interview ebfs. in Frage gestellt wird, mehr links zu verorten.
    Wie die meisten Kommentatoren hier hätte ich wirklich gern gewusst, wer MH 17 abgeschossen hat. Wenn die gängigste Theorie aufgeht, werde ich verstehen, dass zur Wahrung des Gesichts kein Wort an die tumbe, blöde Masse dringt. Zur mentalen Hilfe:
    Es war, glaube ich, Henry Kissinger, der mal gesagt hat, nichts passiere in der Politik rein zufällig, daher sei es wichtig, zeitlich zu arbeiten. Was passierte davor, was gleichzeitig z.B. Damit kommt man zu einem naheliegenden Schluss und zu der Folgerung daraus, dass Herr Putin keinen Weltkrieg will.
    In der Ukraine von Kiew sind einige gemeingefährlich.

  2. avatar

    @ Frau Margolina

    Was ist ein Russland-Versteher?

    Wer gibt einseitige Schuldzuweisungen an den Westen?

    Wer stilisiert Russland als Opfer des imperialistischen Westens?

    Wer hat Schuld am Abschuß von MH 17?

    Können Sie Ihre Behauptung, die deutschen Medien hätten insbesondere am Anfang des Konflikts den Standpunkt der russischen Propaganda unreflektiert wiedergegeben, auch belegen?

    In ihrer Analyse kommt der Westen nicht vor, nur dessen kommunistische Parteien, welche Geld gewaschen haben. Spielen Interessen des Westens und eine Einflußnahme im Sinne dieser Interessen seit 1990 keine entscheidende Rolle für das Verständnis des Konflikts? Oder gibt es solche Interessen gar nicht?

    Ist Ihre Analyse vielleicht gar keine Analyse, sondern auch bloß Propaganda?

    Mit freundlichen Grüßen

    Stefan Trute

  3. avatar

    Das interessanteste Information an Ihrem „Russischen Märchen“ wäre die Information, wer Sie denn dafür bezahlt. Die Höhe der Apanage spielt dabei überhaupt keine Rolle.

    Gruß vom Russischen Wolf und den sieben Geißlein

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    Nachtrag:
    die „Argumentation“ der Autorin ist sichtlich die einer Reihe Akademiker,die jüngst den im Folgenden kritisierten Aufruf für eine „realitätsgeleitete“ Russlandpolitik unter demTitel „Friedenssicherung statt Expansionsbelohnung“veröffentlicht haben.

    „Anmerkungen zu einem Aufruf für eine „realitätsgeleitete“ Russlandpolitik
    Veröffentlicht am 12. Dezember 2014 von Mos-02 in Analysen, Hintergründe & Kommentare, Kai Ehlers, Politik, Top-Top-Top, Ukraine, Ukraine – Top // 0 Kommentare

    [Von Kai Ehlers] Nach zwei der Öffentlichkeit bereits vorliegenden Aufrufen zum Frieden, einem Aufruf der neu entstehenden Friedensbewegung zu Demonstrationen in verschiedenen Städten am 13. 12. 2014, sowie einem danach veröffentlichten Appell von 64 Prominenten an Parlament und Bundesregierung zur Entwicklung einer Erneuerung der Entspannungspolitik liegt jetzt ein dritter Aufruf vor.

    Unter der Überschrift „Friedenssicherung statt Expansionsbelohnung“ wird dieser Text von seinen Verfassern als „Aufruf von über 100 deutschsprachigen OsteuropaexpertInnen zu einer realitätsbasierten statt illusionsgeleiteten Russlandpolitik“ vorgestellt. Initiator ist Andreas Umland, Dozent am Lehrstuhl für Politikwissenschaft an der Nationalen Universität „Kiew-Mohyla-Akademie“. Unterschrieben haben Personen, die sich mit diesem Aufruf eindeutig als Kritiker/innen Russlands outen.

    Wird bei den Flugblättern der Friedensfreunde wie auch bei der Veröffentlichung der besorgten Prominenten ungeachtet tiefer gehender Differenzen, die zwischen ihnen bestehen, sehr schnell klar, worum es bei ihnen aktuell geht, nämlich Dialog statt Konfrontation, Ende der Sanktionen, Eindämmung der generellen Kriegsgefahr, so lebt der von Umland initiierte Aufruf fast nur von Polemik. Er ist ein Anti-Aufruf. Seine Gegner sind die Unterzeichner des Prominenten-Appells. Die Aufrufe der Friedensbewegung bleiben ganz unerwähnt.

    Nur mit Mühe dagegen lässt sich herausfiltern, was die Verfasser des Anti-Aufrufes sich unter einem „realitätsgeleiteten“ Einsatz für den Frieden vorstellen, was sie überhaupt wollen.

    Aber schließlich sagen sie es doch und dann sehr deutlich: „Dem Export der illiberalen Gesellschaftsvorstellungen des Kreml in die EU“, schreiben sie zum Ende ihres Textes, „sollte in unserem eigenen Interesse entgegengewirkt werden.“ Diese Zielsetzung erinnert stark an die Feinderklärung, die unter der Leitung des Amerikaners Timothy Snyder von dem Kongress „Thinking Together“ ausging, der vom 15. – 19. 05 2014 in Kiew unter zahlreicher und aktiver Beteiligung etablierter westlicher Multiplikatoren stattfand.[i]

    Zu diesem Outing kommt der Aufruf der OsteuropaepertInnen jedoch erst nach längeren Passagen, in denen seine Verfasser den Unterzeichner/innen des Prominenten-Aufrufers in Sachen Osteuropa oder Ukraine jegliche Kompetenz absprechen, für sich selbst dagegen den Status einer „überwältigenden Mehrheit“ in Anspruch nehmen, die „sich in ihrem Urteil einig“ sei, dass es „in diesem Krieg einen eindeutigen Aggressor“ und „ein klar identifizierbares Opfer“ gebe.

    Zur Begründung werden Aussagen wie die folgenden angeführt:

    „Wenn sich Moskau von der EU und/oder der NATO bedroht fühlt, sollte es diesen Streit mit Brüssel austragen.“ Dieser Spruch ist angesichts der Tatsache, dass die Ukraine seitens der USA/EU seit Jahrzehnten als Einfallstor für Interventionen betrachtet wurde, über die Russland geschwächt werden könne, eine alberne Provokation. Nachzulesen sind diese Strategien bei Sbigniew Brzezinski und zudem erkennbar in der aktuellen „Hilfe“ des Westens für Kiew, bei denen wiederum Brzezinski eine aktive Rolle spielte. Sprachlos macht die Schamlosigkeit, mit der behauptet wird, Russland führe „einen bereits tausende Todesopfer, Verstümmelte, Traumatisierte und Vertriebene fordernden ‚hybriden Krieg‘ im Donezbecken.“ Die Beschießung von Donezk, Lugansk und anderer mit Streubomben durch Kiewer Militär kommt im Weltbild dieser Erklärung nicht vor.

    Weiter heißt es in dem Aufruf: „Frühere Erfahrungen sollten Berlin vorsichtig machen: Im Sommer 2008 entstand im Kaukasus eine ähnlich ‚verfahrene Situation‘ infolge Russlands faktischer Kündigung des EU-vermittelten russisch-georgischen Friedensabkommens.“

    Tatsache ist, dass der Angriff Georgiens auf Südossetien und die dort stationierten russischen Friedenstruppen von der seitens der EU initiierten „Independent International Fact-Finding Mission On The Conflict In Georgia“ als Verstoß gegen internationales Recht eingestuft wurde. Die anfängliche russische Intervention zur Verteidigung der Friedenstruppen auf südossetischem Gebiet wurde als vom Völkerrecht gedeckt befunden. Als unverhältnismäßig wurde allein der Einmarsch russischer Truppen über Südossetien hinaus auf Georgisches Gebiet bezeichnet.

    Das Verhalten des Kreml 2008, wird von dem Aufruf der Russlandkritiker dann weiter angeführt, sei bereits eine „Wiederholungstat“ gewesen, nachdem Russland seinen „vertraglich zugesicherten Truppenrückzug aus der Moldauischen Region Transnistrien“ nicht umgesetzt habe. Das stimmt so weit, dass Russland seine 1992 übernommene Rolle als Friedenstruppe entgegen den Vereinbarungen auf dem OSZE-Gipfel von 1999 bis heute nicht aufgegeben hat. Dies aber unter dem Stichwort „Widerholungstat“ einfach als Aggression einzustufen, wird der Rolle nicht gerecht, die Russland dort als Friedenstruppe im Konflikt zwischen Transnistrien und Moldawien wahrnimmt und lässt auch die Rolle der EU als Bestandteil des Konfliktes außer Acht.

    Scheinbar schlagend ist der Beweis, der in dem Umlandtext gegen die in dem Appell der Prominenten benannten „berechtigten Befürchtungen“ Russlands vor einer NATO-Einkreisung ins Feld geführt wird. Statistiken aus dem Jahr 2008, so die Kritik des Experten-Papiers, bewiesen angeblich, dass damals nicht mehr als „circa 3,8% der russischen Bevölkerung einen NATO-Betritt der Ukraine und Georgiens als Hauptgefahr für ihr Land ablehnten“.

    Die Zahl stimmt, siehe dazu „Russland Analysen“ 167/08 vom 27.06. 2008; exakt sind es sogar nur 3%. Aber über dieser Angabe steht im Kopf derselben Statistik die Frage: „Militärische Bedrohung durch die USA, die NATO und den Westen insgesamt?“ und diese Frage haben nicht 3%, sondern 11% der Befragten mit ‚Ja‘ beantwortet. 11% sind auch keine Mehrheit, aber 11% sind nicht 3%! – und im Übrigen stellt sich generell die Frage nach dem Wert solcher Statistiken.

    Was nach solchen Argumenten noch folgt, sind Anwürfe an den Appell der Prominenten, er versammle „Halbwahrheiten“, „kaum kaschierte Verleumdungen“, „Fehlinformationen und tendenziöse Interpretationen“, „Pathos, Geschichtsvergessenheit und Pauschalurteile“.

    Kurz, was der Aufruf der Experten anbietet, ist Konfrontation statt Dialog. Umso verblüffter liest sich dann die jetzt noch folgende Versicherung, niemand sei „auf militärische Konfrontation mit Russland aus oder möchte den Dialog mit dem Kreml abbrechen.“ Angesichts des Abbruchs des Petersburger Dialogs, der Gängelung des Deutsch-Russischen Forums, der Einschränkung diverser kultureller Foren, des Abbruchs von Konsultationen auf Regierungsebene, der Einstellung der Beratungen im Rahmen des NATO-Russland-Rates ist dieser Satz nur noch eine Floskel ohne Bezug zur Realität.

    Was dann noch folgt, wurde vorn schon benannt: die Aufforderung den „illiberalen Gesellschaftsvorstellungen des Kreml“ entgegenzuwirken. Um dies zu bekräftigen, wird in den letzten Sätzen des Aufrufes noch die deutsche Erbschuld bemüht, die aus den Verbrechen des „Dritten Reiches“ (im Text ohne Anführungsstriche) resultiere. Millionen Ukrainer seien als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt worden, während etwa vier Millionen ukrainische Rotarmisten an der Niederschlagung des „Dritten Reiches“ teilgenommen hätten. Und so schließt der Aufruf mit dem Satz: „Gerade wir Deutschen können nicht abermals die Augen verschließen, wenn es um die Souveränität einer postsowjetischen Republik, ja um das Überleben des ukrainischen Staates geht“.

    Richtig, kann man da nur sagen, aber die Souveränität der Ukraine wird sicher nicht dadurch hergestellt, dass sie unter das Kommando der Europäischen Union, des IWF, von NATO-Beratern und in die Regierung importierten Ausländer mit amerikanische Hintergrund gestellt wird, ganz zu schweigen davon, dass die Erbschuld, wenn sie denn schon beschworen wird, auch für die übrigen Teile der ehemaligen Sowjetunion, also auch für das heutige Russland gilt.

    Kai Ehlers, http://www.kai-ehlers.de Freitag, 12. Dezember 2014

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    @Sonja Margolina

    Wenn Sie ein wenig über den Tellerrand blicken würden:

    >In der Mitte der 80er Jahre gelang es ihnen, die sogenannten Parteigelder mit Hilfe der kommunistischen Parteien im Westen in großem Stil zu waschen.<

    dann müßten Sie hinzufügen:

    und mit Holfe des westlichen Finanzsystems…

    Warum unterschlagen Sie diese Tatsache?

    Ist dies nicht auch eine Manipulation der Tatsachen die Sie vorgeben zu bekämpfen?

    Sind Sie vielleicht auch ein Troll 🙂

    Schade:

    Da hätte ich ich Ihnen mit Ihrem Hintergrunf, doch eine etwas weniger oberflächliche Analyse erwartet.

    Das Interview von:

    http://www.spiegel.de/wirtscha.....07297.html

    ist da doch ein vielfaches konkreter.

    Aber liegt es daran, dass Sie auch zu den VeteranInnen 🙂 🙂 gehören, wie es der von Ihnen zitierte Wolfgang Sofsky beschreibt.
    https://wscaprichos.wordpress.com/2014/12/08/der-politische-veteran/

    ????

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    Sind Sie nicht selbst jüdischer Herkunft, Frau Margolina?

    Was Sie hier ablassen befeuert jegliches antisemitische Klischee vom Finanzjudentum und dem Weltjudentum a la „Drittes Reich“… Haben Sie ein Einreiseverbot nach Israel, so wie Norman Finkelstein?

    Freundliche Grüße, S. Happ, ein Deutscher, jüdisch-gläubiger Vorfahren…

  7. avatar

    S.Margolina schreibt:
    „Es besteht nur wenig Zweifel daran, dass die Geheimdienste sich nach Revanche sehnten und beharrlich an der Enteignung der Oligarchen arbeiteten. Sie strebten einen “nationalen Kapitalismus” an, in dem ihnen, als einem neuen Adel, der Staat gehören würde.“ Das scheint mir eine ziemlich treffende Zusammenfassung zu sein, wenngleich ich der Meinung bin, dass die UdSSR schon seit den späten 30er Jahren ein staatskapitalistisches Land und die Bürokratie eine neue herrschende Klasse war (s.dazu etwa: Walter Daum:The Life & Death Of Stalinism. New York 1990).
    Das Alles hat aber keinen wirklichen Bezug zu ihrer Einschätzung der Ukraine-Frage. Es ist ein allenthalben zu findender logischer Fehler, wenn aus dem Charakter des einen politischen Akteurs recht umstandslos auf den des gerade mit diesem im Konflikt befindlichen Akteurs geschlossen wird. Der im Sinne einer fortgeschrittenen Demokratie fragwürdige Charakter der Putin-Herrschaft verleiht der orange-braunen Herrschaften in Kiew keinerlei höhere Weihen.
    Im übrigen ist es völlig abstrus und – glücklicherweise von der Realität der öffentlichen Meinung im Gegensatz zur veröffentlichten Meinung weit entfernt, wenn die Autoruin schreibt: „Die inzwischen gewonnenen Erkenntnisse über den asymmetrischen Krieg Russlands gegen die Ukraine und über die subversiven Aktivitäten des Kremls in den europäischen Staaten erlauben es nicht mehr, Russland zum Opfer des imperialistischen Westens zu stilisieren.
    Was hat der angebliche Krieg Russlands gegen die Ukraine, der immerhin derart „asymetrisch“ ist, dass die Putschisten in Kiew immer noch an der Macht sind, obwohl die russische Armee zweifellos stark genug wäre, sie innerhalb einerWoche von dort zu vertreiben, mit der Frage zu tun,ob Russland „Opfer des imperialistischen Westens“ ist. Nichts spricht logisch dagegen, dass Russland einerseits Opfer ist und andererseits an seinen Grenzen „asymetrische“ Kriege führt. Der jetzige angebliche „asymetrische“ Krieg (dessen Existenz die Autorin im übrigen kaum in der Lage sein dürfte nachzuweisen) – das sollte zumindest zugegeben werden – folgt zeitlich auf den vom Westen mit riesigen Geldsummen unterstützten Umsturz in Kiew und die russophobe Haltung der neuen Machthaber dort und nicht umgekehrt.

    Weiterschreibt sie:
    „Allmählich wird der Öffentlichkeit bewusst, dass besonders am Anfang des Konflikts in den deutschen Medien der Standpunkt der russischen Propaganda unreflektiert wiedergegeben wurde.“ Die deutschen Mainstreammedien haben in Wirklichkeit nicht zuletzt durch ihre Ukraine-Berichterstattung auf der Basis von Handouts des ukrainischen Propagandaministeriums beim Publikum derart an Glaubwürdigkeit verloren, dass das in vielen Fällen sogar zu ernsthaften finanziellen Einbußen und Konflikten innerhalb der Redaktionen geführt hat. Wenn Frau Margolina ausgerechnet den Abschuss der malaysischen Verkehrsmaschine und die Berichterstattung „unserer“ Medien (wie des „Spiegels“) anführt, entlarvt sie sich selbst als Kriegspropagandistin. Ich fordere sie auf, die ihr vorliegenden und beweisbaren Fakten über den Abschuss vorzulegen. Ich kenne diese Fakten, die eindeutig auf irgendeinen Schuldigen verweisen, nicht, und zwar nicht, weil ich nicht gelesen habe, was so Alles kolportiert wurde, sondern weil diejenigen, die sie möglicherweise kennen, sich bislang trotz offiziellen Aufforderungen z.B. aus Moskau, geweigert haben, sie der Öffentlichkeit vorzulegen.

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    Tschüss Herr Posener,

    langsam wird das hier zum Propagandablog. Was waren das doch für friedliche Zeiten, als hier mit Herrn Kocks, Frau Heckel, Herrn Friedman, Herrn Burchardt und Herrn Böhme noch so etwas wie Pluralismus gelebt wurde. Tempi passati!

    Schon wieder die Argumentation mit MH17 (Wahrscheinlich ist Frau Margolina im Nebenberuf Luftfahrtexpertin).

    Immer der selbe Sermon mit den manipulierten Bloggern etc. ohne zu erwähnen, wie viele Milliarden NSA, CIA Pentagon, NATO und Co. in genau dieselben Propagandamaschinen stecken.

    Eine Zeitlang ist es ja noch ganz unterhaltsam sich von Guantanamo-, Abu-Ghraib- und NSA- bzw. Ami-Stasi-Verstehern als Putin-Versteher beschimpfen zu lassen. Irgendwann ist dann aber auch Schluss.

    Es kommt auf der anderen Seite nichts mehr an.

    Ab und an schau ich noch mal rein, vielleicht finden Sie ja wieder eine Kollegin oder einen Kollegen, die/der etwas weniger Erwartbares zu schreiben weiß, über das es sich zu diskutieren lohnt.

    Ihnen und auch Frau Margolina wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch!

    Ihr 68er

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