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Vom Sinn des Soldatseins – Erinnerungen an den Wehrdienst in der DDR (Teil 4/9)

Kapitel 4

Alle vier Wochen fand an zwei aufeinander folgenden Tagen Politunterricht statt – ver­ächtlich »Märchenstunde« genannt. Die gesamte Mannschaft saß im Schu­lungsraum und erhielt »Rotlichtbestrahlung«. So angenehm es einerseits war, an diesen Tagen mal nicht die übliche Ein­satzausbildung zu haben, so unendlich dröge zog sich andererseits die ideologische Beriese­lung hin. Offiziere leierten irgendwelche Phrasen her­unter, die nicht einmal sie selbst für voll nahmen, und versuchten vergeblich, die ganz trägen, wider­­willigen Soldaten in Diskussionen zu ver­wickeln. Weiterlesen

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Vom Sinn des Soldatseins – Erinnerungen an den Wehrdienst in der DDR (Teil 3/9)

Fast jeder Mann, der ungefähr vor 1970 geboren wurde und bis 1990 in der DDR lebte, musste dort den Grundwehrdienst in der NVA oder anderen kasernierten Einheiten ableisten. Der Autor, Jahrgang 1960, erinnert sich in neun Kapiteln an seine eigenen entsprechenden Erfahrungen.

Kapitel 3

Zehn Jahre zuvor, im November 1979, war die politische Situation im Land bleiern still und der Herbst ungewöhnlich sonnig. Passender wäre gewesen, hät­ten über dem Ausbil­dungs­platz triste, regenschwere Wolken gehangen; stattdessen kroch mor­gens ein stiller flacher Nebel über den Boden, und bald schon weitete sich über uns ver­dreck­ten, verschwitzten, verschüch­ter­ten »Anwärtern« ein strah­lend­blauer Himmel wie sonst nur im späten September. Viele der Mär­sche, Läufe, Schutz­übungen usw. wurden außer­dem im gelb­rot leuch­tenden, heiter anmutenden Misch­wald des für seine Schönheit sowieso berühmten west­lichen Potsdamer Umlands durch­ge­führt. Die Kaserne befand sich ja nur ein paar hundert Meter hin­term Park von Sanssouci. Weiterlesen

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Vom Sinn des Soldatseins – Erinnerungen an den Wehrdienst in der DDR (Teil 2/9)

Fast jeder Mann, der ungefähr vor 1970 geboren wurde und bis 1990 in der DDR lebte, musste dort den Grundwehrdienst in der NVA oder anderen kasernierten Einheiten ableisten. Der Autor, Jahrgang 1960, erinnert sich in neun Kapiteln an seine eigenen entsprechenden Erfahrungen.

Kapitel 2

Neben meiner, der 20., gab es innerhalb der Kasernenmauern noch eine weitere, die 3. VP-Bereitschaft. Jede Bereitschaft besaß fünf Kompanien, welche wiederum in drei Züge und schließlich Gruppen sowie je einen Kompanietrupp unterteilt waren. In der Regel lebten die gut hun­dert Mann einer Kompanie in je einem separaten Block. Außerdem wurde meinem Fenster gegen­über ein Neubau hochgezogen, welcher demnächst eine strengstens geheime, extrem scharfe Elite-Einheit im Stile der bundesdeutschen Anti-Terror-Truppe GSG 9 beherbergen sollte. So war ich in den kommenden anderthalb Jahren / achtzehn Monaten / 545 Tagen fast ausschließ­lich von mehr als ­tausend uniformierten, überwiegend ein­gesperrten, einem engen Ver­hal­tens­kodex unter­worfenen Männern umgeben. Weiterlesen

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Vom Sinn des Soldatseins – Erinnerungen an den Wehrdienst in der DDR (Teil 1/9)

Fast jeder Mann, der ungefähr vor 1970 geboren wurde und bis 1990 in der DDR lebte, musste dort den Grundwehrdienst in der NVA oder anderen kasernierten Einheiten ableisten. Der Autor, Jahrgang 1960, erinnert sich in neun Kapiteln an seine eigenen entsprechenden Erfahrungen.

Laut Einberufungsbefehl begann mein Grundwehrdienst am 3. November 1979. Doch hatte die­ser gefürchtete Tag X, hinter dessen Wirklichkeit sich das frühere zivile Leben abrupt zu einem unbeschwerten, irgendwie kindlichen Traum verwandelte, seine Schatten schon seit Längerem voraus­geworfen. Bei der Musterung vor anderthalb Jahren waren die jungen Männer meines Jahr­­gangs der Erweiterten Oberschule „Philipp Melanchthon“ in Wittenberg sämtlich erfasst, begut­achtet und einsortiert worden für den künftigen Dienst an der Waffe. Nur zwei von ihnen, und zwar Andreas S. aus der Parallelklasse sowie ich selbst, hatten uns nicht bereiterklärt, drei oder gar fünfundzwanzig Jahre als Unteroffizier bzw. Berufsoffizier zu dienen, sondern wirklich nur den Grundwehrdienst abzuleisten. Spatensoldaten oder gar Totalverweigerer gab es unter uns überhaupt keine. Weiterlesen

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