Die Idee eines UN-Flüchtlingshilfswerkes ist richtig und gut, auch wenn dadurch gleichzeitig zugegeben wird, wie schwach diese UN ist. Wird damit doch eingestanden, dass man nicht in der Lage war, oder jemals sein wird, Fluchtursachen wirksam zu bekämpfen. Diese Einschätzung betrifft besonders die UNWRA, die keine Lösungen finden will, sondern für eine institutionelle Verlängerung des Nahostkonflikts sorgt. Die Auflösung dieser Organisation ist überfällig.
Die UNWRA – United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East – ist als temporäre Hilfsorganisation 1949/1950 auf drei Jahre gegründet worden und wurde seitdem regelmäßig verlängert. Die Behörde beschäftigt ca.30000 Mitarbeiter, davon 13000 im Gaza-Streifen. Sie verfügte im Jahr 2022 über ein Budget von 1,6 Milliarden Dollar und betreute mit dieser Summe fast 6 Millionen Menschen. Rein rechnerisch standen also für jeden „Flüchtling“ rund 2700 Dollar zur Verfügung. Im Gründungsjahr der Organisation wurde die Zielgruppe der Hilfe auf rund 500000 Menschen geschätzt. Heute hat sich also die Zahl der „palästinensischen Flüchtlinge“ mehr als verzehnfacht. Wie ist das möglich?
Natural born refugee
Dieser Anstieg ist zwei Tatsachen geschuldet. Erstens, UNWRA sorgt mit ihrem Wirken dafür, dass auch diejenigen den Flüchtlinsstatus beanspruchen können, die als Nachkommen der ursprünglichen Zielgruppe geboren wurden. Damit gilt selbst ein im Libanon oder in Jordanien geborener Nachkomme als Flüchtling. Diese Regelung schließt selbst adoptierte Kinder ein, was den Personenkreis nocheinmal erweitert. Der Flüchtlingsstatus kann also vererbt oder angenommen werden. Die Absurdität dieser Regelungen wird besonders deutlich am Beispiel der deutschen Politikerin Swansan Chebli, die trotz ihrer deutschen Staatsbürgerschaft als Flüchtling gilt, weil ihr Vater diesen Status bereits hatte. Cheblis Tochter hat diesen Status allerdings nicht, weil die „Vererbung“ nur bei männlichen Nachkommen greift. Hätte die Politikerin einen Sohn, könnte er diesen Status beanspruchen. Was sagt die feministische Außenpolitikerin eigentlich dazu?
Zweitens, die arbischen Länder, in denen sich der entsprechende Personenkreis aufhielt und immer noch aufhält, verweigern diesen Menschen die Staatsbürgerschaft, selbst wenn sie in dem Land geboren wurden. Zusammengenommen perpetuiert das den Flüchtlingsstatus von Generation zu Generation. Das führte in der Vergangenheit immer wieder zu kriegsähnlichen Konflikten, vor allem nach der Erfindung des „Volkes Palästina.“
Als 1967 ca.160000 Menschen aus Gaza vor der ägyptischen Verwaltung flohen, etablierte sich die PLO als politischer und militärischer Arm der Palästinenser. 1970 versuchte dann die PLO gewaltsam die Macht im Land an sich zu reißen und das Königshaus zu stürzen. Im Sprachgebrauch der PLO werden diese gewalttätigen Auseinandersetzungen als „Schwarzer September“ bezeichnet. Die Jordanischen Streitkräfte vertrieben die Palästinenser.
Die PLO imigrierte in den Libanon, das sich bereit erklärt hatte, die Palästinenser aufzunehmen. Da die PLO aber den Libanon als neue Ausgangsbasis in ihrem Kampf gegen Israel nutzte und muslimische Milizen aufgerüstete, wehrte sich die eingesessene christliche Elite mit einer Gegenaufrüstung. Als man befürchtete, die Palästinenser würde im Libanon denselben Plot der Machtübernahme wie in Jordanien verfolgen, sollte eine neuerliche Vertreibung der Palästineser durchgesetzt werden. Dieses Vorhaben führte zum Bürgerkrieg und verwandelte, das einst als „Schweiz des Nahen Ostens“ bekannte Land in eine Trümmerwüste.
Ersatzstaat bis zur Vernichtung Israels
Über die Jahre hat die UNWRA sich faktisch zu einem System entwickelt, das staatliche Aufgaben wie Bildung, Sozialfürsorge, Lagerinfrastruktur, medizinische Versorgung etc. übernimmt. Die Staaten, in den sich die Menschen aufhalten, sind also davon befreit. Aber auch in Autonomiegebieten und in Gaza sind die herrschenden Organisationen dieser Last der Verantwortung ledig. Mit Flüchtlingshilfe, mit Schutz vor Vertreibung aufgrund politischer, ethnischer oder religiöser Verfolgung haben die Unternehmungen der UNWRA inzwischen absolut nichts mehr zu tun. Es grenzte an ein Wunder, dass eine Organisation, die ohne selbst Wertschöpfung zu betreiben, jährlich mit ungeheuren Summen alimentiert wird, dafür Sorge trüge, sich überflüssig zu machen. Vielmehr lässt die UNWRA als Arbeitgeber und Ersatzstaat zu, dass sie von Terroristen unterwandert wird: Raketenlager unter Krankenhäusern, Terrortunnel, terroristisch-ideologische Bildungsprogramme in von der UNWRA betriebenen Schulen durch Hamasangehörige.
Wir erleben eine Singularität in der Weltgeschichte: Eine finanziell exellent ausgestattete Organisation schafft eine Ersatzstaatsbürgerschaft, die erst dann enden kann, wenn ein neuer arabischer Staates geründet wurde. Da aber die Zwei-Staaten-Lösung von Anfang an von arabischer Seite abgelehnt worden ist und jeder noch so kleine Schritt in diese Richtung boykottiert wurde, ist das langfristige Ziel, Israel zu eliminieren. Die UNWRA leistet dabei aktive Hilfe, indem sie die Palästinenser der Verantwortung für sich selbst enthebt. Um die bestehende, einem Frieden entgegengerichtete Struktur aufrechtzuerhalten, wird jeder Auflösung oder auch nur jeder Reform des Systems eine deutliche Absage erteilt.
Philippe Lazzarini, Generalsekretär der UNRWA, erklärt in einem X-Post vom 13. September 2024: „Diese Versuche (Zerschlagung der UNWRA, Anm.d.Verf.) zielen darauf ab, den Palästinensern ihren Flüchtlingsstatus zu entziehen und ihr Streben nach Selbstbestimmung zu untergraben.“ Streben nach Selbstbestimmung ist, betrachtet man die Ziele der Hamas, der PLO, der PFLP, nur ein euphemistischer Ausdruck für die Eliminierung Israels, also ein neuerlicher Holocaust. Eine Organisation der UN unterstützt Bestrebungen, ein Mitgliedsstaat der UN zu vernichten. Das zeigt u.a. die Rolle, die UNWRA bei den Geiselnahmen und der Gefangenschaft der jüdischen Geiseln in Gaza gespielt hat. Denn ohne die aktive Unterstützung der UNWRA wären weder der Angriff der Hamas, noch die Geiselnahmen möglich gewesen. Die Aufklärung dieser Vorgänge ist bislang nicht erfolgt. Und wird es wahrscheinlich auch in absehbarer Zeit nicht.
Ergebniskosmetik
Nach der Aufdeckung von aktiven Verwicklungen von UNWRA-Mitarbeitern beim Massaker der Hamas an Israelis vom 07.10.2024, die gezeigt haben, dass die UNWRA Teil der Terrorstruktur in Gaza ist, sind Mitarbeiter entlassen worden und mehrere Staaten haben ihre Transferleistungen an die UNWRA eingestellt oder gekürzt. Deutschland hat sich mit dieser Ergebniskosmetik zufrieden gegeben und zahlt inzwischen wieder. An der Rechenschaftspflicht, wofür die Gelder denn nun eigentlich verwendet werden, hat sich nichts geändert. Dieser Rechenschaftspflicht wird nicht nachgekommen. Vielmehr fließen wahrscheinlich immer noch Millionen aus dem Budget der UNWRA in die Kassen der Hamas. Immer noch werden jüdische Geiseln durch die Hamas festgehalten, was nur mit Wissen und Hilfe der UNWRA möglich ist. Auch die „Show der Schande,“ die die Hamas bei den Geiselrückführungen betreibt, kann nur mit Unterstützung der UNWRA und des IRK abgezogen werden.
Die UNWRA ist tatsächlich nicht nur Teil des Problems, sondern inzwischen das Problem selbst. Sie ist in dschihadistische Aktivitäten verwickelt, indoktriniert in ihren Schulen Kinder und Jugendliche mit antisemitischen Verschwörungstheorien und betreibt antiisraelische Propaganda. Sie entzieht sich dauerhaft der Kontrolle durch die Geberstaaten und macht sich somit zum Aliierten eines islamistischen Terrorismus. Die UNWRA blockiert mit ihrem Ersatzstaat aktiv eine Entwicklung hin zu einem dauerhaften Frieden. Sie befeuert einen Konflikt, der möglicherweise ohne diese Organisation schon wesentlich weiter in seiner Lösung sein könnte. Denn der dauerhafte Entzug der Eigenverantwortung hält die Palästinenser in fortgesetzter Abhängigkeit und Infantilisierung.
Vielleicht bewegt sich aber nun tatsächlich etwas in die richtige Richtung. Über hundert Angehörige der Opfer des Hamas-Massakers – Überlebende, Geisel-Familien, Besucher des Nova-Festivals, Hinterbliebene – verklagen die UNRWA auf Schadenersatz. Die UNWRA habe durch strukturelle Komplizenschaft den Terror begünstigt und so das Massaker erst möglich gemacht. Selbst wenn diese Klage am Ende keinen Erfolg haben sollte, desavouiert sie die UNWRA einmal mehr als Teil des terroristischen Netzwerkes.
Daniel Anderson: Berufsausbildung zum Flugzeugmechaniker. Regiestudium an HFF „Konrad Wolf“ in Babelsberg. Berufsverbot als Filmregisseur in der DDR. Oberspielleiter, Autor und Schauspieler am Theater Senftenberg. Verhaftung. Nach dem Mauerfall freier Regisseur, Autor (TV-Serie, Theater, Synchron), Schriftsteller und Musiker. Studium Vergleichende Religionswissenschaften in Bonn. Gründer und Leiter der „Theaterbrigade Berlin.“ Anderson lebt in Berlin und immer mal wieder in Tel Aviv.