Ulf Kubanke erzählt die Geschichte eines verdienten Whiskeys nach spookiger OP an seiner Retina und führt uns in höllische Groove Gefilde. 

„Keep your electric eye on me, Babe
Put your ray gun to my head“
(David Bowie, Moonage Daydream)

Ich trage schwarz,
jeden zu gemahnen,
sich bei Goth nicht mit dem Falschen anzulegen.

Bin ich doch dem Erscheinen nach offenkundig bereits vorbereitet für jemandes regentrübe Beerdigung.

Dummerweise ist es dann doch meist die eigene…..

Gut mithin,
so es draußen blitzt.
Nicht ganz so gut:
Es passiert im Zimmer.

2 Möglichkeiten:

Halluzination oder Netzhautablösung.

Die Blitze visualiert lediglich das linke Auge.

Okay, O.K., ok.

Fuuuuuukk!

Nicht viel Zeit, wenn der alte Lappen sich selbständig abtackert.

Und die Makula nicht komplett zur Makulatur degenerieren soll.

„Black Hole Sun“ 4ever? Nee danke, lieber Chris. Lass man steggn. Aber….

Ach nein, bloß nicht panisch werden. Was soll schon passieren?
Die haben bestimmt tolle Anästhesisten bei der Not-OP.

dachte ich.

3 Stunden später:

Ich sitze am OP Tisch, naiv

Vor mir ein Gestell zur totalen Fixierung des Kopfes.

Davor ein Plastikhocker in giftigem Schlaganfallsgrün.

Darauf ich

Voll Clockwork Orange

„Wann sprechen wir denn über die Betäubung, Doktor Hansen?“

nonchalant „Ach sofort, nur eine Frage, Herr Kubanke.“

„Klar.“

„Erklären Sie mir, wie ich den inneren Teil des Auges betäuben soll, während ich SIE wach benötige, den Laser mit MIR gemeinsam zu dirigieren. Ich darf keinen Tausendstel Millimeter daneben brennen. DA muss der Patient mitmachen.“

„Sie können mich nicht einfach wegdröhnen? Glück im Unglück geht ja auch anders.“

Mit heiligem Ernst: „Aber wir haben bald wieder kalte Laser. Die schmerzen deutlich weniger. Das ist wichtig, weil die inneren Teile des Sehorgans besonders sensibel sind.“

Er schraubt eine Scifi-taugliche Strahlenkanone an das Gestell.

Und tatsächlich – er pfeift vor sich hin. Ja nun, wenigstens einer von uns beiden hat Spaß.

Fixiert meinen Kopf.

Gummischnallen an der Seite verströmen permanent penetranten Kunststoffgeruch.

Hansen korkt mit schmatzend, quallenartigen Geräusch ein Okular auf mein linkes Auge.

Schraubt die Pistole waagerecht vor bzw direkt an das Auge

„Doc, wie b a l d eigentlich?“

fröhlich glucksend: „Nein nein, mit Ihnen hat das nichts zu tun.“

„Ach?“

„Nein, der kalte Laser ist in Reparatur. Aber Sie können das nicht abwarten. Ich erzähle Ihnen das nur so. Smalltalk beruhigt die Patienten.“

„Na ja….“

„Ja, für den Eingriff benötige ich ungefähr eine knappe halbe Stunde. Mehr ist das nicht. Es kann aber passieren, dass ihr Kreislauf alle 3 Minuten versagt.“

„Mein Kreislauf …Und dann?“

flötend meine Schulter tatschend: „Dann machen wir weiter.“

„Hmm…tja“

„Keine Angst, das passiert allen. Kein Grund zur Scham und zum Schmollen.“

„Im engeren Sinne begeisternd klingt das ja nun erstmal nicht.“

Hansen wird auf einmal todernst : „Doch, sollte es, Herr Kubanke. Der Riss befindet sich in Anbetracht des Zustandes ihrer Retina an einer der wenigen überhaupt operablen Stellen. Stellen Sie sich den Katzenjammer vor, wie es sonst wäre. Sie haben eben doch Glück im Unglück.“

„Krieg ich wenigstens ’nen Drink vorher?“

wieder glucksend: „Hinterher. Den müssen wir uns beide verdienen, jaja. Achtung, auf Drei geht es los.“

Die nachfolgende halbe Stunde verlief recht, sagen wir mal, unverfälscht.
Eine Grenzerfahrung ebenso intensiver wie einprägsamer Natur.

Nie wieder sage ich alter Ignorant, es werde einem von den Kassenbeiträgen nichts spürbar Handfestes geboten.

Zumindest nen Bourbon danach.
Und den genießt man wohl am besten mit guter Musik
Hier kommt der großartige R.L. Burnside mit einer „Asspocket of Whiskey“ samt der nicht minder wundervollen Jon Spencer Blues Explosion.

Wilder Bluesman trifft ebensolche Noise Rocker.

Gemeinsam grooven sie anno 1996 wie die Hölle.

Foto: „Not Dark Yet“ by Zizino, Hamburg, Japanischer Garten, April 2025