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Chemnitz: Wohin geht unsere offene Gesellschaft?

Ein Gastbeitrag von Bruno Heidlberger

„Chemnitz, was soll ich nur halten davon?“, fragt die FAZ Journalistin Johanna Dürrholz. Die jüngsten Ereignisse in Chemnitz, die medial förmlich über uns hinweggerollt sind, sind für viele nicht nur unübersichtlich und schwer durchschaubar. Vor allem haben sie uns rat- und hilflos gemacht angesichts der Uneinigkeit der Regierungskoalition bezüglich ihrer Lageeinschätzung der Ereignisse, der Bewertung und der zu ziehenden Konsequenzen. Die AfD hat nicht nur die Polarisierung zwischen CDU und CSU weiter befördert und SPD, Grüne und Linke mehr oder weniger zu Zaungästen gemacht; sie scheint einen grundsätzlichen politischen Dissens quer durch alle Parteien und durch die Bevölkerung offen gelegt zu haben.

Während Frau Merkel sich gegenüber der AfD und dem gewaltbereiten Rechtsradikalismus deutlich distanziert, mäandert der CSU-Innenminister nicht erst seit Chemnitz zwischen Verständnis und „Nulltoleranz“ gegenüber rechtsnationalen Kräften. Nicht nur, dass er sich selbst gerne den „besorgten Bürgern“ angeschlossen hätte, muss beunruhigen, sondern auch dass er von der „Migration als Mutter aller Probleme“ spricht. Im Subtext heißt das: “Ist Merkel weg, dann kommen auch keine Migranten mehr!“ Aber, was ist mit dem Asylrecht und was ist mit denjenigen, die hier längst in zweiter und dritter Generation leben? Welche Botschaft sendet Seehofer an diese Menschen? Mehr und mehr scheint die CSU die grundgesetzliche Bodenhaftung zu verlieren und sich in einen Lautsprecher und parlamentarischen Wurmfortsatz der Neuen Rechten zu verwandeln.

Die CSU mit Seehofer, Söder und Dobrindt an der Spitze erweckt den Eindruck, sich aus dem liberal bürgerlichen Lager zu verabschieden und dem illiberalen Lager der europäischen nationalistischen Rechten a la Viktor Orban zuzuwenden. Ist ein Innenminister, der praktisch keine eindeutige Grenze zu den Rechtsradikalen zieht und unsere offene Gesellschaft nicht mehr bedingungslos gegen ihre Feinde verteidigt, noch tragbar? Ist der Satz von Franz Josef  Strauß „Rechts von uns ist nur noch die Wand“ angesichts des enormen Machtgewinns der autoritären Nationalisten überhaupt noch zeitgemäß?

„Es ist Zeit, dass die Demokratie sich gegen diese Leute wehrt!“ (Martin Schulz). Gefährlich für den Bestand unserer Demokratie ist nicht nur die AfD, sondern auch diejenigen, die die Demokratie, wie die Neue Rechte, als „vorgespiegelte Demokratie“ (Götz Kubitschek) oder Fassade bezeichnen, hinter der sich wahlweise die Herrschaft einer liberalen Elite bzw. des Finanzkapitals verstrecke. Dieser primitive Antiparlamentarismus und Antikapitalismus ist sowohl nach rechts wie nach links anschlussfähig. Gefährlich ist auch, dass viele Menschen den Eindruck gewinnen, dass seit September 2015 nur der Streit um Höchstgrenzen und Grenzkontrollen zwischen CDU und CSU bis aufs Messer geführt die Politik bestimmt. Im Ergebnis wenden sich immer mehr von dieser Art von Politik verständnislos ab. Dringliche Probleme geraten ins Abseits. Der Koalitionsvertrag umfasst 177 Seiten! Auch wenn die Ministerien noch arbeiten, die große Linie fehlt. Immer mehr Menschen sind verunsichert. Irrende und extreme Gesinnung, Verschwörungstheorien, Wut und Zorn, lassen sich nicht kommunikativ, durch das bessere Argument, beheben. Es braucht eine deutliche Abgrenzung nach Rechtsaußen, aber vor allem Maßnahmen und Lösungen der Probleme, die das Gefühl ausgelöst haben, abgehängt, ausgegrenzt, benachteiligt oder bedroht zu sein. „Zukunft wird aus Mut gemacht!“, war der Wahlslogan von Bündnis 90/Die Grünen. Wo bleiben der Mut und die Wehrhaftigkeit der Regierungskoalitionäre? Was sind die Gründe für diese Lähmung und Unordnung? Ist Deutschland in den Strudel eines weltweit aufstrebenden Rechtsnationalismus geraten, der dabei ist, die alten politischen Lager zu spalten und neu zu formieren? Befindet es sich an einer „Wegscheide“ (Renate Künast) „zwischen Rechtsradikalismus und demokratischen Prinzipien, zwischen offener Gesellschaft und neuer Volksgemeinschaft, zwischen liberaler und autoritärer Politik? Ist gar die „alte Bundesrepublik zu Ende gegangen“ (Künast) und müssen wir für „unsere Demokratie stündlich kämpfen?“[1] Wie dramatisch ist die Lage?

Im Folgenden soll diesen Fragen am Beispiel der Ereignisse in Chemnitz nachgegangen werden. Es soll auch deutlich gemacht werden, wie und mit welcher Taktik die neurechten Biedermänner versuchen, auf die politische Entwicklung Einfluss zu nehmen und welche Folgen das für die demokratische Zukunft unseres Landes haben kann.

Konservative Revolution – Kulturkampf von rechts

Gemäß umfangreicher Studien von Ruth Wodak instrumentalisieren alle rechtspopulistischen Parteien „eine Art von ethnischer, religiöser, sprachlicher, politischer Minderheit als Sündenbock für die meisten – wenn nicht alle – aktuellen Sorgen und Probleme. Sie stellen die jeweilige Gruppe als gefährlich dar, die Bedrohung »für uns«, für »unsere« Nation. Diese Politik manifestiere sich als Politik mit der Angst.“[2] Frauke Petry sagte auf dem Parteitag 2015 in Hannover „Wir brauchen die Ängstlichen, um Mehrheiten zu bewegen.“ Dementsprechend appelliert die Neue Rechte nicht an die Vernunft oder an den Intellekt, vielmehr an das, was die Menschen fühlen, was auch als „gesunder Menschenverstand“ bezeichnet wird. Wodak kennzeichnet dies als „Rückkehr zu vormodernistischem Denken, also vor der Aufklärung.“[3]

Der Kulturkampf um »1968« ist aktueller denn je. Wer beherrscht den Diskurs, wer setzt die Begriffe? „In der Bundesrepublik schien“, so Heinrich Wefing, „das lange klar zu sein: zuerst die sogenannten Achtundsechziger, dann mehr und mehr die Grünen, obwohl sie nur kurz an der Macht waren, bis schließlich die Merkel-CDU deren Ideen aufsaugte und sich anverwandelte. […] Zum ersten Mal seit Langem“ werde „die kulturelle Hegemonie der Linksliberalen und Grünen massiv herausgefordert.“ Erst jüngst wieder hat Alexander Gauland in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärt, „wir versuchen, die Grenzen des Sagbaren auszuweiten“.[4] Besonders die in den neuen Bundesländern stark gewordene Alternative für Deutschland (AfD) begreift sich, so der Politologe Wolfgang Kraushaar, „in programmatischer Hinsicht als eine regelrechte Anti-68er-Partei“.[5] Dass es den Rechtspopulisten um eine »fundamentale Kehrtwende« in der Politik geht, hat Jörg Meuthen auf dem Stuttgarter Programmparteitag der AfD erklärt: »Wir wollen weg vom links-rot-grün-versifften 68er-Deutschland und hin zu einem friedlichen, wehrhaften Nationalstaat«“.[6] Der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat sich zwei Jahre später zu Wort gemeldet und hofft nun den längst abgefahrenen AfD-Zug einzuholen und fordert eine »Konservative Revolution«. Dobrindt beklagt, wie die Neue Rechte, eine „linke Meinungsvorherrschaft“ sowie „selbsternannte Volkserzieher“ in Politik und Medien, die eine „bürgerliche Mehrheit“ zu ertragen hätte.[7] Befördert Horst Seehofer als Innenminister diese „Konservative Revolution“ auf Bundesebene?

Ethnopluralismus – das Recht und die Pflicht zur Differenz in Chemnitz

Aktualisiert wird der völkische Kulturbegriff durch die Neue Rechte angesichts der globalen Wanderungs- und Fluchtbewegungen am Beispiel Chemnitz. Alexander Gauland wertete 2015 die Flüchtlingskrise in zynischer Weise als „Geschenk für uns“. In dieser Situation fällt die neurechte Propaganda vom »Recht auf Differenz« auf fruchtbaren Boden. Verschieden zu sein sei ein Schutzrecht für traditionelle Gesellschaften und gleichzeitig ein Abwehrrecht für Völker.

Unter Ethnopluralismus versteht die Neue Rechte das „Recht auf kulturelle Differenz“ von unterschiedlichen Ethnien und Nationen auf getrennten Territorien. Das demokratische Subjekt wird hier vom „Volk“ und nicht von Individuen konstituiert. Diese Ideen von Alain de Benoist, einem Vordenker der Neuen Rechten, werden von ihr für ihre Politik der kulturellen Homogenität aufgegriffen. Sie eignen sich, wie der Soziologe Roland Eckert bemerkt, „gegen Einwanderung, „Vermassung“, „Amerikanisierung“, und insbesondere gegen den Liberalismus und „Individualismus“ in der Tradition der Menschenrechte. Bei dieser ethnopluralistischen Kulturtheorie standen Carl Schmitt mit seinem Freund-Feind-Theorem und Konrad Lorenz mit seiner Annahme eines Aggressionstriebes Pate.

Chemnitz: Sonntag, 26.09.2018

Wer rassistische Hetze und Menschenjagden zu einem »Recht auf Differenz« und zur »Notwehr« erklärt stellt sich nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern legitimiert gewalttätige Ausschreitungen und Hetzjagden gegen Menschen wie in Chemnitz. Wieder ein „Geschenk“ für die Neue Rechte? In Chemnitz geht es um mehr als um einen Toten. Die brutale Messerattacke ist für die Neue Rechte eine willkommene Gelegenheit, dem gesellschaftlichen Diskurs ihren Stempel aufzudrücken. Am Sontag, den 26.08.2018, wurden in Chemnitz die »Feinde« schnell benannt: Flüchtlinge, Ausländer und Frau Merkel. Seit Daniel H., ein Tischler mit kubanischen Wurzeln, eher links eingestellt, am Sonntagmorgen durch fünf Messerstiche starb, die Tatverdächtigen, zwei Asylbewerber, in Haft sitzen, ist Chemnitz, zum Aufmarschgebiet der inzwischen gut vernetzen Neonazis, Rassisten, besorgten und verängstigten Bürgern geworden. Nachdem der rechtsextreme militante Fußballclub Hooligan-Gruppe Kaotic Chemnitz und zuvor die AfD bei Facebook zu einer Versammlung um 16.30 Uhr „vorm Nischel“[8] aufgerufen hatten standen schnell 800 Neonazis zur Hassparade bereit und zogen durch die Innenstadt. Sie konnten für Stunden die Herrschaft über die Straße übernehmen und einige von ihnen Migranten und die, die so aussahen, jagen. Auch »besorgte Bürger« ließen die Nazis gewähren oder klatschten. Die Menge skandierte: „Wir sind das Volk“, „Das ist unsere Stadt“ und „Das System ist am Ende, wir sind die Wende“, „Merkel muss weg!“. Die unterbesetzte und überraschte Polizei war oft hilflos und überfordert.

Chemnitz: Montag, 26.09.2018

Am Montag waren zu einem Protestmarsch von „Pro Chemnitz“, einer rechten Bürgerbewegung mit engen Verbindungen zur NPD und der örtlichen Hooligan-Szene, über 6000 Rechtsextreme und gewaltbereite Hooligans, aus Berlin, Brandenburg, Thüringen, Niedersachen und Nordrhein-Westfalen angereist. An einer Gegendemonstration nahmen etwa 1500 Menschen teil. „An der Magistrale, die den Namen Brückenschlag trägt“, notiert die Journalistin Ulrike Nimz, „stehen sich zwei Lager gegenüber, schreien sich Verwünschungen entgegen. Auf der einen Seite die Bürgerschaft mit Blechkuchen und Regenbogenfahne. Auf der anderen, am Fuße des Marx-Kopfes“,  hat „sich alles eingefunden, was rechts ist: NPD, Dritter Weg, Hooligans, Pegida.“ Aber scheinbar auch „normale Bürger.“ Es wirke „wie eine Aufstellung zum letzten Gefecht, Chemnitz, die geteilte Stadt.“[9] Rechte Demonstranten marschieren unbehelligt von der unterbesetzten Polizei durch die Stadt und setzen den Rechtsstaat außer Kraft. Erneut kommt es zu Gewalttaten, der Hitlergruß wird gezeigt. Wer den rechten Arm hebt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er den industriell organisierten Massenmord an Millionen Menschen, für einen Schritt in die richtige Richtung hält. Das sind keine „Hohlköpfe“ (Gauland), sondern Verfassungsfeinde. Gut eine Woche nach den Ausschreitungen wird bekannt, dass am Abend des 27. August das koschere Restaurant „Schalom“ von etwa einem Dutzend Menschen angegriffen worden sein. Die vermummten, schwarz gekleideten Täter hätten „Hau ab aus Deutschland, du Judensau“ gerufen.[10]

Götz Kubitschek zu Chemnitz: Mittwoch, 29.09.2018

Am Mittwoch, den 29. August, formuliert Götz Kubitschek, Stichwortgeber der Neuen Rechten, auf seinem Blog Sezession unter der Überschrift „Chemnitz – zehn Punkte für den nächsten Tag.“

„1. Die Tat von Chemnitz und der als Reaktion darauf hochkochende Zorn haben den Riß zwischen Regierungshandeln und Volk, zwischen Realitätsverweigerung und gesundem Menschenverstand, zwischen Medienlügen und Augenzeugenberichten, zwischen Ost und West weiter vertieft. […]

  1. Was ist überhaupt passiert am Sonntag und am Montag in Chemnitz? Aus dem Büro Kohlmann heißt es: Selbst der unbelehrbarste Charakter kann daran studieren, daß die allermeisten Medien nicht mehr die Wahrheit schreiben oder senden: Es gab keine eindeutig belegbaren „Menschenjagden“ am Sonntag. Keines der Videos läßt diesen Schluß zu. Es sind alles Vermutungen. Es gab so gut wie keine Übergriffe am Montag, und von denen, die es gab, kamen die allermeisten von links.“

Unter Punkt 7 zitiert Kubitschek die Stellungnahme des Büro Kohlmann. Er bezeichnet sie als „klar und ausgereift“. Es ist Martin Kohlmann, 41, Rechtsanwalt und Wortführer von „Pro Chemnitz“, Verteidiger der rechten Terrorgruppe Freital, der die Demonstration am Montag angemeldet hatte:

„Die Demo war die größte in Chemnitz seit 1989. Wir hoffen, dass jetzt genau die Stunde schlägt, die historische Umbruchstimmung einsetzt. Diese kann nur von Sachsen ausgehen. Wir wollen, dass das Thema der Asylbewerberkriminalität wahr- und ernstgenommen wird. Wir wollen, dass die Bürger ihr Recht auf Mitsprache einfordern. Alle merken, dass das Schlaraffenland dem Ende zugeht. Jetzt geht es um die Töpfe. Es geht um das Fremde und das Eigene. Wir wollen die Deutschen dazu ermuntern, das Eigene zu verteidigen, solange es noch möglich ist. Wir erleben in Chemnitz gerade eine historische Situation. Die Stadt ist voller Medienvertreter und Polizei. Wir wollen, dass die Deutschen den Unterschied zwischen (herrschendem) Parlamentarismus und (vorgespiegelter) Demokratie verstehen.“ [11]

 Jörg Meuthen zu Chemnitz: Mittwoch, 29.09.2018

Auch die AfD gab zu den Ereignissen eine Stellungnahme ab. Jörg Meuthen, ihr Co-Bundessprecher, seit Ende 2017 Mitglied im EU-Parlament, erklärte in einer Video Botschaft aus Brüssel unter der Überschrift „Hass der Linken auf Sachsen“, dass in den „deutschen Medien ein Ton über die Sachsen“ verbreitet werde, der „tief abstoßend, teilweise geradezu widerwärtig“ sei und der „an den Realitäten, dieses bemerkenswerten Bundeslandes komplett“ vorbeigehe. Der „üble Salonbolschewist Jacob Augstein, würde die „mutigen Bürger“ von Sachsen auf die „abscheulichste „Art und Weise „beleidigen und schulmeistern“. Das Bild, „das weite Teile des linken Journalismus sich bemühte über Menschen in Sachsen zu verbreiten“ sei völlig falsch. „Die Menschen in Sachsen“ widersetzten sich, „wie immer“, „denn so“ seien „die Sachsen, couragiert, den katastrophalen Folgen der europäischen, speziell der deutschen Migrationspolitik unter noch Kanzlerin Angela Merkel, für die sie hier in Brüssel immer mehr Gegenwind“ ernte. „Solange dies strickt friedlich und unter Wahrung unserer Gesetze“ geschehe, „deren Einhaltung seine Partei nicht müde“ werde „für alle Menschen einzufordern“, verdiene „diese nicht unsere Kritik, sondern unseren Respekt und Dank an die Bürger Sachsens für deren Einsatz für wahre Bürgergesellschaft und Demokratie.“[12]

Chemnitz: Samstag, 01.10.2018 – Schulterschluss: AfD, Pegida, Pro-Chemnitz

Bei der AfD-Demonstration am 01. September 2018 gab es achtzehn Verletzte, 37 Straftaten, auch Medienvertreter wurden angegriffen und eine SPD-Gruppe wurde überfallen. Polizisten wurden von rechten Demonstranten beschimpft, Reporter attackiert. Abseits der Demonstrationen wurde ein 20-jähriger Afghane von vier vermummten Menschen angegriffen und geschlagen und erlitt leichte Verletzungen. Es waren diesmal 1800 Beamte im Einsatz, die immer wieder massiv einschritten, um die Lager auseinanderzuhalten. Nach Polizeigaben nahmen etwa 8000 Menschen an einem gemeinsamen Marsch von AfD und Pegida teil, dem sich auch Demonstranten der rechtsnationalen „Bürgerbewegung“ „Pro Chemnitz“, mit guten Kontakten zur NPD sowie zur militanten Naziszene, anschlossen. Dem „Trauermarsch für die Toten der Herrschaft des Unrechts“[13] wollte auch der einflussreiche rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek beiwohnen. Angeführt wurde der Zug von dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke und Pegida Gründer Lutz Bachmann. Die Demo-Teilnehmer trugen mehrheitlich weiße Rosen, eine Provokation, gilt diese Blume als Symbol des Widerstands der Geschwister Scholl gegen die Nazi-Herrschaft. In Sachsen hat die AfD die CDU bei der Bundestagswahl bereits als stärkste Kraft abgelöst. Sie will mehr. Ihr Ziel: die konservative bürgerliche Mitte. Und die ist unter den Demonstrationsteilnehmern auch vertreten.

Zeitgleich demonstrierten 4000 Menschen für Frieden und gegen Ausländerfeindlichkeit. Zu der Gegendemonstration unter dem Motto „Herz statt Hetze“ bei der Johanniskirche war am Nachmittag neben Bundes- und Landespolitikern auch die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig gekommen. „Von Sachsen und Chemnitz muss heute die klare Botschaft ausgehen: Wir werden mit allen Mitteln des Rechtsstaates den rechten Hetzern entgegentreten“, sagte die SPD-Politikerin.[14] Am Samstag, den 01. September, wurde ein Traum von Björn Höcke wahr: Die Vereinigung der immer noch nach außen bürgerlich erscheinenden AfD mit dem harten Hooligan-Spektrum.

Jürgen Kasek, der zu Protesten am Samstag gegen die rechten Demonstrationen aufgerufen hatte, hält die Vereinigung von AfD mit Nazihooligans für ein strategisches Kalkül der AfD. Man habe „am Ende eine Partei, die offen in den Parlamenten gegen die Minderheiten“ hetze und „die auf der Straße von Schlägertrupps unterstützt“ werde. Beunruhigt hätte ihn, „wie sich bürgerliche Menschen mit organisierten Neonazis und Hooligans offensiv aufeinander zu bewegen, zusammen stehen, keine Annäherungsprobleme und Zweifel“ hätten – „nicht einmal, wenn der Hitlergruß gezeigt“ werde. „Gemeinsam mit den Identitären und auch dem neurechten Institut für Staatspolitik von Götz Kubitschek“ steckten sie „den Rahmen“ ab. „Dieser Rahmen“ sehe vor, „die AfD halbwegs bürgerlich erscheinen zu lassen, aber auf der Straße alle anderen Spektren einzubeziehen.“ [15]

 Bewertungen der Ereignisse von AfD, CSU und FDP

Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hat die Ausschreitungen in Chemnitz am 29. 08. verteidigt. „Wenn eine solche Tötungstat passiert, ist es normal, dass Menschen ausrasten“, sagte er der Tageszeitung Die Welt. Am gleichen Tag notierte Götz Kubitschek auf seinem Blog: “In Chemnitz jedoch war der Grund so schwerwiegend, daß man jede andere Reaktion als unnormal bezeichnen müßte: Überfremdung ist immer eine Form von Gewalt. Was also ist eine Überfremdung, die mit einer weit überproportionalen Gewalttätigkeit durch die Fremden einhergeht?“ Zehn Tage später äußerte sich auch Horst Seehofer (CSU) Er verstehe, „dass die Bevölkerung aufgewühlt ist, dass sie empört ist über dieses Verbrechen“. Das mache sie aber noch lange nicht zu Nazis und, dass er wäre er nicht Minister, auch auf der Straße in Chemnitz demonstriert hätte. Mit Blick auf die AfD soll er nach Teilnehmerangaben gesagt haben, die Migration sei „die Mutter aller Probleme“[16] und meinte wohl Frau Merkel, aber nicht den Krieg in Syrien, und andere Fluchtursachen oder die rechtsextremen Provokationen, auch nicht die zu hohen Mieten, die soziale Schieflage oder den Klimawandel. Von Alexander Gauland und Christian Linder bekam er in „der Analyse“ und „in Teilen recht.“

 Die AfD will den Ausnahmezustand (Carl Schmitt)

Gauland sah auch keinen Anlass sich von einem Tweet des AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier zu distanzieren. Dieser hatte geschrieben: „Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber. Ganz einfach! Heute ist es Bürgerpflicht, die todbringende »Messermigration« zu stoppen!“ Gauland erklärte: „Selbstverteidigung ist mit Sicherheit nicht Selbstjustiz. Nichts anderes ist gemeint.“ Inzwischen distanzieren sich sächsische AfD-Abgeordnete von dem Tweet. Der AfD-Abgeordnete Jens Maier, vormals Richter in Dresden, sagte: „Wir sind da nicht besonders glücklich drüber.“ Die AfD sei eine „Rechtsstaatspartei“, die das Gewaltmonopol des Staates nicht infrage stelle. Und die AfD-Fraktion Hochtaunuskreis, die am Montag schon die Systemfrage stellte, postete auf Facebook: „Bei uns bekannten Revolutionen wurden irgendwann die Funkhäuser sowie die Pressehäuser gestürmt und die Mitarbeiter auf die Straße gezerrt – darüber sollten die Medienvertreter hierzulande einmal nachdenken, denn wenn die Stimmung endgültig kippt, ist es zu spät.“ Der Beitrag wurde inzwischen gelöscht, bzw. verändert.[17] Der Deutsche Journalisten-Verband DJV nimmt das ursprüngliche Posting zum Anlass, den Verfassungsschutz aufzufordern, die AfD künftig zu beobachten.[18] Geht es nach Benjamin Jahn Zschoche, Sprecher und Fraktionsgeschäftsführer von „Pro Chemnitz“, die mit drei Sitzen im Stadtrat vertreten ist und die Versammlung am 27.08. angemeldet hat, ist „Sachsen ein braunes Gallien“. Und weiter: „Das Ende des Systems Merkel könne nur im Osten eingeläutet werden, das habe der Montag gezeigt“, sagt er, „als ganz normale Menschen“ auf die Straße gingen. „Genau wie damals, ´ 89.“[19] Zschoche ist Mitbegründer der „Blauen Narzisse“ und hat für Kubitscheks Sezession geschrieben, heute schreibt er für Tumult. l [20]

Ziel der Konservativen Revolution: Die Spaltung des bürgerlichen Regierungslagers

In der persönlichen Fragerunde mit Ministerpräsident Kretschmer während der „Sachsen-Gespräche“ wurde nicht über rechtsradikale Hetze und Menschenjagden und deren Folgen für das Zusammenleben aller Menschen in Chemnitz und anderswo diskutiert, sondern was viele der Anwesenden als die Ursache einer Tat wie der Tötung von Daniel H. ansahen: eine misslungene Einwanderungs- und Integrationspolitik.[21]  Ein solches Verbrechen rechtfertigt Angst, Sorge und vielleicht auch Wut. Es rechtfertig keinesfalls dieses für politische Zwecke zu instrumentalisieren, wie Kanzlerin Merkel am 12. September in der Haushaltsdebatte deutlich erklärt hat. Die Tod von Daniel H. rechtfertigt keine menschenfeindlichen Ausschreitungen, noch die Diskriminierung von Menschen, die „anders“ aussehen. Auch nicht, dem Staat das „Gewaltmonopol“, wie  der AfD Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier meint, streitig zu machen.

Der Tod von Daniel H. rechtfertigt nicht mit Neonazis in einer Reihe zu stehen und dann zu sagen, „Ich bin kein Nazi!“ Es rechtfertigt auch nicht den Rechtsextremismus klein zu reden, ihm mit einer mangelhaften Polizeitaktik entgegenzutreten und die Menschenjagden, wie bereits Götz Kubitschek zuvor, zu leugnen: “Es gab keinen Mob, es gab keine Hetzjagd“ (Kretschmer). Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte am Mittwoch, den 05. 09., es habe aus Chemnitz Bilder gegeben, die „sehr klar Hass und damit auch die Verfolgung unschuldiger Menschen“ gezeigt hätten. Vor einigen Tagen hatte Merkel bereits gesagt: „Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab.“

Und der Innenminister? Erst schwieg er tagelang zur rechtsextremistischen Randale, äußerte dann Verständnis für „die Wut der Bürger“ und sprach einen Tag später dem Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, sein Vertrauen aus, der  Zweifel an den Informationen über Hetzjagden während der Demonstrationen in Chemnitz äußerte ohne dies belegen zu können. Der Verfassungsschutzpräsident sagte: „Nach meiner vorsichtigen Bewertung sprechen gute Gründe dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken.“ [22] Indes bekräftigte Sachsens Vizeministerpräsident Martin Dulig (SPD), dass „Geflüchtete durch die Stadt getrieben wurden“. „Das ist passiert, das ist real. Und es ist beklemmend, weil man wirklich sieht, wie viel Hetze dabei ist und wie aus Hass auch Gewalt wird“, sagte Dulig am Mittwochabend in der Sendung Stern TV. „Man spürt richtig die Gewalt, die dort von den Leuten ausgegangen ist. Das betrifft Journalisten und Polizisten, aber auch viele Menschen, die als Fremde wahrgenommen oder so gesehen werden“, sagte Dulig weiter.[23] Auch die Generalstaatsanwaltschaft Dresden bestätigt nicht nur, dass es Ausschreitungen gegeben habe, sondern hat auch keine Zweifel an dem Video, das Maaßen bemängelt.

Die sächsische Justiz ermittelt wegen der Übergriffe in Chemnitz in 120 Fällen. Es geht um Landfriedensbruch, Körperverletzung und das Zeigen des Hitlergrußes.[24] „Für ein Fake spricht nichts“, schreibt die SZ vom 10. Sep. Noch am Montag, den 03. Sep., hätten alle 16 Landesämter für Verfassungsschutz in einer Telefonkonferenz, bei der Maaßen sich habe vertreten lassen, diese Auffassung geteilt. „Von Maaßens Statement in der Bild hinterher“ waren „die Teilnehmer überrascht“. Maaßen habe offenbar versucht, für „Team Seehofer ein Tor zu schießen.“[25] Seehofer macht scheinbar dort weiter, wo er seit September 2015 begonnen und vor der parlamentarischen Sommerpause aufgehört hat, mit dem Frontalangriff auf Merkels Integrität, Politik und Macht.

Michel Abdollahi und Antje Gündner haben unter den Ereignissen von Chemnitz Petition an Frau Dr. Angela Merkel eine Petition gestartet. Darin heißt es: „Ich bete bei jeder Meldung darum, dass es kein Ausländer ist, damit der Hass sich am nächsten Tag nicht wieder gegen uns richtet. Wir sind nicht alle Islamisten, weil ein paar Verbrecher unseren Ruf in den Dreck ziehen. Aber der Bundesinnenminister verurteilt alle Migranten, weil sich ein paar nicht benehmen können und straffällig werden. Ich kann wirklich nichts dafür, dass sich einige Migranten in Deutschland nicht benehmen.“[26] Bei der Haushaltsdebatte hielt Martin Schulz Alexander Gauland vor, komplexe politische Sachverhalte auf einen Konflikt mit einer gesellschaftlichen Minderheit zu reduzieren. Dieses sei „ein Mittel des Faschismus.“

Kollektivschuldvorwürfe stehen in Widerspruch zum Strafrecht moderner Demokratien und zum Artikel 33 Genfer Abkommen IV, die grundsätzlich von der individuellen Verantwortlichkeit ausgehen. Nicht nur in Kriegen und bewaffneten Konflikten hat Kollektiv- und Sippenhaftung wiederholt zu Menschenrechtsverletzungen geführt, vor allem während des Dritten Reiches. Warum wird die Tat eines Flüchtlings kollektiviert und mit mangelhafter Integration erklärt? Ein Flüchtling ist ein Mensch mit eigener Verantwortung. Sind denn alle Deutschen „integriert“, begehen Deutsche keine Straftaten? In einem demokratischen Rechtsstaat darf es in Hinblick auf die rechtliche Beurteilung einer Straftat keinen Unterschied machen, ob ein Flüchtling einen Deutschen oder ob ein Deutscher einen Deutschen tötet?

 Framing von Wirklichkeit: der Kampf um die Deutungshoheit

„Es gab keinen Mob, es gab keine Hetzjagd!“ Mob oder nicht. Hetzjagd oder nicht. Was ist wahr? Es geht hier mehr als um Begriffe. Es geht um die Frage, wie wehrhaft erweist sich unsere Demokratie gegenüber ihren Feinden. Siegt die Wahrheit über die Lüge? Begriffe setzen der Wirklichkeit einen Deutungsrahmen, sie rahmen die Wirklichkeit. „Flüchtlingskrise“, „Asylantenflut“, „Staatsversagen“, „Asyltourismus“, „Messer-Epidmie, „Umvolkung“, „Lügenpresse“, „vorgespiegelte Demokratie“ oder „Merkeldiktatur“. Der Begriff dafür ist das „Framing“. Manche Politiker meinen, ihre Aufgabe bestehe allein darin, zu sagen, „was ist“. Dies unterstellt, dass es einen direkten Zugang zu dem gibt, was wir Wirklichkeit nennen. Wenn es allein um Fakten geht trifft das zu. Sobald Fakten im Rahmen von naturwissenschaftlichen oder sozialen und politischen Sachverhalten einer Deutung unterzogen werden müssen tritt Evidenz vor dem Streit um Interpretation und Objektivität zurück.

Der Lyriker und Essayist Max Czollek hat darauf hingewiesen,[27] dass „die Bezeichnung »Ausländer« eine ausschließende, distanzierende Funktion“ enthalte: „Ich würde dagegen sagen, der rechte Mob attackiert ein Viertel der deutschen Bevölkerung.“ Denn das ist „die ungefähre Zahl derjenigen, die einen sogenannten Migrationshintergrund“ hätten, stellt Czollek fest. Was völlig harmlos daherkommt ist das Wort „Integration“. „Im Kontext des hier verwendeten Framings stehe es für jedoch für eine Pflicht zur Assimilation an eine als homogen gedachte Gesellschaft.“

Der Vormarsch der Konservativen Revolution und die Spaltung des bürgerlichen Lagers in Nationalisten und Weltbürger

Götz Kubitschek sagte anlässlich der Flüchtlingskrise: „Dieser Riss“ könne „fast nicht tief genug sein“, es sei „eine echte Wunde“, die „ausgebrannt werden“ müsse. Und nach den Ausschreitungen am Montag: „Die Tat von Chemnitz und der als Reaktion darauf hochkochende Zorn haben den Riß zwischen Regierungshandeln und Volk, zwischen Realitätsverweigerung und gesundem Menschenverstand, zwischen Medienlügen und Augenzeugenberichten, zwischen Ost und West weiter vertieft.“

Seehofers Satz: “Die Migration“ sei „die Mutter aller politischen Probleme“, trifft auf die, auch medial erzeugte Stimmungslage, in Deutschland zu. Sie macht die neue politische Konfliktlinie Angesichts des Aufstiegs der Rechtsnationalen und des Niedergangs des „liberalen Westens“ deutlich und verläuft nicht mehr zwischen links und rechts, sondern zwischen den Befürwortern einer offenen Gesellschaft und den Anhängern einer nationalen Volksgemeinschaft, zwischen Weltbürgertum und Nationalismus und zwischen einer liberalen und einer autoritären Politik. Diese Konfliktlinie verläuft quer durch die Bevölkerung wie durch die Parteien und das Regierungslager, einschließlich der obersten Verfassungsschutzbehörde. Hass sähen, den Diskurs bestimmen, übermächtig erscheinen, die Gesellschaft spalten und den  Ausnahmezustand herstellen, die sog. „friedliche Revolution“ (Gauland), das ist das erklärte Ziel der Neuen Rechten.

Diese Taktik hat nicht allein in Chemnitz Früchte getragen. Es wurde nicht nur der Hass gegen Fremde und Frau Merkel befeuert und so die Spaltung in der deutschen Bevölkerung weiter vertieft, sondern es wurden Menschen mit Migrationshintergrund in Angst und Schrecken versetzt. Im Ergebnis, ein riesengroßer Kollateralschaden für die bisherigen Integrationsbemühungen, nicht nur der Menschen mit Migrationshintergrund. Wie sagte Gauland: „Wir wollen es gar nicht schaffen.“ Der AfD geht es nicht um konstruktive Kritik, vielmehr um Sabotage der Politik der liberalen Mitte.

Die verfassungsfeindlichen Säuberungsphantasien hochrangiger Vertreter der AfD

Dass Oppositionsparteien vom Sturz der jeweiligen Regierung träumen, gehört zum parlamentarischen System. Die AfD will aber eine andere Republik ohne Meinungs- und Pressefreiheit, dem Herz jeder Demokratie. Dass die AfD mit »dem System« nicht zufrieden ist, machte der AfD-Vorsitzende Gauland in einem am Mittwoch, den 04.09., in der FAZ erschienen Interview deutlich. Die AfD wolle zwar die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht abschaffen. Aber das politische System müsse weg. Es gehe um »das System Merkel«. Zu ihm rechnet Gauland „eine Menge Leute in der CDU, die ihre Politik fortsetzen wollen“, aber auch „diejenigen, die die Politik mittragen“, das seien „auch Leute aus anderen Parteien und leider auch aus den Medien. Die möchte ich aus der Verantwortung vertreiben“. „Früher nannte man das Säuberung“, kommentiert Berthold Kohler (FAZ).

„Schließlich“ behaupte Gauland, so Kohler weiter, „dass es einen politisch-medialen Komplex mit Merkel an der Spitze“ gebe, „der nichts mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu tun“ habe – „nur dann“ könne „man das eine beseitigen, ohne das andere anzutasten.“ Eine Argumentation, die man auch von anderen Vertretern einer illiberalen Demokratie, wie Erdogan, Viktor Orban, Lech Kaczyński oder Donald Trump, kennt. Gauland habe „von einem „politischen System, das sich überholt“, habe gesprochen. Schon die Nationalsozialisten sprachen vom »System«, von den Systemparteien, Systempolitiker, Systemjournalisten – auch von der „Lügenpresse“, und meinten die erste deutschen Demokratie der Weimarer Republik. Die „Vertreibung“ aller aus Politik und Presse, die nach Meinung der AfD Merkels Politik „mittragen“, bezeichnet der AfD-Vorsitzende mit dem Begriff „friedliche Revolution.“[28] Derartige Verschwörungstheorien und Säuberungsphantasien sind in der AFD nicht neu und kein Spezifikum des von Gauland unterstützen völkischen Flügels. Schon am 29.12.2017 twitterte der deutsche Offizier, Uwe Junge, Mitglied des Landtags von Rheinland-Pfalz und Vorsitzender der AfD-Fraktion: „Der Tag wird kommen, an dem wir alle Ignoranten, Unterstützer, Beschwichtiger, Befürworter und Aktivisten der Willkommenskultur im Namen der unschuldigen Opfer zur Rechenschaft ziehen werden. Dafür lebe und arbeite ich. So wahr mir Gott helfe.“[29]

 Franziska Schreiber, eine ehemalige AfD-Funktionärin, notiert in ihrem Buch „Inside AfD“ über die AfD: “Sie lehnt »das System« ab, und die maßgeblichen Führungsfiguren betreiben den Umsturz.“[30] Der Verfassungsschutz in Thüringen hat nun den dortigen Landesverband der AfD zum „Prüffall“ erklärt. Das ist die Vorstufe zur Beobachtung durch den Verfassungsschutz, sagte Thüringens Verfassungsschutz-Chef Stephan Kramer. Allerdings: Jetzt sei Höcke angezählt.  Der Verfassungsschutz verweist auf ein Buch, das Höcke im Juli herausgebracht hat, es heißt: „Nie zweimal in denselben Fluss“. Es ist ein Werk der Demokratieverachtung: Höcke gehe „darin mit Machiavelli und Polybios von einem Verfassungskreislauf aus. Dabei spielt, die dem Modell zugrunde liegende These, das Phänomen der Dekadenz die entscheidende Rolle: Der Verfall der Tugenden innerhalb der Stadtstaaten, etwa in Gestalt einer nachlassenden Orientierung am Gemeinwohl. Aktuell befände sich Deutschland „im letzten Degenerationsstadium“ der Demokratie. […]

Höcke antwortet auf Seite 286 mit Machiavelli: Nur ein „uomo virtuoso“ könne „als alleiniger Inhaber der Staatsmacht ein zerrüttetes Gemeinwesen wieder in Ordnung bringen.“[31] Ist das die „wahre Bürgergesellschaft und Demokratie“, die Meuthen sich vorstellt? Machiavelli, dem uomo virtuoso in seiner Schrift Principe politisches Machtkalkül und Skrupellosigkeit jenseits von Ethik und Moral zur Stabilisierung der Ordnung empfahl, schwärmte in den Discorsi von der römischen Republik, bürgerlicher Freiheit und dem Gemeinwohl als Garanten politischer Beständigkeit.

Demokratie und offene Gesellschaft verteidigen!

Eine lautstarke medienwirksame rechtsradikale Minderheit meint den Willen „des Volkes“ zu repräsentieren. Das Wahlergebnis der Bundestagswahlen spricht eine andere Sprache. Noch ist die Zivilgesellschaft stärker als der Hass. Acht Tage später hat sie reagiert: Mit einem Gratis-Konzert: “Wir sind mehr.“ Keine Gewalt, dafür Musik. Sie kamen von überall her, um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. Das Konzert begann mit einer Schweigeminute. Es waren 65 000 junge Menschen, die ihre Zukunft noch vor sich haben. Sie wissen, dass sie etwas zu verlieren haben, wenn sie den Gegnern der offenen Gesellschaft das Feld überlassen. Emotionen waren schon einmal der Anfang eines großen jungen Aufbruchs für Frieden, Demokratie und Freiheit. 1968 gehörten die musikalische und die kulturelle Revolution zusammen wie Brüder und Schwestern. Nach dem Konzert wandte sich die stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch auf Twitter an die Besucher und schrieb: „Ihr seid nicht mehr. Ihr seid Merkels Untertanen, ihr seid abscheulich – und ihr tanzt auf Gräbern.“ Dieser Tweet wiederum löste zahlreiche empörte Reaktionen aus.

Spaltprodukte der Neuen Rechten – Gefahren der Selbstzerstörung von Demokratie und Rechtsstaat

Es sei „nicht überraschend“, führt der Soziologe Sighard Neckel aus, „dass der Rechtspopulismus überall dort in den unteren Einkommensschichten Erfolge erzielt, wo er Migranten und Flüchtlinge zu unliebsamen Nutznießern staatlicher Wohlfahrt stilisiert und ihnen als leibhaftige Repräsentanten des weltweiten Wandels die Verwerfungen der Globalisierung als Sündenböcke anzudichten vermag“.[32] Die „Unbeschützten“ (Peggy Noonan) aus Stadt und Land fühlen sich nicht gesehen. Ihre Kränkungen verwandeln sich in Wut und Rachegefühle gegen Minderheiten und sogar gegen „das System“, das diese Minderheiten angeblich bevorzuge.

Diese Sichtweise wird nicht nur von der AfD, sondern auch von Vertretern anderer parlamentarischer Parteien, aktuell von der neuen Plattform „Aufstehen“ befeuert. Diese kritisiert, so Jahannes Simon, unter Führung von Sarah Wagenknecht, Wolfgang Streeck und Bernd Stegemann eine angebliche „Hypermoral“ der Mitte und der Eliten und kopiert damit rechtspopulistische Sprachmuster. Der Vorwurf, die liberalen Eliten würden in einem hypermoralischen Taumel Deutschland an die Wand fahren und jede Kritik daran als „böse“ diffamieren, gehört zur Standardrhetorik des Rechtspopulismus. [33] Sie zielt direkt auf die Demontage von liberaler Demokratie und Rechtsstaat. Aber auch Bürger/innen aus der Mitte der Gesellschaft hassen Refugees welcome, Gendermainstreaming, Veggie days, Climate chance und die „hedonistischen metrosexuellen Latte-Macchiato-Bewohner der Metropolen.“ Sie hassen die „staatlich-obligatorische Frühsexualisierung“ und fühlen sich vom Feminismus, „dem Islam“ und „den Flüchtlingen“ bedroht.

In diesem Kontext entdecken nun auch Linke die alte neurechte Kritik an der sog. Hypermoral des Liberalismus, einem Begriff, der von Arnold Gehlen in seinem 1969 erschienenen Buch Moral und Hypermoral entwickelt wurde und sich gegen eine normative Ethik in Politik und Medien richtet, wie sie sich in den Menschenrechten ausdrückt. Der neurechte Vordenker Armin Mohler habe dies, so Karlheinz Weißmann (Sezzesion), „zu der Auffassung geführt, es handele sich bei Moral und Hypermoral um eine „Wegmarke“, und Criticón habe „über sehr lange Zeit die Funktion gehabt, der gehlenschen Rechten ein Forum zu bieten“.[34] Längst gehört der Begriff zum ideologischen Besteck der Neuen Rechten in ihrer Kritik am verhassten Liberalismus.

„Der antimoralistische Affekt der Rechtspopulisten“ sei, so Johannes Simon,  „keine Reaktion auf den sog. Hypermoralismus der Eliten, denn diesen“ gebe „es überhaupt nicht.“ Der Begriff „Hypermoral“ ist wie der Begriff „Sorge“ und anderer neurechter Kampfbegriffe ein diskursiver Schild“ als Etikettenschwindel.

Was es gibt, „ist der liberale Rechtstaat“ auf Boden des Grundgesetztes. „Zum Beispiel“ solle „jeder Mensch vor Diskriminierung geschützt werden und möglichst gleiche Chancen erhalten, etwas aus seinem Leben zu machen. Auch allgemeine Menschenrechte  und das Recht auf Asyl. Diese Moral zu überwinden, und damit den liberalen Rechtsstaat, ist die Absicht der Rechten.“ Gegenwärtig wird im Namen der „hart arbeitenden Menschen“ die Revision des Kosmopolitismus vollzogen. Diejenigen, die auf die nationalistische Karte oder gar auf eine „konservative Revolution“ (AFD, Neue Rechte, CSU) setzen behaupten, Einwanderung, Globalisierung, Klimaschutz, Identitätspolitik und der Liberalismus der 68er seien Ursprung allen Übels.

Prominenter Gegner dieser Meinung ist der französische Soziologe und Philosoph Didier Eribon („Rückkehr nach Reims“). Er insistiert, man dürfe die Kämpfe der Identitätspolitik nicht dem sozialen und wirtschaftlichen Kampf entgegenstellen. Die Hauptgefahr für Demokratie und Rechtsstaat ist nicht der linke Liberalismus oder die freie soziale Marktwirtschaft, sondern der rechtsnationale Fundamentalismus. Die nationale und soziale Fokussierung von „Auf­ste­hen“ führt nach Michael Bittner, auf die „schiefe Ebene der Volksgemeinschaft. „Aufstehen“ habe – „wie Syriza in Grie­chen­land und Fünf Sterne in Italien – das Poten­tial, eines Tages mit einer rechts­na­tio­na­len Par­teien zu pak­tie­ren.“[35]

 Abschied von der ethnischen Nation bei gleichzeitiger Gestaltung einer republikanischen Verfassungsnation – „Wir schaffen das!“

Rechte Gewalt in Hoyerswerda, Clausnitz, Heidenau und Chemnitz. Der Rechtsextremismus-Forscher Alexander Häusler weist darauf hin, warum die aktuellen Proteste in Chemnitz anders als damals sind. In Chemnitz seien verschiedene rechte Gruppierungen auf die Straße gegangen: von bekennenden Neonazis, die den Hitlergruß zeigen, über rechtsextreme Hooligans und Anhänger der „Identitären Bewegung“ bis hin zu AfD-Anhängern und Bürgern, die sagen: „Ich bin nicht rechtsextrem, aber das, was die Merkel mit den Flüchtlingen macht, das kann so nicht weitergehen.“ In den 90er Jahren war das anders: „Zwar“ hätte „es auch damals rechte Mischmilieus“, gegeben, „aber die Gruppen“ seien „meist nicht zusammen, sondern getrennt voneinander auf die Straße gegangen.“ Ein „wichtiger Grund“ sei „die AfD“: Die Partei verharmlose „rassistisches und völkisch-nationalistisches Gedankengut“, indem sie behaupte, „es sei nicht rassistisch, sondern lediglich Ausdruck von Meinungsfreiheit.“ „Viele Leute“ würden dann denken, „es gehöre zum normalen Ton, sich so zu äußern.“ Die AfD sei „zum parteipolitischen Dach für Rechtsextremisten, Rechtspopulisten und sogenannte „besorgte Bürger“ geworden.“ Das sei „eine neue und sehr gefährliche Entwicklung.“[36]

Der Politikwissenschaftler Dieter Oberndörfer, der vor 20 Jahren mit dem Historiker Klaus J. Bade, den „Rat für Migration“ gründete, weist darauf hin, dass die deutsche Gesellschaft „unumkehrbar eine Einwanderungsgesellschaft geworden“ ist. Und kein „noch so rechtsradikaler Politiker in Deutschland, in Europa oder in den USA“ werde „die demographisch vorgegebenen Veränderungen ihrer Bevölkerung verhindern“ können. „Streit und Spaltung“ könnten „die Rechten schaffen, einen ethnisch reinen Volkskörper nicht.“

Die Globalisierung lässt die Bedeutung des Bezugsrahmens des Nationalstaates immer mehr in den Hintergrund treten. Am weitesten ist die Wirtschaft globalisiert. Noch kann man, trotz US-amerikanischem Protektionismus, von einem Weltwirtschaftssystem sprechen. Die anderen gesellschaftlichen Teilsysteme, internationale multilaterale Institutionen und Organisationen, befinden sich erst auf dem Weg zur Etablierung auf weltgesellschaftlicher Ebene. Diese weiter auszubauen ist die Aufgabe der Zukunft. Das betrifft auch die Kultur und erzeugt Konflikte und Spannungen. Deutschland ist kosmopolitisch geworden, was manche Menschen verunsichert, ist eine Tatsache, der man ins Gesicht schauen muss. Offene Grenzen oder Festung Europa sind falsche Alternativen. Wir müssen Globalisierung und Migration gestalten. „Wir schaffen das!“ „Wir müssen uns“, fordert Oberndörfer, „von der ethnischen Nation verabschieden und einer republikanischen Verfassungsnation Gestalt geben.“ Bürger der Republik könnten „prinzipiell alle Menschen werden, die sich zur republikanischen Verfassung und ihren Werten bekennen.“ Das sei zwar rechtlich längst der Fall, aber in den „Köpfen vieler Menschen noch nicht angekommen.“[37]

Deutschland ist kulturell und religiös vielfältig. Migration nicht als soziale und politische Tatsache der globalisierten Welt zu begreifen geht an der Realität vorbei. Es gibt das Versprechen auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, das Recht auf „verschieden“ zu sein, das jedem Einzelnen, jeder Gemeinschaft und jeder Kultur laut Grundgesetz zugestanden wird. Dieser Universalismus steht nicht in Widerspruch zu den Menschenrechten. Sie bilden geradezu die rechtliche Grundlage von anderen verschiedenen zu sein. So können und werden sie auch von Minderheiten in Anspruch genommen. Ob links, liberal, konservativ, christlich oder grün. In dem demokratischen Projekt findet jeder seinen Platz.

Konfliktreich wird dieses „Recht auf Ungleichheit“, wenn es nicht für Individuen, sondern für Gemeinschaften und Nationen gelten soll und zur Auslöschung der Verschiedenheit führt. Kollektive haben sich über die Zustimmung von Individuen zu legitimieren und nicht umgekehrt. „Das Recht auf kulturelle Differenz“, schreibt Roland Eckert, „ist nämlich nicht mehr gewährleistet, wenn aus ihm eine „Pflicht zur Differenz“ abgeleitet wird und die Menschen dadurch zur Assimilation an eine Gemeinschaft gezwungen werden.“ Auch Ehrenmorde sind Ausdruck eines verwandtschaftlichen Eigenrechts gegenüber den geltenden Menschenrechten. Das Recht auf Differenz muss von Individuen ausgeübt werden und nicht von Gemeinschaften oder Kollektiven. Diese Konsequenz des Ethnopluralismus ist, das zeigt auch Chemnitz, kein Gedankenspiel. Die Zivilgesellschaft in Deutschland ist stark, Demokratie fällt aber nicht vom Himmel, wir müssen dafür kämpfen und dafür, dass Deutschland nicht wieder in eine Barbarei zurückfällt. In Abwandlung des Satzes von Horst Seehofer könnte man sagen, nicht die Migration, sondern der Rassismus ist die Mutter vieler Probleme.

Ob Deutschland sich an einer „Wegscheide“ befindet ist Deutung, ist Framing. „Die sozialen Medien machen es“, nach Meinung von Heinrich Wefing, „fast unmöglich, einigermaßen präzise zu sagen, wer im Moment den Diskurs“ beherrscht und „die Begriffe“ setzt. Vieles spricht dafür, „dass die Hegemoniefrage in Deutschland aktuell einfach offen ist.“ Dennoch gebe es „keinen Grund zur Entwarnung.“ Wenn „die liberale Mitte auch weiter“ steht, „wenn sie sich nicht hysterisieren“ lasse, sondern „gelassen auf die eigene Kraft“ vertraut, dann könne sie sich „den Polarisierern von rechts und von links entgegenstellen.“ [38]

Anmerkung: Dieser Text ist in Teilen ein Auszug aus dem Buch des Autors mit dem Titel 50 Jahre »1968« – Antiautoritäre Revolte versus Autoritäre Revolte. Wohin geht unsere offene Gesellschaft?“, das voraussichtlich noch in diesem Jahr im Logos Verlag Berlin erscheinen wird. Außerdem finden Sie eine ausführliche Fassung dieses Textes auf: Portal für Politikwissenschaft. https://www.pw-portal.de/

[1] Anna-Lena Ripperger: „Die alte Bundesrepublik ist vorbei“, FAZ 11.09.2018, http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/renate-kuenast-kann-horst-seehofer-nicht-mehr-ernst-nehmen-15781341.html

[2] Ruth Wodak: Politik mit der Angst. Zur Wirkung rechtspopulistischer Diskurse, Wien 2016, S.18.

[3] Ebd.

[4] Heinrich Wefing: Haltet den Rand, Die Zeit Nr. 33, 08.08.2018, https://www.zeit.de/2018/33/hegemoniefrage-rechtsruck-afd-debatte-europa

[5] Wolfgang Kraushaar: 1968. 100 Seiten, Stuttgart 2018. S.18.

[6] Jörg Meuthen: Rede auf dem AfD Parteitag in Stuttgart vom 30.04.2016.

[7] Alexander Dobrindt: „Wir brauchen eine bürgerlich-konservative Wende“, 04.01.2018, https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus172133774/Warum-wir-nach-den-68ern-eine-buergerlich-konservative-Wende-brauchen.html

[8] https://www.watson.de/sport/interview/204855438–kaotic-das-sind-die-rechten-ultras-die-zum-aufmarsch-in-chemnitz-aufriefen

[9] Ulrike Nimz: “Der sächsische Staat ist handlungsfähig“, SZ 29.08.2018, S.2.

[10] SZ: 08.09.2018: Landeskriminalamt ermittelt wegen antisemitischen Angriffs in Chemnitz, https://www.sueddeutsche.de/politik/sachsen-medienbericht-auch-angriff-auf-juedisches-restaurant-in-chemnitz-1.4121891

[11] Götz Kubitschek: Chemnitz – zehn Punkte für die nächsten Tage, 29. August 2018,

https://sezession.de/59342/chemnitz-zehn-punkte-fuer-die-naechsten-tage

[12] Jörg Meuthen: Hass der Linken auf die Sachsen, https://www.afd.de/

[13] Iris Mayer: Die lautstarke Minderheit, SZ, 03.09.2018, S. 5.

[14] Dpa: Tausende bei Protesten gegen rechts und gegen Flüchtlinge, 01.09.2018, https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article181385392/Tausende-bei-Protesten-gegen-Rechts-und-gegen-Fluechtlinge.html

[15] Christian Jacob: Interview mit Jürgen Kasek: „Höckes Traum ist aufgegangen“, 02.09.2018, http://www.taz.de/Anwalt-ueber-Demos-in-Chemnitz/!5532742/

[16] Host Seehofer: Als Innenminister unhaltbar, SZ 06.09.2018, https://www.sueddeutsche.de/politik/seehofer-kritik-1.4118914

[17] Zeit Online: Chemnitz. Alexander Gauland bezeichnet Übergriffe in Chemnitz als normal, 29.08.2018, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-08/chemnitz-alexander-gauland-ausschreitungen

[18] Sonja Thomaser:  AfD warnt vor Sturm auf die Pressehäuser, FR, 29.08.2018.

[19] Ulike Nimz: Kapitalfehler, SZ 1./2. September 2018, S. 3.

[20] Ebd.

[21] https://www.n-tv.de/politik/Dialog-mit-einer-gespaltenen-Stadt-article20600084.html

[22] dpa: SZ Seehofer: „Maaßen hat mein volles Vertrauen“, SZ 07.08.2018, https://www.sueddeutsche.de/politik/ausschreitungen-in-chemnitz-seehofer-herr-maassen-hat-mein-volles-vertrauen-1.4120315

[23] Martin Dulig: dpa: Horst Seehofer äußert Verständnis für Demonstranten, SZ, 06.09.2018, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/bundesinnenminister-horst-seehofer

[24] SZ: Viele Ermittlungsverfahren nach Ausschreitungen von Chemnitz, 06.09.2018, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/generalstaatsanwaltschaft-dresden-ermittlungsverfahren-chemnitz

[25] Ronen Steinke: Ich weiß etwas, was Du nicht weißt, SZ 10.09.2018, S. 2.

[26] Michel Abdollahi und Antje Gündner #OffenerBrief an die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und die Bundesregierung, changeorg.com

[27] Max Czollek: Wer überrascht ist, hebe den rechten Arm, SZ 03.09.2018, https://www.zeit.de/kultur/2018-09/chemnitz-rechtsextremismus-rechtes-denken-deutschland

[28] Berthold Kohler: Phantasien der AfD: Früher nannte man das Säuberung, FAZ

05.09.2018 http://www.faz.net/aktuell/politik/afd-phantasien-von-alexander-gauland-man-nannte-es-saeuberung-15773410.html?GEPC=s5

[29] Uwe Junge, MdL, @Uwe_Junge_MdL, Twitter.com/RLP_AfD/status… 23.24-29.Dez. 2017.

[30] Zit. bei: Detlef Esslinger: Systemfeinde, SZ 03.09.2018, S. 4.

[31] Sebastian Pittelkow, Katja Riedel und Ronen Steinke: Verfassungsschutz überprüft die Thüringer AfD, 06.09.2018, https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-thueringen-verfassungsschutz-1.4119095

[32] Sighard Neckel: Populismus. Aus Scham wird Rache. Universität Hamburg, https://www.wiso.uni-hamburg.de/…/neckel/…/neckel-aus-scham-wird-rache-sz-22-11…

[33] Johannes Simon: Die eigenen Privilegien stressfrei genießen, Die Zeit 08.09.2018, https://www.zeit.de/kultur/2018-09/sammlungsbewegung-aufstehen-sahra-wagenknecht-bernd-stegemann-moral-rhetorik

[34] Karlheinz Weißmann: Moral und Hypermoral – Gehlens politische Wirkung, Sezession 4/2004, https://sezession.de/7647/moral-und-hypermoral-gehlens-politische-wirkung

[35] Michael Bittner: „Warum ich bei „Aufstehen nicht mitmache.“ – Eine Absage von links, Zentrum liberale Moderne, 04.09.2018, https://libmod.de/michael-bittner-warum-ich-bei-aufstehen-nicht-mitmache-eine-absage-von-links/

[36] Alexander Häusler: „Es gibt viele Parallelen zu den 90er Jahren“, Mediendienst Integration, 07.09.2018, https://mediendienst-integration.de/artikel/interview-alexander-haeusler-chemnitz-rechtsextremismus-90er-jahre.html

[37] Dieter  Oberndörfer: Monokultur war gestern, SZ 07.09.2018, S.2.

[38] Heinrich Wefing: a.a.O.

 

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20 Gedanken zu “Chemnitz: Wohin geht unsere offene Gesellschaft?;”

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    derblondehans
    … nun, Hr. ‘freier Philosoph’, allein diese ‘starke-meinung’ sollte als Antwort genügen.
    … im Übrigen es wäre toll, Herrr B.H., wenn Sie die ‘offene Gesellschaft’ kurz mit eigenen Worten charakterisieren; wie auch immer erklären. Ich mag die ‘Offene Gesellschaft’
    Sehr geehrter blondehans,
    ich würde den Begriff „offene Gesellschaft“ in etwa mit dem Grundgesetz gleichsetzen.
    Im Übrigen möchte ich auf Karl Popper und seine Regeln für eine gelungene Kommunikation verweisen, die Grundlage einer offenen Gesellschaft sein sollten. Hier ist jeder Einzelne von uns gefordert.
    • Jeder Mensch hat das Recht auf die wohlwollende Auslegung seiner Worte.
    • Wer andere zu verstehen sucht, dem soll niemand unterstellen, er billige schon deshalb ihr Verhalten.
    • Wer andere zu verstehen sucht, dem soll niemand unterstellen, er billige schon deshalb ihr Verhalten.
    • Zum Recht ausreden zu dürfen, gehört die Pflicht, sich kurz zu fassen.
    • Jeder soll im Voraus sagen, unter welchen Umständen er bereit wäre, sich überzeugen zu lassen.
    • Wie immer man die Worte wählt, ist nicht sehr wichtig. Es kommt darauf an, verstanden zu werden.
    • Man soll niemanden beim Wort nehmen, wohl aber das ernst nehmen, was er gemeint hat.
    • Es soll nie um Worte gestritten werden, sondern um die Probleme, die dahinterstehen.
    • Kritik muss immer konkret sein.
    • Niemand ist ernst zu nehmen, der sich gegen Kritik immunisiert hat.
    • Man soll einen Unterschied machen zwischen Polemik, die das Gesagte umdeutet, und Kritik, die den anderen zu verstehen sucht.
    • Kritik soll man nicht ablehnen, auch nicht nur ertragen, sondern man soll sie suchen.
    • Jede Kritik ist ernst zu nehmen, selbst die in böser Absicht vorgebrachte: Denn die Entdeckung eines Fehlers kann uns nur nützlich sein.
    Poppers Kommunikationsregeln. Veröffentlicht wurden sie 1994 von Hans-Joachim Niemann in der Zeitschrift „Aufklärung und Kritik“. [1]
    Überschrieben sind sie mit dem schönen Titel: Rechte und Pflichten derer, die von ihren Mitmenschen lernen wollen.
    Unabhängig davon, kann jedoch die Überzeichnung der Satire, die Ironie, der Witz und das Zitat wie auch die Metapher als Stilmittel seine Berechtigung haben.
    [1] Aufklärung und Kritik, Nr. 1 (1994), S. 119

  2. avatar

    Zu PP

    ihre eigentliche Fragestellung müsste lauten, wer beeinflusst unsere freie Gesellschaft und welche Ziele haben sie?

    Sehr geehrte Herr PP,
    Meine Fragstellung „Wohin geht unsere offene Gesellschaft?“ glaubte ich auch dadurch beantwortet zu haben, indem ich diejenigen in den Fokus genommen habe, die diese bedrohen. Einige Zwischenüberschriften weisen darauf hin:

    Konservative Revolution – Kulturkampf von rechts

    Ethnopluralismus – das Recht und die Pflicht zur Differenz in Chemnitz

    Ziel der Konservativen Revolution: Die Spaltung des bürgerlichen Regierungslagers

    Die AfD will den Ausnahmezustand (Carl Schmitt)

    PP: Man kann sich jetzt auf den Standpunkt von Herrn Posener versteifen und behaupten, die Argumente dieser Bevölkerungsgruppe interessieren einen nicht. Es ist aber zu bezweifeln, dass sich die Gruppe dann von den Verführern abwendet.

    Ich kenne diese Argumente von Herrn Posener nicht. Grundsätzlich ist unsere einzige und beste „Waffe“ das vernünftige Argument. Wir haben nichts Besseres.

    PP: Es führt daher kein Weg daran vorbei, wir müssen diesem Bevölkerungsteil Gesprächsangebote machen und Perspektiven aufzeigen, um den Einfluss der Verführer einzuschränken.

    Hier stimme ich Ihnen völlig zu. Ich versuche dies mit meinem Text zum Thema.

    PP: Da war die Politik in den 70ern übrigens schon weiter, als Volksparteien noch Volksparteien waren und 90% der Wahlberechtigten repräsentierten.
    Politiker haben damals bewiesen, dass dies kein unmögliches Unterfangen ist.
    Vielleicht sollten wir einfach mal, wie im Fußball üblich, auch den ein oder anderen Akteur auswechseln. Ich glaube nicht, dass es unserer Demokratie schadet.
    Ein Versuch: Ich glaube, die Zeit der Volksparteien ist erst einmal vorbei. Die Säkularisierung, Individualisierung, Digitalisierung, Modernisierung, Globalisierung und Pluralisierung haben nicht nur die sozialen Milieus und Traditionen, sondern auch die kulturellen Einstellungen und Erwartungen an die Politik verändert. Dies alles spiegelt sich auch in der Zersplitterung des Parteienspektrums wieder, aber auch im Rückgang der Wahlbeteiligung (1972 – 91%; 2014 – 48 %). Hinzu kommt: In den meisten Parteien haben oft noch die Traditionalisten, die nicht auf der Höhe der Zeit sind, das Sagen.

    1. avatar

      @B.H.

      … jau, Hr. Heidlberger, ist das alles? ist das wirklich alles? … mit ‚Poppers Kommunikationsregeln‘, so wie Sie die hier schreiben, geh‘ ich mit. Neu sind die aber nicht. Oder? … meine Eltern und deren Eltern jedenfalls kannten Popper gar nicht. Seine ‚Regeln‘ sind aber, ähnlich, Bestandteil in der Erziehung ihrer Kinder gewesen … und bei/auf ’starke-meinungen‘ sind diese Regeln common sense. Meistens jedenfalls. 😉

      Muss ganz schlimm sein, wenn solch einfachste Regeln für Deutschland angemahnt werden müssen.

  3. avatar

    Europas Mainstream-Medien haben zu dem, was sie als „extreme Rechte“ und „Neonazis“ nennen einen Zustand verzerrter Raserei erreicht. Ich weiß das. Ich habe das gerade am eigenen Leib erfahren. Erlauben Sie mir bitte, davon zu erzählen.

    Daniel Pipes: … Ich muss dieses Thema nun in persönlicherer Weise behandeln, in Begriffen, die ich normalerweise nicht aufwerfe:

    Ein großer Teil meiner Familie wurde von den Nazis ermordet. Meine Eltern sind Holocaust-Überlebende. Ich wurde vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geboren. Als ich aufwuchs, warf die Tatsache, dass das fürchterlichste Verbrechen der Welt an meiner eigenen Familie verübt wurde, einen untilgbaren Schatten …

    … Die europäische Elite, die ich die 6 P nenne (Polizei, Politiker, Presse, Priester, Professoren und Staatsanwälte [„prosecutors“]) verdrehen schamlos die Fakten, um aus denjenigen, die ihr Erbe schützen, Kriminelle zu machen. Ich weiß das, denn auch ich bin jetzt ein Opfer davon.‘

    … no comment.

    1. avatar

      @dbh: Mag sein, daß Ihnen dazu kein Kommentar einfällt. Meiner beschränkt sich auf eine Aussage: Daniel Pieps als Nazi zu bezeichnen, ist in der Tat etwas weit hergeholt; es reicht, ihn als Trottel zu bezeichnen, welcher nicht vorher fragt, wer auf dem Karren sitzt, vor den er sich spannen läßt.

  4. avatar

    Ähm, gerade nicht, Herr Weller. Randi Crott war 1968 noch Schülerin, Franz Schönhuber war Journalist und politisch, wenn überhaupt aktiv, ein kleines Licht; wenn er 1968 etwas abbekommen hat, dann bestenfalls eine Dusche aus dem Wasserwerfer. Die RAF entstand 1970, also zwei Jahre und einen Monat nach den Krawallen vor dem Springer-Gebäude, und wer linksradikal dachte, hätte einen Teufel getan, alles andere getan als sich bürgerlich zu nennen, egal ob sie wie Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof oder Holger Meins aus bürgerlichen Elternhäusern stammten oder nicht.

  5. avatar

    Werter Herr Heidlberger,

    ihre eigentliche Fragestellung müsste lauten, wer beeinflusst unsere freie Gesellschaft und welche Ziele haben sie?

    Tatsache ist nämlich, dass mittlerweile ein signifikanter Bevölkerungsanteil (Ost 25%, West 14%) sich nicht mehr von den Repräsentanten der parlamentarischen Demokratie vertreten fühlen.

    Das macht diese Menge anfällig für allerlei Verführer mit zweifelhaften Leumund. Man kann sich jetzt auf den Standpunkt von Herrn Posener versteifen und behaupten, die Argumente dieser Bevölkerungsgruppe interessieren einen nicht. Es ist aber zu bezweifeln, dass sich die Gruppe dann von den Verführern abwendet. Ich lasse an dieser Stelle einmal die Frage nach der Motivation von Herrn Posener im Raum stehen.

    Für die Lösung ihrer eigentlichen Fragestellung, können wir unsere freie Gesellschaft erhalten, kann ich nur antworten: Ja, wir müssen es nur richtig anstellen.

    Dafür ist allerdings ein Perspektivwechsel notwendig. Verbote helfen gar nicht, denn damit würden wir selber Hand an unsere freie Gesellschaft legen.

    Es führt daher kein Weg daran vorbei, wir müssen diesem Bevölkerungsteil Gesprächsangebote machen und Perspektiven aufzeigen, um den Einfluss der Verführer einzuschränken.

    Da war die Politik in den 70ern übrigens schon weiter, als Volksparteien noch Volksparteien waren und 90% der Wahlberechtigten repräsentierten.
    Politiker haben damals bewiesen, dass dies kein unmögliches Unterfangen ist.
    Vielleicht sollten wir einfach mal, wie im Fußball üblich, auch den ein oder anderen Akteur auswechseln. Ich glaube nicht, dass es unserer Demokratie schadet.

  6. avatar

    Ja, gewiß, nur war die Rebellion der 68er durch nichts zu rechtfertigen, während die Aufständischen gegen die kulturen- und nationenzerfressende Globalisierung, die zerstörerische Weiberherrschaft und für ihr Land und ihre Nation kämpfen.

    Für alles andere lohnt es sich auch nicht, zu kämpfen. Die 68er waren verwöhnte, verzärtelte Hedonisten, und wenn es hart auf hart gekommen wäre, so hätte wohl keiner von ihnen heute mehr damit angegeben, damals „dabeigewesen“ zu sein.

    1. avatar

      Das stimmt. Bei den 68ern lief die Politisierung folgendermassen:
      -Meine Eltern sind reich, ich bin verwöhnt, mir ist langweilig, lass uns randalieren gehen und dabei hypermoralisch erscheinen.

  7. avatar

    Hmmm, seien wir doch mal ehrlich: was ist denn die Bilanz der totalitär-linken De-facto-Gewaltherrschaft seit 1945 bzw. 1968?

    Massiver sozialer Zerfall, enorme Kriminalität, Geschlechterhetze und Zerstörung alles Wahren, Schönen, Guten.
    Unzureichende Verkehrswege, der finanzielle Irrsinn der sog. Verkehrsberuhigung; Massenmigration kultur-und raumfremder Kohlenstoffeinheiten in historisch nie dagewesener Anzahl ins ohnehin schwer übervölkerte Bundesdeutschland; Völkermischung, die bekanntermaßen schon den Untergang der ägyptischen, persischen, römischen und griechischen Hochkulturen bewirkt hat; krankhafter Egalitarismus in jeder gesellschaftlichen Hinsicht; einerseits zu lasche Bekämpfung des Verbrechens, andererseits viel zu viele sinnlose Vorschriften durch eine völlig hypertrophe Verwaltung, die im wesentlichen eine Beschaffungsmaschine für (auf dem freien Arbeitsmarkt) wertlose Linke ist.

    Grandiose Bilanz. Danke sehr.

    Nun wäre es daher an der Zeit, alles Linke zurückzudrängen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, und zwar mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
    Oberndörfer hier als Kronzeugen für das MuKu-Chaos anzuführen, zieht auch nicht: der Mann wär, wie alle sog. Soziologen und Intellektuelle seiner Couleur, ohne seine Anhängerei an antideutschen Dogmen wie Multikulti, nicht einmal Laufbursche geworden, im restlos links durchseuchten Unibetrieb in der Bundesrepublik.

    Und was die Migration betrifft: man hätte einfach keinerlei Ausländer nach Deutschland lassen sollen, wie Nordkorea das tut. Punkt, aus. Problem gelöst, Klappe zu, Affe tot. Und die Linken hätten von mir aus gleich mit ins ach so tolle Ausland gehen können – lebenslänglich. Dann wären wir sie wenigstens los und könnten neu anfangen.

    1. avatar

      Herrlich:
      „die Bilanz der totalitär-linken De-facto-Gewaltherrschaft seit 1945“ – im Gegensatz zur Bilanz der Herrschaft vor 1945?
      „enorme Kriminalität“: gabs vor 1945 auch nicht. Die Kriminellen saßen ja ein und der Führer hat von allem anderen, also gewissen Vorfällen im Osten, nichts gewusst.
      „Geschlechterhetze und Zerstörung alles Wahren, Schönen, Guten“: Dass die deutsche Frau heute raucht und es nicht mehr willvespert oder arnobrekert — es ist zum Heulen.
      „Unzureichende Verkehrswege“: Aber die Zahl der Autobahnen seit 1945 ist schon gestiegen, soviel Fairness muss erlaubt sein.
      „Irrsinn der sog. Verkehrsberuhigung“: Einst hatte man ihm doch Autobahnen bis an den Ural versprochen – und nun? Fahrradwege, Tempo-30-Zonen…Es ist zum Heulen.
      „Massenmigration kultur-und raumfremder Kohlenstoffeinheiten“: Von diesem Witz werden sich Farbige und Araber nicht erholen.
      „Völkermischung, die bekanntermaßen schon den Untergang der ägyptischen, persischen, römischen und griechischen Hochkulturen“: Mag ja alles zutreffen, wer aber dächte im Zusammenhang mit dem „Linkenhasser“ an Hochkultur, zumal er doch erhebliche Mängel zeigt, wenn es um die Beherrschung der Landessprache geht: „der Mann wär, wie alle sog. Soziologen und Intellektuelle seiner Couleur, ohne seine Anhängerei an antideutschen Dogmen wie Multikulti, nicht einmal Laufbursche geworden, im restlos links durchseuchten Unibetrieb in der Bundesrepublik“, von der Logik einmal ganz abgesehen.
      Wetten, dass er nicht einmal kapiert, was an dem Satz falsch ist?

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    Hallo Otto Krempel, danke für den Kommentar. Ihrer Aussage: „Ich wüßte nicht, dass irgendjemand, …“ stimme ich zu. Behauptet denn Herr Gauland bürgerlich zu sein? Wenn ja, er ist es nicht! In der Tat. Jemand, der von sich behauptet, bürgerlich zu sein, hat gerade kein Verständnis, wenn Menschen ausrasten oder Molotow-Cocktails oder mit sonst etwas schmeißen. Kant ist der Philosoph der Moderne und der bürgerlichen Gesellschaft. Ihm ist das Gesetz (Rechtsstaat mit Grund- und Menschenrechten) heilig. Ihre ideelle Basis ist nicht der Mythos, wie noch im Mittelalter, es ist die Aufklärung, und damit die Vernunft. Vernünftig zu sein bedeutet gerade nicht sich von Neigungen bzw. Affekten leiten zu lassen. Bürgerlich heißt, Ankerkennung des Gesetzes, des staatlichen Gewaltmonopols, Kommunikation und Anerkennung des anderen als gleichwertigen Gesprächspartners. Im Idealfall entscheidet weder die Ethnie noch die Muskelkraft, sondern die Vernunft, d.h. das bessere Argument oder auch der Kompromiss. Grundlage dieses Verständnisses von Bürgerlichkeit ist die Idee der Gleichheit und Vernunft. Wer Spielball seiner Affekte wird verlässt den Boden des vernünftigen Diskurses, was bei uns allen auch vorkommt. Wenn man nicht weiß und sich nicht bemüht wie man ein Problem lösen kann, erledigen das die Affekte für uns; das entlastet zunächst und füllt die Orientierungslücken. Man fühlt sich als Sieger und hat einen Schuldigen gefunden. Nur, dann sind wir nicht mehr „Herr in unserem Haus“ (Freud). Selber Denken, vernünftiges Argumentieren, ist anstrengend und verlangt von uns den Aufbau eines Spannungsbogens, Zuhören und Reflektieren über das Gehörte. Vernunft und Demokratie ist nicht nur anstrengend, sondern auch eine tägliche Herausforderung. Einfache Lösungen auf Kosten anderer sind nie nachhaltig für alle Beteilige. Gaulands Aufgabe als vernünftiger Politiker wäre es gerade diese „Ausraster“ als wenig hilfreich zur Konfliktlösung zurückzuweisen, weil sie die Grundlage unserer bürgerlichen Gesellschaft untergraben und nicht, wie bei der Haushaltsdebatte im Bundestag, relativierend auf die Ausschreitungen auf Hamburg zu verweisen. Meistes gießt die AfD noch Öl ins Feuer. „Ausraster“ und Gewalt jeglicher Art zerstört unserer Gemeinwesen, von links oder von rechts oder von sonst wo. Wir sollten uns keinen Rückfall vor die Zivilisation und vor die Aufklärung leisten! Schlussbemerkung: „Spiegelbildlich“ sind beide Ereignisse nur zum Teil. 1968 war es Gewalt gegen Sachen, 2018 in Chemnitz Gewalt gegen fremd aussehende Menschen. Beides ist zu verurteilen; das Recht auf körperliche Unversehrtheit unabhängig von Religion, Geschlecht und Ethnie ist vorrangig, deshalb wiegt die zweite Straftat schwerer, womit die erste nicht verharmlost werden soll.

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      Ähm… jein. Auch Ulrike Meinhof zeigt in ihrem Denken eine deutliche Struktur, die den vermeintlichen Feind entmenschlicht: „Wir sagen, natürlich, die Bullen sind Schweine, wir sagen, der Typ in der Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir uns mit ihm auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch überhaupt mit diesen Leuten zu reden, und natürlich kann geschossen werden.“
      Aber in einem Punkt haben Sie recht mit dem unterschiedlichen Gewaltverständnis der Linken und Rechten: Bei den extremen Linken ist Gewalt gegen Personen akzeptabel, wenn besagte Personen die Repräsentanten der staatlichen Gewalt (und deren Verbündete) sind oder Eliten aus der Wirtschaft. Entsprechend sorgte der Mord an dem einfachen Soldaten Edward Pimental, der nur dazu diente, mit dessen Zutrittskarte eine Bombe auf der Rhein-Main Air Base zu plazieren, dafür, daß der RAF nachhaltig die Unterstützerszene wegbrach, während der Mord an Siegfried Buback acht Jahre zuvor noch für „klammheimliche Freude“ sorgte und die weiteren Opfer (etwa Bubacks Fahrer, Schleyers Fahrer) achselzuckend zur Kenntnis genommen wurden und eine Züricher Hausfrau, die bei einer Schießerei von einem Querschläger getroffen wurde, nicht weiter Erwähnung fand.
      Auf der Seite der Rechtsextremisten bietet sich ein anderes Bild. Vom Attentat auf Dutschke über den Oktoberfestanschlag und die Morde von Mölln und Solingen, die Angriffe gegen Obdachlose, die Hetzjagd in Guben und den Mord an Amadeu Antonio bis zum NSU richtet sich die Gewalt der Rechtsextremisten gegen Schwächere.

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    Der Liberalismus, durchseucht von zu viel Gutmenschentum wird nicht nur Uns sondern Jede Gesellschaft über kurz oder Lang umbringen. Richtig Gefährlich wird es dann, wie Jetzt geschehen in Unseren Lande,:::Wenn Leute kaltgestellt werden, die Die Fatalen Auswirkungen.
    die eine Ungezügelte Zuwanderung mit sich bringen laut diskutieren!
    Statt die tatsächlichen Verursacher und Entscheidungsträger zur Verantwortung zu ziehen!
    Ich gebe dieser „Republik“ keine Fünf Jahre mehr, wenn es so weitergeht!

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    B.H. ‚Demokratie und offene Gesellschaft verteidigen!

    ‚… Noch ist die Zivilgesellschaft stärker als der Hass. Acht Tage später hat sie reagiert: Mit einem Gratis-Konzert: “Wir sind mehr.“ Keine Gewalt, dafür Musik. Sie kamen von überall her, um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. Das Konzert begann mit einer Schweigeminute. Es waren 65 000 junge Menschen, die ihre Zukunft noch vor sich haben.‘

    … nun, Hr. ‚freier Philosoph‘, allein diese ’starke-meinung‘ sollte als Antwort genügen.

    … im Übrigen es wäre toll, Herrr B.H., wenn Sie die ‚offene Gesellschaft‘ kurz mit eigenen Worten charakterisieren; wie auch immer erklären. Ich mag die ‚Offene Gesellschaft‘

    … apropos Demokratie verteidigen. Ich mach mit: MERKEL MUSS WEG! Sofort!

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    Der Autor hat sich mit seinem Text von 6.125 Wörtern mit 38 Fußnoten ja einige Mühe gemacht.
    Ich habe mir daher – WORD sei Dank – auch etwas Mühe gemacht und nach Erwähnungen des Auslösers der „Ereignisse“ von Chemnitz gesucht. Immerhin 67 Worte, als fast 1,1 Prozent des Inhalts widmet der Autor dem Toten von Chemnitz.
    Für die beiden Überlebenden des letztlich dreifachen Tötungsdeliktes in Chemnitz hat der Autor keine Silbe übrig, auch die lange Blutspur aus Freiburg, Bremen, Berlin, Hamburg Wiesbaden, Kandel (die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit) wird logischerweise vollkommen ignoriert.
    Der Autor stört sichstattdessen u.A. an dem Begriff „Messermigration“.
    Mit diesem Einwand hat er recht, viele Opfer werden auch ertränkt, erschlagen oder mit dem LKW überfahren.

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      Soll das heißen, Don Geraldo, daß Sie Verständnis für das Motto der 68er aufbringen: „Macht kaputt, was euch kaputt macht“? – Nur daß die 68er dies auf die Eliten bezogen, die rechten Krawallmacher auf Personen.

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    Rufen wir uns doch einmal spiegelbildlich ein anderes Ereignis in Erinnerung:
    11. April 1968. An diesem Tag wird auf Rudi Dutschke geschossen, der in den Abendstunden noch mit dem Tod ringt. Zu diesem Zeitpunkt versammelt sich eine größere Gruppe von Dutschkes Anhängern vor dem Verlagshaus von Axel Springer, dessen Zeitungen sie eine Rufmordkampagne gegen Dutschke vorwerfen, die nun jemand zum Anlaß genommen habe, daraus einen richtigen Mord zu machen. Schließlich fliegen Molotow-Cocktails, die die Druckerei in Brand setzen sollen.
    Ich wüßte nicht, daß irgendjemand, der von sich behauptete, bürgerlich zu sein, den Satz ausgesprochen hätte: „Wenn eine solche Tötungstat passiert, ist es normal, dass Menschen ausrasten”.

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