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Denkschablonen statt Analyse – Trumps Wahlsieg im Zeichen des Postfaktischen

Nach dem Trump-„Schock“ verrennt sich die deutsche Debatte in Eliten-Bashing. Die Engführung der Wahlanalyse zeigt, wie sehr sich der rechte Wertekanon – allen Unterdrückungsvorwürfen zum Trotz – in der Mitte des öffentlichen Diskurses etabliert hat

Vielleicht ist es typisch deutsch, aus allem sofort „Lehren“ ziehen zu wollen. Vielleicht liegt es auch an der Medienbeschleunigung im digitalen Zeitalter, die kein Deutungsvakuum mehr aushält, sondern auf der Stelle Sinn liefern muss. Dennoch wirkt es befremdlich, wie schnell sich die deutsche Debatte nach dem Präsidentschaftswahlsieg von Donald Trump auf eine alles dominierende Erzählung eingeschworen hat: Das Versagen einer sowohl in Amerika, aber auch in Merkel-Deutschland tonangebenden „liberalen“ Meinungs-„Elite“, die „die da unten und ihre Sorgen“ seit langem verachte. So schrieb es Elisabeth Raether in der ZEIT, flankiert von zahlreichen ähnlich lautenden Kommentaren in anderen deutschen Zeitungen. Inzwischen ist die Deutung von der Anti-Establishment-Revolte der „Abgehängten“ offenbar so sehr common sense, dass Anne Will sie zum Ausgangspunkt ihres Fernseh-Interviews mit der wieder kandidierenden Kanzlerin Angela Merkel machte. Die „Modernisierungsverlierer“ müssten auch hierzulande schnellstmöglich adressiert und ernstgenommen werden, so die Forderung. Andernfalls drohe auch in Deutschland ein Sieg der Rechtspopulisten.

Mobilisierungsdefizite und „Wir“-Schwächen

Nun ist das „Ernst-“ und Wieder-Mithineinnehmen der „Abgehängten“ und Sich-Abgehängt-Fühlenden tatsächlich eminent wichtig für die demokratische Stabilität: Getreu dem berühmten Diktum des Verfassungsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde ist der „freiheitliche, säkularisierte Staat“ auf die loyale Gesinnung und die freiwillige Partizipation seiner Bürger angewiesen. Auf ein liberal-demokratisch affiziertes Wir-Gefühl, das nicht mithilfe von autoritären Mitteln erzwungen, wohl aber hergestellt werden kann: durch sozial- und bildungspolitische Maßnahmen, vor allem aber durch kulturelle Strategien, die bestenfalls einen systemstärkenden, pluralismusüberwölbenden „sense of belonging“ (Ralf Dahrendorf) erzeugen.

Die „Technokratin“ und „Wall Street-Kandidatin“ Hillary Clinton, so die Wahrnehmung, hat auf dieser Ebene grandios versagt. Ihr akademisch-urbaner, emanzipatorischer Liberalismus hat das „Volk“ verfehlt – ausgerecht im Geburtsland des „melting pot“-Gedankens und selbst im traditionell demokratischen US-Bundesstaat Pennsylvania, wo am 4. Juli 1776 die amerikanische Unabhängigkeitserklärung verkündet wurde, einschließlich der Präambel: “We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.”

Aber auch Merkels dritte Amtszeit steht im Zeichen wachsender Polarisierung und Abwendung vom Staat, mehr noch: Ihr urdemokratisches Machbarkeitscredo „Wir schaffen das!“ avancierte bei ihren Gegnern zum Feindbild-Fetisch schlechthin – zur Bankrotterklärung einer Kanzlerin, die sich der Realität vermeintlich entfremdet hat.

Demokratische Selbst-Inventur statt Lamento

Grund genug, auch in Deutschland jene Art von kritischer Inventur zu betreiben, ohne die jede Demokratie in alternativloser Selbstgefälligkeit erstarrt und zur bloßen Hülle verkommt. Grund genug, die eigenen, durch Jahre des „Marktkonformitäts“-Primats ausgedünnten Wertefundamente zu hinterfragen, die Sozialpolitik, die Bildungspolitik, und gegebenenfalls darüber zu reflektieren, ob der sogenannten „Willkommenskultur“ nicht auch so etwas wie eine Verabschiedungskultur gegenübersteht: die kulturelle Geringschätzung derer, die in den Augen der Öffentlichkeit nur mehr als „Systemverlierer“ und Dienstleistungs-Plebs firmieren – ohne den identitätsstärkenden Kokon der Arbeitermilieus von einst und ohne Parteilobby, die die rationalen und irrationalen Verdrängungsängste jener Menschen in demokratiekonforme Bahnen kanalisiert.

Aus selbstkritischen Fragen dieser Art könnte im besten Fall entstehen, was derzeit so dringend vonnöten ist: attraktive Erzählungen über die liberale, pluralistische Demokratie, die die Ideen der Freiheit und Gleichheit vor der Kulisse der Globalisierung mit neuem Inhalt füllen. Kraftvolle Narrative, die auch denen realistische Andockpunkte bieten, die sich außerhalb des Spiels wähnen und dementsprechend wahrgenommen werden.

Mythisierung der Wahl-Analyse

In jedem Fall ist das Wieder-Anhängen von „Abgehängten“ harte Arbeit, wie auch Angela Merkel im Fernsehinterview bekräftigte. Die „Lektionen“ die dieser Tage so reflexartig zur Befriedung derer „da unten“ propagiert werden, bestechen dagegen durch ihren ausgeprägten Pragmatismus-Minimalismus – und entpuppen sich bei näherer Analyse selbst als elitäre Geschöpfe: Sie sind Schreibtischprojektionen, in deren Kontext es weniger um die realen Nöte realer Abgehängter geht, als vielmehr darum, vertikale Konfliktgeschichten mit horizontaler Stoßrichtung zu instrumentalisieren: im Kampf der einen Elite gegen die andere.

US-Linke, aber auch deutsche Publizisten wie Jakob Augstein, berufen sich auf einen sozialromantisch-mythisierten Chor der Elenden, um auf diesem Wege das Ende des neoliberalen Establishments zu beschwören. Demgegenüber nutzen Teile eines sich selbst als „liberal“ oder „konservativ“ bezeichnenden Establishments die Gunst des Trump-Schocks, um eine vermeintlich „moralisierende“ linksliberale Elite mit verstärktem Furor anzugreifen. Beide Narrative modellieren sich ihre Protagonisten nach Bedarf und beide liegen in entscheidenden Punkten neben der Realität.

„Abgehängte“ als Schreibtischprojektion

Ja, Trump hat in hohem Maße jene Wähler mobilisiert, die in Hillary Clintons fahrlässiger Diktion als „Beklagenswerte“ rangieren. Die Verelendeten des „rust belt“, den „white trash“, die Hillbillys: Menschen, für die der amerikanische Aufstiegstraum schon lange nicht mehr funktioniert, so er es je tat, und deren Sehnsüchte Trump ungemein treffsicher mit „straight talk“, patriarchalischen Versprechungen und rhetorischen Aufwertungsformeln adressierte.

Sein Sieg verdankt sich jedoch zugleich einer großen Anzahl von weißen und wohlhabenden Wählern – ähnlich wie auch die AfD 33,9 % ihrer Sympathisanten aus dem reichsten Fünftel der Bevölkerung rekrutiert (Quelle: IW Köln, Stand: Frühjahr 2016). Ganz zu schweigen von jenen US-Bürgern, deren politische DNA schon immer republikanisch war und die im Falle Clintons umso entschiedener bei ihren Wurzeln blieben. She‘s cold and she’s a woman, stupid. Auch das fiel ins Gewicht. Doch es passt nicht recht in die Erzählung von der Revolte der „Abgehängten“. Es passt ebenso wenig wie die Tatsache, dass Clintons vermeintlich blutleerer Liberalismus an den Urnen über eine Million mehr Stimmen holte als Trumps roher Prädatoren-Populismus oder das schiere Faktum, dass Obama-Amerika durchaus nicht mit Merkel-Deutschland identisch ist.

Die Wahlsysteme beider Länder unterscheiden sich ebenso fundamental wie die Sozialsysteme oder die politische Kultur, die jenseits des Atlantiks traditionell von sehr viel mehr Misstrauen gegenüber dem Staat geprägt ist. Und so sicher jeder einzelne „Abgehängte“ sowohl in den USA als auch hierzulande eine persönliche Verantwortung dafür trägt, ob er minderheitenfeindliche, rassistisch pöbelnde Populisten wählt oder nicht, so vielgestaltig-eigenmündig sind auch die Handlungsmotive derer, die in jenen Erzählungen zu „Eliten“ verallgemeinert werden.

Gleichförmig agierende Kartelle werden daraus erst, wenn sie durch engführende Sprachstrategien als solche präsentiert werden. Dann ist die „liberale“ Presse kein heterogener Verbund, der neben Falscheinschätzungen im Angesicht des Neuen auch treffsichere US-Vorwahlanalysen hervorbrachte, sondern ein politisch fehlprogrammierter „elitärer“ Apparat, der zwangsläufig den immer gleichen system error produziert: volksverachtende Botschaften, die sich nun showdownmäßig rächen. Dann wird das Clinton-Obama-Establishment das Merkel-Roth-Establishment: voller Verachtung für die „Zurückgebliebenen“, in einer „liberalen Blase“ lebend – und eben deshalb dem Untergang geweiht, wie es linke und rechte Publizisten nun auf beiden Seiten des Atlantiks verkünden.

Die unheimliche Macht der Anti-PC-Schablonen

Nur, dass die deutschen Nachwahl-Debatte ganz klar vom Eliten-Bashing der Rechtsausleger dominiert wird. Sie steht im Zeichen eines ebenso altbekannten wie hochritualisierten Anti-Political-Correctness-Diskurses, der sich bizarrerweise noch immer auf sein Ausgegrenzt-Sein beruft – obwohl seine zackigen Imperative seit dem 9. November lauter denn je durch alle Medien und Talkshows dröhnen. Die allmächtigen Sprach-Schablonen jenes Diskurses stülpen sich scheinbar mühelos über die die Deutung der Trump-Wahl und instrumentalisieren sie, um die letzten Bastionen einer vermeintlichen link(sliberal)en „Meinungs“-Herrschaft niederzureißen. Dabei werden gezielt weiblich konnotierte Negativ-Stereotype beschworen, wie Patrick Bahners in seiner FAZ-Analyse der Anti-Merkel-Rhetorik hervorhob: feststehende Schmähbegriffe, die ein ganzes, verhasstes Milieu einschließlich seiner Repräsentanten und insbesondere Repräsentantinnen als ebenso herrisch wie schwärmerisch-verblendet delegitimieren – während sich die Gegner als Vorkämpfer einer maskulin-zupackenden „Realpolitik“ inszenieren.

Innerhalb dieser Logik firmieren Hillary Clinton und Angela Merkel, aber auch Carolin Emcke und weitere profilierte „Bessermenschen“ allesamt als Mitglieder der gleichen Sekte. Sie sind Teil einer „Gesinnungselite“, die in einem merkwürdigen Spannungsfeld zwischen „moralischer Hybris“ und sentimentaler Heuchelei agiert und bei der Beschwörung ihrer Ideale vorzugsweise aus dem Arsenal emotionaler Manipulationstechniken schöpft. Sie bemühen humanitär-„narzisstisch“ verstrahlte „Wir schaffen das!“-„Mantren“ oder aber „Kirchentagsmott(i)“, wie Alexander Kissler Clintons Wahlkampf-Slogan „Stronger Together“ im CICERO nannte.  Sie lieben Minderheiten und Migranten und berauschen sich an ihrer eigenen „Toleranz“. Sie haben eine volksferne „Herrschaft des Richtigen“ (Elisabeth Raether, ZEIT) errichtet, die sie gegebenenfalls im Verbund mit „Diskurswächter(n)“ (Ulf Poschardt, WELT) durchsetzen. Von der hohen Warte, vom Lehrstuhl, oder gleich von Kanzel. So wie Emcke, die vermeintliche „Hohepriesterin der politischen Korrektheit“ (Oliver Zimski, achgut.com), die sich bei ihrer Friedenspreisrede in der Paulskirche als kässmannartige „Betroffenheits“-Heroine feiern ließ (Jan Fleischhauer via Twitter) und sich dabei desselben Vergehens schuldig machte wie Clinton oder Merkel: Sie predigte einzig zu Ihresgleichen, und grenzte all jene aus, die sich ihren verabsolutierten Werten verweigerten.

Durchbruch eines rechten Wertekanons

Vor zwanzig Jahren, als alles noch irgendwie im Lot war, beschränkte sich dieser Anti-PC-Diskurs auf das Milieu der amerikanischen Neo-Cons und Ultrarechten sowie die deutsche neurechte Szene, die den Begriff „Moral“ im Anschluss an Carl Schmitt und Arnold Gehlen seit Jahr und Tag als Schmähwort wider die Aufklärungsidee universaler Menschenrechte in Stellung bringt. Nach Sarrazins „Tugendterror“-Offensive sprangen konservative Linken- und „Gutmenschen“-Verächter mit Achtundsechziger-Abwicklungs-Phantasien auf den Anti-PC-Zug auf, während Pegida ihn zur Terrormaschine wider die „Volksverräter“ und ihr linksgrünversifftes Gefolge hochrüstete.

Seit Trumps Wahlsieg aber – und das ist das Erschreckende – scheinen selbst die derart Angegriffenen im Nostra-Culpa-Modus zu adaptieren, was als Establishment-Kritik von rechts an sie herangetragen wird: Die grüne Elite habe den Kontakt zu den Massen verloren, sagte Bastian Hermisson, der Chef der Heinrich-Böll-Stiftung in den USA, auf dem Grünen-Parteitag in Münster. Sie müsse den „Duktus der moralischen Überheblichkeit“ ablegen, sonst gehöre die Zukunft dem Rechtspopulismus.

Das Fatale an solchen Redeweisen liegt darin, dass sie eben jene realitätserzeugenden Sprachmuster multiplizieren, die Trump selbst reicht eigentlich zum Erfolg gebracht haben. Sie bekräftigen die Logik einer Kampagne, deren Anti-Establishment-Hatespeech auf der Zielgeraden nicht zufällig durch den Germanizismus „Lügenpresse“ erweitert wurde. Vor allem aber verzerren sie die sachliche Wahlanalyse durch jene Umkehrung des Täter-Opfer-Verhältnisses, die den Anti-PC-Diskurs seit seinen Anfängen kennzeichnet.

„Verstanden“ werden sollen Menschen, die schlimmstenfalls an jüdisch-kapitalistische Weltelitenverschwörungen glauben, die Flüchtlinge für „Invasoren“ halten und gewählte Politiker als „Volksverräter“ niederschreien. Menschen, die lustvoll-regressiv alles niedermähen, was Deutschland nach 1945 als Wertefundament stabilisiert hat, während sich der anklagende Zeigefinger auf diejenigen richtet, die- vermeintlich zu laut, zu pathetisch und selbstgefällig – für die freie und offene Gesellschaft das Wort ergreifen.

Rechte Umwertung aller Werte

Schuld am Aufstieg von Trump, AfD und Co. sind nach dieser Lesart ausgerechnet jene Politiker und Journalisten, die den wahrnehmungsdeformierenden, aufklärungsfeindlichen „Frames“ der Rechtsausleger freiheitlich-pluralistische Konter-Narrative entgegensetzen und somit genau das tun, was der Rechtspopulismus-Forscher Jan-Werner Müller für die wirkungsvollste Strategie wider die Kulturkampftaktiken der Autoritären hält. Schuld ist Merkel, die selbst in ihrer Gratulationsbotschaft an Trump „moralisch“ anmaßend auf die Werte des Westens pochen musste. Schuld sind diejenigen, die „denunziatorisch“ auf das Vordringen neurechter Sprachmuster verweisen oder jene, die dem Rechtsstaat den Vorrang vor dem „gesunden“ Gerechtigkeitssinn des „Volkes“ einräumen wollen.

Der rassistische, aggressiv-tabubrechende, menschenverachtend-populistische Bulldozer Trump wird dagegen kaum verhohlen als chaosstiftender trickster god bewundert. Als Political-Correctness-Terminator und Exekutor einer längst überfälligen link(sliberal)en Meinungsgötterdämmerung, die Trumps neurechte Nacheiferer in Deutschland mit noch größerer Leidenschaft herbeisehen: als erste Stufe ihres Fundamentalangriffs auf den Liberalismus schlechthin.

Der Westen ist noch lange nicht tot, doch er wird gerade mit durchschlagendem Erfolg totgeredet, oder besser: mit ritualisierten Gebetsformeln totgebrüllt. Es wird Zeit, dagegenzuhalten und den neuen, antifreiheitlichen Gottesdienst mit allem zu stören, was das liberal-pluralistische Selbstbewusstsein an Gegenwehr zu bieten hat. Messdiener hat der rechtspopulistische Kultus weiß Gott genug.

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22 Gedanken zu “Denkschablonen statt Analyse – Trumps Wahlsieg im Zeichen des Postfaktischen;”

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    Die Sache an sich ist klar, nur die Frage ist wie? Bella B bei Böhmermann war sehenswert. Der Liberale wirkt seltsam, wenn er in der Defensive ist. Ich habe das postfaktische Gefühl, dass es zur Zeit eher eine Frage der fehlenden Form oder kulturellen Ausdrucks ist, der die Liberalen schwach erscheinen lässt. Bella B: Uns geht es noch nie so gut wie heute. Dazu passt kein Punk. Emanzipation einer jungen Frau als Rubbeln von Geschlechtsteilen vor einem Millionenpublikum (Milley Cyrus). Dagegen stehen die Wutbürger, die stark an die Antiimperialisten anknüpfen. Irgendwie fehlt die Kultur. Böhmermann meinte, es wird wieder tolle Protestmusik geben. Das bedeutet doch eher, dass den Liberalen in der Defensive die Ausdrucksform verloren geht.

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    Liebe Verena Weidenbach, ich verstehe Ihren Text summa summarum so, daß Sie gegen zu schnelle Schlussfolgerungen aus Trumps Wahlsieg anschreiben. Ausdrücklich herzlichen Dank dafür!
    Dennoch (oder gerade deshalb) einige Prisen Gegenrede:
    „Auf ein liberal-demokratisch affiziertes Wir-Gefühl, das nicht mithilfe von autoritären Mitteln erzwungen, wohl aber hergestellt werden kann: durch sozial- und bildungspolitische Maßnahmen, vor allem aber durch kulturelle Strategien, die bestenfalls einen systemstärkenden, pluralismusüberwölbenden „sense of belonging“ (Ralf Dahrendorf) erzeugen.“
    Ja, ja, das ‚Wir-Gefühl‘ mit staatspädagogischen Mitteln wiederherstellen – ganz im Deutsch-Kantianischen Sinne ‚Handle stets so, daß..‘ – da weiß ich jetzt gar nicht, ob Sie das auch für notwendig halten, oder ob das nicht genau die Denkschablone ist, die Sie kritisieren. Ich meine, eher letzteres. Können wir nicht einfach eine Demokratie haben, die dafür da ist, einen gegebenenfalls hart erkämpften Interessenausgleich zu garantieren und einen sicheren Rechtsrahmen zu bieten?
    „Ihr urdemokratisches Machbarkeitscredo „Wir schaffen das!“..“
    Was ist daran „urdemokratisch“? das ist wohl eher ‚Ursozialdemokratisch‘ (was ja nun nicht per se schlecht sein muss).
    „Grund genug, die eigenen, durch Jahre des „Marktkonformitäts“-Primats ausgedünnten Wertefundamente zu hinterfragen, die Sozialpolitik, die Bildungspolitik..“
    Machen Sie hier nicht genau den ‚Schnellsch(l)uss‘ in einer allzu vertrauten Denkschablone? Also die Ausrichtung am Markt soll schuld sein? Wenn überhaupt jemand oder etwas ’schuld‘ ist, dann nicht der Markt, sondern eine Programmatik, vielleicht eine allzu modernistische Programmatik? Wäre doch interessant, deren Inhalte zu identifizieren und zu hinterfragen – nicht wahr?
    „.., und gegebenenfalls darüber zu reflektieren, ob der sogenannten „Willkommenskultur“ nicht auch so etwas wie eine Verabschiedungskultur gegenübersteht: die kulturelle Geringschätzung derer, die in den Augen der Öffentlichkeit nur mehr als „Systemverlierer“ und Dienstleistungs-Plebs firmieren..
    ..womit wir der Sache wohl etwas näher rücken, denn der allzu geliebte ‚Vater Staat‘ – oder sollte ich besser schreiben ‚Mutti‘ wendet sich von der ‚eigenen‘ Klientel ab, die sich schließlich über die Jahrzehnte soviel (solidarische und staatstragende) Mühe gegeben hat, noch im: „..– identitätsstärkenden Kokon der Arbeitermilieus von einst und [mit] Parteilobby, die die rationalen und irrationalen Verdrängungsängste jener Menschen in demokratiekonforme Bahnen kanalisiert.“
    Meine Ironie hier ist vielleicht etwas bitter, aber war das nicht abzusehen? Durch soziale Abfederung erkauftes Wohlverhalten funktioniert eben nur solange, wie Wohlverhalten sozial abgefedert wird.
    Und jetzt: böse, böse, applaudieren Deutsche Trumps Wahlsieg.. (ich kann mir, ehrlich gesagt, Schlimmeres vorstellen).
    Ja – und hier erstmal unbedingte Zustimmung: „Aus selbstkritischen Fragen dieser Art könnte im besten Fall..“ Stopp – so schnell eben nicht „..entstehen, was derzeit so dringend vonnöten ist: attraktive Erzählungen..“ .. es entsteht eben nicht das, was „vonnöten“ ist über die „liberale, pluralistische Demokratie, die die Ideen der Freiheit und Gleichheit vor der Kulisse der Globalisierung mit neuem Inhalt füllen. Kraftvolle Narrative, die auch denen realistische Andockpunkte bieten, die sich außerhalb des Spiels wähnen und dementsprechend wahrgenommen werden.“ (auch @Stevanovic). Diese Programmatik wird genau als eine solche wahrgenommen und per se genau deswegen abgelehnt. Die ‚Arbeiter‘ oder die sich als solche fühlen (soll heißen: bitte auch das akademische Proletariat dazuzählen) wird sich besonders gegen „kraftvolle Narrative“ wehren. Das werden dann ‚Lügen‘ sein, gedruckt von einer so bezeichneten Presse.
    „In jedem Fall ist das Wieder-Anhängen von „Abgehängten“ harte Arbeit..“
    Sozialpädagigische Arbeit – von einem Nanny-Staat zu leisten? Sind ‚die‘ gar nicht „abgehängt“? Ist ein Lutz Bachmann nicht wirklich von einer Dresdener Stadtverwaltung drangsaliert worden? (Standplatz seiner Frittenbude). Doch – er ist, aber er hat sich nicht selber versucht zu verbrennen, wie Mohamed Bouazizi in Tunesien, sondern hat die Achillesferse(n) der deutschen Narrative gefunden und PEGIDA gegründet. Freue ich mich darüber? Nein! Weil mir die Richtung von PEGIDA nicht passt und das hat Gründe, aber die „Schreibtischprojektionen“ (treffender Ausdruck Ihrerseits) gefährden alles, was Deutschland an Modernisierung (Gottseidank) erfahren hat. Dafür verantwortlich sind eben genau diverse ‚Eliten‘, weil sie nicht mehr genau hinschauen. Menschlich, aber gefährlich. Angela Merkel trägt eine Mitschuldverantwortung, weil sie – ich will noch nicht mal sagen – machttaktisch, aber zumindest taktisch und zu wenig, gemessen an ihrer Machtfülle – vorausschauend (philosophisch) gehandelt hat, weil sie keine selbstdenkenden Nachfolger emporkommen ließ. (Schwäche einer emporgekommenen Frau, die die ‚gläserne Decke‘ durchbrochen hat?)
    Ich lasse es mal dabei.. Sie haben mich einen Abend interessant beschäftigt und auch dafür meinen Dank. Über den viralen Effekt von ‚hate speech‘ in einem Land von Gehemmten könnte ich noch viel schreiben, aber mit „Vielleicht ist es typisch deutsch, aus allem sofort „Lehren“ ziehen zu wollen.“ haben Sie ja selber schon so einiges gesagt.

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    @ Oleander
    Sie haben viele gute Punkte getroffen.
    Dass Clintons Frausein die Ursache gewesen sein soll, ist Unsinn für Leute, die kein anderes Thema kennen als ihr eigenes Frausein (So wie Volker Beck letztlich immer bei seinem kleinen Schwulsein herauskommt, wenn er Politik zu irgendeinem Thema machen will). Es war übrigens Michael Moore, der gefragt hat, ob nach einem Schwarzen, einer Frau, dann einem Transgender am Ende nur noch ein Goldhamster Präsident werden dürfe. Man sieht hier exemplarisch, wie aus Freiheit (klar kann ein Schwarzer Präsident werden, wenn er der Richtige zu sein scheint) ein Zwang wird: Hillary Clinton muss Präsident werden, weil sie eine Frau ist. Beim Scheitern wird dann daraus auf fast natürliche Weise: Clinton wurde nicht gewählt, weil sie eine Frau ist. Das hat eine absurde Qualität, und löst natürlich auch absurde Reflexe aus: es muss um jeden Preis ein alter weißer Mann Präsident werden, aber nur, wenn er genug rassistische und sexistische Sprüche macht. LOL!
    Der zweite Punkt betrifft Heiko den Maaslosen und seine SPD. Dieselben Leute, die der Welt das Ohr abnagen mit ihrer ach-so-großen Liberalität und Rechtsstaatlichkeit halten sich eine Stasitruppe aus Überzeugungstätern, die beim Zensieren Ankläger, Richter und Exekutor in Personalunion sind. Die Webseiten, die das Ergebnis säuberlich dokumentieren, sind schon ganz lustig, das Ergebnis erwartbar: es ist reine Willkür, was Hass ist und was nicht. Die sachlichsten Gegenmeinungen können Hass sein, die Morddrohungen der eigenen Freunde natürlich nicht. Welche Überraschung! Das Ganze natürlich rein privatwirtschaftlich organisiert, vor keinem Gericht der Welt anfechtbar. Da hilft auch kein Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte. Diese SPD macht systematisch die Drecksarbeit für Merkels Politik, beschimpft in gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit Zehntausende Demonstranten und Hunderttausende Wähler als „Pack“ und setzt ihre Watschengesichter dafür in die Talkshows. Notabene: Merkel und die meisten Parteifreunde machen vordergründig freundliche Gesichter und beschimpfen „Arschlöcher“ und „Blöde Fressen“ höchstens halböffentlich in den Kulissen. Die SPD wird deshalb den größten Teil der Rechnung an der Urne bezahlen, aber sie ist so blöd, dass sie das heute noch nicht verstanden hat und ihren internationalen Watschenmann, den fleischgewordenen Brexit-Grund, als „Wahlkämpfer“ nach Berlin holt. Ich freu mich drauf!

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      Herr Müller,

      was die SPD betrifft: Kurt Schumacher, Julius Leber und Erich Ollenhauer wären traurig, wenn sie die SPD heute sehen könnten.

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    „She’s a woman“ spielte ganz sicher keine Rolle, Ihre Ungleichmäßigkeiten, ihre Firma, ihr Mann! und ihre mail-affair spielten die Hauptrolle. Sie hat kein Charisma und kann das nicht überspielen.
    Das ist anders als hier. Wir haben hier viele Alte, für die Merkel irgendwie Charisma hat, deshalb wohl diese Mutter-Tochter-Inszenierung. Wir haben eine andere Situation hier. Drüben gab es eine gerissene Machtfrau und Vollblutpolitikerin, hier besteht der Verdacht auf Inkompetenz.
    Der SPD und ihr schadet Heiko Maas. Meinungsspielraum spielt bei heutigen Wahlen eine große Rolle. Obama z.B. verbot, islamischen Terrorismus so zu nennen, terrorists mutierten zu insurgents. Da lacht der Islamist, der nichts dagegen hat, dass man ihn beim Namen nennt. Ein kalifornischer Kopte wurde bewusst fälschlich für Benghazi verantwortlich gemacht und inhaftiert (wegen eines Filmchens). Obama ließ angeblich von seiner Steuerbehörde selektiv die Tea-Party überwachen. Solche Sachen werden auch bei uns eine Rolle spielen, der stiere Blick nur nach rechts, Scheuklappen links, abgefackelte Autos in Berlin, die Polizei umringt und angegriffen in diversen Städten und meistens nicht von Rechten. Dass Anarchie zunimmt, spielt beim Wähler eine große Rolle. Und dass sich der Wähler sehr gut vorstellen kann, dass bei offenen Grenzen die Anarchie nicht ab-, sondern zunimmt, weil nicht jeder mit Demokratie und Freiheit verantwortlich gegenüber den Übrigen umgehen kann.
    Schreiben Sie sich die Finger wund. Die Zeiten, in denen Leute auf fein gegroomte, gut ausgebildte Schreibkräfte hörten, sind vorbei. Wenn das so bleibt, werden sich die Werbeträger abwenden, viel Erfolg noch. Man kann auch in der U-Bahn werben oder die Litfaßsäulen revitalisieren.
    Sie checken ja nicht mal, dass man unser Wahlsystem nicht mit dem amerikanischen vergleichen kann und dass wir, wenn der/die mit den meisten Stimmen jedes Mal eine neue Koalition basteln kann, gar keine Demokratie mit klaren Fronten haben, sondern ein unterirdisches Gemauschel, in dem Parlamentarier quasi gezwungen wurden, für den ESM zu stimmen.

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      Lieber Oleander, wenn ich nicht checke, dass sich die Wahlsysteme unterscheiden, warum habe ich dann geschrieben, dass sie sich unterscheiden? Dass Hillarys Geschlecht bei der Wahl keine Rolle spielte, harrt noch eines Beweises. Dafür, dass es angeblich keine Rolle spielte, wurde es von ihren Feinden erstaunlich oft auf negative Weise im Wahlkampf thematisiert. Ich empfehle dazu auch diesen erhellenden Essay aus der ZEIT: http://www.zeit.de/kultur/2016.....usan-bordo Im Übrigen würde ich gerne wissen, wo in Deutschland gerade überall „die Anarchie“ ausbricht und wir nunmehr ganz, ja mehr denn ganz linksgrüngewaltverheeret sind. Scheuklappen, lieber Oleander, kann man gewiss auch da aufhaben, wo die Zunahme an rechter Gewalt nicht mal mit einer Silbe thematisiert wird – so wie in Ihrem Kommentar. Die Einengung des Meinungsspielraums halte ich, wie aus meinem Artikel klar ersichtlich, für ein Konstrukt. Ich lese überall Meinungen, die sich mit meiner so gar nicht decken, hier zum Beispiel auch Ihre – nur, dass diejenigen, die sich ständig äußern, immer behaupten, sie seien mundtot gemacht worden. In einem Land, in dem die AfD mit ihren markigen Sprüchen gegen das „afro-arabische Lumpenproletariat“, die „Invasoren“ usw. in mehreren Länderparlamenten sitzt und demnächst sogar zur Bundestagswahl antritt, geht doch noch was, meinungsfreiheitsmäßig, finden Sie nicht?

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        Danke für Ihre Antwort. Vielleicht habe ich es etwas schnell gelesen, ist ja noch Morgen. Auf keinen Fall ist es nötig, rechte Auswüchse zu erwähnen, weil das genug getan wird, manchmal beweislos, so dass manchem Bürger hinterher nicht bewusst ist, wenn ein Eritreer nicht von Horst, sondern von einem Landsmann umgebracht wurde.
        Anarchisch nenne ich Zustände, bei denen die Polizei wehrlos gemacht wird. Sie ersparen mir bitte, einzelne Fälle zusammenzusuchen, in Duisburg werde Sie immer fündig.
        „Lumpenproletariat“ ist ein übler Ausdruck, da stimme ich zu. Es lässt sich aber beobachten, selbstverständlich, dass viele Perspektivlose kommen, die schon daheim keine Perspektive hatten und bei denen die Aussichten hier erst recht trüb sind. Wir sprechen nicht von Asylanten, das muss ich dazu sagen.

        Ich bin nicht mundtot, aber ich bin ohnehin in vieler Hinsicht eine Ausnahme. Mundtot könnten Leute wie Sarrazin sein, doch sein Buch war ein Verkaufsschlager, so dass er sich ernähren kann.
        Zweifelsohne würde der kluge Kleber etwa genauer sein, wenn er nicht wüsste, dass sein hochdotierter Job auch ein Schleudersitz ist. Ich hätte nie gedacht, dass Merkel die Presse mehr oder minder versklavt, aber bei ihrer Rezension eines ungelesenen Buchs und der nachfolgenden Kündigung des Autors war das schon klar.

        Das mit Mrs. Clinton’s Geschlecht ist schon deswegen Käse, weil sie ja nun fast die Hälfte der Stimmen hatte und nicht etwa zehn Prozent. Man kann heute nicht mehr alles auf das Geschlecht schieben.

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    Das ist ein phantastisch geschriebenes Stück, dass ich noch zwei-,dreimal lesen werde, also erst einmal Kompliment für den Stil.
    Es ist ganz einfach: Wenn wir bis zur BTW erneut ca. 1Mio muslimische Männer als Scheinasylanten bekommen und dazu vielleicht noch einige Kriegsflüchtlinge aus Lagern in der Türkei, wird Frau M. die CDU/CSU unter 20 Prozent ziehen, und die AfD wird die BTW gewinnen.
    Da können Sie schreiben, wie Sie wollen, die Leute werden diese Gruppen sehen und sich abwenden. In den USA: Illegale, darunter mutmaßlich Terroristen, die über die mexikanische Grenze einsickern. Ein Anstieg der Kriminalität, auch in schwarzen Milieus, und das unter Obama, hat das Seine dazu getan.
    Gestern sagte Frau Merkel, dass sie 100.000 dieses Jahr zurückschicken will. Ich habe gelacht. Wo ein Wille ist, sei auch ein Weg, sagte sie letztes Jahr. Dann mal los. So weit ich weiß, immer noch kein Abkommen mit Afghanistan diesbezüglich. Abhängig, wenn Griechenland nicht volllaufen soll, von Erdogans Gnaden, seines Zeichen Kaiser von Osmanien.

    Vielleicht kriegt sie ein paar Stimmen aus Mitgefühl, möglich.
    Besser wäre gewesen, das Kanzleramt einer anderen Person zu überlassen. Leider macht sich bei mir das Gefühl breit, dass V.K. viel zu viel zu sagen hat. Den würden die Deutschen aber nicht wählen, aber vielleicht Lammert? Oder Seehofer?

    Tatsache, schreiben Sie brav weiter brillante Abhandlungen, die Leute werden nach Fakten wählen und sich dabei auch daran orientieren, was sich in ihren Orten so erzählt wird oder in der Lokalpresse steht.

    Und manche werden auch Merkel nicht wählen, weil sie sie nicht mehr sehen und hören können, weil es sich im Prinzip ausgemerkelt hat. Entweder bleiben sie zuhause, oder sie wählen AfD. Der Ruck nach linksgrün bewirkt, dass sie ihre Wähler bei SPD und Grünen abschöpft. Klassische CDU-Wähler wählen nicht grün, das sind bestimmte Milieus: Manufaktum-Mileus mit Reihenhaus im Grünen oder Altbauwohnung in Charlottenburg oder Schwabing.

    Sie können sich grün und blau schreiben, wenn das Herz nach einem Systemwechsel steht und der nötig erscheint, macht man drüben, wo das leicht ist, den Umschwung. Hier ist das schwerer. Aber allein dieses Mutter-Tochter-Ersatz-Sit-In mit Ännchen nimmt ihr schon Stimmen weg. Sie traut sich ja nicht mal in eine größere Runde, z.B. mit Plasberg, der ja dann drohend vor ihr steht. Ich sage Ihnen: Ich wähle sie nicht. Was ich statt dessen wähle, weiß ich nicht. Doch eins sagt das aus: Bei der nächsten BtW gibt es nicht so viele Unentschlossene, sondern sehr viele Frühentschlossene: Sie nämlich nicht zu wählen.
    Fazit: Ich verstehe die CDU/CSU nicht.

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    @ Monika Frommel
    „Die europäische Bürokratie ist zu gigantisch.“
    Oh ja. Aber es besteht Hoffnung, dass sie bald schon einfach verhungern wird.

    „Über den EGMR (zuständig für Menschenrechte) kann man doch wahrlich nicht meckern.“
    Kann man schon. Er war für die Briten ein ganz wichtiger Austrittsgrund, der auch häufig thematisiert wurde, nicht von den „Abgehängten“, sondern eher von politisch sehr aktiven Personen, u.a. Parlamentariern.

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    Vielen Dank für die Analyse, insbesondere den Link zur uralten PC-Figur. (E. Raether macht mich längst nur noch ratlos.) Fangen wir also an, gute Konternarrative wirksam zu zirkulieren.

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      Was ist stärker, linke Konternarrative oder die normative Kraft des Faktischen?
      Die nächstjährigen Wahlen werden es zeigen.

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        Bin auch gespannt. Wichtig wäre es, linkes Denken endlich dorthin zu befördern, wo es hingehört.

        Ein „rechter Wertekanon“, schreibt die junge Dame. Klar doch! Wie könnte es anders sein?
        Es gibt keine linken „Werte“.

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    V.W. ‚Nach dem Trump-„Schock“ verrennt sich die deutsche Debatte in Eliten-Bashing.‘

    … Deutschland hat keine Elite, auch keine Bildungselite. Bestenfalls eine eingebildete Elite.

    … aber vielleicht sollte gefragt werden, wer denn eigentlich die Abgehängten, die Modernisierungsverlierer, sind? Das können doch nur die sein, für die das Internet Neuland ist. Oder?

    … die, ‚die schon etwas länger hier leben‘, O-Ton Merkel, können mit dem ‚Netz‘ ganz gut umgehen. Meine ich.

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      @dbh: Egal, wie lange die Leute hier leben: Mit dem Netz können sie erst dann ganz gut umgehen, wenn bei ihnen mehr als 2 MBit pro Sekunde übers Netz laufen – und das ist beileibe nicht gesetzt. Wir bilden uns ziemlich was darauf ein, daß 100 MBit flächendeckend eingeführt wird, während auf der anderen Seite des großen Teichs schon 1GBit projektiert wird.
      Aber um Ihre Frage zu beantworten, wer denn die Modernisierungsverlierer sind: Diejenigen, die nichts anderes anzubieten haben als ihre Muskelkraft. In der Wiederaufbauzeit gab es für sie genügend Möglichkeiten, sich einen Erwerb zu sichern – Schiffe lagen tagelang im Hafen, bis die Ladung von einer Hundertschaft an Leuten gelöscht war (was heute ein paar Leute auf den Kränen in maximal einem Tag übernehmen), Sie sehen heute auch beim Bau eines Einfamilienhauses üblicherweise Kräne die Muskelkraft derjenigen ersetzen, die früher Ziegelsteine oder Mörtel in Eimern nach oben geschleppt haben, Sie sehen heute nur noch ein paar Esoteriker oder die Almwirte das Gras oder Getreide mit der Sense mähen statt mit schwerem Gerät. – Diejenigen, deren Arbeit heute durch Maschinen verrichtet wird: Das zum Beispiel sind Abgehängte.
      Und bevor Sie verkünden, daß Deutschland keine Elite habe, wäre es nett, einmal zu sagen, wer denn die Elite sein sollte und wer nicht. Dann kann man anhand der Fakten weiterdiskutieren.

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        Opa: ‚Und bevor Sie verkünden, daß Deutschland keine Elite habe, wäre es nett, einmal zu sagen, wer denn die Elite sein sollte und wer nicht. Dann kann man anhand der Fakten weiterdiskutieren.‘

        … Opa, ich schmeiß mich wech. Ich, wirklich ich, soll/muss schreiben/sagen, was oder wer oder wer oder was, in Deutschland Elite sein soll? Das sollten doch wohl eher die, tun – also Sie, Opa, beispielsweise – die von deutscher Elite schwurbeln. Oder?

        Ich seh‘ nix. Nicht mal in der Politik. Nur abgeknabberte Fingernägel.

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    Toller Artikel,
    ja die von den Medien beschleunigte Lust am Untergang und die Endlosschleifen von der angeblich „links-liberalen“ Deutungshoheit, die an den „Abgehängten“ vorbei ziele…. …. sind unerträglich. Die AfD ist doch keine Tendenz, schon gar nicht für ganz Deutschland! Es ist ein lokales Phänomen und es ist eine Stimmung, die nur eine kleine Gruppe von menschen erfasst hat. Diese Menschen, die nun von Nichtwählern zu Wählern wurden, gab es aber immer, sie hatten nur kein Angebot, über die so laut und so hörbar geredet wurde. Mal sehen, was sich da noch tut. Als Französin würde ich mir mehr Gedanken machen, insbesondere über die Stadt-Land-Distanz. Wieso herrschen auf dem Land so viele Ressentiments? Aber als Deutsche bin ich eher zuversichtlich, und auch als Europäerin. Die europäische Bürokratie ist zu gigantisch. Weniger wäre mehr. Aber es gibt auch sinnvolle Institutionen. Über den EGMR (zuständig für Menschenrechte) kann man doch wahrlich nicht meckern. Das ist eine vorbildliche Institution, die eine Grundrechte achtende Politik begünstigt. Die Folgen sind doch sehr sichtbar. Im Unterschied zu den USA werden Richter/ Richterinnen hier auch nicht politisch gesetzt, zumindest nicht so offen. Sie halten sich also an die Auslegung der EMRK und damit auch des GG. Also Schluß mit der Panik!

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      Liebe Monika Frommel, vielen Dank! Und, ja, Institutionen wie der EMGR sind wichtiger denn je, wie ich es überhaupt für wichtig halte, dass sich die EU aus dem Geist ihrer politischen Prinzipien – zu denen auch die verpflichtende Idee allgemeiner und gleicher Menschenrechte gehört – neu erfinden und positionieren. Denn das ist die Stoßrichtung sämtlicher rechtspopulistischer Bewegungen in ganz Europa: Die Menschenrechte werden als „moralischer“ Firlefanz verächtlich gemacht, genauso wie der Rechtsstaat als Ganzes. Da ist die EU, denke ich, zur Gegenwehr aufgerufen und auch dazu, das Politische allgemein wieder stärker gegenüber dem Wirtschaftlichen in den Vordergrund zu rücken: gegen Leute wie Orbánn und all die anderen, die die Idee des Rechtssaats attackieren und ihn recht eigentlich von innen aushöhlen.

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