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Nicht Fakten, sondern „Frames“ gewinnen Wahlen

Warum Trump gegen fast alle Voraussagen Präsident wurde – und was wir tun müssen, um den Siegeszug der Demagogen zu stoppen

Nicht Fakten, sondern Denkraster („Frames“) gewinnen Wahlen, postuliert die Linguistin Elisabeth Wehling. Die im amerikanischen Berkeley lehrende Linguistin Wissenschaftlerin Elisabeth Wehling stellte ihre Thesen am vergangenen Freitag auf der von Deutschlandfunk und der Bundeszentrale für politische Bildung veranstalteten Konferenz „Formate des Politischen“ in Berlin vor. Anders als progressive hätten konservative Menschen eine größeres Ekel- und Angstempfinden, so Wehling. Das lasse sich bei Messungen mit dem Neuroscanner feststellen. Diese Ängste ließen sich durch entsprechende Signale verstärken. Abwehrmechanismen gebe es kaum, wenn die Botschaften direkt aufs Hirn zielen. Donald Trump, stellte Wehling fest, fahre eine klassische Framing-Strategie, während Hillary Clinton den Fehler mache, auf politische Aufklärung zu setzen. Prophetische Worte.

Wie Frames manipulieren
Der Botschaft von den kriminellen, vergewaltigenden Ausländern („bad hombres“, „rapists“), die zudem Krankheiten mit sich bringen, die Behauptung, es gebe für alle Probleme schnelle und einfache Lösungen („believe me“, „people say“, der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko etc.), die Diminuierung des politischen Gegners („crooked Hillary“) und vieles andere, was Trump immer aufs Neue wiederholte, das alles seien simple Begriffe („basic level terms“), die direkt auf die Grundlagenerkennung („basic level cognition“) wirken. Gerade für Konservative und eher konservativ denkende Menschen sei es schwierig, sich diesen „Frames“ zu entziehen. Mit „Frames“, so Wehling Mitte März gegenüber der „Zeit“, könne man jedes Gehirn manipulieren:
„Ein Frame ist ein Deutungsrahmen. Unser Gehirn hat davon sehr viele, sie sind durch unsere Erfahrung mit der Welt entstanden, und sie helfen, Fakten zu bewerten und einzuordnen. Aktiviert werden sie durch Wörter. Stellen Sie sich beispielsweise vor, Sie seien krank und müssten darüber entscheiden, ob Sie operiert werden wollen. Ein Arzt sagt Ihnen, dass es eine zehnprozentige Sterbewahrscheinlichkeit gebe. Ein anderer Arzt sagt, dass Sie die Operation mit neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit überleben würden. Die Fakten sind die gleichen, aber Sie entscheiden sich jeweils anders. Die beiden Wörter „sterben“ und „leben“ verändern Ihre Wahrnehmung – ohne dass Sie es merken. Wer glaubt, wir Menschen würden nur auf Basis von Fakten entscheiden, unterliegt einer Illusion.“

In den Forschungen von Frau Wehling liegt der Schlüssel zum Verständnis, warum Trump gegen fast alle Voraussagen vergangene Nacht die Präsidentschaftswahlen gewonnen hat und warum Rechtspopulisten überall auf der Welt so erfolgreich sind. Sie arbeiten mit „Frames“, während die demokratische Mitte immer noch dem Irrglauben verhaftet ist, Fakten seien stärker als Stimmungen. Dabei sind es längst die „gefühlten Wahrheiten“, welche die Wahlentscheidung steuern, wie der Berliner AfD-Spitzenkandidat Georg Pazderski in einer TV-Debatte erkannt hatte.

Horrorerzählung wird Realität
Nun kann man nicht sagen, dass es vor dieser Entwicklung nicht genügend Warnungen gegeben habe. Die US-Journalistin Anne Applebaum veröffentlichte – ironischerweise fast genau zu dem Zeitpunkt, in dem das Zeit-Interview Mitte März mit Wehling erschien – eine düstere Vision: Sie prognostizierte, der Westen sei nur noch zwei oder drei Wahlen entfernt vom Ende der Nato, der Europäischen Union und einer liberalen Gesellschaftsordnung so wie wir sie mehr als ein halbes Jahrhundert kannten und die uns Frieden und Wohlstand bescherte. Explizit warnte sie vor dem Ja Großbritanniens zum Brexit, einen US-Präsidenten Donald Trump und einen Wahlsieg von Marie Le Pen bei den französischen Präsidentschaftswahlen.

Was damals noch wie eine Horrorerzählung klang, droht nun Realität zu werden. Und das ausgerechnet am 9. November, der wie kein anderer Tag die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert widerspiegelt. Alle Warnungen, Statistiken, Daten, Fakten und Argumente, die Journalisten im vergangenen Dreivierteljahr zwischen Los Angeles und Berlin veröffentlicht haben, wurden von den Wählern mehrheitlich ignoriert.

Fatale Nacht für den Westen
Die Vorstellung, dass Le Pen und andere Demagogen jetzt noch aufzuhalten sind, ist zumindest heute so wenig wahrscheinlich wie die Rettung des HSV vor dem Abstieg aus der Bundesliga. Europa ist gespalten und uneinig. Nun droht auch noch ein Rückfall der USA in den Isolationismus. Putin wird sich ermutigt fühlen, mit seinen Verbündeten vom Front National, der AfD, der FPÖ und weiteren rechtsradikalen Parteien seinen Unterminierungsfeldzug gegen die westlichen Demokratien fortzusetzen. Erdogan und andere Potentaten werden noch weniger Hemmungen als bisher haben, gegen Oppositionelle im eigenen Land vorzugehen. Assad wird wohl mit russischer Hilfe die Menschen in Syrien weiter hemmungslos massakrieren. Dass nebenbei durch das Wiedererstarken des Protektionismus Millionen von Arbeitsplätzen gefährdet sind, wirkt in dieser Situation fast wie eine der geringsten Sorgen. Nach dieser fatalen Nacht für den Westen, so wie wir ihn kannten, braucht es wenig Fantasie, um sich weitere, katastrophale Entwicklungen auszumalen: Ein China, das seine aggressive Außenpolitik gegen seine Nachbarn umso entschlossener fortsetzen wird. Ein Iran, der nicht mehr an der Entwicklung von Nuklearwaffen gehindert wird und Israel auslöschen will. Ein Nordkorea, das von seinen innenpolitischen Problemen ablenkt, indem es seine Atombomben in Stellung bringt. Ein Russland, das das sowjetische Imperium in den Nachkriegsgrenzen restaurieren will…

Bürgerliche Zivilgesellschaft muss aufwachen
Was kann man dagegen tun? Außer sich zu fürchten, vor dem was kommt? Nun, zunächst einmal sollten die Meinungsforscher in sich gehen. In Europa gingen die Bürger gestern mit einer Siegwahrscheinlichkeit von 85 Prozent für Hillary Clinton zu Bett und wachten heute Morgen mit einem Präsidenten Trump auf. Beim Brexit hieß es am Vorabend, die EU-Befürwörter lägen knapp vorne. Auch Politiker sollten nicht länger so tun, als hätten sie dem Umgang mit den Rechtspopulisten im Griff. Sonst droht auch nach den nächsten Wahlen ein böses Erwachen, insbesondere nach der Bundestagswahl im Herbst 2017. Die bürgerliche Zivilgesellschaft muss endlich aufwachen und erkennen, dass es nicht reicht, es Politik und Medien zu überlassen, sich um den grassierenden Populismus kümmern. Hören wir nicht auf blasierte Kolumnenschreiber, die uns einreden, der deutsche Michel könne das Eintreten für die pluralistische Gesellschaft den „Profis“ in Behörden und Medien überlassen. Sorgen wir dafür, dass wir eigene „Frames“ schaffen, die wir Hass und Hetze entgegenstellen können.

Nichts hat die rechtspopulistische Szene mehr geärgert, als die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft mit der hunderttausende von Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr den Flüchtlingen begegnet sind. Die Reaktionen der Bevölkerung waren ersichtlich ganz anders als der vermeintliche Volkswille wie er auf AfD- und Pegida-Seiten zu lesen ist. Noch heute geifert die Szene deshalb dort über die „Teddybär werfenden Gutmenschen“. Das zeigt, wie stark auch positive Bilder sein können. Dazu gehört auch die Aussage „Wir schaffen das“, die insbesondere von Leuten kritisiert wird, die gar nicht wollen, dass irgendjemand irgendetwas schafft, sondern sich wünschen, dass die liberale Gesellschaft insgesamt scheitert.

Ja, wir schaffen auch die Herausforderungen des Rechtspopulismus, aber nur, wenn wir es uns nicht länger in unserer bürgerlichen Biedermeierwelt bequem machen. Das Prinzip, es ist noch immer gutgegangen, funktioniert dauerhaft nicht mal in Köln, wo bekanntlich dieser Spruch das Lebensgefühl prägt. Doch die Jahre 1914, 1933 und 1939 zeugen auch dort vom Gegenteil.

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46 Gedanken zu “Nicht Fakten, sondern „Frames“ gewinnen Wahlen;”

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    Mich stört auch der Begriff Biedermeier. Nehmen wir mal an, ich bin Bürger und würde gerne irgendetwas machen. Ich habe genug zu tun (Elternabend, Steuererklärung, neue Kfz Versicherung) und bin politisch nicht vernetzt. Ich wähle Systemparteien, lese Lügenpresse, spende für Afrika und Flüchtlinge und verlaufe mich manchmal auf eine Kundgebung. Mehr oder weniger geht es so fast allen, die ich kenne. Ich bestreite nicht, dass Dinge wichtig sind und „man mal was machen sollte“, nur was? Die Mittelschicht und Bürgerschelte bietet sich ja in einer Demokratie an, nur, in Ernst, wenn Meinungen von Bloggern gemacht und über Internet vervielfacht werden, kommt es eben nicht auf den einzelnen Bürger an. „Komm heraus und reih dich ein“ ist von gestern. Die Rechte hat es gerade vorgemacht, wie man mit einem Laptop aus wenigen Spinnern einen ganzen Frame machen kann. Nein, es kommt überhaupt nicht auf mich an, solange ich ein normales Leben führe und kein digitaler Che bin.

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    danke an Opa Krempel, Frank K. und Thomas Wessels und Monika Frommel-
    mit ihren Kommentaren,-
    die,die hier die Wahl von Trump gut finden,der ja nicht mehr Stimmen, sondern nur
    mehr Wahlmänner erreicht hat und zuletzt noch Wahlkampf HIlfe von Putin, hackern und dem FBI chef bekam-neben all den Medien, die sich auf jeden Demagogen werfen,
    ihnen ständig O töne und Bilder bieten und hinterher so tun, als hätten sie für nix Verantwortung ,auch nicht für die faktischen Umsonst-Werbung für Demagogen siehe auch Frau Will für ISlamistinnen wie schon bei Frau Christiansen für Pierre Vogel..
    die, die Trump nicht so schlimm finden,jedenfalls seinen Wahlkampf nicht und seine irren Sprüche sollten mal überlegen was aus den USA und Europa, Russland, China und der Welt wird, wenn er seine Sprüche umsetzt- was er wohl nicht tun wird, also
    wieder ein Volksverräter?!was werden die , die er aufgewiegelt hat gegen alle Muslime, gegen Mexikaner, Chinesen, Merkel, die Eliten, Frauen, Minderheiten dann tun?

    was wird seine Bewunderung für Putin bezogen auf den Krieg in Syrien, den Iran, Klima,Mauer,Strafzöllge gegen China etc bedeuten?
    -da ich auch einen Globalisierungskritikerin bin und entschieden gegen den Irakkrieg agitiert habe, war Hilary für mich auch nur das kleinere Übel- ich habe den Wahlsieg
    von Trump für möglich gehalten, da die Massenmedien ,facebook, google, das Silicon valley sozusagen,die für Hilary waren, globalen Betrügern und Sprüchekloppern, Demagogen den Erfolg einfacher machen…sozusagen die globale Freiheit und die beschleunigte globale Verbreitung der Dummheit und Illusionen-
    doch es gilt auch:all die medialen und wissenschafltichen Eliten, die meinen die Benachteiligten könnte man durch Toleranzpredigten einerseits als doofer als sie selbst darstellen, ihnen sozial nix anbieten und sie dann doch umerziehen, sollten über ihre elitären Lebens und Arbeitsbedingungen spätestens jetzt genauer nachdenken-
    die schnelle Einladung von Obama sollte wohl die weitere Polarisiserung der USA aufhalten und half Trump nun, den Gemässigten zu geben und alle Vorteile des establishments, zu dem er als Miliardär eh seit Jahrzehnten gehört, auf seine Freunde und Familie zu verteilen.Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.,BB-doch auch nur, wenn die LIberalen und Linken und kulturellen und medialen Eliten versagen,
    die die Digitalisierung und Globalisierung auf allen Kanälen beworben haben die letzen Jahrzehnte und gern alles auf die Politik abschieben -wünsche einen frohen St Martins tag
    und ein sofortiges Ende des Krieges in Syrien und im Irak, Jemen und Lybien und der Ukraine….

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      „danke an … Frank K. … mit ihren Kommentaren“

      Meinten Sie mich? Wenn ja, wie kommen Sie auf die Idee, ich würde die Wahl Trumps gut oder zumindest „nicht so schlimm“ finden?

      Das US-Wahlergebnis ist eine TATSACHE. Daran ändert es auch nichts, daß Clinton mehr Wählerstimmen bekommen hat. Das bei einer Wahl geltende Recht kann man nicht nachträglich ändern, und nach diesem Recht hat Trump gewonnen, also werden wir mit ihm leben müssen, auf Gedeih und Verderb, die eher unwahrscheinlichen Möglichkeiten einmal ausgeklammert, daß es einen Aufstand der Wahlmänner geben oder Trump vielleicht noch vor der Inauguration der Schlag treffen könnte. Ist halt so.

      Was wir jetzt aber wirklich noch tun könnten, wäre eine selbstbetrugsfreie Analyse mit dem Ziel, dieselbe Entwicklung anderswo (Frankreich, Deutschland …) nicht noch ein drittes und viertes Mal mitverfolgen zu müssen. Genau deshalb krieg ich auch einen Vogel, wenn die esoterischen Thesen dieser Frau Wehling so gläubig nachgebetet werden, denen ein zum Kotzen selbstgefälliges Selbstbild der Mittelschicht (bzw. derer, die Clinton bevorzugt hätten) zugrunde liegt, das eindeutig auf Selbstbetrug beruht.

      Was Putin und Trump betrifft: In Wirklichkeit hat im Kreml doch niemand ernsthaft damit gerechnet, daß einer wie Trump Präsident werden könnte. Die glauben dort, Demokratie sei überall auf der Welt nur eine Fassade, so wie in Rußland. Die dachten, Trump sei eine amerikanische Version ihres Schirinowski, ein Pausenclown, der dazu da ist, den Sieg Clintons zu garantieren. Ich bin überzeugt davon, das Wahlergebnis hat Putin schockiert (und das geschieht ihm ganz recht). Daß Trump mit seinem Business-Hintergrund gar nicht daran gedacht hat, mit dem Präsidenten eines aus geschäftlicher Sicht so uninteressanten Lands wie Rußland zu telefonieren, bevor er mit den wichtigeren Leuten, etwa Chinas Xi, gesprochen hat, obwohl Putin sich doch so beeilt hatte, ihm gleich als erster zu gratulieren, wird seine Laune kaum verbessert haben.

      „Wenn du jetzt nicht zu nölen aufhörst, geb ich dir einen echten Grund zum Jammern“, sagte mein Vater gerne, und so was ähnliches ist jetzt Putin passiert. Der Witz ist, daß er jetzt alles, was er den USA seit Jahren mit der Unermüdlichkeit einer Gebetsmühle vorgeworfen hat, endlich einmal wirklich erleben wird, denn in einer Philosophie des „America First“ wird man auf russische Empfindlichkeiten weit weniger Rücksicht nehmen, als das bislang der Fall war.

      Erschwerend kommt aber hinzu, daß Trump gewissermaßen der bessere Putin ist: Putins sorgfältig aufgebautes Macho-Image ist nicht mehr als ein Image, in Wirklichkeit ist er eine uninteressante Bürokratenseele im Zentrum eines Apparats, der Unberechenbarkeit als ein taktisches Instrument einsetzt, das bislang viel zu gut funktioniert hat, um es aufzugeben.

      Trump ist alles, was Putin nur zu sein vortäuscht, einschließlich seiner Unberechenbarkeit. Und nein, das macht die Sache nicht besser, sondern noch gefährlicher, als wenn wir eine Achse des Bösen Washington-Moskau befürchten müßten. Wir leben jetzt in sogenannten „interessanten Zeiten“. Leider. Mir wären langweilige auch lieber.

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    Die wahren „Demagogen“ sind doch die sogenannten Demoskopen, die ihre Kaffeesatzleserei längst zur Stimmungsmache missbrauchen. DIE gehören bekämpft, Sami ihrem publizistischen Umfeld, diesem Amalgam aus Parteien, „Stiftungen“, „Instituten“ unseen Mainstreammorganen in Print, Funk und TV.

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    Das ist doch nun wirklich ziemlich kalter Kaffee. Lakoff rühmt sich in den USA schon seit über 10 Jahren, spätestens seit der Wahlniederlage J. Kerrys seines Einflusses in progressiven Kreisen (was nicht heißt, dass die Erkenntnisse konsequent umgesetzt würden). Auch in Europa reden wir seit Jahren über Framing. Doch taugt der im Grunde apolitische und primitiv-szientistische Ansatz nur bedingt zur Erklärung des Status Quo (da sind andere Ansätze, von Faucault bis Eribon dienlicher), geschweige denn für praxistaugliche Strategien.

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    Herr Eibl,
    ….in unserer bürgerlichen Biedermeierwelt ….
    Wenn für Sie „aufklärerisch“ Biedermeier ist, na ja. Clinton hat den Fehler gemacht, nicht Sanders zu unterstützen, sondern ihren Eigensinn zu pflegen (ich will da rein, und zwar als Präsidentin…). Sie kann nicht glaubhaft verkünden eine soziale Politik zu machen, da sie für eine Demokratin zu sehr mit der Finanzwelt verbunden ist. Einen Fehler hat sie nicht gemacht, sie ist halt zu erstarrt. Kluge Junge Menschen hat das nicht angesprochen. Außerdem hat die Wahlforschung krasse Fehler gemacht. Sie haben nicht bedacht, dass es nicht auf die Mehrheit der Stimmen (die hatte Clinton) ankommt, sondern auf die der Wahlmänner, die hat Trump, und die Wahlforschung hat nicht begriffen, dass die Ressentiments gegen links-liberal so groß sind. Sie hatten Indikatoren von vorgestern und gestern statt Indikatoren für heute zu bilden: das ist peinlich und zeigte sich bereits bei AfD und Brexit.
    Hätten sie nicht – grob falsch – behauptet, es komme nicht zu einem Breit und Clinton sei Favoritin, wären die jungen Menschen eher zur Wahl gegangen.
    Tja, blöd gelaufen.

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      Frau Frommel,
      die Metapher „Biedermeier“ habe ich gewählt, weil sie sinnbildlich für die Haltung von vielen Bürgerlichen steht, die mit der „schmutzigen Politik“ nichts zu tun haben zu wollen. Sie machen es sich stattdessen zuhause gemütlich und hoffen darauf, der Blitz werde das eigene Haus schon nicht treffen. Daher mein Appell: Runter vom Sofa und sich einmischen, sonst gibt es ein böses Erwachen. Ansonsten Zustimmung.

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    Stichwort „Fakten“:

    Zu diesen sogenannten „Fakten“, von denen hier die Rede ist, gehören oft auch Prognosen auf Basis statistischer Daten, und in vielen Bereichen gilt es als eine Art Blasphemie, deren Richtigkeit anzuzweifeln. Und, nein, ich habe zum Klimawandel, dem prominentesten Beispiel dafür, keine eigene Meinung, weil mir die Muße fehlt, mir ausreichend Fachwissen anzueignen. In einem muß ich den Skeptikern aber zustimmen: Prognosen aufgrund statistischer Daten sind definitiv nicht dasselbe wie Fakten. Das kam mir gerade in den Sinn, als ich bei Spiegel Online einen Bericht über das kollektive Versagen der Demoskopie las:

    „Wie aber kamen die „New York Times“ oder der Statistikguru Nate Silver dazu, die Siegchancen für Clinton vor der Wahl mit 71 oder gar 85 Prozent anzugeben? Ganz einfach: Sie haben mit falschen Annahmen gerechnet, den Umfragewerten aus den Bundesstaaten, die sich nun als nicht korrekt herausgestellt haben. Nate Silver simulierte den Ausgang der Wahl zum Beispiel 20.000 Mal an einem Computer. In 71 Prozent der Simulationen hatte Clinton die Nase vorn.“

    Irgendwas an den statistischen Modellen stimmt in den letzten Jahren bei politischen Umfragen eindeutig nicht, denn mit schönster Regelmäßigkeit werden die Populisten unterschätzt, die US-Präsidentschaftswahl ist nicht der erste Fall, nur der folgenschwerste. Aus diesem Anlaß möchte ich mein Unbehagen an einer auf Zähl- und Meßbares beschränkten Sichtweise und deren Verzerrungen einmal grundsätzlicher zum Ausdruck bringen:

    Ich habe ein Riesenproblem damit, wenn von mir verlangt wird, daß ich solchen Modellen nun einmal glauben und vertrauen müsse, weil sie ja von Experten kommen, widrigenfalls ich ein sogenannter „Leugner“ sei, der entweder von interessierten Kreisen bezahlt sein müsse oder halt ein armer Wirrkopf, der sich von besagten Kreisen habe verhetzen lassen. Ich bin nämlich nicht der Meinung, daß ich diesem Ansinnen nachkommen sollte.

    Experten können sich besten Gewissens irren, etwa einen Fehler in ihr Modell einbauen, ohne es zu bemerken. Problematisch sind solche Modelle aber von vornherein auch, weil es bei komplexen Sachverhalten irrsinnig schwer ist, die Wirkung von auf den ersten Blick kleineren Faktoren auf das Gesamtergebnis einzuschätzen, weil ja sehr viele solcher Faktoren in Wechselwirkung zueinander stehen und neue Faktoren erzeugen. Alle Faktoren einzubeziehen, ist aber unmöglich. Ihre eigenen Erwartungen, seien es Wunschdenken oder Befürchtungen, können Experten außerdem unbewußt in eine falsche Richtung lenken. Experten können aber auch motiviert sein, fehlerhafte Einschätzungen zu veröffentlichen, etwa indem richtigen Ergebnissen eine fehlerhafte Interpretation verpasst wird oder indem Ergebnisse gefälscht werden.

    Das alles kann ich aber gar nicht beurteilen, ohne selbst Fachwissen zu haben. Ich müßte den Experten also auf dieselbe Weise vertrauen, wie man in früheren Zeiten Priestern vertraut hätte. Und dafür verhalten sie sich, sorry, einfach nicht vertrauenswürdig genug. Beginnend damit, daß sie dauernd von „Fakten“ reden, wo keine sind.

    Ein Faktum ist, daß die gesamte liberale US-Presse sich bei ihrer Einschätzung der Wahlchancen Donald Trumps geirrt hat, basierend auf dem, was sie irrtümlich für Fakten hielt und mir gegenüber auch als solche bezeichnet hätte. Kein Faktum ist es aber, wenn es zum Beispiel heißt, Trump-Wähler könnten keine „gesellschaftlichen Verlierer“ sein, weil Trump in den niedrigeren Einkommensschichten weniger gewählt worden sei als von Besserverdienern. Den gröbsten Fehler in dieser heute durch sämtliche US-Medien geisternden Behauptung erkenne ich auch als Laie auf den ersten Blick: Tatsächlich müßte man die Einkommensschichten nämlich zusätzlich noch nach ethnischer Herkunft unterteilen, um eine solche Aussage treffen zu können. Bei Latinos und Schwarzen kam Trump ja mit guten Gründen schlechter an, und die sind in den unteren Einkommensschichten unterrepräsentiert.

    Warum sollte ich der sonstigen Einschätzung eines Experten oder Journalisten vertrauen, der das nicht ebenfalls auf den ersten Blick erkannt hat?

    Ein gesellschaftlicher Verlierer ist auch, dessen Einkommen von 100.000 auf 70.000 Dollar gesunken ist. Und subjektiv als Verlierer fühlen kann jemand sich auch dann, wenn sein Einkommen zwar um 10.000 gestiegen ist, aber er eigentlich Grund hatte, mit einem Anstieg um 50.000 zu rechnen. Daneben geht es nicht nur um Verlierer, die den Verlust schon erlitten haben, sondern auch um Leute, die ihn befürchten oder auch miterleben, daß ihre erwachsenen Kinder es nicht etwa besser haben als sie selbst, sondern zu Verlierern geworden sind. Außerdem gibt es Verluste, die sich nicht im Einkommen niederschlagen, aber deshalb nicht weniger verletzend sind, etwa im Status. Zum Statusverlust zählt aber auch das Gefühl, ständig dreist angelogen zu werden, das ich, wie oben beschrieben, ebenfalls habe. Vermutlich macht es die Sache aber noch schlimmer, wenn man Mühe hat, dieses Gefühl so richtig zu begründen, und vielleicht bin ich ja deshalb nicht anfällig für Populisten, weil ich das kann, weil ich die systematischen Fehler erkenne, die sich aus einer unzulänglichen Methode, sich die Welt zu erklären, zwangsläufig ergeben, die von beiden Seiten gerne genutzt wird.

    Ein Faktum ist, daß Trump gewählt wurde, obwohl fast alle US-Medien aus voller Kehle gegen ihn anberichtet haben. Das wäre doch mal ein Anlaß, sich darüber Gedanken zu machen, ob sie dabei womöglich etwas falsch gemacht haben.

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    Sie sollten vielleicht mal Ihre Wahrnehmung überprüfen.
    Wenn innerhalb weniger Monate über 1 Million Menschen vollkommen unkontrolliert in unser Land strömen ist eher das Merkelsche „Wir schaffen das !“ ein faktenfreies „Frame“ als die Warnung vor diesen Zuständen.

    In Punkto Populismus kann eh niemand Merkel etwas vormachen.

    Der ungeplante, überhastete und deswegen auch desaströse Atomausstieg aufgrund eines Naturereignisses am anderen Ende der Welt war wohl die populistischste Aktion, die jemals in Deutschland in reale Politik umgesetzt wurde.

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    „während Hillary Clinton den Fehler mache, auf politische Aufklärung zu setzen.“
    Worüber hat sie denn aufgeklärt? Ich hatte eher den Eindruck, dass über sie viel aufgeklärt wurde, zum Beispiel über die Debattenfragen, die ihr vorab zugestellt wurden.

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      Clinton hat im Wahlkampf ständig auf den Faktencheck auf ihrer Homepage verwiesen.

      „During the debate, Clinton told viewers to go to the site “to see in real-time what the facts are,” and according to Clinton spokesperson Tyrone Gayle, it seems to have worked. Nearly two million people visited Clinton’s website within an hour after she mentioned it.“
      https://www.wired.com/2016/09/millions-people-fact-checked-debate-clintons-website/

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      Mitnichten, und die Ergebnisse geben den vermeintlichen Ignoranten recht: Hillary Clinton hat etwa 200.000 Wählerstimmen mehr auf sich vereinigen können als Trump.

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        @Opa

        … SPIEGEL ONLINE (SpOn): „Clinton landesweit mehr Stimmen als Trump“. Eine glatte Lüge, weil SpOn im Artikel selbst eingeräumt hat, dass Arizona noch nicht komplett ausgezählt ist und es dadurch wohl doch zu einer landesweiten Mehrheit für Trump gereicht hat.

        … tja, Opa, lirum-larum-Löffelstiel …

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        … *rofl*, werter F.E., zur Zeit meines Hinweises, am 12.11., waren die Ergebnis-Zahlen anders. Schauen wir mal. Aaaber, …. ich gönne Ihnen, so das bleibt, das Hillery zumindest die ‚gewichtigsten Stimmen‘, die sie ins politische Nirwana befördert haben, gesammelt hat. *schlucks*

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        @dbh: Sie sollten lernen, Texte auf ihren sachlichen Gehalt zu überprüfen. Das gilt auch und besonders für die Seite der Achgutmenschen.
        Als Hilfestellung für eine Textanalyse:
        A) Ausgangslage. Arizona hat etwa 6,4 Millionen Einwohner. Bei den vergangenen beiden Präsidentschaftswahlen haben 2 – 2,2 Millionen Menschen an der Wahl teilgenommen. Der Kandidat der Republikaner hat etwa 200.000 Stimmen mehr erhalten als der Kandidat der Demokraten. Es gibt kaum eine Veranlassung, hier eine exorbitante Abweichung zu erwarten. Dies ist der Stand der Dinge, bei einem Auszählungsstand von 0.
        B) Blanke Zahlen. Abgegebene Stimmen: 2,5 Millionen. Der Auszählungsstand in Arizona betrug zum Zeitpunkt, als Ben Krischke seinen Wunschtraum online gestellt hatte, etwa 80 Prozent. Von den ausgezählten rund zwei Millionen Stimmen lag Trump mit 1,021 Millionen Stimmen gegen 936.000 Stimmen in Führung – in Prozentpunkten 49,5 : 45,4. Um bei der verbleibenden halben Million Wahlzettel noch einen zusätzlichen Vorsprung von 200.000 Stimmen zu erzielen, hätten 300.000 für Trump und 200.000 für Clinton stimmen müssen, also beim letzten Fünftel entgegen dem Landestrend ein Verhältnis von 60:40 Prozentpunkten.
        C) Chancen, daß dies eintritt. Rein theoretisch ist das möglich, allerdings nach den Regeln der Statistik nur unter bestimmten Bedingungen, nämlich, daß diese Stichprobe erheblich von den anderen vier Fünfteln abweicht. So etwas kommt vor, wenn viele Menschen per Briefwahl ihre Entscheidung einige Tage vorher getroffen haben und zwischen Briefwahl und Wahltermin ein Ereignis eintritt, das die Wahlentscheidung an der Urne beeinflussen kann – etwa die Havarie von Fukushima kurz vor der Wahl in BaWü oder das Eingreifen des republikanischen FBI-Chefs zulasten von Clinton. Ein solches Ereignis zu Ungunsten Trumps ist und wurde nicht eingetreten.
        D) Die Intention hinterfragen. Von Ben Kruschke habe ich vor heute nichts zu lesen oder hören bekommen. Als einzige Bewertung dient mir daher sein eigener Text. Folgende altbekannten Phrasen, die Pressekollegen schlechtzumachen, sind mir beim ersten Lesen aufgefallen: „von vermeintlichen Qualitätsmedien“, „ihre einfache Botschaft auch in die letzten Winkel der Bundesrepublik zu posaunen“, „die einstmals liberal-konservative FAZ“ (äähm, ist die Redaktion von den Revolutionären Zellen unterwandert???), „Die sich selbst als Vox Populi aufspielenden linken und neo-linken Redaktionen“, „Die Schreibe der Empörten“, „das letzte Aufbäumen selbsternannter Meinungsführer“ sowie das Zitieren des Blattes „Business Punk“, das wohl nur jemand kennt, der sich beruflich mit Medien befaßt. Was übrig bleibt, wenn man diese tendentiöse Kollegenschelte entfernt, ist eigentlich nur der erste Absatz (der besagt, daß man mit dem Ergebnis nicht gerechnet habe).
        E) Ergebnis. Die Bewertung bleibt jedem selbst überlassen. Mein Eindruck nach dem Lesen des Textes und einem Blick auf die Zahlen ist, daß sich Krischke mit aller Gewalt an eine Illusion klammert, damit er diejenigen Kollegen, die nicht seiner Meinung sind, gezielt schlechtmachen kann. Um ihn selbst zu zitieren: „Wie wir wissen, kam dann doch alles anders. Im Volksmund bekanntlich die einzige Sicherheit.“

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        … Opa, ich habe vom Wahlkampf in den USA eigentlich gar keine Ahnung. Die Amerikaner werden ihre ‚Stimme‘, das vermute ich, ähnlich ‚taktisch‘ wie in Deutschland, ‚vergeben‘. Das sollten die Kandidaten für das Amt des Präsidenten berücksichtigen. Das team Clinton hat versagt. Die haben sich selbst überhöht. Wie der ‚BRD‘-Mainstream. Wenn es dem Esel zu wohl ist, dann geht er aufs Eis tanzen. Kawummm! … runter kommen sie immer. Der Trump-Effekt.

        Beispiel: Trump hat sich in demokrat. Hochburgen, wahlmäßig, nicht einmal bemüht. Wozu? Ebenso sind wohl seine Wähler dort nicht mal zur Wahl gegangen. Daher die Mehrstimmen für H.C.?

        Trump hat das Wahlmännersystem besser verstanden als Clinton. Wenn er auch so clever regiert – nun ja – dann … schauen wir mal.

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      Ginge es tatsächlich nach Wählerstimmen hätte Frau Clinton, nach letztem Auszählungstand, knapp gewonnen, was aufgrund des antiquierten US-Wahlsystems aber keinen Unterschied macht. (Trump hat sogar weniger Stimmen geholt als die beiden Verlierer der letzten Wahlen, McCain und Romney.)

      Auch wenn Sie jetzt angeben, alles schon immer gewonnen haben, ist es nicht zu verneinen, dass erst die unbegründeten und später zurückgenommenen Verdächtigungen des republikanischen FBI-Direktors kurz vor dem Wahltermin, den Vorsprung in den Umfragen zunichte gemacht hat.

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      Frauen wählen Frauen – ja klar, ihr Deppen von der Lügenpresse;-)
      Noch nie was von Zickenkrieg gehört? Deutsche Dschurnalisten sind vollkommen weltfremde Schwachköpfe.

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    „In den Forschungen von Frau Wehling liegt der Schlüssel zum Verständnis, warum Trump gegen fast alle Voraussagen vergangene Nacht die Präsidentschaftswahlen gewonnen hat und warum Rechtspopulisten überall auf der Welt so erfolgreich sind. Sie arbeiten mit „Frames“, während die demokratische Mitte immer noch dem Irrglauben verhaftet ist, Fakten seien stärker als Stimmungen.“

    Frau Wehling ist seit etwa einem Jahr in deutschen Medien schwer in Mode gekommen. Mich würde mal interessieren, wie ihr das gelungen ist, denn an der Substanz ihrer Thesen kann das nicht liegen, die ist eher fadenscheinig. Bei mir selbst war diese Frau in dem Moment durchgefallen, als sie sich vor acht Monaten nicht entblödete, das Wort „Flüchtling“ mit folgender Begründung zu einem Frame erklärte, der sich gegen die damit Angesprochenen richte: „Die Endung „-ling“ macht diese Menschen klein und wertet sie ab. Denn das Kleine steht im übertragenen Sinn oft für etwas Schlechtes, Minderwertiges.“ Und das in einem Land, in dem die halbe Bevölkerung aus Kindern und Enkeln von Flüchtlingen besteht, die mit diesem Begriff gar nichts Abwertendes verbinden, sondern vielmehr die Geschichten der Eltern und Großeltern über ihre Flucht. Sicher war das auch einer der Gründe, warum es vor allem im chaotischen Herbst 2015 so viel spontane Hilfe aus der Bevölkerung für die Flüchtlinge gegeben hat.

    Spontan fragte ich mich natürlich aber auch, warum Madame ihren Namen, der ja sogar in beiden Silben ein abwertender Frame sein müßte, dann nicht ändern läßt. Wehling. So kann sie doch nie und nimmer heißen wollen, wenn sie glaubt, was sie sagt.

    Wenn den angeblich stimmungsgesteuerten Populisten-Opfern die angeblich faktenorientierte „demokratische Mitte“ gegenübergestellt wird, dann ist das erstens genau die Sorte Arroganz, die Trump massenhaft Wähler zugetrieben hat, und zweitens ist es eine glatte Lüge. Die Leute, die sie als „demokratische Mitte“ bezeichnet, sind doch auch Leute, die pausenlos Panik verspüren und verbreiten … nur eben bei ihren bevorzugten Themen. „Klimakatastrophe“ – was soll dieser Begriff beispielsweise mit Fakten zu tun haben?

    Über Brexit hat ein Soziologe – weiß nicht mehr, wer -, der den Gründen der Wähler nachgeforscht hat, folgendes festgestellt: Sie glaubten in Wirklichkeit gar nicht, daß für sie damit etwas besser wird. Sie wollten, daß es anderen so schlecht geht, wie sie es für sich selbst subjektiv empfinden, denn sie handelten aus einem tiefsitzenden Gefühl der Verbitterung heraus. Es ist keine allzu verwegene Annahme, daß für die Trump-Wähler ähnliches gilt. Wenn man nach den Gründen für die Erfolge von Populisten sucht, dann sollte man sich deshalb als Erstes fragen, warum eigentlich so große Teile der Bevölkerung einen solchen Rochus auf die Eliten haben, daß so etwas zum Wahlanreiz für so viele geworden ist, daß sie Mehrheiten erlangen können. Und natürlich ganz besonders: was man tun kann, um das zu ändern.

    Das nämlich wäre rationales Verhalten, wie man es von einer „demokratische Mitte“, die so ist, wie Frau Wehling behauptet, sehr wohl verlangen können sollte.

    Das Populismus-Phänomen wird sich nicht von alleine in Luft auflösen, und schon gar nicht, wenn nun alle so tun, als seien die Populisten und ihre „fiesen Methoden“ so unerwartet vom Himmel gefallen wie eine Seuche und außerdem etwas, wofür man selbst gar nichts kann. Wir bräuchten nichts dringender als sachliche Analysen. Aber von Frau Wehling werden wir die nicht bekommen, die ist bloß eine geschickte Selbstvermarkterin und damit sogar ein Teil des Problems, nicht etwa der Lösung. Denn die letzten ca. zwanzig Jahre waren die große Zeit der geschickten Selbstvermarkter. Umgekehrt waren die Verlierer – gemessen an dem, was für sie andernfalls realistisch erreichbar gewesen wäre – diejenigen, die sich unterdurchschnittlich selbst verkaufen können, und zwar ganz unabhängig von ihren sonstigen Fähigkeiten. Nur, um mal ein erstes Puzzleteil als Anfang anzubieten, falls wirklich irgendwer ernsthafte Ursachenforschung betreiben möchte.

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    Wahlforschung ist wohl so eine Scheinwissenschaft, wie Homöopathie, insbesondere in der grünen BRD. Die Güllners fälschen Zahlen, die dann in der Lügenpresse propagiert werden, da stimmt nix.

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    Nicht Fakten, sondern Denkraster („Frames“) gewinnen Wahlen … Sorgen wir dafür, dass wir eigene „Frames“ schaffen, die wir Hass und Hetze entgegenstellen können.

    Jau. Immer schön postfaktisch Frame gegen Frame.
    Dümmer geht’s nimmer.

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    Oh, lieber Herr Eibl, seit Kohl (kollektiver Freizeitpark), über Agenda 2010 und Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die spätrömische Dekadenz über die schwäbische Hausfrau und das Leben über Verhältnisse, setzen Liberale seit 30 Jahren Frames und, mit Verlaub, die klingen alle so richtig Mist. Es gibt keinen positiven Frame, es gibt nur den, das Schlimme zu verhindern. Und da setzen die Populisten an, was von Liberalen und Linken über Jahrzehnte als Frame gesetzt wurde: die böse Elite (Links), die brutale Globalisierung, die nun mal Opfer fordert (Liberal). Selbst die liberale Islamkritik (nennen wir es mal so) war/ist so schrill, dass natürlich jeder Angst vor dem Nachbarn bekommt. Rentenlüge, Wettbewerbsdruck, Schuldenbremse, Alternativlosigkeit – es waren nicht die Rechten, die die Frames gesetzt haben. Es waren Liberale. Wie soll man einen positiven Frame setzen, wenn Studien veröffentlicht werden, dass die Hälfte der Jobs wegen Digitalisierung wegfallen werden (Welt & Co)? Klar bekommen die Leute Lust (aus Angst), das Karussell anzuhalten. Ich sehe Ihren Punkt (wenn ich es verstehe) ein, aber wie sollen wir von der Panik-Palme wieder runterkommen?

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      Waren es vielleicht die falschen Frames für die falsche Zielgruppe? Progressive ticken anders. Die „spätrömische Dekadenz“ zum Beispiel ist aber typisches Populisten-Framing.

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    Tja
    Bernie Sanders hätte eine Wechselstimmung erzeugen können,
    Hillary nicht. Trump ist nicht das größte Problem, sondern die Mehrheit der Republikaner in allen Institutionen, insbesondere der religiösen Rechten und Leugner der Klima-Probleme. Das dauert ein Jahrzehnt, das wir uns nicht leisten können.

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    Dem einfachen Geist begegnet man eben mit einfachen Mitteln am besten. Sich dorthin hinabzulassen fällt aber dem nicht leicht, der sich selber elitär dem anderen übergeordnet fühlt. Also muss man schon den eigenen Stolz überwinden.
    Die Reaktionen unserer Politik sind entsetzt. Ich bin gespannt, was passiert wenn Trump das erste Mal nach Deutschland kommt. Dann setzt sich sicherlich die Kotau-Politik a la Erdogan wieder durch, weil wir ja doch soviel zu verlieren haben.

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      Hoffentlich nimmt Trump, wenn er nach Deutschland kommt, das Merkel an die Hand und lässt sie nicht mehr los, bis sie in Guantanamo landen. Dort kann Merkel dann weiter „regieren“ und Selfies machen.

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        Und die ganzen VerderberInnen Deutschlands gleich mit. Sie wissen, wen.

        Die politische Linke (hier und in Amerika) kann nicht verstehen, und wird es nie verstehen können, daß sie den Karren an die Wand gefahren hat, weshalb nun die Mehrheit der Amerikaner folgerichtig nicht mehr links gewählt hat.

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        Herr Weller, schön, dass Sie sich hier so unverblümt – „frei von der Leber“ würde Herr Oettinger sagen – äußern. An ihrem Beispiel kann jeder sehen, auf welchem geistigen Niveau sich deutsche Rechtsextremisten befinden. Außer dummen Sprüchen und dem Wunsch, politische Gegner einzusperren, lese ich da nichts.

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        Dumme Sprüche?
        Aber, lieber Herr Eibl…die findet man doch eher auf der schimmelig-blutigen Seite des weltanschaulichen Spektrums.

        100 Millionen Tote sprechen eine deutliche Zahl und stimmen traurig…zumindest mich 🙁

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    … ooops? Korrektur

    … tja, anti-Amerikanismus und anti-Demokratie zeigen ihr Gesicht:

    Katja Suding, stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende:
    Wache schweißgebadet aus meinem Albtraum auf. Und stelle fest, dass er Realität geworden ist.

    Heiko Maas (SPD), Bundesjustizminister:
    Wahl von #Trump ist bittere Warnung. Müssen Ursachen für Angst,Hass u Abschottung noch entschlossener bekämpfen #gegenhalten

    Jakob Augstein:
    Die Wahl Donald Trumps ist das Ende des Westens.

    Nils Minkmar, Journalist:
    1776&1789 entstand der Westen, 2016 verabschiedet er sich.

    Ulf Poschardt, Chefredakteur der Welt:
    Mein Kumpel @nminkmar was right: the end is near

    Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag:
    Das kann jetzt nur heißen: Make democracy great again – with freedom, tolerance and unity. Heute ist auch 9. November

    Sönke Rix, SPD-Bundestagsabgeordneter:
    Ein politisches Erdbeben. Bin traurig und fassungslos über die #USwahl16. Folgen für die Welt werden so oder so dramatisch sein.

    Andreas Petzold, Herausgeber des Stern:
    Ein selbstherrlicher, rassistischer Frauenverächter im oval office. Willkommen im Jahrhundert des Populismus

    Johannes Rehborn, Grünen-Politiker:
    Dieser Moment, wenn man sich fürs weiß sein schämt. Und dafür Mann zu sein.

    Ralf Stegner, stellvertretender SPD-Vorsitzender:
    Wenn dieser Rechtspopulist und sexistische Hassprediger US Präsident wird, dürfen wir uns auf einen politischen Kälteschock gefasst machen.

    Karl Doemens, Chefkorrespondent von DuMont in der Hauptstadtredaktion:
    Wenn das Grauen sich verfestigt.

    Ulrich Kelber, SPD-Bundestagsabgeordneter:
    Berlusconi, Orbán, Putin, Erdogan, Trump

    Miriam Hollstein, Politikredakteurin der Bild am Sonntag:
    Heute Nacht den Alptraum gehabt, dass Trump gewinnt. OH WAIT.

    Moritz von Uslar, Journalist:
    Das Land, das uns vom Faschismus befreit hat, wählt den Faschismus.

    Simone Peter, Grünen-Chefin:
    #Trump steht für Spaltung statt Zusammenhalt u. für Ausgrenzung statt Solidarität. Ich denke an Martin Luther King.

    … und an Chuzpe nicht zu toppen – die Ex: Merkel ruft Trump zu Achtung demokratischer Grundwerte auf

    Ich fass‘ ’s nicht.

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      No news, dbh, just olds:

      „In America, anyone can become president. That’s the problem.“ – George Carlin

      „Anti-intellectualism has been a constant thread winding its way through our political and cultural life, nurtured by the false notion that democracy means that ‚my ignorance is just as good as your knowledge‘.“ – Isaac Asimov

      „The best argument against democracy is a five-minute conversation with the average voter.“ – Winston Churchill

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        Oder besser: „Die Insassen im Gefängnis vonNürnberg auf dem Weg zur Aburteilung“.
        Besonders dieser Uslar (ein Medienschaffender, wie er im Buche steht), dessen Alter als Kulturdezernent in Bonn ungelogen Johann Strauß und Richard Strauss nicht auseinanderhalten konnte, verdient die goldene Zitrone für den blödesten linksversi..ten Sch…hausspruch in dieser Zitatenliste der Schande. 🙁

        Offenbar haben ihm seine Alt-68er PISA-LeererInnen und – außen nicht beigebracht, daß der Faschismus in Italien herrschte. In Deutschland war man mit dem NationalSOZIALISMUS (Heraushebung von mir) geschlagen.

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      Der Kampf gegen die, die demokratisch erlangte Machte dazu nutzen wollen, Bürger- und Menschenrechte einzuschränken und/oder abzuschaffen, gehört zum Wesenskern der wehrhaften Demokratie. Gerade daran hat es in der Weimarer Republik gefehlt.

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        … werter R.S., sehe ich auch so. DAHER! ist Trump gewählt und kein ‚fremdfinanzierter‘ Bückling (Wehling-Frame). 2016 – ein echter Sieg für die Demokratie.

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        Genau. Also weg mit der EUdSSR und den Medien. Beide haben keinerlei demokratisches Mandat und hassen die Völker Europas.

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    Herr Eibl, von welchem der beiden Ärzte würden Sie sich operieren lassen?
    Die Wähler Trumps denken in erster Linie an die amerikanische Wirtschaft. Sie sind nicht der abgehobene Westen einer globalen Schnorrerpseudoelite, sondern hart für ihr Brot malochende Arbeiter. Sie erwirtschaften die Steueraufkommen, unter anderem gewähren sie auch die Alimentation ihrer dummschwätzenden Gegner.
    Es ist ziemlich leicht einen Teddybär zu werfen, und auch lustig. Aber das Zusammenleben unterliegt ganz anderen Gesetzmäßigkeiten. Sie schaffen das? Nichts dagegen.
    Vielleicht schaffen auch die Linguisten demnächst die Arbeitsplätze…

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      Danke, Herr Gude. Sie haben es viel besser dargestellt als ich vorhin weiter oben. Sie bringen das ganze Problem auf den Punkt. Würden die VerfasserInnen und -außen der obigen Zitate arbeiten müssen für ihr Geld, würden sie die Klos schrubben müssen.

      Wie hieß es doch in diesem giftigen Spruch:

      „Wer nichts weiß und auch nichts kann, geht zu Post und Eisenbahn,
      wer dafür noch zuwenig kann, den nimmt der Journalismus an.“

      Ja, der Spruch ist eine Frechheit: es gibt nämlich sehr kompetente und gute Pöstler und Eisenbahner. 😆

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    Danke für Ihre Ausführungen und den Hinweis auf Frau Wehling. Ob wir es jetzt unbedingt neumodisch „Frames“ nennen müssen, oder wie schon seit Jahrhunderten weiter von „Vorurteilen“ oder festgefahrenen Denkstrukturen sprechen wollen, sei dahingestellt: Was wir auf jeden Fall brauchen sind starke (und zunehmend transnationalere) Zivilgesellschaften und echter deliberativer Austausch. Es reicht nicht, wenn die Menschen ihre „Stimme“ einmal alle 4/5 Jahre abgeben – sie müssen ihre Stimmen auch tatsächlich zu Gehör bringen. Solange wir die öffentlichen Diskurse allein den Medienmachern und Politikern überlassen, dreht sich das Rad im Kreise.

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      Johannes Winter, eine frage, findet der Austausch, den Sie vordern, nicht schon seit Jahren im Internet statt? Finden im Internet nicht auch die schrägsten und abwegigsten Meinungen ein Publikum? Und ist dies nicht ehr ein Grund zur Sorge, als zur Beruhigung? Ist es nicht so, das über die sozialen Netzwerke heute Hunderttausende von Menschen in kürzester Zeit erreicht werden können. Und besteht nicht die Gefahr darin das durch so genante Algorithmen im Internet, wir alle nur noch mit den „Neuigkeiten“ konfrontiert werden die unsere eigene Meinung bestätigen? Daher habe ich weniger Angst vor den herkömmlichen Medien, von denen gibt es viele, und man hat die Möglichkeit die unterschiede herauszufinden. Im Internet aber, bestimmen die Algorithmen der Suchmaschinen was wir zu sehen bekommen, und was wir nicht zu sehen bekommen. Zumindest ich sehe hierin eine große Bedrohung für unsere Demokratien.

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        Erstens bin ich weder Opponent der Medien noch der Politik, zumal beide Seiten der gesamtpolitischen Medaille gerade in Deutschland im internationalen Vergleich sehr gut aufgestellt sind. Wir brauchen Qualitätsmedien so dringend für die Demokratie wie wir fähige und engagierte Politiker nötig haben. Zugleich ist in den westlichen Demokratien eine große Schere sichtbar, die Demokratie heute von dem unterscheidet, was Demokratie bei den Griechen (ungeachtet der Tatsache, dass damals nur ein minimaler Bruchteil der Bevölkerung daran Anteil hatte) ursprünglich bedeutete: gemeinsamer Austausch der Bürger über die politischen Entscheidungen, die sie betreffen. Wie Thukydides in der Gefallenenrede des Perikles über die Attische Demokrati bekennt:
        „[N]ur wir entscheiden in den Staatsgeschäften selber oder denken sie doch richtig durch. Denn wir sehen nicht im Wort eine Gefahr fürs Tun, wohl aber darin, sich nicht durch Reden zuerst zu belehren, ehe man zur nötigen Tat schreitet.“ (Thukydides: Geschichte des Peloponnesischen Krieges. Buch II, Absatz 37.)

        Nun haben wir heute die bereits angedeutete Schwierigkeit – die zugleich der große Fortschritt der modernen Demokratie ist – dass potentiell viel mehr Menschen an diesen Besprechungen teilnehmen können; und – um echte Demokratie zu verwirklichen – vielleicht auch sollten. Was fangen wir damit an? Offenbar ist eine Möglichkeit – die Sie vorschlagen – das Internet zu nutzen. Ich stimme Ihnen zu, dass hier tendenziell auch Gefahren liegen, wie Sie ausführen. Aber ist dies eine Gefahr des Mediums oder eine fehlerhafte Verwendung?

        Zugleich möchte ich darauf verweisen, dass im Internet allein nicht die Art von „Stimmerhebung“ stattfinden kann, die mir vorschwebt. Im Rahmen dessen, was seit den 1990er Jahren von Jürgen Habermas und vielen Anderen unter dem Stichwort „Deliberative Demokratie“ entwickelt worden ist, stelle ich mir eine Bürgergesellschaft vor, in der regelmäßig und auf den verschiedensten gesellschaftlichen und übergesellschafltichen Organisationsebenen – lokal, regional, überregional, national, international, global – Selbstverständigungsprozesse stattfinden: sogenannte Deliberationen, die bspw. von NGOs organisiert werden bzw. Demokratie-Agenturen, die als unparteiische Organisatoren die verschiedensten Stakeholder an politischen Entscheidungen zusammenbringen, so dass diese vor Ort – unter Moderation geeigneter Unparteiischer – gemeinsam nach der besten Lösung fahnden (sprich: deliberieren) können.

        Nur wenn sich die Menschen persönlich begegnen, kann dauerhaft dem Hass und der echokammerartigen Vereinzelung im Internet der Auftrieb genommen werden. Aber wie gesagt, das Internet kann auch hier einen wichtigen Beitrag leisten, wenn es richtig genutzt würde. Das Internet würde aber nur dann annähernd die Idee eines solchen wahrhaft progressiven Austauschs erreichen, wenn auch hier organisierte und moderierte Bereiche geschaffen würden, die – quasi analog zu einer Echtzeitdiskussion – als Debattenräume fungieren. Aber ich bemerke gerade in meinem eigenen Schreiben sehr viel „würde“…

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