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Putin greift an – aber nicht den IS

Nun hat Putin den ersten Angriff in Syrien fliegen lassen, und – wie nicht nur von mir vorhergesehen, schließlich gehörte dazu keine Prophetengabe – natürlich richtete der sich nicht gegen den Islamischen Staat, sondern gegen die Stadt Homs, die nie in der Hand des Islamischen Staats gewesen ist. Um es zu wiederholen: Putins Militär ist in Syrien, um Assad zu unterstützen, und Assad hat nichts gegen den IS. Er hat im Gegenteil dazu beigetragen, diese Organisation zu schaffen, die Teile Syriens kontrolliert und terrorisiert, die für Assad unwichtig sind, und sunnitische Kurden und Jesiden angreift, die Assad als Feinde betrachtet.

Die geradezu unanständige Hast, mit der sich deutsche Politiker Putin und Assad andienen, dürfte durch diesen kleinen Schönheitsfehler kaum gebremst werden: Islamischer Staat – Freie Syrische Armee: Egal. Homs – Palmyra: Same difference. Hauptsache, man hat jetzt einen starken Mann in der Gegend, der etwas unternimmt (und der kein Amerikaner ist).

Für diejenigen, die nicht eine Mischung aus Verzweiflung, Antiamerikanismus und Wunschdenken motiviert, sondern das Ziel, Syrien ein gewisses Maß an Frieden zu bringen und Europas Einflussgebiet – zu dem, nolens volens, mittlerweile der Mittlere Osten bis zum Hindukusch zu gelten hat – zu stabilisieren, ergibt sich die Frage, was der Westen, vorausgesetzt er hätte den Willen dazu, nach Putins Eingreifen überhaupt tun kann.

  1. Weiterhin zusammen mit den arabischen Verbündeten den IS bekämpfen und diejenigen halbwegs moderaten Kräfte unterstützen, wie die Freie Syrische Armee, die Assad stürzen wollen.

Das ist gerade sehr viel schwieriger geworden, weil das früher oder später zu einem Zusammenstoß zwischen den westlich unterstützten Kämpfern und den Russen führen muss. Mit einem Wort: durch ihre bloße Anwesenheit haben Putins Militärs die Optionen des Westens eingeschränkt.

  1. Zusammen mit Putin, Assad und der Hisbollah Syrien „befrieden“.

Das Modell hier heißt Tschetschenien: Befriedung durch Völkermord. Selbst wenn der Westen zum Ergebnis kommen würde, angesichts der Flüchtlingskrise sei die tschetschenische Lösung besser als gar keine, wären die Weiterungen unabsehbar. Wir würden nicht nur die „moderaten“ Golfstaaten und Saudi-Arabien, sondern auch die Türkei und die Kurden vor den Kopf stoßen. Sowohl Saudi-Arabien als auch die Türkei könnten zum Schluss kommen, nur eine Atombombe könne sie vor dem schiitisch-russisch-amerikanischen Bündnis schützen. Die Kurden würden vermutlich in Nordsyrien, Nordirak und Teilen des Iran einen eigenen Staat ausrufen. Die Lage im Mittleren und Nahen Osten würde außer Kontrolle geraten.

  1. Mit Putin den IS bekämpfen, und mit den Anti-Assad-Kräften Assad. Das Beste beider Welten.

Und darum – siehe Punkt 1 – unrealistisch. Außerdem will Putin nicht den IS bekämpfen.

  1. Den Kampf gegen den IS einstellen, da er die einzige Kraft darstellt, die ernsthaft den schiitisch-russischen Vormarsch in der Region stoppt.

Zynisch. Und kurzsichtig. Weder dem heimischen Publikum noch den arabischen Verbündeten zu vermitteln, und auf Dauer so klug wie die damalige Unterstützung islamistischer Kräfte gegen die Sowjetunion und arabischen Nationalisten.

  1. Verstärkung des eigenen Engagements. Einrichtung von No-Fly-Zones im Norden und Nordwesten Syriens, wie von der Türkei schon seit Jahren gefordert, um Flüchtlingen und Oppositionskräften – kurdischen wie sunnitischen – eine Chance zu geben, sich zu sammeln, ihre Selbstverteidigung zu organisieren. Klare Ansage an die Russen, dass „no fly“ auch für sie no fly bedeutet: Dieser Luftraum ist gesperrt. Gleichzeitig Verstärkung der Luftschläge gegen IS, auch im Irak.

Wird diese Politik mit der notwendigen Entschiedenheit verfolgt, dürfte Putin – anders als bei einem Stellvertreterkrieg (siehe Punkt 1) – seinen Militärs klare Anweisungen geben, eine Konfrontation zu vermeiden. Das geschah bereits bei der Absprache mit Israel, einem erklärten Feind des Assad-Regimes und seiner Verbündeten, Iran und der Hisbollah, nachdem Netanjahu bei einem Besuch in Moskau Putin klar gemacht hat, Israels Luftwaffe werde auch künftig im Luftraum über Syrien operieren. Darüber, und über nichts anderes, soll man „mit Putin reden“.

Ist einmal die Situation in Syrien so weit stabilisiert, dass der IS, wie von den USA versprochen „degradiert“ ist und Assad nicht hoffen kann, seine Herrschaft über das ganze Land mit Hilfe Putins auszudehnen, kann man über eine Friedenskonferenz nachzudenken, an der auch Assad teilnehmen könnte und die – nach bosnischem Vorbild – eine föderale Lösung für Syrien, die Rückkehr beziehungsweise Umsiedlung der Flüchtlinge, die Entwaffnung der Kriegsparteien und eine internationale Aufsicht für das Land beschließen könnte. Dass Putin auch an dieser Konferenz beteiligt werden müsste, ist klar; und wahrscheinlich würde er dafür auch einen Preis fordern.

Der Punkt ist aber der: Ohne ein stärkeres Engagement wie in Punkt 5 skizziert, werden Putin und Assad die Bedingungen eines „Friedens“ in Syrien diktieren, so sie es können – eines Friedhof-Friedens allerdings, der irgendwann zur erneuten Explosion führen muss. Dann freilich möchte man nicht in den Stiefeln eines russischen Besatzungssoldaten stecken.

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69 Gedanken zu “Putin greift an – aber nicht den IS;”

  1. avatar

    @LF / hans
    ich sehe immer noch, auch ohne Lesebrille, einen Unterschied zwischen Aufruf zur Lynchjustiz und einem Aufruf an die Streitkräfte, die Polizei, die Kanzlerin „vorübergehend festzusetzen“. Ohne das ‚richtige‘ politische Bewusstsein und ohne §§§ ff. (Woher das wohl kommt..?)
    Wenn ich mir so überlege, was in Reihen der ‚linken‘ so alles an Hass existiert (nur teilweise hier geschildert), klar alles Einzelfälle im Gegensatz zu ‚rechtem‘ Hass, dann bescheinige ich mir mal selber, daß ich bei alle dem ziemlich moderat bleibe. Weil ich es für meinen Teil mittlerweile bevorzuge, mir selber ein Bild von den Anliegen zu machen. Und nein, hans, ich glaube immer noch nicht, daß wir ein Vasallenstaat der ‚Alliierten‘ sind, wir haben eigene sehr einflussreiche urdeutsche Eliten, die uns bei Bedarf das Fell über die Ohren ziehen.

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    @LF

    … hab‘ ich weiter oben geschrieben, Sie sind ein Opportunist? Hab‘ ich, ich setze nun noch ‚jämmerlich‘ davor.

    Wenn die Linksfaschisten, 2013, mit einer blutverschmierten Guillotine, aufgestellt als Drohung gegen Reiche, an der auch noch ‚Umfairteilungsmaschine‘ geschrieben steht, marschieren [sic!] – scheint es der ‚BRD‘-Justiz nicht die Bohne zu interessieren.

    Das erinnert frappierend an die schwulen, braunen Horden ’33, die Adolf Hitler DIE STRASSE FREI geprügelt haben. Oder?

    Womit meinem Hamster wiederum ein Nachweis für rot=braun=grün gelungen ist und ich ihn daher für seinen 3.n Dottore honoris causa nominiere.

    Im Übrigen gehe ich am kommenden Sonnabend gegen Merkel und Ihre Kumpane auf eine Demo. Sie, LF, und alle anderen, einschließlich die ‚BRD‘-Staatsanwält*innen, sind herzlich eingeladen.

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    Nachtrag @ KJN: Hier noch so ein Fall von „Satire“ (mit einer Staatsanwaltschaft, die offenbar keinerlei ‚Spaß‘ versteht): http://www.n24.de/n24/Mediathe.....-haft.html
    Ausschlaggebend für solche Ermittlungen sind übrigens nicht nur §§ 111 und 125 StGB, sondern vor allem auch § 126 („Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“). Aber damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich bin auch nicht dafür, ‚denblondenhans‘ (oder auch die betreffenden Pegidazis) hinter Gitter zu bringen. Ich zweifle nur die von ihnen so gerne zur Schau getragene Verbundenheit mit den ‚Werten und Normen Deutschlands/Europas‘ an.

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    @KJN

    … ooops? Sind wir nun schon drei? … ach ja, Satire nur solange bis die 300 voll sind. Oder? … der Dritte von links, von was sonst? ein Mecklenburger. Generalfeldmarschall ‚Vorwärts‘. Daher! 😉

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    @LF
    Sollten sich wirklich „Staatsanwält*innen .. für irgendwelche Forenheinis (oder -hans’l) interessieren“, die einen erkennbar satirisch zu verstehenden Aufruf an Polizei und Streitkräfte verfassen, würde ich mir allerdings um die geistige Verfassung dieser Organe Gedanken machen, die dann wohl ein nordkoreanisches Korsett benötigte, um nicht zusammenzufallen.

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    Tut mir Leid, ‚blonderhans‘ aber das Kürzel ‚BRD‘ ist mir als Adjektiv nicht bekannt. Vielleicht meinten Sie ‚beredt‘ [„redegewandt, etwas auf überzeugende Weise darlegend; eloquent“: http://www.duden.de/rechtschreibung/beredt%5D. Falls es das ist, was Sie ausdrücken wollten, so danke ich für das Kompliment, wenngleich ich mich eigentlich nicht als besonders gewandten Redner erlebe. Falls Sie hingegen zum Ausdruck bringen wollten, dass ich mich – im Gegensatz zu Ihnen – mit den Grundwerten und der Rechtsordnung der BRD identifiziere, so stimme ich Ihnen ausdrücklich zu.
    Was nun mit Ihnen anzufangen ist, der Sie sich so gar nicht in die deutsche Gesellschaft integrieren können, weiß ich auch nicht. Ich habe jedoch gehört, dass es einige Leute gibt, die der BRD den Rücken kehren, um auf dem Gebiet des Irak und Syriens so etwas wie einen Gegenentwurf zur hiesigen Gesellschaft zu etablieren. Vielleicht wäre das ja was für Sie? Als ehemaliger Seefahrer haben Sie womöglich schon den in dieser exklusiven Männergesellschaft sehr gern gesehenen, umfangreichen Bartwuchs aufzuweisen!? Sie und diese Herren scheinen mir jedenfalls (spätestens seit ihren letzten Beiträgen) Brüder im Geiste zu sein…
    In diesem Sinne: Noch viel Spaß beim Rumwüten! Ich werde Sie jedoch nicht weiter dazu anfeuern.

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    … mein Gott, schon wieder Korrektur …

    LF: ‚Interessant, was Sie mir zutrauen, ‘blonderhans’, aber mit Kommunismus habe ich so wenig am Hut wie Sie mit Demokratie und Menschenrechten.‘

    … wertx LF, zutrauen tu‘ ich Ihnen gar nix. Sie sind Opportunist … und von Demokratie haben Sie so viel Verstand, wie ein Schwein vom Stabhochsprung oder eine Kuh vom Seiltanz. Sie sind ‚BRD‘, mehr nicht.

    @S.T.

    … jau! … nun sind wir schon zwei. Fehlen noch 298 Mann. Das genügt!

  8. avatar

    @DBH, Ihr Beitrag vom 9.10., 8.44

    Wie sagen Sie immer so schön? „Kommen Sie wieder runter! Fassen Sie sich!“ Und hören Sie auf zu fordern! Tun Sie was! Fahren Sie nach Berlin und stellen Sie die verfassungsmäßige Ordnung wieder her! Fangen Sie im Kanzleramt an! Setzen Sie Merkel fest! Nicht nur reden, werter Hans, machen! Ihr Volk braucht Sie, jetzt! Abmarsch!

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