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Gauche caviar

In der Geschichte hat es immer Menschen gegeben, die ihre Herkunft aus der Oberschicht dadurch vergessen machen wollten, dass sie sich vehement für die Belange der benachteiligten Klassen eingesetzt haben. Die Französischen Revolution wäre anders verlaufen, wären nicht am Abend des 20. Juni 1789 zahlreiche prominente Vertreter der beiden ersten Stände – des Klerus und des Adels – zum Dritten Stand übergelaufen. Sie waren maßgeblich an der Ausarbeitung der neuen demokratischen Verfassung für Frankreich beteiligt. Auch die beiden Begründer des Kommunismus Karl Marx und Friedrich Engels stammten aus der Oberschicht. Marx´ Vater war Anwalt, Engels´ Vater Unternehmer. Auch die Kerntruppe der Bolschewiki, die 1917 in Russland die Macht ergriffen, kam – Josef Stalin ausgenommen – aus „besseren Familien“, wie man damals sagte.

Über die Motive für einen solchen Klassenverrat ist viel gemutmaßt worden. Schlechtes Gewissen dürfte dabei ein wichtiger Antrieb gewesen sein. Geltungsbedürfnis und Distinktionsgewinn kann man auch als Grund   für das Engagement der Reichen zugunsten der „Erniedrigten und Beleidigten“ vermuten.

In Deutschland waren es oft namhafte und gut situierte Schriftsteller, die sich der Linken anschlossen und mit dem Sozialismus kokettierten. Am bekanntesten wurde das Engagement von Günter Grass für die SPD. Er tingelte sogar im Wahlkampf durch die Lande und hielt politische Reden. Nicht immer kann man sein Engagement als politisch geglückt ansehen. Oft musste man den Eindruck gewinnen, dem Großschriftsteller und Nobelpreisträger sei das politische Urteilsvermögen abhanden gekommen. So warnte Grass im Wahlkampf vor den ersten freien Wahlen zur Volkskammer der DDR am 18. März 1990 in einer Rede vor den Delegierten des SPD-Parteitags in Leipzig vor der „Kolonialherrenmentalität“ der Westdeutschen. Die Wiedervereinigung hielt er für verfehlt, weil er die Teilung Deutschlands als Preis für das Menschheitsverbrechen des Holocaust ansah. Dabei sah er großzügig darüber hinweg, dass nur ein Drittel der Deutschen den Preis zu entrichten hatte. Und Grass selbst musste auch nicht in der „kommoden Diktatur“ (Grass) leben, sondern konnte sich im freien Teil unseres Landes nach Herzenslust entfalten. Auch das unsägliche Anti-Israel-Gedicht von Günter Grass „Was gesagt werden muss“ (2012), in dem er Israel der Kriegstreiberei bezichtigt, bleibt in unliebsamer Erinnerung.

Ähnlich töricht verhielt sich ein anderer Linker aus „guten Hause“ (aus einer Unternehmerfamilie), der damalige Grünen-Politiker Otto Schily. Im Fernsehen nach dem Grund für den überwältigenden Wahlsieg der CDU bei den Volkskammerwahlen im März 1990 befragt, hielt er eine Banane in die Kamera. Durch diese Geste sprach er der Bevölkerung der DDR das politische Urteilsvermögen ab und attestierte ihr eine unreflektierte Konsum-Anbetung. An diesem Beispiel kann man sehen, dass zur mentalen Ausstattung der Salon-Linken immer auch Herablassung und Verachtung gehören: „Wenn wir uns schon um euch Zukurzgekommene kümmern, dann müsst ihr uns auch folgen!“ – so ihre mutmaßliche Haltung.

Ein rätselhafter Fall ist das Gedankengebäude des   SPIEGEL-Autors Jakob Augstein, (adoptierter) Sohn des Begründers des Wochenmagazins, Rudolf Augstein. Er ist Mitbesitzer des 24%-Familienanteils am SPIEGEL-Verlag   und alleiniger Besitzer der Wochenzeitung „Freitag“. Er schreibt auf SPIEGEL-Online die Kolumne „S.P.O.N. – im Zweifel links“. Darin vertritt er   Auffassungen, die im linksliberalen Blatt als bizarre Einlassungen gelten können. Seit Februar 2015 sprühen seine Texte vor Begeisterung für die dilettantische Truppe um Alexis Tsipras, die sich Regierung nennt. Hymnisch feiert Augstein vor allem den jugendlichen Furor und die Geste der Revolte, die die „Halbstarken“ versprühen. Im Heft 30/2015 heißt es über „Alexis, den Helden“: „Am Ende sah es so aus, als hätten alle sozialistischen Hoffnungen der ganzen Welt auf den Schultern dieses Mannes geruht. Als könne Griechenland, der kleine Staat am Rande des Kontinents, bitterarm, in seinen Schulden ertrinkend, in einem wundersamen Kampf doch noch den globalen Kapitalismus besiegen. Womit? Mit der Kraft der Jugend und Hoffnung.“ – Wie bitte? Den „globalen Kapitalismus besiegen“? Wie realitätsblind muss man als Journalist sein, um so etwas zu glauben? Und woran heften sich die „sozialistischen Hoffnungen“? An das Armenhaus Kuba? An das in Armut und Gewalt versinkende Venezuela? Oder geht es wieder einmal um den „authentischen“, „echten“ Sozialismus, der ganz anders ist als der „reale“?

Es versteht sich von selbst, dass Augstein dafür eintritt, den Griechen die Alt-Schulden zu streichen und neue Kredite ohne Bedingungen zu gewähren. In seinen Kommentaren lehnt er sich an die Syriza-Sprache an, wenn er von der Würde des Volkes (= frisches Geld ohne Reformen) und seiner Selbstachtung (= keine Finanzkontrollen durch die Troika) schreibt.

In früheren Kommentaren ist Augstein gegen die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse in Deutschland eingetreten. Es hat den Anschein, als solle auch bei uns das Füllhorn kreditfinanzierter Sozialleistungen ausgeschüttet werden.

In Deutschland tritt vor allem die LINKE für die Abschaffung der Schuldenbremse ein. Es gehört zu den ungelösten Rätseln, die uns linke Politiker (auch in der SPD) immer wieder aufgeben, warum sie just den Institutionen, die sie für die verwerflichsten überhaupt halten, den Banken und ihren Aktionären, Gutes tun, indem sie die Nachfrage nach Krediten ohne Limit ausweiten wollen. Fast könnte man annehmen, sie wären an den Bankhäusern finanziell beteiligt. Nur zur Erinnerung: Die Staatsverschuldung Deutschlands beträgt zur Zeit 2,2 Billionen Euro, das sind 78% des Brutto-Inlandsprodukts. Der drittgrößte Betrag im Bundeshaushalt wird für Zinsen ausgegeben. Tilgung: gleich null. Die jährliche Zinslast   von   26, 7 Milliarden Euro – dies sind allein die Zinsen des Bundes – entspricht dem gesamten Bruttoinlandsprodukt des südamerikanischen Landes Bolivien. An dieser Schuldenlast werden noch drei Generationen abzutragen haben.

Vielleicht verbirgt sich hinter der bankenfreundlichen Politik linker Strategen eine Politik des „Nach uns die Sintflut“. Denn ist der Kapitalismus erst einmal sturmreif geschossen, leuchtet die sozialistische Alternative umso heller am Horizont auf. So dachten die Kommunisten zu allen Zeiten. Der große Kulturkritiker Walter Benjamin warnte schon zur Zeit der Weimarer Republik vor einer solchen „heillosen Universalpolemik“, die voll ins Risiko geht.

In Frankreich wurde für die Salon-Kommunisten/Sozialisten der treffende Begriff „gauche caviar“ geprägt. Er versinnbildlicht die Doppelbödigkeit ihrer Existenz. Wenn man selbst im Wohlstand lebt, fällt es leicht, anderen sozialistische Magerkuren zu verordnen. Wenn das Menschenexperiment dann schief geht, kann man sich mit einer Geste der Entschuldigung („Sorry, war nur so ´ne Idee!“) aus der Affäre ziehen und sich dem schönen Luxusleben widmen. Dem griechischen Ex-Finanzminister Varoufakis ist dies jetzt nach seinem blamablen Ausscheiden aus der Regierung vergönnt – Spitzenhonorare für Reden und Interviews in aller Welt inklusive.

Doppelmoral ist ein essentieller Bestandteil linker Politik. So ist es kein Geheimnis, dass führende Politiker der Grünen, die nicht müde werden, dem Volk die staatliche Gemeinschaftschule ans Herz zu legen, ihre eigenen Kinder gerne auf private Walldorfschulen schicken.

„Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.“

Diese Verse stammen von einem anderen Salon-Linken, von Heinrich Heine. Er war wenigstens so ehrlich, zu seiner Zerrissenheit zu stehen.

 

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38 Gedanken zu “Gauche caviar;”

  1. avatar

    Nachtrag @lucas
    Nachdem ich das hier von Ihnen gelesen hatte
    http://starke-meinungen.de/blo.....ment-41517
    ..räume ich schon ein, die ‚Soziale Marktwirtschaft‘, ist, besonderes aus der Retrospektive, ein Grund für Nationalismus. Früher war halt alles besser und ich könnte mir vorstellen, daß sich viele Gewerkschaftsmitglieder diese Zeiten von ‚Laufbahn‘, z.B. als ‚Opelaner‘ usw. zurückwünschen. Nur ist das ‚Zurück‘ eben keine Lösung – wie gesagt – weil Firmen längst international sind und dahin gehen, wo für sie die Bedingungen für Gewinn am besten sind. Die Vorteile der Globalisierung (ich sag‘ mal ‚Selbstbestimmung‘, ‚Freizügigkeit‘ für den Einzelnen) werden langfristig die Nachteile überwinden. Aber eben langfristig. Und je schneller die Linke sich modernisiert, desto schneller: Kapitalismus für alle!

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    „nationalistisch also“
    Die Gewerkschaften haben in der Vergangenheit ‚Tarifpartnerschaften‘ mit den Arbeitgebern durchgeführt. Das ging innerhalb einer ’sozalen Marktwirtschaft‘. Das war sicherlich ein ’nationales‘ Modell aber deswegen nicht gleich nationalistisch. Nun sind aber Arbeitgeber mittlerweile international aufgestellt. Steuerbehörden und Gewerkschaften demgegenüber (noch?) nicht.
    „Interessenvertretungen die nicht die Interessen ihrer Mitglieder vertreten machen Chaos. Und wir leben nicht im Totalitarismus in dem Interessenvertretungen gleichgeschaltet und vom Staat kontrolliert werden.“
    Die Bemerkung verstehe ich nicht.

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    Amerikas Beliebtheitsgrad wird im Negativen exponentiell wachsen, wenn es die Kurden, so ziemlich die einzigen „boots on the ground“, im Regen stehen lässt.
    Und à propos „Gauche Caviar“: Natürlich die Clintons. Aber der Shopping Trip von Obamas Frauen hatte auch Geschmäckle.
    An sich kann man zu „Gauche Caviar“ auch locker 4-5 Ehen, Brioni-Anzüge oder Liaisonen mit Schauspielerinnen rechnen. Aber ich glaube, das meinten Sie nicht, denn das ist etwas anderes: Linke, die zu Macht gekommen sind und damit nicht umgehen können in Form von äußerstem Understatement, das angezeigt wäre.
    Daraus ergibt sich doch: Links+Macht oder Geld wirkt unglaubwürdig und ist nicht mehr links.

  4. avatar

    KJN,
    warum verkaufen Arbeiter ihre Arbeit eigentlich nicht auch über den Umweg einer Steueroase? Internationalistisch orientierte Gewerkschaften müssten da doch mitspielen und könnten rechtliche Beratung bieten.

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    ot
    @Moritz Berger
    Ob die Bauern Kameruns wohl gerne einen (leichteren) Zugang zu Agrar-Derivaten hätten?

    Viel Spaß! 🙂

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    Wie will Werner mit seiner Unterscheidung von Vermögen und Kapital beispielsweise die Begriffe Kapitalvermögen oder Produktionsvermögen erklären?

    LF zielt in die richtige Richtung, wenn er Werners falsche Unterscheidung von Vermögen und Kapital auf die bekannte Unterscheidung von raffendem und schaffendem Kapital zurück führt.

  7. avatar

    und müsste nicht Sohn 1 mit seinen Familienunternehmensaktien sowieso den selben Steuersatz zahlen wie Sohn 2 mit seinem Aktiendepot?

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    und was wäre wenn die einfach eine Holding bilden, in der Villa+Aktiendepot+Familieunternehmen zusammengefasst werden, die in Familieneigentum liegt, und nach ihrer Definition produktives unternehmerisches der Gemeinschaft nützliches Vermögen ist?

  9. avatar

    Welcher Pa-, welche Matriarchin würde bei solch einer Steuergesetzgebung den einen Sohn bevorzugen in dem der das Familienunternehmen und den anderen benachteiligen in dem der den Familienschatz bekommt? Das gäbe doch Unfrieden der Außenstehende anlockt.

  10. avatar

    Ich hab mal zur Genauigkeit nachgeschaut:
    erstmal etwas zu ihrer Verteidigung: „[Produktivvermögen ist] in der Vermögensrechnung und vermögenspolitischen Diskussion ein nicht einheitlich verwendeter Begriff.“
    dann aber „In einigen Berechnungen zur -Vermögensverteilung wird [unter Produktivvermögen] das gewerbliche Nettobetriebsvermögen der Einzel- und Personalunternehmen zuzüglich der Anteile an Kapitalgesellschaften verstanden.“ http://www.wirtschaftslexikon2.....%B6gen.htm

    Ich bin ganz verwirrt von diesem umständlichen Chaos. Kapital doch letztlich einfach … Kapital?

    Was bitte ist jetzt richtig?

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    Zitat KJN: „Ihre Beobachtung (ich verstehe Sie so), daß deutschen Industrieunternehmen eher ‘Solididät, Bodenständigkeit’ etc. zugeschrieben wird, als anderen Akteuren am Finanzmarkt […].

    Genauso erlebe ich das, ja! Unter anderem ist diese Argumentation bei Jürgen Elsässer zu finden (http://www.publikative.org/201.....-kapitals/). Ich stimme Ihnen auch zu, dass in der Marktwirtschaft/im industriellen Kapitalismus nahezu jede wirtschaftliche Handlung ‚Spekulation‘ ist. So hat die Vergesellschaftung der Produktion im Rahmen der Industrialisierung dazu geführt, dass nicht mehr für einen überschaubaren Kreis von Abnehmer*innen produziert wird, sondern für einen anonymen ‚Markt‘, bzw. für eine abstrakte Nachfrage, sodass der Preis zum wesentlichen Orientierungspunkt für alle wirtschaftlichen Akteur*innen geworden ist. Insofern könnten mittelständische Unternehmer*innen genauso wie Broker*innen als ‚Spekulant*innen* bezeichnet werden.

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    @Rainer Werner / LF

    Es geht doch wohl um die Kapitalertragssteuer. Beim ersten ‚googeln‘ das gefunden:
    http://abgeltungssteuerseminar.....vergleich/

    Ich finde auch, daß das Arbeitseinkommen nicht höher besteuert sein dürfte, als das aus Kapitalerträgen. Es gibt aber Länder mit dem Geschäftsmodell ‚Steueroase‘.
    Andere haben wiederum das Geschäftsmodell ’sgnGuBdgkSb‘ (staatlich gehätschelte ’nationale‘ Großfirmen und Banken, die gar keine Steuern bezahlen).

  13. avatar

    @ Rainer Werner: Mein Fehler! Mir war nicht bekannt, dass ‚Produktivvermögen‘ („definiert als Besitz von
    und Beteiligungen an Betriebsvermögen“ http://ftp.zew.de/pub/zew-docs.....eilung.pdf [S. VII]) in der VWL ein gängiger Begriff ist, der erst einmal nichts mit der Unterscheidung von ‚produktivem‘ und ‚unproduktivem‘ (geschweige den ’schaffendem‘ und ‚raffendem‘) Kapital zu tun hat. Da haben die Alarmglocken bei mir wohl etwas zu früh geklingelt…
    Unabhängig von dieser völlig korrekten Begriffsdefinition, leuchtet mir aber nach wie vor nicht ganz ein, warum anderweitig eingesetztes Vermögen unbedingt weniger zum Allgemeinwohl beiträgt und darum mehr besteuert werden sollte. Das Beispiel mit der Villa: geschenkt! Bereits bei dem Aktiendepot wird die Beurteilung des Ganzen aber schwieriger: Das Aktiendepot ist letztendlich sogar als ‚Produktivvermögen‘ zu kennzeichnen, wenn die Unternehmensanteile mehr als 20 Prozent betragen (dann liegt nämlich eine ‚Beteiligung‘ an dem Betrieb vor: http://www.haufe.de/personal/p.....12512.html). Selbst wenn das nicht der Fall ist und das Aktiendepot mehrere kleinere Anteile an unterschiedlichen AGs enthält, leuchtet mir aber nicht ein, warum es weniger dem Allgemeinwohl dient (und weniger ‚produktiv‘ ist), als das so genannte ‚Produktivvermögen‘!?

  14. avatar

    @ LF
    Im volkswirtschaftlichen Dikurs sollte man genau sein. Ich habe nicht von Kapital gesprochen, sondern von Vermögen. Das ist begrifflich etwas völlig anderes. Der Unterschied zwischen produktivem und unproduktivem Vermögen lernt jeder Student der VWL im ersten Semester.
    Beispiel: Der erste Sohn erbt 10 Millionen und gründet damit eine Fabrik für Holzspielzeug. Dann ist das in der Firma steckende Vermögen produktiv, weil Waren produziert und Arbeitsplätze geschaffen werden.
    Der zweite Sohn (derselben Familie) erbt die Villa der Eltern und ein Aktiendepot – beides zusammen im Wert von 10 Millionen. Er bleibt in der Villa wohnen und lebt von den Erträgen der Wertpapiere. Dann ist das ein unproduktives Vermögen.
    Kein vernünftiger Mensch käme doch auf die Idee, beide Söhne gleichermaßen zu besteuern: denjenigen, der der Gesellschaft nützlich ist, und denjenigen, der ohne eigenes Verdienst von den Erträgen der Vorfahren lebt und nie mehr arbeiten muss.
    Deshalb mein Vorschlag: Weitgehende Schonung des betrieblichen Vermögens (Unternehmenssteuern zahlen Betriebe ja ohnehin), aber kräftige Besteuerung für unproduktives Vermögen.
    So machen es viele Industriestaaten, warum nicht auch Deutschland?
    Rainer Werner

  15. avatar

    @LF
    „Finanzkapital und industrielles Kapital“
    Nicht von ungefähr bezeichnen manche Siemens & Co. als Immobilien-, oder Finanzkonzern mit angegliederter Technologiefirma. Die sich ständig durch Kauf- und Verkauf ändernden ‚Portfolios‘ solcher Konzerne zeigen doch auf, wie spekulativ die Gewinnerwartungen solcher ‚Industriekonzerne‘ sind. Nun ’spekuliert‘ aber auch jeder kleine Gründer auf seine Kundschaft, sonst würde er sich nicht selbständig machen. Ebenso die alteingesessenen ‚Familienbetriebe‘ bzw. der viel gerühmte ‚Mittelstand‘, der dann schnell zum Objekt dieser Spekulationen wird. Es geht also darum, daß das Risiko sehr ungleich verteilt ist.
    Ihre Beobachtung (ich verstehe Sie so), daß deutschen Industrieunternehmen eher ‚Solididät, Bodenständigkeit‘ etc. zugeschrieben wird, als anderen Akteuren am Finanzmarkt (und daß erstere erheblich davon profitieren), teile ich und sehe dafür die gleichen Gründe, wie Sie. Heidegger sprach vom „Schieberischen“..

    @Moritz Berger
    Nun, das sind Prognosen (bekanntlich die Zukunft betreffend), aufgrund bestimmter Klimamodelle. Ich glaube wir können doch demnächst 25 Jahre Klimawandel feiern. Da sollte doch mal langsam was geliefert werden, z.B. anhand der Wasserinhaltsstoffe, die auf biologischen und geologischen Bedingungen beruhen, was auf einen solchen globalen Klimawandel – insbesondere infolge menschlicher Aktivität – wirklich hinweist. Meine etwas flapsige Bemerkung den Begriff ‚Klima(wandel)leugner‘ betreffend, beruht auf dem Unbehagen, daß eine These, über die noch gestritten wird, emotional aufgeladen wird, indem man die mit der anderen Sichtweise mit dem anderweitig besetzten Begriff ‚Leugner‘ versieht. Derartige Manipulation von Gefühlen ist mir zuwider. Ich vermute, Ihnen dürfte es da letztlich nicht anders gehen.

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    Zitat Werner (in der Antwort auf Posener): „Schonen müsste man nur das produktive Vermögen…“

    Sehr geehrter Herr Werner, wollen Sie hier allen Ernstes eine Unterscheidung zwischen ‚produktivem‘ und ‚unproduktivem‘ Kapital vornehmen? Dann sind Sie kein Deut besser als ein Herr Augstein! Ich würde gerne mal genauer erfahren was hinter dieser Unterscheidung steckt, bzw. was aus Ihrer Sicht Vermögen ‚produktiv‘ macht und wodurch anderes Vermögen ‚unproduktiv‘ wird!? Ob jemand sein Vermögen in Luxusjachten investiert oder in etwas anderes, ist doch vollkommen egal! Überall, wo etwas investiert wird, bzw. wo Geld vermehrt wird, wird auch etwas produziert (sonst könnte sich das Geld gar nicht vermehren).
    Der Grund, aus dem ich die Unterscheidung so daneben finde, dürfte Ihnen bewusst sein. Falls nicht, wird Ihnen folgendes Zitat aus ‚haGalil‘ vielleicht auf die Sprünge helfen:

    „Die völkische Agitation gegen den Kapitalismus trennt in ‚raffendes‘ (Börse, Bank, freie Finanzmärkte etc.) und ’schaffendes Kapital‘ (Industrie, Handwerker, ‚ehrliche Arbeit‘). Diese Trennung ist das durchschlagende Ideologem des nationalsozialistischen Antisemitismus. Gespalten wird in der Ideologie, was untrennbar zusammengehört: Finanzkapital und industrielles Kapital“ (http://www.antisemitismus.net/.....tismus.htm).

    Was alles Andere angeht: Ihre Aversion gegen alles ‚Linke‘ ist vorhersehbar und wenig informativ. Die Figuren, an denen Sie sich abarbeiten (Grass, Prantl, Augsteins…) sind im Übrigen auch für große Teile der deutschen Linksradikalen Hassobjekte. Es nützt Ihrer Sache also nur bedingt, wenn Sie sich in Ihren Ausführungen gegen ‚die‘ Linken dermaßen an diesen Personen aufhängen. Aber naja, Fremdgruppen werden schließlich immer homogener wahrgenommen als Eigengruppen. Ich stecke Sie vermutlich unterbewusst auch in einen Topf mit Seehofer, Gauland, Petry & Co.

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    @ Moritz Berger
    „Und die Prognosen gehen dahin, dass 2015 das heißeste Jahr seit Aufzeichnung des Wetters (ca. 130 Jahre) sein wird.“

    Klar. Deutschland ist das Zentrum des Universums. Und wenn es ein wenig heißer wird, sagt Potsdam, es sei das heißeste Jahr gewesen nach dem Motto „Vorwärts immer, rückwärts nimmer“.
    Erstens: Eindeutig hat es im Jahre 2003 weniger Abkühlung durch Gewitter gegeben, denn zumindest in Bayern gab es praktisch keine.
    Zweitens: In Frankreich war es nicht so heiß wie in Deutschland.
    Drittens: In Großbritannien wie auch in Norddeutschland war es durchgängig kühl, windig und regnerisch.

    Aber wenn Potsdam der Nabel der Welt ist, war es das heißeste Jahr.

    @ KJN
    Ein auffallend kluger und gemessener Kommentar (12.15), dem ich zustimme.

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    Ganz im Gegenteil sollte produktives Vermögen stärker besteuert werden, das gibt doch vermehrt einen Anreiz zum Bau von Maschinen die nichts kosten, also auch nicht besteuert werden können, oder liege ich da falsch?

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    Moritz Berger,
    Ist das Bürgertum aus dem patrizischen Adel hervorgegangen, ja, sind die beiden manchmal kaum zu unterscheiden?

    Alan Posener,
    “Entstehung einer Schicht von Rentiers, die untereinander heiraten”
    kehren sie zu ihren leninistischen Wurzeln zurück?

    Wie finden sie die Gefährdung der Rentiers aka Sparer durch die EZB-Politik?

    Rainer Werner,
    Was ist produktives Vermögen?
    Mittelständisch-patrizische Familienunternehmen wohl nicht so. Das hier schon. 🙂

  20. avatar

    @KJN

    Während Sie auf Kreta waren hatten wir in Deutschland eine “ Hitzeperiode mit Rekordtemperaturen, schon vergessen 🙂

    Und die Prognosen gehen dahin, dass 2015 das heißeste Jahr seit Aufzeichnung des Wetters (ca. 130 Jahre) sein wird

    Und jetzt bitte nicht die „Totschlagargumente“ von wegen vor 500 Jahren gab es bereits eine Eiszeit.

    Das Froschbeispiel kennen Sie doch??

    Oderschon wieder im grauen Rheinland verdrängt??

    Und wenn ich mir die Klimadaten für Kreta im Juli anschaue, Durchschnitt der letzten 5 Jahre:

    http://www.wetter-im.com/juli/kreta-7#klimatabelle

    Warum sind Sie eigentlich verreist 🙂

    Nur des Olivenöls wegen oder aufgrund des:

    Porto Carras Porfirogennitos

    Da Sie mehr oder weniger mit Wssser zu tun haben, vielleicht lesen Sie einmal diese Veröffentlichung:

    http://www.sciencedirect.com/s.....9412010347

    http://www.climateadaptation.e.....resources/

    Schaunmermal wie sich das Wetter in Yaounde entwickelt.

  21. avatar

    Lieber Alan,
    für die von dir geschilderte Problematik gäbe es Lösungen, wenn sie denn von der Politik gewollt wären. Die Besteuerung hoher Vermögen ließe sich sehr viel effektiver gestalten. Zuerst müsste man zu der Besteuerung von Kapitalerträgen nach dem persönlichen Steuersatz zurückkehren, was ein Schritt in Richtung Leistungsgerechtigkeit bedeutete. Eine Vermögenssteuer haben alle hoch entwickelten Länder, auch die ansonsten „steuerzurückhaltenden“ USA und GB. Auch an der Mehrwertsteuer ließe sich drehen. Warum erhöht man nicht den Steuersatz auf Luxusgüter? Wer für eine Yacht 1 Million € ausgeben kann, kann auch noch 500 000 € für den Fiskus drauflegen. Schonen müsste man nur das produktive Vermögen und weitgehend auch die Unternehmensgewinne, da sonst das droht, was man in Italien und Frankreich besichtigen kann: eine schleichende De-Industralisierung mit all den unschönen Folgen. Ich glaube, dass die skandinavischen Länder auf dem Wege zu einer leistungsgerechten Besteuerung schon recht weit gekommen sind. Der Kampf gegen Kapitalkonzentration wird eine permanente Aufgabe bleiben,da – wie schon Marx analysiert hat – die Konzentration in den Händen weniger dem Kapitalismus inhärent ist.
    R.W.

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    @Moritz Berger
    „Klimaleugner“
    Kann man das hiesige Klima leugnen, und wenn ja, wie?
    (Ich war 2 Wochen auf Kreta und bin heute wieder im grauen Rheinland, täte das also gerne 😉 )

  23. avatar

    Ich denke diese Abrechnungen mit der Linken bringen keine wirklich neue Erkenntnis mehr.
    Wir stehen heute eher vor dem Problem, den Kapitalismus gegen den Kapitalismus zu verteidigen. Oder genauer: Einen Kapitalismus, an dem alle teilnehmen können, die wollen und sich bemühen gegen einen Kapitalismus eines Geld- und damit Machtadels zu verteidigen. Oder pathetischer: Die Verteidigung der pursuit of happiness.

  24. avatar

    Lieber Alan Posener,

    „Entstehung einer Schicht von Rentiers, die untereinander heiraten“

    Hat der Adel und die darauffolgende Bürgerschicht nicht schon immer untereinander geheiratet??

    Dieser “ Inzest “ führt letztlich zum Chaos oder liege ich da falsch 🙂

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    Lieber Alan Posener,

    „Entstehung einer Schicht von Rentiers, die untereinander heiraten“

    Hat der Adel und die darauffolgende Bürgerschicht nicht schon immer untereinander geheiratet??

    Diese “ Inzest “ führt letztlich zum Chaos oder liege ich da falsch 🙂

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    Lieber Herr Werner,

    wieviel Jahre wollen Sie Ihre Vergangenheit als ehemaliger Maoist noch aufarbeiten, in dem Sie uns über Doppelmoral aufklären.

    Vielleicht beginnen Sie jetzt doch einmal mit inem neuen Kapitel:

    Ich war Klimaleugner 🙂

    Und was die Doppelmoral betrifft:

    Sie kennen doch sicherlich Kontad Adenauer:

    Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, nichts hindert mich, weiser zu werden.

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    „Klassenverrat“, „Doppelmoral“ als „essentieller Bestandteil“ linker Politik. Ersetzen Sie jetzt die inhaltliche Auseinandersetzung durch blanke Denunziation? Linke sind also nur glaubwürdig, wenn sie aus dem Proletariat kommen. Wenn nicht, handeln sie aus niederen Motiven. Das ist, nun ja, Unsinn, und es drängt sich die Frage auf, welche edlen Motive den Verfasser dieses Textes angetrieben haben…

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    Alles richtig, Rainer. Aber es gibt für mich ein ebenso großes Rätsel: Wie Intellektuelle aus der Mittelschicht ein System verteidigen können, das, wie Thomas Piketty überzeugend nachgewiesen hat, zur Akkumulation von immer mehr Reichtum in wenigen Händen geführt hat und das damit das Versprechen des liberalen Kapitalismus – Leistungsgerechtigkeit nämlich – konterkariert. Dass der Sozialismus nicht die Antwort ist, das wissen wir. Dass die Ausweitung von Sozialleistungen auf Dauer nicht finanzierbar ist, auch. (Aber warum können die Menschen nicht von ihrer Hände Arbeit leben? Warum steht der Staat vor der Entscheidung, entweder einen Mindestlohn einzuführen, der Arbeitsplätze gefährdet, oder einen Niedriglohnsektor durch Zuzahlungen zu subventionieren?) Während viele Intellektuelle so tun, als müssten die Kämpfe der 1980er und 1990er Jahre noch geführt werden, hat die Entstehung einer Schicht von Rentiers, die untereinander heiraten, eigene Schulen besuchen, in abgeschlossenen Wohngebieten unfassbare Immobilienwerte angehäuft haben und so gut wie keine Steuern zahlen (nicht nur in Griechenland) zu einer Gefährdung der Demokratie geführt, die auf der Prämisse der Chancengleichheit beruht. Die sterile Auseinandersetzung zwischen Linken und Rechten erfasst diese neue Wirklichkeit nicht. Dass man aber nach dem Krach von 2007/8 ausgerechnet den Linken vorwirft, sie würden leben, als gäbe es kein Morgen – nun ja, das verbuche ich unter der Rubrik „Absurdistan“.

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