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Lebensmittelhysterie – die neue Ersatzreligion

 

Aus der Nautik kennt man das Phänomen der Kompassabweichung – bedingt durch Unregelmäßigkeiten im Magnetfeld der Erde. Sie stellt für Seefahrer, die noch auf die Navigation mit dem Kompass vertrauen, ein Problem dar. Sie lösen es, indem sie die Differenz anhand von Abweichungstabellen kompensieren. Nur so können sie ihren ursprünglichen Kurs halten. Bei politischen Parteien ist es ähnlich. Von Zeit zu Zeit benötigen sie eine Rückbesinnung auf ihren Markenkern, um vor populistischen Abweichungen gefeit zu sein. Die „Alternative für Deutschland“ (AfD), die als euro-skeptische Partei begann, ringt zur Zeit mit Strömungen, die mit fremdenfeindlichen Parolen oder mit evangelikalen Erweckungslehren punkten wollen. Die LINKE macht sich mit Putin gemein und schämt sich nicht, sich mit den „Separatisten“, die in Wirklichkeit Offiziere des russischen Auslandsgeheimdienstes sind, abbilden zu lassen. Einigen Linken ist das peinlich. Sie möchten die Partei wieder auf ihr Kernthema „soziale Gerechtigkeit“ verpflichten.

Bei den Grünen gibt es zur Zeit eine abstruse „Kompassabweichung“. Während sich in ihren Reihen das Erregungspotential anlässlich des Krieges in der Ukraine, der schon 5800 Menschenleben gefordert hat, in Grenzen hält, geraten sie bei der Aussicht, künftig „Chlorhühnchen“ auf deutschen Esstischen vorzufinden, richtig in Rage. Deshalb wird das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP von ihnen auch so vehement bekämpft. Dass dabei Hysterie den gesunden Menschenverstand (und auch die Erkenntnisse der Wissenschaft) verdrängt, ficht die Grünen nicht an. Ernährungswissenschaftler erklären uns, dass bei der Chlorierung von Lebensmitteln zur Abtötung schädlicher Keime beim anschließenden Verzehr weit weniger Chlor in den Körper gelangt als dies bei einem Schwimmbadbesuch der Fall ist. Bei der hohen Messlatte, die die Grünen für die Hühnchen anlegen, müssten sie konsequenterweise den Deutschen den Besuch im Schwimmbad verbieten. Und: Glaubt jemand im Ernst, in den USA würden gesundheitsschädliche Lebensmittel auf den Markt kommen, wo doch das dortige Rechtssystem den Verbrauchern Klagen ermöglicht, die Firmen in den sicheren Ruin treiben können.

Die Grünen haben sei der spektakulären energiepolitischen Wende   der CDU nach der Havarie der Atommeiler in Fukushima (2011) ihr Alleinstellungsmerkmal des Atomausstiegs verloren. Im Bundestag gibt es keine Partei mehr, die an der Atomkraft zur Energiegewinnung festhält. Jetzt geht es nur noch darum, die Altbestände der Meiler abzuwickeln und den Atommüll zukunftsfest zu vergraben. Seither suchen die Grünen verzweifelt nach einem Politikfeld, auf dem ihnen das Wahlvolk die größte Kompetenz zuschreibt. Auf der Suche nach dem Stein der Weisen hat es schon große Verwirrung gegeben. Die letzte Bundestagswahl ging krachend verloren, weil die Grünen auf dem Feld der sozialen Gerechtigkeit, auf dem sich schon zwei andere Parteien tummeln, mit besonders krassen Steuererhöhungen punkten wollten. Auf dem Feld der Bürgerrechte gelingt ihnen der Durchbruch auch nicht so richtig, weil es kaum noch eine Partei gibt, die nicht Liberalität auf ihre Fahnen geschrieben hätte. Außerdem will man sich ja vom wirtschaftsfreundlichen Neoliberalismus abgrenzen.

In dieser programmatischen Not hat man sich seit geraumer Zeit auf das Feld des Verbraucherschutzes geschlagen. Unter Verbraucherschützern gelten die Grünen inzwischen als politischer Arm der Ökolandwirtschaft und der zahlreichen Verbraucherzentralen und Verbraucherschutzorganisationen. Ein besonders ergiebiges Betätigungsfeld bietet dabei die Ernährung. Der zunehmende Wohlstand hat dazu geführt, dass sich immer mehr Menschen Lebensmittel aus ökologischer Produktion leisten können, obwohl sie erheblich teurer sind als konventionell erzeugte Ware. Unter den ökologisch bewussten Verbrauchern gibt es immer mehr Menschen, die als „Ernährungssensible“ gelten, als Menschen, die über das ökologische Gütesiegel hinaus noch zusätzliche Garantien fordern: Die Nahrung muss glutenfrei sein, sie muss vor Laktose-Intoleranz schützen und gerne auch vor einer möglichen Fruktose-Unverträglichkeit. Das Gluten gilt inzwischen, wie der SPIEGEL (7/2015) spöttisch schrieb, als „Übeltäter der Wahl“, vor dem Prominente wie Claudia Schiffer und Lady Gaga warnen. Ärzte schätzen die wirklich Gluten-Gefährdeten auf höchstens ein Prozent der Bevölkerung. Die Krankheit, an der sie leiden, nennt man Zöliakie. Wenn Menschen, die gar nicht gefährdet sind, dieselbe strenge Diät wie die Kranken befolgen, grenzt das an Hysterie. Gegen eine gesunde Ernährung ist nichts einzuwenden. Viele Zivilisationskrankheiten (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt, Krebs) ließen sich zumindest eindämmen, wenn man auf schädliche Lebens- und Genussmittel verzichten würde. Man kann sich aber auch einreden, die Nahrung sei mit so vielen Schadstoffen belastet, dass  man sich nur durch eine Extrem-Diät gesund ernähren kann. Der Gesundheitsexperte der SPD Karl Lauterbach wirbt öffentlich dafür, beim Essen gänzlich auf Salz zu verzichten, weil es Herz und Kreislauf schädigen könne. Restaurants, die er besucht, haben sich schon auf seine salzfreie Kost eingestellt.

Ich habe in meiner Kindheit eine Ernährungsform erlebt, die nach heutigen Gesichtspunkten das höchste Gefährdungspotential in sich birgt, das man sich denken kann. Es war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Meine Eltern (Vater Tischler, Mutter Bauerntochter) hielten in einem Kober ein Schwein, das kurz vor Weihnachten geschlachtet wurde. Das Fleisch und die Wurst wurden das Jahr über verzehrt. Auch Geräuchertes kam reichlich auf den Tisch. Das Sauerkraut wurde in einem steinernen Fass selbst konserviert: mit Salz gepökelt. Von Ernährungsregeln und – gefahren war nichts bekannt. Das Wort „Grenzwert“ war noch nicht erfunden. Die Menschen waren froh, nach der entbehrungsreichen Kriegszeit sich wieder richtig satt essen zu können. Meine Eltern starben im betagten Alter von 88 bzw. 89 Jahren. Als aufgeklärte Protestanten huldigten sie einem Leben, das sich den Genüssen nicht verschließt. Ihr Wahlspruch war: „Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, ist eine Gabe Gottes“ (Prediger 3,13). Säkular formuliert: „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen.“ Es ist nicht auszuschließen, dass die Lebensfreude, die meine Eltern beseelte, zu ihrem langen Leben beigetragen hat.

Kann man bei den „Ernährungssensiblen“, die sich ständig fragen, ob das Yoghurt gesünder ist, das links- oder rechtsdrehende Milchsäuren enthält, eine solche Lebensfreude noch voraussetzen? Psychologen schlagen schon Alarm, weil sie sich mit dem Phänomen konfrontiert sehen, dass Menschen vor lauter Essverboten, die sie sich aus Angst auferlegen, krank werden. Die Medizin spricht von Orthorexia nervosa, einer nervösen Störung, die durch den Zwang, sich „gesund“ zu ernähren, ausgelöst wird.

Besonders verhasst sind bei den Gesundheitsfetischisten gen-„manipulierte“ Nahrungsmittel. Die Angst vor Genveränderungen, die in den Labors der Nahrungsmittel- und Agrarindustrie gezüchtet werden, treibt   Aktivisten zur Zerstörung von Versuchsfeldern der Konzerne. Aber auch auf die bürgerliche Mitte der Gesellschaft hat die   Skepsis gegen das  „künstlich Erzeugte“ inzwischen übergegriffen. In der Natur treten ständig Spontanmutationen auf, bei denen sich das genetische Material ohne äußere Einflüsse verändert. Dieser natürliche Prozess ist für die Artenvielfalt verantwortlich, falls sich das mutierte Material im evolutionären Ausleseprozess durchsetzen kann. Es gibt natürlich auch unvorteilhafte Mutationen, deren Träger wieder aus dem evolutionären Wettlauf ausscheiden. Die Sprünge bei natürlichen Genveränderungen sind oft viel größer als bei den kontrolliert ablaufenden „Manipulationen“ im Labor. Das hilft freilich wenig: Wenn  der Mensch seine Hand im Spiel hat (lat. manus = die Hand; manipulieren = von Hand verändern), ist für die Grün-Apostel die Mutation des Teufels.

Dass grüne Phobien auch töten können, hat der Widerstand gegen den „Goldenen Reis“ bewiesen. Diese Reissorte wurde durch gentechnische Verfahren entwickelt und enthält dadurch eine deutlich erhöhte Menge des Provitamins A. Der Mangel an Beta-Carotin führt in Indien bei der armen Bevölkerung häufig zu Erblindung und zu einer hohen Kindersterblichkeit. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass in Indien pro Jahr 40.000 Menschenleben gerettet werden könnten, wenn sie diesen Reis als Ernährungsgrundlage hätten. Der Kampf gegen diese Reissorte, dem sich schändlicher Weise auch die Welthungerhilfe angeschlossen hat, ist ein abstoßendes Beispiel dafür, wie wohlstandverwöhnte Europäer darüber entscheiden, wer in den armen Ländern dieser Welt überleben darf.

Auf große Abwehr stoßen auch die „Naturidentischen Aromastoffe“. Ein Kollege von mir, Chemielehrer seines Zeichens, führte am Tag der Offenen Tür unseres Gymnasiums für die Gäste eine Chemiestunde in seiner Klasse vor. Thema: „Die naturidentischen Aromastoffe“. Die Gäste durften Geruchs- und Geschmacksproben natürlicher und künstlicher Stoffe nehmen. Anschließend wies er nach, dass die künstlich hergestellten Stoffe zur Aromatisierung von Lebensmitteln exakt dieselbe chemische Formel besitzen wie die in der Natur vorkommenden Stoffe. Der Grund für die Herstellung im Labor ist rein ökonomisch. Es ist beschwerlicher und teurer, die Stoffe aus der Natur zu gewinnen, als sie im Labor zu synthetisieren. Für die Lebensmittelphobiker ist die Sache klar: Die künstlich hergestellten Moleküle sind Teufelszeug, die  natürlich vorkommenden – identischen ! -Moleküle sind Inbegriff des Reichtums der Natur. Das soll ein vernünftiger Mensch verstehen.

Eine besonders bedenkliche Variante der Phobie rückte in den letzten Wochen in den Fokus der öffentlichen Diskussion. Zahlreiche Eltern weigern sich, ihre Babys gegen Masern impfen zu lassen. Dies sei ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ihrer Kinder. Unterstützt werden diese Eltern von Heilpraktikern, die eine Aversion gegen die „Schulmedizin“ pflegen. Sie sind der Meinung, dass es nicht schlimm sei, die Krankheit zu bekommen, weil sie, wenn man sie überstanden hat,   den optimalen Schutz fürs Leben garantiere. Dass Masern schwere Gehirnschäden verursachen können, ficht sie nicht an. Der Szene-Bezirk Prenzlauer Berg hat die niedrigste Impf-Rate von ganz Berlin. In den Montessori-Kindergärten und Walldorf-Schulen ist die Infektionsrate am höchsten. Gesundheitsminister Gröhe nahm kein Blatt vor den Mund, als er diesen Eltern vorhielt, sie gefährdeten durch ihre Impf-Renitenz das Leben anderer: „Ich finde die Vorstellung seltsam, es gebe eine Art Grundrecht auf Ansteckung anderer.“

Das Befeuern der Angst vor toxischer Nahrung wurde erst möglich durch die Verfeinerung der Analysemethoden in der Nahrungsmittelüberwachung. Chemikern gelingt es heute, Substanzen in kleinsten Mengen, ja sogar in Molekulargröße nachzuweisen. Das ganze Heer von ökologisch ausgerichteten Testzeitschriften lebt von diesem technischen Fortschritt. Der Alarmismus, den sie durch die Dämonisierung der Nahrung verbreiten, steigert ihr Geschäft. Von ihnen wird kaum zu erwarten sein, dass sie die nachgewiesenen Werte in ein vernünftiges Verhältnis zu den tatsächlich damit verbundenen Gefahren setzen. Dabei spielt ihnen in die Hände, dass die von den Gesundheitsbehörden gesetzten Grenzwerte mehr einem Lotteriespiel gleichen, als dass sie eine wissenschaftlich fundierte Gefährdungsprognose erlauben.

Als passionierter Trinker des Berliner Leitungswassers freue ich mich immer wieder diebisch, wenn die Öko-Testzeitungen nicht umhin können, dem Berliner Leitungswasser eine höhere Qualität zu attestieren als den teuren Mineralwassern – auch denen, die das Öko-Siegel tragen. Die Berliner Wasserwerke machen einen guten Job! Danke.

Der Mensch braucht Bindungen. Jahrhunderte lang war lebte er religiös gebunden, glaubte an einen jenseitigen Gott und an die Heilserwartung der christlichen Kirchen. Nach dem Verlust des Glaubens an ein Leben in der Transzendenz verlagerte sich die Bindungs-Sehnsucht aufs Diesseits. Wenn es nur dies eine Leben gibt, wird es in nie dagewesener Weise mit Bedeutung aufgeladen. Man muss es optimieren, alle schädlichen Einflüsse von ihm fernhalten. Die rasante Zunahme der Schönheitsoperationen (auch schon bei Teenagern) und die wahnhafte Suche nach schädlichen Stoffen in der Nahrung sind Ausdruck der   neuen Religion, des Glaubens an den eigenen unbefleckten Körper.

Von Immanuel Kant stammt der berühmte Satz: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“. Friedrich Schiller, ein überzeugter Kantianer, aber auch ein Kenner der menschlichen Natur, war skeptisch hinsichtlich der schnellen Durchsetzung der Vernunft im Volke. Heute – zweihundert Jahre nach Kant – teilen wir seine Skepsis, weil wir wissen, dass es Menschen gibt, die sich ihre Vorurteile und ihre Lebenslügen gar nicht rauben lassen wollen, weil sie sich bequem darin eingerichtet haben. Wenn man sich die Lebensmittelhysterie anschaut, drängt sich einem die Einsicht auf, dass es noch lange dauern wird, bis die Vernunft den Sieg über den Aberglauben davon getragen haben wird.

 

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15 Gedanken zu “Lebensmittelhysterie – die neue Ersatzreligion;”

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    @ Moritz Berger
    Ich habe mal in NS in einem Bauernhof übernachtet,wo morgens ca. drei tote Puten in der Tonne lagen. Daraufhin spähte ich in den Stall: Dicht an dicht, fast nackt. Aus diesem Unwesen entsteht ein Riesenprofit. Die Mentalität ist schäbig, sowohl gegenüber dem Tier als auch dem Menschen gegenüber. Ob sie keine Federn hatten wegen Licht- und Bewegungsmangel oder wegen Cortison, weiß ich nicht. Vermutlich beides.
    Ich finde zwar, dass die Grünen keinen Veggie-Tag von oben verordnen sollten, aber dass sie die ganze Chose immer wieder diskutieren, ist mehr als korrekt.

    @ Stevanovic
    Hirnschäden bei Masern sind häufig, wie sie an Posener, Werner und mir sehen. Wie alt sind Sie?
    Spaß beiseite: Extrem selten bei richtiger Therapie: Bettruhe im abgedunkelten Zimmer und Maßnahmen zur Fiebersenkung. Das geht nicht zusammen mit der malochenden Mutter. Verstanden? Die Mutter wird zusammen mit der Kinderkrankheit wegverwaltet.
    Als meiner mal länger krank war, haben wir zuhause den Schulstoff mit ihm gemacht. Danach schrieb er bessere Noten. Das geht ja auch gar nicht. Nach dieser Kinderkrankheit kam auch aber keine mehr. Erkältung?: Weitgehend Fehlanzeige. Robust.
    Das Problem ist nicht, dass ein paar Kinder Masern kriegen, sondern dass sie nicht alle Masern bekommen. Masern bei Erwachsenen verlaufen schlimmer.
    Ich höre auch öfter als früher von frühzeitig,oft an Krebs oder Lungenentzündung verstorbenen Hunden, alle komplett durchgeimpft. Ob der ganze Cocktail notwendig ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist er teuer.

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    Lieber Alan Posener,

    nö:kürzer ging es wohl nicht 🙂

    Aber wenn man in Berlin lebt kommt man nur selten mit den Agrarfabriken in Berührung ?

    Und was die US betrifft:

    Sie kennen sicherlich Upton Sinclair und sein Buch The Jungle.

    Zwischen gestern und heute, wenn Sie jemals die Chance hatten die Agrarfabriken in den US zu besuchen, kein Unterschied.

    Und nicht zu vergessen Montezumas Rache, Ursache die “ Überhygenisierung“in den US und auch zunehmend bei uns.

  3. avatar

    Da ist schon was dran, zieht die Diskussion aber wieder anhand extremer Karikaturen auf. Und die sind auch bei den Grünen eine Minderheit.

    „Dass Masern schwere Gehirnschäden verursachen können, ficht sie nicht an. Der Szene-Bezirk Prenzlauer Berg hat die niedrigste Impf-Rate von ganz Berlin.“ So groß ist der nicht… bei den meisten fehlte die zweite Impfung und das war wohl eher Faulheit als Ideologie.

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    Lieber Parisien,

    auch wenn wir oftmals hier im Blog aneinandergeraten:

    Bravo Bravissimo für diesen Beitrag!!!!!

    Um Herrn Werner im kantschen Sinn aufzuklären, wäre ein Besuch im Gülleland Niedersachsen sicherlich hilfreich.
    Vielleicht bei Wiesenhof

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    Ich könnte Ihnen noch einige Sachen aufzählen, die im jüngeren Bekanntenkreis und Familie statt Bakterien zirkuliert sind, statt den gut behandelbaren Kinderkrankheiten, aber ich will das nicht.
    Aber hinweisen möchte ich doch noch auf die Hospitalismuskeime aus den Familien Streptococcus und Staphylococcus, die letztlich ein Ergebnis von unkontrolliertem Einsatz von Penicillin, soll heißen, ohne Rachenabstrich, also ohne eindeutige Indikation sind. Hier wäre bei richtiger Indikation gleichzeitig zu beklagen die zu kleine Packung, die einen erneuten Arztbesuch erforderlich macht (der Rubel rollt), den sich die meisten Patienten schenken, weil sie nach drei bis vier Tagen symptomfrei sind, also die zu kurze Einnahme. Bei sachgemäßer Einnahme dagegen fliegt der Rest der zweiten Packung (zwei sind zu groß) in den Müll.
    Nein, Herr Werner, die Grünen und einige der noch natürlichen Eltern haben in manchen Punkten Recht; ihre Skepsis ist vollkommen berechtigt. Manche davon sind übrigens evangelisch.
    Und dann muss ich noch auf den Mammutprofiteur von ausufernder Sterilität hinweisen: Den Verursacher der Polio, der es liebt, wenn Menschen keine fundierte Abwehr erworben haben. Daher ist die Schluckimpfung wie auch die Impfungen gegen Diphtherie und Tetanus tatsächlich wichtig. Und in Bayern und Österreich die gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis. Damit mir keiner unterstellt, ich wäre gänzlich gegen Impfungen. Die gegen Röteln brauchen nur Mädchen vor der Pubertät, weil Röteln für den Fötus gefährlich sind, und die gegen Mumps nur Jungen wegen der Komplikation Orchitis.
    Die ganze Keule braucht keiner und chlorierte Hühner auch nicht, es sei denn, die würden für Fertigprodukte nicht richtig gekocht/gebraten.
    Und seien wir mal ehrlich: Wer stirbt den meistens an Staphylokokkenerkrankungen?: Krankenhauspatienten und Alte in Heimen, also genau die, die den ganzen Fraß vorgesetzt kriegen, nicht die, die grün/gesund/“bio“ essen. Und wenn das Personal dort, öfter mal vollkommen ungebildet, eine Dose mit einer Delle öffnet und verwendet, kann noch Botulismus dazukommen. Und wenn einer aus Angst vor Kündigung sein Panaritium verbirgt, ist ebfs. die Küche infiziert. Der Noro-Virus bewohnt ganze Hotels und auch Schiffe und Krankenhäuser.
    Zurück zu Bildung.
    Oder zu anständig bezahltem ausgebildeten Personal.
    Und es nervt effektiv, wenn gegen Leute mit Bildung, die sie auch für sich und ihre Ernährung einsetzen, gehetzt wird.
    Einer der Gründe für mich, von Wahlen Abstand zu halten: Ich teile Positionen jeder einzelnen Partei, aber längst nicht alle. Ein Wahlsystem mit Einzelpersonen würde daher mehr Sinn für mich machen, Parteien machen mich latent wütend und unpolitisch, weil unter manchem Klugen viele Dummheiten ziurkulieren. Aber wie gesagt: So sehr ich die Bevormundungen der Grünen hasse, mit den Warnungen vor TTIP haben sie durchaus Recht.

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    Lieber Herr Werner,
    eins ist eigentlich klar: Ebensogut könnten Sie die „Hysterie“ amerikanischer Firmen vor Keimen geißeln. Meines Wissens ist ein Huhn, das zwischen ein bis zwei Stunden bei 200 Grad Celsius im Ofen verbringt, dann steril, der Ofen sowieso auch, während Kühlschränke durchaus Keime enthalten.
    Das mit dem Schwimmbad ist kein Argument, weil es Leute gibt – vielleicht dieselben Leute – die wegen der Clorbelastung der Augen nicht ins Schwimmbad gehen.
    Das Argument mit Ihren Eltern könnten Sie fast besser für die Gegenseite verwenden, denn die Faszination mit Chemie war damals noch nicht so fortgeschritten, also sind demnach Ihre Eltern weitgehend chemiefrei und sehr keimgefährdet ca.90 Jahre alt geworden. Ergo: Gute Abwehr, nicht zu viele Impfungen, wohl gemerkt, natürliche Abwehr, in der Kindheit erworben durch Spielen im Dreck, Masern Windpocken etc.
    Lauterbach ist ein einseitiger Ideologe, der nicht begreifen will – so sieht es aus – dass die häufigste Form von Bluthochdruck keinen Grund kennt (essentiell) und salzfreie Kost andere Nebenwirkungen hätte wie Salzverlust durch Schwitzen, Störungen im Elektrolythaushalt etc.
    Insgesamt kann man das nicht alles in eine Kiste schmeißen, Gluten, Chlor und Salz.
    Das Hauptargument jedoch ist, dass man großen Konzernen nicht die Kontrolle über das gesamte Essen überlassen darf, auch nicht über die Felder, deren kleinere Bewohner sie mit ihrer maßlosen Gewinnsucht gnadenlos vertreiben. Insgesamt ist kleiner und kleinteiliger besser, und letztlich wird man dahin zurückkehren, wenn genug Felder brachliegen, der Sand, der bei Wind ungehindert auf die Straßen weht, genug Unfälle verursacht hat, genug Monokulturen entstanden sind und vor allem, wenn man endlich erkennt, dass nackte Gewinnsucht und Landwirtschaft unvereinbar sind.
    Die evangelische Ethik Ihrer Eltern ist etwa das Gegenteil davon.
    Und der ganze Komplex gehört zusammen: Alles impfen, dann keine gescheite Abwehr, also Chlor auf die Hühner, bei neuen Keimen neue Impfungen usw.
    Dass man an Vitamin A-Mangel stirbt, ist mir unbekannt. Langsam erblinden kann man allerdings, über die Jahre. Ob die Inder Karotten haben, weiß ich nicht, aber ich möchte es annehmen. Karotten sind sicherlich effektiv genug. Viel gravierender als Vitamin-A-Mangel ist Vitamin-A-Überschuss: Schwere Leberschäden.
    Insgesamt sind die Leute nicht hysterisch, sondern extrem skeptisch gegenüber dem lebensmittel-agrartechnisch-pharmazeutisch-chemischen Komplex, der sich in den USA fast den gesamten Mittleren Westen inclusive Dünger etc. unter den Nagel gerissen hat. Das Ergebnis sehen wir schon figürlich. Wer will denn das?

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    Kurz gesagt plädiere ich dafür, dass wir essen und trinken dürfen, was wir essen und trinken möchten, soweit das möglich ist. Auch ich trinke Belriner Leitungswasser. Wenn jemand anderes lieber Evian trinkt, dann habe ich nichts dagegen. Dasselbe gilt für Chlorhühnchen, naturidentische Aromen, Farbstoffe, bestimmte Konservierungsstoffe und Genfood und den ganzen Industrie-Trash, für dessen Schädlichkeit keine Beweise vorliegen. Ich esse das auch ohne Beweise nicht bzw. will es nicht essen. Ob das für Afrika schlecht und für mich nicht gut bzw. teuer ist, ist mir egal. Deshalb fordere ich, dass auf jedem Lebensmittel die genaue Zusammensetzung, Herstellungsweise und Herkunft steht, damit ich entscheiden kann.

  8. avatar

    @Klaus J. Nick

    Was nan früher Heilwässerchen nannte heißt heute Novel food,Functional Food, Power Snack etc.

    Dazu braucht es allerdings keine Drittmittelforschung, denn der links drehende Yoghurt von Danone verkauft sich sehr gut, wie auch der patentierte Brokkoli von Monsanto oder die Bonbons mit gaaanz vielen Vitaminen

    So wie die Pharma Industrie neue Produkte auf den Markt bringt siehe:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Sissi-Syndrom

    http://de.wikipedia.org/wiki/Disease_Mongering

    werden uns heute auch die Lebensmittel verkauft.

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    @Moritz Berger
    Naja, vielleicht könnte man das auch so zusammenfassen: Wissenschaft wird Esoterik – Heilwässerchen verkauften sich schon im ‚Wilden Westen‘ gut. Ein Prost auf die Drittmittelforschung!

    Naja, und lieber Rainer Werner:
    „die neue Ersatzreligion“
    ..das ist natürlich ein Thema nach meinem Geschmack und ich stimme sehr weitgehend zu, was Ihre naturstoffchemischen Betrachtungen mit dem Vanilleararoma angeht. Aber leider vergeben Sie in Ihrem Text die Chance, den Interessen-Hintergrund hinter der Erkenntniswelt des Ablaufdatum-abgelaufen-Joghurt-Wegschmeißer-Verbrauchers – einerseits Öko-Esoterik und andererseits Monsanto-Marktmonopol – zu erläutern. Ich will’s kurz machen: Microsoft war mir da sympatischer als Monsanto und hat seinerzeit immerhin eine ‚Small Business Edition‘ seiner Produkte herausgegeben. Politisch ist das ganze nur insofern interessant, als daß in D damit ganz offensichtlich Politik gemacht werden kann. Ich finde das mittlerweile sehr merkwürdig. Mehr Markt-Liberalismus hierzulande, weniger in Afrika (bei diesem Thema) wäre wahrscheinlich gut. Unterschiedliche Regionenerfordern unterschiedliche Strategien. (Womit wir auch wieder in Griechenland wären..)

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    @“derblondehans“

    Hm… Da muss ich wohl doch noch eine Klammer aufmachen und vor unser beider Punkt setzen: Ich finde es amüsant, dass Sie mich offenbar für einen „Sozialisten“ halten (das passt natürlich wieder zu Ihrem Schubladendenken…). Ich habe eigentlich nichts in diese Richtung geschrieben, aber ich nehme das gerne als Kompliment! Sonst wird „Jungen Liberalen“ wie mir eher soziale Kälte und Marktradikalismus unterstellt, insofern kann ich damit sehr gut leben :-).

    In der Regel finde ich es auch eigentlich gut, andere Menschen zu unterhalten und zum Lachen zu bringen (was mir bei Ihnen ja scheinbar gelungen ist – danke auch für dieses Kompliment). Ich habe jedoch mehr und mehr den Eindruck, dass es besser ist, Sie in Ihrer kleinen und miefigen deutschen Welt alleine vor sich hin motzen zu lassen, anstatt Ihnen weitere Anhaltspunkte für die öffentliche Verlautbarung Ihrer Ressentiments gegen alles nicht Reaktionäre und Rechtsgerichtete zu bieten. Darum hier der endgültige Punkt meinerseits: .

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    Lieber Herr Werner,

    bravo dass Sie diese Themen hier einmal publizieren.

    Leider fehlen hier einige Aspekte, wie z.B. die Tatsache, dass mittlerweile die Lebensmittelindustrie ein sehr großes Interesse an diesen Kompassabweichungen hat.

    http://www.welt.de/wirtschaft/.....Essen.html

    >Schon Maucher /ehemaliger CEO von Nestle) wollte Nestlé auf den Gesundheitstrip führen. Brabeck kaufte Novartis Medical Nutrition, doch deren Geschäft mit gesund machender Nahrung versank wirkungslos. Davor stampfte er seine Marke Nutrel für Lebensmittel mit gesundheitlichem Zusatznutzen wieder ein, und der mit Bakterien angereicherte Joghurt LC1 blamierte Nestlé gegenüber Danones geschickter platziertem Activia.)

    Siehe auch:

    http://www.nestlehealthscience.de/produkte
    http://de.wikipedia.org/wiki/Novel_Food

    Und wenn Sie sich einmal den Markt für Nahrungsergänzungsprodukte anschauen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/N.....ungsmittel

    da würden sich Ihre Großeltern im Grab umdrehen, und fragen reicht nicht ein Apfel oder eine Karotte?

    Wo bleibt da die „ökonomische Vernunft“ ?

    Und was das Thema Wasser betrifft: Leitungswasser ist in der Regel in Deutschland sehr gut.

    Nur:

    Warum kaufen die meisten Personen Tafelwasser in Flaschen?

    Schauen Sie sich doch einmal die Werbeslogans an?

    Und rechnen Sie doch einmal:

    Was kostet Sie ein Liter Leitungswasser Ihrer Wasserwerke?

    Was kostet Sie ein Liter Vitel ?

    It´s the business stupid 🙂

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