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De Maizière und das Drohnen-Desaster: So testet man die Kanzler-Reserve

Zwei Namen sind bislang gefallen, wenn es um Spekulationen über eine eventuelle Nachfolge von Angela Merkel irgendwann mal im Kanzleramt ging: der von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und der von Verteidigungsminister Thomas de Maizière.

Derzeit lässt sich ausgezeichnet beobachten, wer von beiden oder ob überhaupt einer von beiden das wäre, was zynische Beobachter in Berlin gern „Kanzler-Material“ nennen. Von der Leyen hat gerade ihre Art der Frauenquote durch eine feindliche Partei gebracht – und seitdem noch weit weniger Freunde (wenn auch ein paar Freundinnen mehr) in ihrer Partei. Für De Maizière wird nun das Drohnen-Desaster zu diesem Test.

Auf den ersten Blick schlägt er sich schlecht. Er sieht wie ein Getriebener aus: Offensichtlich war kaum jemand aus seiner Partei oder dem Koalitionspartner vom Stop des „Euro Hawks“ informiert und konnte dem Minister so auch nicht beispringen. Das ist ein strategisches Versäumnis, das direkt auf De Maizières Konto geht. Selbst wenn er den Termin der Veröffentlichung nicht selbst beeinflussen könnte, hätte er sofort einige Vertraute aus der eigenen Partei und am besten auch bei der FDP informieren müssen, damit sie ihm in der absehbar folgenden medialen Auseinandersetzung beistehen können.

Denn dass der Minister selbst erst wieder an die Öffentlichkeit geht, wenn er alle Details hieb- und stichfest vorliegen hat, ist ein klassischer De Maizière.  Niemals würde er ohne ausreichende Kenntnis aller relevanten Fakten rechtzeitig zum Redaktionsschluss einer Boulevard-Zeitung Köpfe rollen lassen, wie das sein Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg in der Gorck-Foch-Affäre getan hat.

Am 5. Juni werde er alle Informationen im zuständigen Bundestagsausschuss vorlegen, ließ De Maizière mitteilen: Das ist preußisch korrekt bis ins Mark, denn in der Tat sitzen hier die gewählten Abgeordneten, die die Exekutive kontrollieren.

De Maizière entstammt einer Familie, in der es Tradition war, dem Staat zu dienen. Seine Vorfahren waren Generäle, Beamte und Politiker. Als er kürzlich einen Gesprächsband vorgelegt hat, gab er ihm den Titel „Damit der Staat dem Menschen dient“.  Dass es den Band gab, war für Insider ein klares Signal, dass De Maizière über die Frage nachdachte, ob er „Kanzler-Material“ sei. Als Kanzleramtsminister in der ersten Legislaturperiode Angela Merkels war er derjenige, der die Zusammenarbeit zwischen SPD und Union in der Großen Koalition so steuerte, dass sie erstens fast geräuschlos und zweitens weitestgehend effizient lief.

Diese Fähigkeiten, im Hintergrund die entscheidenden Strippen zu ziehen, waren es, die ihn auf die kurze Liste mit von der Leyen gebracht haben. Im Grunde war davon extrem vieles Krisenmanagement, was er also eigentlich können müsste. Der entscheidende Unterschied zum Drohnen-Desaster aber ist, dass De Maizière dabei nie im Vordergrund stand.

Nun aber muss er in eigener Sache kämpfen. Und das ist dann doch eine ganz, ganz andere Situation.  Entscheidend dürfte dabei sein, ob er seine Strategie durchhält, bis zum 5. Juni im Verteidigungsausschuss nichts zu sagen.  Denn einerseits begibt er sich so freiwillig in „eine Art selbstverschuldeter Schweigefalle“, wie der „Spiegel“ kritisiert. Andererseits nimmt er seinen Amtseid ernst: Er steht dem Volk in Form der von ihm gewählten Abgeordneten Rede und Antwort bei der nächstmöglichen Gelegenheit.

Natürlich kennt auch De Maizière die Grundgesetze der Medien-Demokratie:  Wenn es in den nächsten Tagen keinen neuen Aufreger in Sachen Euro Hawk gibt und weder er selbst noch die Leute aus der Regierungskoalition die Sache weiter anfachen, läuft sich das Thema mangels Neuigkeitswert tot.  Wenn nicht, wird der mediale Druck in den nächsten Tagen sich ins Unermessliche steigern. Dann werden wir beobachten können, wie stark die Nerven von Thomas de Maizière tatsächlich sind – und was es mit dem „Kanzler-Material“ auf sich hat.

 

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Ein Gedanke zu “De Maizière und das Drohnen-Desaster: So testet man die Kanzler-Reserve

  1. avatar

    Braucht die CDU überhaupt „Kanzler-Material“ ?

    Merkel wird auch nach der Bundestagswahl Kanzlerin bleiben, vielleicht mit der FDP, gerne mit der SPD, zur Not auch mit den Grünen.

    Warum sollte sie in der bis 2017 laufenden Legislaturperiode ihr Amt aufgeben ?

    Weder der Befehlempfänger de Maiziere noch die Intrigantin von der Leyen haben das Format und den parteiinternen Einfluß, Frau Merkel gegen ihren Willen in Rente zu schicken.

    Beide kommen in Frage als sogenannter Spitzenkandidat für die Wahl 2017, hauptsächlich weil der CDU die natürliche Führungsreserve an Ministerpräsidenten abhanden gekommen ist.
    Spätestens diese Wahl kann die SPD gewinnen, sofern sie einen halbwegs vorzeigbaren Ministerpräsidenten ins Rennen schickt. Daher braucht man sich über potentielle Kandidaten für eine Kandidatur keine Gedanken machen.

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