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Der Euro: Wunsch und Wirklichkeit

Die Einführung des Euro als Zahlungsmittel in 17 europäischen Ländern im Jahre 2002 war ein politischer Akt. Helmut Kohl löste  durch die Zustimmung zum Euro ein Versprechen ein, das er im Jahre 1990 dem damaligen französischen Präsidenten Francois Mitterand gegeben hatte.

Dieser hatte seine Zustimmung zur Wiedervereinigung Deutschlands davon abhängig gemacht, dass in der EU eine „Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion“ stattfindet. Durch den Vertrag von Maastricht wurde sie  1992 in Angriff genommen. Frankreich erhoffte sich durch die gemeinsame Währung, die wirtschaftliche Stärke des wiedervereinigten Deutschland  bändigen zu  können, indem es in den Entscheidungsprozess der 17 Euro-Länder eingebunden wird. Bei Helmut Kohl  schwang das Gefühl mit, Deutschlands historische Schuld, die es durch die  monströsen Verbrechen der Nazis auf sich geladen hatte, durch das Aufgehen in der Währungsgemeinschaft teilweise wieder gut machen zu  können. Beide Erwägungen waren ehrenwert und vom nationalen Standpunkt aus legitim. Sie waren jedoch rein politisch motiviert und hatten mit wirtschaftlichem Sachverstand wenig zu tun. 

Bei der  Schaffung der Euro-Zone wurde eine wesentliche historische Erfahrung ausgeblendet. Die ganze Nachkriegszeit hindurch hatten die Staaten Europas auftretende  wirtschaftliche Schwächen mit einer Abwertung ihrer nationalen Währung aufgefangen. Jedem Italienreisenden war geläufig, dass beim nächsten Besuch die Zahl der Nullen auf dem Lira-Schein schon  wieder erhöht sein könnte. Für die ökonomisch schwachen Länder war es bequem,  nötige  Strukturreformen zu vertagen und stattdessen die kalkulierte Abwertung ihrer Währung in Szene zu setzen. Der Effekt, dass sich dadurch die Importe verteuerten, war durchaus erwünscht, kurbelte er doch die Binnennachfrage nach heimischen Produkten an. Deutschlands Währung, die DM, wurde durch die eigene wirtschaftliche Stärke, aber auch infolge der  Abwertung der anderen Währungen kontinuierlich  aufgewertet. Deshalb  blieb  uns  nur der Ausweg, die Verteuerung der Waren für das Ausland durch  erhöhte Qualität wett zu machen. Auch die  Senkung der Lohnstückkosten durch Rationalisierungen und technische Neuerungen trug dazu bei, dass unsere Produkte trotz der starken DM in der Welt immer noch genügend Abnehmer fanden.

Mit der Einführung des Euro  war dieser „atmende Effekt“ der Währungsveränderung  plötzlich obsolet. Die negativen Folgen für die ökonomisch schwachen Süd-Länder konnten so lange verdeckt werden, wie sie noch Zugang zum Kapitalmarkt hatten. An  den  niedrigen Zinsen des Euro-Raumes partizipierend, verfielen sie immer mehr  dem süßen Gift der Staatsverschuldung. Ökonomen der EZB haben errechnet, dass der Lebensstandard der Süd-Länder vor Ausbruch der Krise bis zu einem Drittel  schuldenfinanziert war. Als im Gefolge des Bankrotts  der Lehman-Brothers-Bank in New York auch europäische Banken in Schieflage gerieten und Kredite nur noch zu hohen Zinssätzen vergaben, schlitterte ein Land auf der Südschiene der EU nach dem anderen in die Krise, Griechenland in die drohende Zahlungsunfähigkeit.

Des Instruments der Währungsanpassung beraubt, blieb den Ländern nur der Ausweg, den EU-Kommission, EZB und  IWF (die berühmte Troika) vorgaben: Strikte Sparauflagen gepaart mit Strukturreformen zur Freisetzung von Marktkräften in den verkrusteten Volkswirtschaften. Die politische Klasse dieser Länder musste vor den Bürgern  eingestehen, dass ihr Lebensstandard auf Sand (sprich: auf Pump) gebaut war und dass er, allen Hilfsprogrammen der EU zum Trotz, nicht zu halten sein würde. Die Bürger gingen, befeuert von klassenkämpferisch  gepolten  Gewerkschaften, massenhaft auf die Straße, um ihre  Besitzstände zu verteidigen.

Populistische Parteien machten sich den Protest für ihre eigene Agenda zu Nutze und fuhren exorbitante Wahlerfolge ein. Auch extremistische Parteien legten zu und schürten den Hass auf Fremde, die sie  als Schmarotzer des  Volkes  denunzierten. Deutschland wurde zum Buhmann auserkoren, Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble auf Abbildungen im Nazi-Outfit abgebildet und  als Vertreter des „Vierten Reiches“ verunglimpft. Aus vielen  Protesten sprachen  der Neid auf das wirtschaftlich starke Deutschland und der Zorn darüber,  dass es nicht bereit sei,   den Lebensstandard der ärmeren Länder durch bedingungslose Hilfszahlungen  zu garantieren.

Die Staatsschuldenkrise offenbart ein zentrales Dilemma der Euro-Zone.  Die Folgen der Krise in einzelnen Ländern treffen alle,  die politische Legitimation in der Euro-Zone erfolgt jedoch weiterhin national. Die  Regierungen müssen sich ihrem Wahlvolk stellen und um Zustimmung für ihre Politik werben. Wenn sie sich auf die Auflagen der Troika einlassen, riskieren sie, abgewählt zu  werden. Die Bürger haben bei den Wahlen nämlich nur ein Ziel vor Augen: Wie verteidige ich meinen Lebensstandard? Langfristige Überlegungen, wie z.B. die Frage, wie das eigene Land gesunden könnte, sind Wählern in der Regel fremd. Deshalb werden Politiker alles tun, um die wahre Lage ihres Landes zu verschleiern und weiterhin unhaltbare Versprechen abzugeben (Berlusconi-Effekt). Am erfolgreichsten ist die Partei, die sich lautstark gegen die Auflagen der Troika – das Feindbild schlechthin – gebärdet. Kaum eine Regierung wagt es, den Weg nachhaltiger struktureller Reformen einzuschlagen, obwohl nur sie  in der Lage wären, das Land dauerhaft aus der wirtschaftlichen Schwächephase herauszuführen. Alle Strukturreformen sind anfangs  für die Bürger schmerzhaft. Und sie entfalten ihre Wirkung erst Jahre nach ihrer Einführung  (wie die Agenda 2010 der Regierung Schröder).  Jede Regierung, die Strukturreformen blockiert, nimmt dadurch die ganze Euro-Zone in Geiselhaft, weil sie riskiert, dass das Land durch die Euro-Solidargemeinschaft gerettet werden muss, wenn es den Weg aus der Krise aus eigener Kraft nicht schafft. Das Dilemma aus nationaler Politik und gesamteuropäischer Haftung ist unlösbar. An diesem Widerspruch könnte die Euro-Zone schließlich zerbrechen.

Die politische Klasse in Europa  sieht in ihrer Mehrzahl nur einen Ausweg aus dem Dilemma: die weitere Integration der Euro-Zone in Richtung einer gemeinsamen Wirtschafts-und Finanzpolitik nach dem Motto: „Mehr Europa“.  Der „Europäische Fiskalpakt“  vom Dezember  2011 wird als wichtige Vorstufe zu einer solchen Wirtschaftsregierung interpretiert.  Was die im Fiskalpakt vereinbarten Obergrenzen für die Staatsverschuldung und Strafen für jene Länder, die diese Grenzen missachten, tatsächlich wert sind, kann man jeden Tag in der Praxis besichtigen. Allen Ländern –zuletzt Zypern – wird, wenn sie den Vertrag brechen, großzügig eine Fristverlängerung eingeräumt. Die Gründe sind immer dieselben: Das wirtschaftliche Wachstum sei zurückgegangen und habe die Steuereinnahmen reduziert. Dass die hilfsbedürftigen Länder gleichzeitig die Strukturreform-Auflagen kreativ umgehen (Italien) oder gar nicht erst in Angriff nehmen (Frankreich), wird großzügig hingenommen.

Wenn im Zuge von „mehr Europa“ ein Euro-Zonen-Parlament mit  vollem  Budget-Recht entstünde, könnte es über  die Transferzahlungen innerhalb des Euro-Raumes  beschließen. Man kann  sich unschwer ausmalen, wie dies aussehen würde. Würde sich Frankreich auf die Seite der Zahlungsempfänger (Süd-Länder) schlagen, hätten diese die  Mehrheit und könnten die zahlenden Länder (Nord-Länder)  überstimmen. Eine  permanente Haftungsgemeinschaft zu Lasten der reichen Nord-Länder wäre geboren. Wie sie funktionieren würde, kann man am  innerdeutschen Länderfinanzausgleich  studieren. Keines der Empfänger-Bundesländer ist bereit, sich  freiwillig vom Tropf der Geldströme abzunabeln, um sich auf eigene Beine zu stellen. Die Euro-Zone wäre beim Prinzip „Scheckkarte unlimited“ angekommen.

Es gibt Ökonomen, die  der Euro-Zone  einen ganz anderen Weg empfehlen. Sie bezweifeln grundsätzlich, dass  Strukturreformen die Länder der Süd-Schiene überhaupt wirtschaftlich so stark machen könnten, dass sie mit den starken Nord-Ländern würden  mithalten können. Zu unterschiedlich seien  die historisch gewachsenen wirtschaftlichen Voraussetzungen und die kulturellen und mentalen Prägungen dieser Länder. Deshalb schlagen sie vor, den  Euro-Raum  in eine Nord- und eine  Süd-Zone  zu teilen.  Den  Nord-Ländern  (Benelux, Deutschland, Finnland, Österreich, Estland) stünden die  Südländer  (Portugal, Spanien, Italien, Griechenland, Zypern) gegenüber. Frankreich müsste sich entscheiden, zu welcher Zone es gehören will. Unter Hollande wird es wohl  eher in die Süd-Zone eingegliedert werden.  Irland würde trotz seiner nördlichen Lage wegen seines maroden Banken-Sektors  der Süd-Zone zugeschlagen.

Der Süd-Euro würde gegenüber dem Nord-Euro sofort an Wert verlieren, so dass der gleiche Währungseffekt einträte, der für alle nationalen  Währungen vor Einführung des Euro galt. Die Abwertung des Süd-Euro würde die Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder stark  verbessern und zudem die Binnennachfrage ankurbeln, weil sich Importe aus der Nord-Zone verteuern würden. Hilfsleistungen zwischen den Ländern sollten nur noch innerhalb der jeweiligen Zone statthaft  sein. Deutschland hilft also Österreich, aber nicht mehr Portugal. Wenn Portugal Hilfe bräuchte, müsste  es sich an Italien oder Spanien wenden.

Die Zweiteilung des Euro-Raumes  würde dem elementaren ökonomischen Gesetz Rechnung tragen, dass eine Währung in erster Linie die  wirtschaftliche Stärke oder Schwäche eines Landes abbildet. Der Euro würde (zumindest teilweise) von der Fesselung, eine politisch-psychologische Währung zur Schaffung einer Völkerfamilie zu sein, befreit. Es sollte den Politikern, die nach „mehr Europa“ rufen, zu denken geben, dass unter der Herrschaft des Euro die Animositäten innerhalb der europäischen Völkergemeinschaft  in einer Weise zugenommen haben, die  früher für undenkbar gehalten wurde. Das Friedenswerk, das die  Initiatoren des Euro  intendiert hatten, hat er gerade nicht gestiftet. Nein, er hat in Europa  neuen Unfrieden und  Streit   gesät.  Gerade Deutschland sollte ein Interesse daran haben, die Fesselung des Euro durch politische Wunschvorstellungen zu durchbrechen und der wirtschaftlichen Vernunft wieder zum Durchbruch zu verhelfen. Nur so kann es aus seiner Buhmann-Rolle in Europa  auch wieder herauskommen.

 

 

 

 

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12 Gedanken zu “Der Euro: Wunsch und Wirklichkeit;”

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    simpler zusammenhang: google eingeben: staaten ohne euro stehen besser da ——–dank euro und fehlender zollgrenze,google:frankreich deindustralisierung–(schon vergessen?:zu DM-zeiten exportierte frankreich mengen an autos nach brd—-mit euro nicht mehr.-DM war sündenbock-mit abschaffung der DM wird es uns besser gehen,glaubte französiche regierung —aber das gegenteil trat ein!

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    wichtig google: verrat an ludwig erhard —cdu und andere berufen sich zwar gerne auf ludwig erhard, handeln aber nicht in seinem sinne.–weiter: google: islands totgeschwiegener erfolg (island steht heute gut da, im gegensatz zu griechenland spanien irland etc.

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    schuldenberg brd:ludwig ehrhard wollte keine schulden machen.deshalb wurde er abgesägt, und danach sofort auf kredit sich 8% pensionserhöhung gegönnt.so fing unvera-ntwortliche schuldenmacherei an.–später menge feine projekte auf pump,z.B. menge teure schulbauten,das geld so wurde geglaubt,brächten später die(besser ausgebild-etenschüler wieder ein).-so rechnungen gingen aber oft nicht auf!!Heute wird an falscher stelle gespart: infrastruktur wird auf verschleiß gefahren,dabei ist gute in-frastruktur lohnende sache.jetzt menge schuldzinsen. restliche geld so viel zu wenig,schulenrückzahlung so torpediert

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    vertippt vorige mail:mit euro gabs auf einmal billigst kredt.so jede menge neu-schulden gemacht-ermöglichte schub für lebensstandard und konsum und elite verdiente auf eimal sehr viel mehr und transferirte riesen geldsummen ins ausland.(dickes ende zwangsläufig später)so menge waren oft billigst aus ausland–so mußten viele griechische fabriken schließen,das bringt menge arbeitslose. land hat so schwache wirtschaft,wenig zahl-kraft Mit euro wurde urlaub da teuer?, ver-lagerte sich nach türkei und anderen ländern??

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    drachme war weichwährung, so hohe zinsen auf kredite. mit euro auf einmal kredite mit niedrig-zins.gut hätte man damit dei schuden abbauen können, aber: weil es so billig,wurden massiv neu-schuden gemacht.so war großer schub für lebensstandard und konsum möglich. waren auch deshalb poliker auf einmal sehr beliebt da ???–griech-ische elite konnte so auf einmal viel mehr verdienen , tansferierte große mangen euro ins ausland(auch teure ummobilien kaufen, teure autos etc. viele fariken mußten da so auch schließen,so viele arbeitslose

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    Lieber Herr Werner,

    bevor Sie solche Aussagen wie z.B.:

    „Irland würde trotz seiner nördlichen Lage wegen seines maroden Banken-Sektors der Süd-Zone zugeschlagen.“

    publizieren sollten Sie vielleicht ein wenig mehr recherchieren und sich einmal die derzeitigen Refinanzierungskosten von Irland auf dem Weltmarkt anschauen.

    Wir beklagen immer wieder das fehlende know-how der heutigen Schüler.

    Die ursache hierfür ist sicherlich auch bei den Lehrern zu finden, die nicht nur in der Zinsrechnung Schwierigkeiten haben (siehe Herrn Posener und sein Plasma-TV Kauf für einen Kredit von null Prozent , den er zu seinem Glück nicht getätigt hat) sondern auch bei Rainer Werner,der sich noch nicht einmal die Mühe macht ein wenig mehr zu recherchieren.

    Mein Angebot der Nachhilfe verhallt bei ihm wieder das Rufen in seinen “ Wirtschaftswald “

    Der Bericht von Deloitte beleuchtet ein wenig die Ursachen und die zukünftigen Aussichten des irischen Bankensektors:

    http://www.deloitte.com/assets.....n_0311.pdf

    http://www.centralbank.ie/publ.....reland.pdf

  7. avatar

    Das ist halt das Dilemma der Krisenpolitik. Europa löscht Brandherde, idR nach deutschem Rezept, anstatt sich um grundlegende Probleme zu kümmern. Die meisten Ansätze – Eurobonds, Dtl tritt aus/verschiedene Euros, gezielte Industrialisierung der armen Länder – würden irgendwo funktionieren. Sie sind aber teuer und kriegen keine Mehrheiten.

  8. avatar

    „Sie waren jedoch rein politisch motiviert und hatten mit wirtschaftlichem Sachverstand wenig zu tun.“

    Sie sagen das, als ob das abwegig wäre. Selbst in Unternehmen macht die Strategie nicht die Controlling Abteilung.

    Deutschland hat gegen UK/Frankreich zwei Weltkriege geführt. Wenn man nicht an das Märchen vom natürlich-bösen Deutschen glaubt, dann gibt es wohl strategische Gründe, warum dies zwei Mal gegen denselben Gegner passierte. Macht es nicht furchtbar Sinn, sich über diese Konstellation den Kopf zu zerbrechen? Deutschland stellt heute 25% der Wirtschaftskraft und diktiert (durchaus vernünftige und richtige) Bedingungen. Was geschieht im Nordeuro, bei über 50% deutschen Anteils? Haben uns die Finnen dann immer noch lieb? Niederlande und ihr Wunsch nach Abgrenzung? Dänemark und die Jahrhunderte alte fehde mit Deutschland? Wenn die Esten eine Flaute haben, wer kommt denn dann? Der Berliner Steuerberaterbund? Ich höre immer das Argument, Deutschland hätte gelernt, aber vielleicht gibt es aufgrund von Konstellationen natürliche Konfliktlinien und vielleicht gibt es aufgrund der Größenverhältnisse nichts zu lernen. Vielleicht ist es egal, was Deutschland aus dem Bauchnabel puhlt. Vielleicht muss ein starkes Deutschland zuerst politisch denken, will es nicht qua Größe der natürliche Gegner der umgebenden Kleinstaaten sein. Herr Wagner, sie teilen Europa gerade nach Gutherrenart in Teile. Nicht schlimm, wenn das ein Luxemburger macht. Bei Franzosen und Deutschen hat es ein anderes Geschmäckle.

    Kohl hat den Euro nicht wirtschaftlich durchdacht, das stimmt. Er war aber Historiker und wusste, dass es strategische Antworten in Europa braucht. Nicht weil Deutschland böse, sondern weil es groß und stark ist (was wir, hoffe ich, alle wollen). Die Statik einer Architektur ist essentiell und ja, die jetzige stimmt wirtschaftlich nicht. Wenn Europa kein politisches Projekt ist, was soll es denn sonst sein? Kohl hatte einen Sinn für diese Geschmäckle.

    Und das hat alles nichts mit Schuld zu tun. Nicht jeder Vorschlag, der gegen die Schuldkultur verstößt, ist schon deswegen ein kluger Vorschlag.

  9. avatar

    Der Unterschied zwischen Publizistik und Politik ist die Umsetzung der Vorschläge. Einem Publizisten reichen gute Vorschläge, die Politik braucht gute Ergebnisse. Manche Ökonomen sagen dies, manche Ökonomen sagen das, die anderen sind immer die doofen…es ist sehr schwer in einem Land Veränderungen durchzusetzen, geschweige denn in einem Dutzend Länder parallel. Agenda 2010 hat die SPD zerrissen, sollte damals aber nur der erste Schritt in einer Reihe von Reformen sein (zB Vereinfachung des Steuerrechts, war damals auch mal SPD-Thema). Alles nicht einfach.
    Damit möchte ich den Vorschlägen nicht widersprechen, aber Nordeuro, Südeuro – da werden Generationenprojekte gefordert, als ob die einfacher seien, als in Stuttgart einen Bahnhof zu bauen. Wollen die Esten beim Nordeuro mitmachen? Oder Benelux? Irland bekommt den Südeuro- warum eigentlich? Wenn langfristige Mentalitäten eine Rolle spielen, was hat Irland mit Griechenland zu tun? Die Finnen konkurrieren mit deutschen Produkten – warum sollten gerade die in eine von Deutschland noch mehr dominierte Währungsunion? Wenn das alles stimmt was sie analysieren, machen nur Nationalwährungen prinzipiell einen Sinn.

    Entschuldigen Sie, Herr Werner, aber das klingt etwas nach Sandkastenmanöver. Dafür ist die Seite hier da – aber Politiker verurteilen, weil sie nicht sofort wenig durchdachte Aktionen starten…..

  10. avatar

    …und das stabile Nord-Nord Europa (Norwegen, Schweden, Daenemark) – moechte auch nie mit dem Nord-Europa und seinen Problemen verwickelt werden! —Am Ende sind in Europa nur en Bruchteil der Menschheit – die Welt geht weiter – auch ohne eine EU, auch ohne den Euro, auch ohne die NATO: Wahrscheinlich noch besser fuer die anderen sechs Millarden. Im Gegenteil: Die USA sieht lieber ein Europa welches nicht „unabhaengig“ wirkt. „The Commonwealth“ ,besonders Kanada und Australien – sind auch mehr an einem eigenstaendigen „Britain“ ohne EU-Last interessiert. Fuer die Lateinamerikaner kann Europa nicht schnell genug von seiner heutigen neo-kolonialistischen Einmischung „abgeschreckt“ werden. China und Korea und Japan lechzen auf das ueberholen vom industriellen-technologischen Europa: Nur ein exotisches Europa fuer asiatische Turisten! Afrika koennte zumindest wieder die verschiedenen Nationen Europas gegen einander Ausspielen. Tata und Mital von Indien koennten noch mehr Industrien in Europa uebernehmen: The pain of Europe is a win-win for all other humanity!

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    Ich stimme vielem zu. Allerdings wissen wir nicht, was geworden wäre, hätte es den Euro nie gegeben. Ständen die südeuropäischen Staaten dann besser da? Oder wären sie in eine Schuldenkatastrophe geschliddert, die durch den Euro abgehalten, verzögert oder abgemildert wurde? Wir sehen immer nur das, was da ist, nicht das, was hätte sein können.

    Das alles ist Spekulation. Wir haben keinen europäischen Staat, können einen solchen also auch nur theoretisch beurteilen. Was wir derzeit haben, ist ein merkwürdiger Staatenhaufen, einen Verbund aus egoistisch motivierten Nationalstaaten.

    Aus diesem Klumpen führen im Prinzip zwei demokratisch legitime Wege: einer geht in die Richtung europäischer Staat, der andere dahin, wo wir herkommen: in einzelne Staaten. Diese beiden Wege schließen sich aus. Wir stecken im Klumpen fest, die einen wollen zurück in die Bestandteile, die anderen nach vorn in eine vernünftige Organisationsform.

    Oft und auch in diesem Artikel wird gesagt, dass der Weg zu einem europäischen Staat aufgrund von zu unterschiedlichen Mentalitäten prinzipiell verbaut sei: „Zu unterschiedlich seien die historisch gewachsenen wirtschaftlichen Voraussetzungen und die kulturellen und mentalen Prägungen dieser Länder.“

    Aber es gab Zeiten, in denen sich auch Bayern und Preußen spinnefeind gegenüberstanden, mit ihren völlig unterschiedlichen Mentalitäten und teilweise unverständlichen Dialekten – und heute zahlen die Bayern (zwar murrend, aber immerhin) den Länderfinanzausgleich für die Preußen. Liegt das an einem Jahrhunderte dauernden Annäherungsprozess der bayerischen bzw. preußischen Mentalitäten oder an der Organisationsform des föderalen Staats?

    Ich glaube letzteres. Die heutige EU ist dominiert von nationalen Interessen. Hätte man einen echten demokratischen Staat Europa, der der gesamten europäischen Bevölkerung gleichermaßen verpflichtet wäre, mit einem Parlament, das diesen Namen verdient, und einer daraus resultierenden gesamteuropäischen Regierung, dann wären diese Differenzen, die heute noch so unüberbrückbar aussehen, in kurzer Zeit weggeblasen. Vermute ich.

    Das Problem für die aktuellen Regierungen ist, dass das offenbar keiner (mehr) will. Aber das ist womöglich nur scheinbar und bleibt abzuwarten. Was man also braucht, ist eine Wahl. Erst dann kann man beurteilen, in welche Richtung es gehen soll: nach vorn oder zurück.

    Der Vorschlag Nordeuro vs. Südeuro bietet keine grundsätlziche Lösung, obwohl das Problem wenigstens übersichtlicher werden würde. M.E. müssten zuerst die schwächeren Länder aus dem Euro austreten, nicht die starken, denn die haben vom Euro profitiert. Mit dem Austritt der Südländer entstünde automatisch ein Nord-Euro. Wenn die schwächeren Länder danach einen zweiten Währungsraum aufmachen würden (Süd-Euro), wäre das deren Sache.

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