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Osama bin Ladens größter Sieg

Als vor zehn Jahren die Zwillingstürme des World Trade Center in sich zusammenstürzten, begruben ihre Trümmer nicht nur Tausende Menschen unter sich.

Verschüttet wurde auch allzu viel von dem, was dem Westen bis dahin zu Recht heilig war. Für die Ewigkeit gedachte Werte wie individuelle Freiheit, Unantastbarkeit der Menschenwürde und eine offene Gesellschaft verschwanden in einer gigantischen Aschewolke aus Angst und Schrecken. Vermeintliche Gewissheiten wie der Glaube an die prinzipielle Friedfertigkeit von Religionen und das einträchtige Zusammenleben verschiedener Kulturen wurden zerstört durch vier Passagierflugzeuge, die als monströse Mordmaschinen missbraucht wurden – der 11. September 2001 bleibt Osama bin Ladens größter, weil folgenreichster Sieg.

Der höllische Terrorfürst und seine Jünger haben der Welt ihre Denkweise, ihr Verhalten, ihre Logik aufgezwungen und uns gewissermaßen zu Komplizen gemacht. Schlimmer noch: zu Verrätern an der eigenen Sache.

Von einem derartig umfassenden Erfolg hätte wohl nicht einmal der Saudi selbst zu träumen gewagt. So lassen wir es zu – um des vermeintlichen Schutzes vor Anschlägen willen –, dass nachhaltig eine Trutzburg der Gesellschaft geschleift wird: das Recht auf Freiheit.

Einige Sicherheitsvorgaben haben mittlerweile ein absurdes Eigenleben entwickelt. Die möglichst lückenlose Datenüberwachung lässt praktisch keine unkontrollierte Bewegung mehr zu. Juristische und humanistische Standards, etwa das Verbot von Folter oder der Beistand durch einen Anwalt, spielen praktisch keine Rolle mehr.

Alles Mögliche und Unmögliche wird mit Verweis auf die Terrorbekämpfung gerechtfertigt. Dabei handelt es sich um Zumutungen, deren Nutzen zumindest als zweifelhaft gelten darf. Von der Sinnhaftigkeit zweier blutiger, langwieriger und geradezu ruinöser Kriege einmal ganz abgesehen.

Wäre das allein nicht schon bedrückend genug, kommt noch ein ganz besonderer Botenstoff à la bin Laden hinzu: Angst. Sie hat sich im vergangenen Jahrzehnt des öffentlichen Raums fast in Gänze bemächtigt.

Kaum etwas fürchtet der Westmensch mittlerweile mehr, als Opfer eines Attentats zu werden. Denn jeder weiß, dass die „heiligen Krieger“ effektiv morden, nämlich wahllos. Ihr Feind ist der angeblich dekadente, moralisch verwerfliche Westen als solcher und mit ihm alle „Ungläubigen“.

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht irgendein herrenloser Koffer auf einem Bahnsteig zu panischen Reaktionen führt. Und jeder Bartträger mit arabisch wirkendem Äußeren gilt im Zweifelsfall als lebendige Zeitbombe.

Ein im wahrsten Sinne des Wortes überwältigendes Misstrauen. Der Islam, vermutlich Osama bin Ladens verstörendster Erfolg, hat der westlichen Welt das Fürchten gelehrt.

Im vorauseilenden Gehorsam werden Theateraufführungen abgesagt, weil sie womöglich die Gefühle der muslimischen Brüder und Schwestern verletzen könnten. Karikaturisten, die Mohammed zu ihrem Thema machen, seien selbst schuld, wenn sie um ihr Leben bangen müssen.

In staatlichen Schulen, mithin dem Säkularen verpflichtet, richtet man ungenutzte Beträume ein, um dem Gott der Religionsfreiheit ein milde stimmendes Opfer darzubringen. Bloß nicht die armen, unter Depressionen leidenden Islam-Anhänger erzürnen.

Meinungsfreiheit? Selbstbewusstsein? Wo kämen wir denn da hin? Hauptsache, die Bombenbauer lassen uns in Frieden. Dass dieses Schwächeln, der Mangel an Courage Terroristen in ihrem Irrglauben bestärkt, im Namen Allahs und damit zwangsläufig richtig zu handeln – nebbich. Feigheit vor dem Feind nennt man so etwas. Ausgezahlt hat sich das nur selten.

Noch etwas können sich die Attentäter des 11. September und deren Vordenker auf die blutgetränkten Fahnen schreiben: Sie haben das gesellschaftliche Klima vergiftet.

Der Islam, da helfen auch keine Sonntagsreden, ist zum veritablen, allgegenwärtigen Schreckgespenst geworden. Schuld daran sind die Islamisten. Ihr terroristisches Wirken bringt eine ganze Religion in Verruf. Der selbstherrliche Bezug auf Gottes „Segen“ und die unverhohlene Absicht, ein Weltkalifat errichten zu wollen, füllt den Satz des Schriftstellers Leon de Winter „Wacht auf, wir sind im Krieg!“ mit bedrückend nüchterner Wahrheit.

Wer wagt es noch zu differenzieren, wenn sich sogar ein verhältnismäßig unbehelligter Staat wie Deutschland bereits abgeschafft wähnt? Türkische Gemüsehändler und Kopftuchmädchen stehen dem Vernehmen nach bereit, in zwei Generationen die Bundesrepublik der Umma einzuverleiben. Und was machen wir? Klar: Wir kapitulieren.

Doch Panikmacher hin, Multikulti-Beschwichtiger her: Osama bin Ladens Sieg ist keineswegs vollständig. Allein, dass im Westen über Freiheit, Terror, Islam und Krieg heftig debattiert wird, zeugt davon, dass einige Werte sich glücklicherweise als widerstandsfähig erweisen.

Der Untergang des Abendslands lässt noch auf sich warten. Denn wir lieben das Leben. Ganz einfach.

 

 

 

 

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11 Gedanken zu “Osama bin Ladens größter Sieg;”

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    @C.Böhme: Vor gerade mal 14 Tagen hatten Sie sich hier über den 11. September geäußert.

    Ihnen und den Jüngeren hier noch etwas ins Geschichtsbuch geschrieben, bevor ich mal eben weg bin:

    Es gab auch noch einen anderen 11. September, den 11. September 1973. Das Datum des Putsches in Chile,der demokratisch gewählte, aber sozialistische Präsident Allende nahm sich das Leben, und eine Militärdiktatur unter Pinochet übernahm das Land, unterstützt von der US-Regierung, die aus Kommunisten-Hysterie lieber die Folter-Gräueltaten eines Pinochet unterstützte, als sich mit Allende zu arrangieren.

    Man könnte sich überlegen, ob die mörderischen Terroristen dieses Datum womöglich bewußt wählten.

    Denkt auch nur noch ein Schwein hier und heute an den 11. September 1973 und an die unendlichen Opfer der Militärdiktatur?
    Die Opfer waren nicht weniger zahlreich und unschuldig, als die Opfer der Kathastrophe in USA.

    Nein, Osama bin Laden hat bestimmt nicht gesiegt – siegen tut immer nur der Egoismus, die Intoleranz, die Ignoranz – und Vergessen, bewußt oder unbewußt, ist die beste Therapie, die eigenen Fehler zu vertuschen, bzw. sich einzureden, sie gar nicht gemacht zu haben.

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    Jedes Jahr wenn ich mir die Dokumentationen zu 9/11 anschaue, kocht es in mir hoch.

    Jedenfalls steht die USA nicht für Freiheit, Gleichheit usw.
    Aber man sagt ja auch, dass Deutschland ein Musterbeispiel der Demokratie ist und das Frauenwahlrecht gibt es erst seit einigen Jahrzenten.
    Doch nicht so beispielhaft, wie ich finde!

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    „Nichts ist jemals das was es zu sein scheint“ (Machiavelli in „Der Prinz“). Waehrend die USA und „ihr Westen“ (die NATO „Partner“) sich noch ueber die Himmelfahrt des boesen Yemeniten freuen – o Schreck – wackelt es schon wieder rund ums „Heilige Land“ ? Der Botschafter Brasiliens in Aegypten meint heute in einem Interview, dass er an eine moegliche zukuenftige Verbuendung glaubt von Aegypten, der Tuerkei und des Iran, – gegen Israel. (O Estado de Sao Paulo, 10.9.2011)

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    Don Camillo: Ich kann Ihre Ausführungen wirklich nur unterschreiben.

    Kürzlich machte ich die Bekanntschaft eines netten Armeniers, in geselliger Runde. Selbstverständlich kam zu später Stunde irgendwann einmal das Thema des Völkermords an den Armeniern zur Sprache, und ich stand schon am Start, die Türkischen Bekannten zu verteidigen.
    Überraschenderweise kam sofort eine Anmerkung des Armeniers, er hätte nichts gegen die Türken – als Katholik auch nichts gegen Muslime. Er lebe gerne und friedlich mit Ihnen in der Türkei zusammen, trotzdem Teile seiner Familie beim Progrom um kamen.

    Wir müßen aber auch ehrlich mit anderen Völkern und Kulturen umgehen.
    Ein in Deutschland geborener und aufgewachsener Türkischer Freund macht mir das fortwährend klar.
    Bei bestimmten Handlungsweisen meinerseits, kommt immer wieder die Bemerkung:“ Jetzt sei doch nicht so Deutsch, was mich zu der Replik anregt“jetzt sei doch nicht so Türkisch.“

    Die Mentalitäten der Menschen sind verschieden und die Kulturen sind es auch.
    Es geht nicht darum alle zu einem Einheitsgemisch zu machen, eher darum, friedlich und mit Respekt miteinander umzugehen.

    Ich fand es sehr putzig, daß kürzlich – in einer TV-Diskussion – einer meinte den alten Fritz anführen zu müssen, der sogar die Türken holen wollte und ihnen sogar Moscheen gern in Preußen bauen lassen wollte.
    Auch einmal wieder so eine geschichtliche Halbwahrheit. Es gibt da allerdings schon eine aktuelle Analogie. Nachdem Friedrich, mit seinen idiotischen Kriegen, den Großteil der Preußen erfolgreich ausgerottet hatte, brauchte er dringend Einwanderer, die die Lücken füllten.

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    Kinder erkennen wenn der Kaiser keine Kleider traegt, denn ihre Denken ist noch natuerlich und nicht durch hochgebildeten Tiefsinn “programmiert”… – wunnabar jan z. volens

    Oma sagte immer: „Je länger die auf die Schul´ gehn, umso dümmer werden die….“…hat sie uns gemeint…

    Frage: Was passiert mit einer Gesellschaft, bei der das „Wort des Kindes“ weder gehört noch danach gefragt wird ? (´s gibt ja auch bald keine mehr…) Läuft die dann Gefahr, dass Grimm´s (Nobby´s) Märchen wahr werden und „Die Rente ist sicher“ Wirklichkeit wird?

    —-

    “Der Islam, da helfen auch keine Sonntagsreden, ist zum veritablen, allgegenwärtigen Schreckgespenst geworden. Schuld daran sind die Islamisten. Ihr terroristisches Wirken bringt eine ganze Religion in Verruf.”

    Hänschen Klein, da geh´st allein!: Weil ich leb seit ca. 25 Jahren unter schätzungsweise 98 % „Islamisten“…. ich hab keine Angst, meine Frau und meine Kinder auch nicht, wir sehen kein Schreckgespenst und haben keine Angst vor terroristischem Wirken. Als katholischer Christ habe ich noch nie und nirgendwo Druck verspürt, halte mich an gewisse Spielregeln, wie sie deren Glauben vorsieht und verzichte auf Schweinefleisch, nicht weil´s die verbieten, sondern weil´s mir in der Hitze nicht gut tut.

    Hänschen Klein und Christian Böhme: Ihr solltet mal den point of view wechseln, weil an den Menschen liegt´s nicht, es liegt ganz offensichtlich an Eurer Wahrnehmung durch Eure Sinne, warum ihr zu solchen Reaktionen kommt: „Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht irgendein herrenloser Koffer auf einem Bahnsteig zu panischen Reaktionen führt.“ – der „Koffer“ ist an dieser Wahrnehmung garantiert nicht ´schuldig`!

  6. avatar

    Osama bin Laden? Was hat der damit zu tun? Das FBI meint: nichts (da nicht deshalb gesucht, angeklagt oder sonst irgendwie was gemacht wurde). Die Weltöffentlichkeit ist sich mangels Informationsmöglichkeit nicht sicher, nur Journalisten schreiben immer davon. Und die Amerikaner haben ihn natürlich brav erschossen und im Meer versenkt, so dass ja keine Nachforschungen möglich sind…

    Vielleicht sollte man als Journalist sich zumindest ansatzweise an die Fakten halten und nicht abstruse Verschwörungstheorien provozieren, indem man so einen Mist verfasst.

  7. avatar

    „Der Islam, da helfen auch keine Sonntagsreden, ist zum veritablen, allgegenwärtigen Schreckgespenst geworden. Schuld daran sind die Islamisten. Ihr terroristisches Wirken bringt eine ganze Religion in Verruf.“

    Terroristisches Wirken ist schon seit Mohammeds Zeiten Bestandteil dieser Religion. Leute wie bin Laden knüpfen daran nur an.

  8. avatar

    Ein Kind erkannte, dass der Kaiser gar keine Kleider trug: Wusste 1978 dass die USSR zum Untergang trieb – weil nach 30 Jahren ein polnischer Papst aus dem Sowjetreich aufstieg. Wusste vor 2001 dass USA in die Pleite fuhr – weil der hinterlistige Greenspan die Zinsen niedrig hielt um „seinen Leuten“ die Wallstreet-Spekulation zu erleichtern, wusste 2006 dass der Real Estate Boom am Ende war – weil es 22,000 Makler in Florida gab und jeder Goere ein „Mortgage Broker“ wurde, wusste vor 9/11.2001 dass die im Nahen Osten eines Tages dramatisch zurueckschlagen wuerden, weiss dass eines Tages alles fuer Israel schief gehen wird… Kinder erkennen wenn der Kaiser keine Kleider traegt, denn ihre Denken ist noch natuerlich und nicht durch hochgebildeten Tiefsinn „programmiert“…

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    @Sehr geehrter Herr Böhme: Eigentlich muß man beinahe noch froh sein, daß die heile Deutsche Welt nur vom Europäischen Finanzwahnsinn dieser Tage beherrscht wird und nicht von der Angstmacherei wegen nineeleven.

    Ihren Beitrag habe ich schon mehrmals gelesen, bin aber noch nicht dahinter gekommen, wobei Ihnen ernst ist und was als Ironie aufzufassen ist, angesichts der Amerikanischen Tragödie.

    Diese Passage läßt mich beinahe verzweifeln, angesichts der früheren Rassentrennung in USA:
    „Für die Ewigkeit gedachte Werte wie individuelle Freiheit, Unantastbarkeit der Menschenwürde und eine offene Gesellschaft verschwanden in einer gigantischen Aschewolke aus Angst und Schrecken“.

    Zweitrangig wurden Werte vernichtet, zuerst aber war es kaltblütig geplanter und ausgeführter Massenmord an unschuldigen und unbeteiligten Menschen – ausgeführt von religiösen Irren, die Muslime waren, nicht mehr und nicht weniger.

    Die Hintergründe für die Anfälligkeit strenggläubiger Muslime aus unterentwickelten Ländern, für ideologischen Mißbrauch haben Sie nicht aufgeführt, dann muß ich es genau so nicht tun.

    Die Ängste vor Islamisten , die Sie hier so plastisch schildern, habe ich tatsächlich in unserem Lande bei der Bevölkerung nie gespürt – die von Ihnen geschilderte Panik wurde von Politikern und Funktionären geschürt, kein Bißchen uneigennützig, denn wenn die Angst groß ist, läßt sich die Freiheit wunderbar und unbehelligt einschränken, siehe Datenschutz und Beschränkungen der Persönlichkeitsrechte.

    Die Attentäter haben in Deutschland tatsächlich das Klima nicht vergiftet, eher zum Nachdenken und Differenzieren angeregt, was den Islam betrifft.
    Sie schildern bestimmt nur Ihren Eindruck, der aber keineswegs repräsentativ ist.

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