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Geschafft: In der Krise funktionieren die Euro-Instinkte dann doch

Es scheint geschafft zu sein: Die europäischen Regierungschefs haben wohl tragfähige Varianten gefunden, Griechenland dauerhaft zu helfen und gleichzeitig auch private Gläubiger in die Hilfe mit einzubeziehen.

Das legt nicht nur die erste Reaktion der Märkte weltweit nahe, die kräftig Euro eingekauft haben und damit ihr Vertrauen in diese Gipfellösungen zeigen. Auch die Details der vorgestellten Lösungen scheinen dieses Mal praktikabel: Griechenland bekommt deutlich mehr Zeit, um die Schulden zurück zu zahlen. Die Zinsen werden gesenkt. Und das Land wird dabei zwar eine technische Insolvenz anmelden müssen, aber nur für wenige Stunden.

So stellt sich die Frage, warum dies nicht alles schon vorher machbar gewesen wäre.

Die Antwort darauf ist eine politische, keine wirtschaftliche: Rein ökonomisch wäre es weit sinnvoller gewesen, die jetzt gefundenen Lösungen schon viel früher umzusetzen.

Doch der politische Entscheidungsprozess in einem von so unterschiedlichen Interessen geprägen Europa ist noch immer weit entfernt von rationalem Abwägen der verschiedenen Optionen zugunsten der besten Lösung. Es geht um Macht, oft um Vormacht. Es geht um nationale Interessen. Es geht um ein ständiges Ringen, wer sich als der Taktgeber in Europa durchsetzen kann.

Viel zu selten aber geht es um Europa, um die Zukunft des Kontinents. Dabei hat gerade die Euro-Schuldenkrise noch einmal dramatisch vor Augen geführt, dass Europa nur gemeinsam eine starke Stimme in der Welt hat.

Immerhin funktionieren diese Instinkte in elementaren Krise wie der derzeitigen dann doch noch. Wenn es wirklich sein muss, schafft Europa eine Lösung. Dann muss sieben Stunden im Kanzleramt gestritten werden, der Chef der Europöischen Zentralbank spätnachts einfliegen: irgendwann dann aber raufen sich alle zusammen.

Das zeigt, das es doch geht. Besser aber wäre es, es ginge auch zu Normalzeiten und nicht erst eine Minute vor Zwölf.

 

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5 Gedanken zu “Geschafft: In der Krise funktionieren die Euro-Instinkte dann doch;”

  1. avatar

    @KJN

    Die Volkswirtschaften ticken ja sicherlich unterschiedlich. Jetzt – zum ersten Mal seit der Gründung der EMU – weichen die Wachstumsraten voneinander stark ab, und das ist kein guter Trend. Hauptsache ist nun dass Griechenland schnell Einkommen anlegt, und nicht dass das Land sich Deutschland oder Finnland gleicht.

    Werden Deutschland und Frankreich auf dem Finanzmarkt konkurrieren können? Das ist eine gute Frage. Kann sein, dass die Banken für längere Zeit jetzt zwar Gewinne angeben, aber ihre Bilanzsummen schrumpfen. Das könnte Finanzierungsprobleme für den Investitionsanbau darstellen.

    Das Paradox inzwischen liegt in den divergierenden Präferenzen. Die Euro-Politiker einigen sich allmählich in ihren Auflösungen. Aber die Steuerzahler wollen vom Lastenausgleich nicht mehr hören. Ich fürchte, dass man wieder Entscheidungen trifft, die Prioritäten der Euro-Wahler schlecht entsprechen.

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    K. Bledowski, Sie sprechen das Wesentliche an mit Ihrem Beispiel „Wie kann man eine gemeinsame Energiepolitik aufsetzen wenn die Franzosen Kernenergie, die Polen Schiefergas, und die Deutschen Russland-Gas ganz voneinander unabhängig fordern (und öfter kein Beifall für die Nachbarn spenden?).“

    D.h. nämlich auch: Wie können deutsche, französische Banken, Regierungen, Wirtschaftsförderung, europäische Finanzpolitiker über Jahre beide Augen davor verschließen, daß die Volkswirtschaften der Staaten unterschiedlich ticken. Griechenland braucht eine starke Infrastrukturförderung (Fähren, Zwergschulen auf den Inseln etc.) – viel mehr, als die neuen Bundesländer, die man viel zu sehr und kontraproduktiv damit überschüttet hat.Und dies bei einem in Griechenland nur möglichen sehr moderaten Wachstum. Die in Griechenland aufgedrängten und verkauften Kredite waren der gleiche Betrug, wie die „Beratung“ bei den meisten Finanzprodukten.
    (Ich frag‘ mich als nationalökonomischer Laie wirklich, welche akademische Mimikry und daraus folgende intellektuelle Debilität wir durch unsere Steuergelder noch zu finanzieren bereit sein sollten. Geld, das an C4-Professoren wie Hans-Werner Sinn etc. geht, die noch nie eine richtige Prognose abgegeben haben, oder abzugeben bereit waren.)

    So wird nun Griechenland derweil kaputt gespart – ein Kollateralschaden auf dem Weg der Erkenntnis, daß unsere Politik der 1990er Jahre, Export von Produktion auch noch zu fördern, noch viel kosten wird – wenn nämlich die Deutschland AG und Frankreich auf dem Finanzmarkt nicht mehr konkurrieren können.
    Die nun eingeforderte „Freiwilligkeit“ der „Mithaftung der Banken“ ist gar nicht so freiwillig, sondern nur ein – sagen wir mit steifer Oberlippe eingeforderter Solidaritätsbeweis der Politik an die Banken mit dem Hinweis: „Wenn Ihr nicht mithelft, können wir Euch auch nicht mehr helfen.“

    Derweil hält man „das deutsche Volk“ noch etwas in Schach mit solchen Klischees wie „ja, die verrückten Griechen, die Ouzo 12 für ihren guten Freunde bestellen, in „Alexis Sorbas“ über die „schön zusammenstürzenden“ Masten der Lastenseilbahn philosophieren und dann Sirtaki tanzen oder in „Wenn der Postmann 2 mal klingelt“ den geilen Ehemann einer unglücklichen blonden Schönheit abgeben. Mit solchem Menschen kann man sicher gut feiern oder da Urlaub machen, aber wenn’s ernst wird, zählen doch wieder die Tugenden des Herrenmenschen, vor allem: Gute Organisation!!
    (Ich kann nur noch Sarkasmus an dieser Stelle.)

    Wichtig wäre die Erkenntnis, daß Griechenland ein Menetekel anzeigt, daß für die EU noch abzuwenden wäre wenn „wir“ uns nicht durch o.a. Klischees zu falschen Schlussfolgerungen verleiten lassen würden, nämlich weiterhin die Gewinnerwartung in unserer Volkswirtschaft zu stark an ein zu großes Wachstum, insbesondere im Export zu knüpfen.
    => Kleinstunternehmen, Obsthändler etc., das ist in Griechenland die Zukunft – und hier!
    Siemens und Konsorten hauen uns da nicht raus.

  3. avatar

    Margaret zieht die richtige Schlussfolgerung.

    Aber warum ist Europa von unterschiedlichen Interessen so geprägt? Ich denke nicht, dass irgendwie die Europäer nicht rational sind, dass sie sich „weit entfernt von rationalem Abwägen der verschiedenen Optionen“ befinden. Im Gegensatz: die Staaten und Regierungen, wenn sie sich in europäische Entscheidungen verwickeln, sie widerspiegeln ihre ganz unterschiedlichen Präferenzen. Wie kann man eine gemeinsame Energiepolitik aufsetzen wenn die Franzosen Kernenergie, die Polen Schiefergas, und die Deutschen Russland-Gas ganz voneinander unabhängig fordern (und öfter kein Beifall für die Nachbarn spenden?). Die Staats-Identifizierung haut übers Ohr der „Europainteressen“ und das wird noch lange Jahrzehnte so bleiben. Machen wir uns keine trägerischen Hoffnungen: Deutschland hat Interessen die unabhängig UND schwerwiegender sind als diejenigen von „Europa“, geschweige denn Frankreich oder Polen. Der Traum von Europa ist ein guter Traum. Doch nicht jeder Traum wird Realität und die Wirklichkeit übertrumpft den Traum – immer.

  4. avatar

    „Das legt nicht nur die erste Reaktion der Märkte weltweit nahe, die kräftig Euro eingekauft haben und damit ihr Vertrauen in diese Gipfellösungen zeigen.“

    Schaun mer mal. Das kann auch nur ein short-squeeze sein, wo Spekulanten kalte Füsse bekommen haben. Die nächste Rating-Herabstufung kommt bestimmt. Mal sehen, was die Märkte dann machen.

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