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Wenn Frieden droht – eine Polemik

Heute, Jahre nach der Kapitulation, kann wohl keiner mehr so recht sagen, wann der Krieg in Afghanistan verloren ging und das Land begann, zum Steinzeit-Islamismus zurückzukehren. Aber der eine oder andere wird sich zumindest noch schemenhaft daran erinnern, wie die Taliban erstmals als „Teil der afghanischen Gesellschaft“ bei einer Friedenskonferenz willkommen geheißen wurden.

War das nicht in Bonn, ungefähr Ende 2011? Richtig, es begann mit etwas verschämten Gesprächen zwischen amerikanischen Militärs und den Radikal-Islamisten. Dann folgte der Kotau. Vernünftig nannte man die Verhandlungen, schließlich müsse am Hindukusch endlich Ruhe einkehren. Was konkret bedeutete: Bloß raus hier! Lasst unsere Soldaten nicht länger dort verrecken, es gibt eh keinen Blumentopf zu gewinnen. Und eine frei zugängliche Schule mehr oder weniger bringt den Menschen ohnehin keine wirkliche Freiheit. Diesen archaischen Stämmen ist ja Demokratie genauso fremd wie ein Schluck aus der Schnapspulle. Der Westen jedenfalls hat seine Pflicht und Schuldigkeit zehn endlose Jahre lang getan. Nach uns die religiös verbrämte Macht-Sintflut der Taliban.

 

Dann ging alles ziemlich schnell. Schon Anfang 2012 war ein Abkommen unter Dach und Fach. Die US-Soldaten und ihre alliierten Kollegen zogen sich noch im Laufe des Jahres aus diesem unwirtlichen Land zurück – noch schneller, als sie gekommen waren. Schon Ende 2011 hatten sich einige Verbündete aus dem Wüstenstaub gemacht. Der Druck der Öffentlichkeit auf die Regierungen war einfach zu groß geworden. Wer riskiert schon wegen eines derart beschissenen Krieges für ein paar Burka-Trägerinnen und deren Kinder seine Wiederwahl? Und haben wir diesen Osama bin Laden nicht zur Strecke gebracht? Eben. Auftrag erfüllt. Und die braven Taliban morden ja nur noch auf eigenem Boden. Wenn das kein Erfolg ist!

Die Islamisten standen nach Abzug der Truppen Gewehr bei Fuß. Auf die neuerliche Machtübernahme hatten sie sich gut vorbereitet. Ein Dorf nach dem anderen fiel ihnen in die Hände. Und dann wurde das zeitweise ungehorsame, Allah verleugnende Volk wieder auf totalitären Kurs gebracht. Ein paar Steinigungen hier, ein paar Galgen dort. Im Handumdrehen war alles wieder beim Alten. Der Scharia sei Dank. Aber immerhin die neu gebauten Schulen blieben erhalten, wenn auch nur mit einem einzigen Unterrichtsfach – Koranlehre – und allein für Jungen zugänglich. Ein paar Menschenrechtsgruppen empörten sich pro forma, ansonsten herrschte im Westen ohrenbetäubendes Schweigen.

 

Was auch sonst? Irgendwie peinlich das Ganze: Erst mit viel Trara rein und dann heimlich, still und leise wieder raus. Außer ein paar Milliarden Spesen nichts gewesen, von den Gefallenen einmal abgesehen. Und der Glaubwürdigkeit, die geopfert wurde. Aber wen schert’s? Keinen. Im Gegenteil: Einige wie Ex-Bischöfin Margot Käßmann, inzwischen per Volksabstimmung zur Bundespräsidentin auf Lebenszeit gewählt, sahen sich bestätigt. „Nichts ist gut in Afghanistan“, hatte sie einst als selbst ernannte Expertin analysiert und gefordert, lieber mit den Taliban zu beten, als sie zu bombardieren. Ihr Wunsch ist zumindest teilweise in Erfüllung gegangen. Gemeinsamen Bibelstunden hatten die muslimischen Fundamentalisten allerdings eine klare Absage erteilt. Mit Pazifismus und Nächstenliebe hätten sie es halt nicht so, sorry.

 

Ach Gott, ist das lange her, als wir die Afghanen den Taliban ausgeliefert und das Pflänzchen Freiheit begraben haben. Friede sei mit ihm.

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11 Gedanken zu “Wenn Frieden droht – eine Polemik;”

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    @ REALM:

    Wenn die Besetzer alle verloren haben, wie kam denn dann der Islam nach Afghanistan? Fiel der vom Himmel?

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    An alle verachtenswürdige Kriegsbefürworter – lieber Herr Gesangsverein

    Die Mehrheit des deutschen Volkes lehnt diesen Krieg ab.

    Überhaupt, was haben die Afghanen der Welt angetan, dass sie seit mehr als hundert Jahren so mit Hass übersät werden?

    Der Afghanistan-Krieg ist verlogen. ’79 hat die Ex noch in FDJ-Bluse den Russen für deren Afghanistanabenteuer zugejubelt – heute befiehlt sie selbst. Wenn das keine Karriere ist?Kein Afghane hat Deutschland oder die US angegriffen. Die Attentäter 9/11 waren größtenteils Saudis, 12 von 19. Atta war Kopf einer Gruppe, die in Hamburg studiert hatte. Nach Logik der Kriegsbefürworter müsste Hamburg bombardiert und Saudi-Arabien der Krieg erklärt werden. Oder umgekehrt.

    Deutsche Soldaten werden in einem sinnlosen Krieg an Hindukusch [sic] verheizt.

    Die Angehörigen gefallener deutscher Soldaten müssen hier in D um Rente betteln und Soldaten werden von der ‚BRD‘-Regierung angeklagt, wenn sie einen Angreifer töten. So eine Verachtung den eigenen Soldaten gegenüber, so etwas bescheuertes, habe ich wahrlich noch nie von anderen Staaten/Ländern gelesen oder gehört.

    Jungs – kommt nach Hause und verhaftet diese verachtenswürdige ‚BRD‘-Regierung. – GG Artikel 20 –

    Die Ex am 22. November 2005:

    Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber jedermann üben werde.

    Weiter die Ex 2005: Ich will Deutschland dienen

    …. nur – tut sie das?

    3xLiebermann, morgens, mittags und abends.

    Ich glaub‘ mein Hamster bohnert.

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    Sie hätten sich nicht die Mühe machen müssen, ein hypothetisches Zukunftsszenario zu konstruieren, werter Herr Böhme. Um mit Blick auf die Taliban Appeasement und Verrat an den Menschen in Afghanistan zu beklagen, hätten Sie bloß mal ein wenig in der Geschichte der neunziger Jahre recherchieren müssen. Da hätten Sie gar authentisches Bild- und Tonmaterial gefunden, von Taliban-Delegationen, die wie Außerirdische oder Zeitreisende Pressekonferenzen in vollklimatisierten Tagungsräumen westlicher Hauptstädte abhalten, hofiert von den dortigen Mächtigen aus Wirtschaft und Politik. Freilich wäre das dann nicht Bonn gewesen, sondern Houston/ Texas; „Gutmenschin“ Käßmann ersetze man einfach durch den damaligen texanischen Gouverneur und den politisch-wirtschaftlichen Komplex, dessen Interessen er vertrat. Wie hieß der doch gleich? Ja, richtig, ein gewisser G.W. Bush – und schon wird Ihnen klar, warum Ihr Zukunftsszenario nichts anderes ist, als die schon von Marx in Anlehnung an Hegel beobachtete Farce, mit der sich jede weltgeschichtliche Tragödie wiederholt.

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    Hatten wir doch schon mehrmals in diesem Landstrich.
    Die Besetzer haben alle verloren:
    Alexander der Große
    sonstige antike Besetzer
    Engländer
    Russen
    Jetzt die vereinten Verbrecher,
    immer waren:
    Mudschahedin, Paschthunen, Taliban….. mit dabei. Ausgestattet von den jeweiligen „Feinden“ also nichts Neues, abwarten, wer die nächsten Besetzer werden

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    Zitter nicht mehr: In deiner Lebenszeit werden die „Stars and Stripes“ weiter ueber Guantanamokuba, Germany und Afghanistan wehen! „Alle in Europa“ wollen die U.S. Truppen in „Germany“ – auch wenn das keiner offen sagt! Und alle in Eurasia wollen die U.S. Truppen in Afghanistan: Die Russen und die Chinesen weil sie kein Geld oder Blut spenden moechten zur Daemmung des Radikalislamismus an ihren Grenzen oder im oilundgasreichen Zentralasien. Die Iranier weil die Sunnis verueckte, unberechenbare Feinde sind. Indien wegen Pakistan, und Pakistan wegen „finanzieller Unterstuetzung“. Sogar im fernen Lateinamerika hofft man dass die USA noch fuer lange Zeit ihre „security policy“ in der islamistischen Welt austobt, anstatt traditionsgetreu als „Good Neighbour“ auf Lateinamerika herum zutrampeln. — Gates hat schon vor Tagen im U.S. Senat klar erklaert: Die U.S. Truppen bleiben in Germany weil das weniger kostet dort U.S. Truppen zu stationieren fuer zukuenftige Einsaetze. Die republikanische Senatorin Hutchison verlangte die Verlegung der U.S. Truppen von Germany in schon vorhandende Instalationen in Texas, aber Gates wies diese Forderung zurueck. Eine Einheit wird von Germany abgezogen, aber noch werden eine Millarde neu investiert fuer die U.S. Basen in Germany. Also – keine Angst – die Besatzung bleibt in Germany und in Afghanistan! (Remember you read it here first…)

  6. avatar

    Wenn ich Taliban wäre, würde ich auch Frieden in Afghanistan schließen, um dann Afghanistan als Basis gegen Pakistan zu nutzen. Dort liegt bekanntlich ein lohnenderes Ziel: die Atombombe.

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    Gibt es eigentlich ´Lösch-Papier` für das Internet, ….man müßte es erfinden! Herr Böhme, Sie haben offensichtlich zeit dazu..

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    Von einem Computertischlein in Berlin kann man die ueblichen „starken“ Durchhaltemahnungen sehr bequem ausdenken: Da kann man auch die Eiserne Hand des „Westens“ noch zur Belehrung fordern zum „Zupacken“ in anderen der 150 „rueckstaendigen“ Nationen in Asien, Afrika und Lateinamerika. Noch immer haben dass manche der Amateurgeopolitiker in Berlin nicht kapiert – trotz der Belehrung der Geschichte welche 1918 und 1945: Die rueckstaendigen Slawen, die posierlichen Franzosen, die whiskey-getankten Briten liessen sich nicht durch die „kluge“ Herrenrasse belehren. Im Amazonasraum toeten noch viele Indigenenethnien ihre Kinder: Keine weibliches Kind erwuenscht, auser Ehe geboren, sieht nicht „richtig“ aus, keine Zwillinge oder Drillinge erlaubt, entwickelt sich nicht genug. Also ersticken und begraben, oder verbrennen, oder aussetzen als Jaguarfutter. (Sieh „Sandra Terena Breaking the Silence“ und „Suruwaha“) Die NROs von USA und EU, die Anthropologen, die katholische Kirche bestehen darauf, dass die nationalen Regierungen (Brasilien, Peru, Venezuela, Kolumbien, Guyana) die „Indigenenrechte und ihre Traditionen“ respektieren – und drohen mit internationalen Gerichten. Die Taliban und die Sharia haben nicht die Tradition des Infantizids. Was ist denn der Unterschied in der Behandlung der Frau und ihrer Verhuellung unter den Taliban in Afghanistan und unter der wahabitischen Familie Saudi in Arabia Saudita- wo die deutsche Polizei den Saudis den Verkehr mit Untertanen beibringt, und wo die EADS den „Zaun“ rund um das Land baut? Warum nicht in Gabon eingreifen gegen das „Brustbuegeln“ der jungen Maedchen, oder die „Beschneidung“ der Maedchen in Nigeria ? Oder Einschreiten gegen die Mayas in Guatemala wo die Maedchen mit 13 verheiratet werden (frueher mit 10)? Die Briten sind schon in ihren VIERTEN Krieg gegen Afghanistan: 1839-1842, 1878-1880, 1919, und nun seit Jahren – im BBC mit Prince Harry, am Boden mit den nepalesischen „ROYAL GHURKA RIFLES“. Die wenigen jungen Deutschen sollten sich nicht als Weltverbesserer in exotischen Abenteuern verheizen lassen: Nicht mal der „Fuehrer“ war so verueckt!

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