avatar

Der Westen ist herausgefordert, kluge Entscheidungen zu treffen

Hoch lebe die Revolution!  Sie lebe hoch! Wie oft haben sich Menschen darüber gefreut, dass Völker sich von ihrer Diktatur befreien wollen, den Despoten zu Recht zum Teufel jagen, soziale Ungerechtigkeit einerseits und Korruption der Machthaber andererseits nicht mehr hinnehmen. Gerade wir, die hier in der Demokratie leben und Menschenrechte als Conditio sine qua non für politisches Handeln definieren, müssen an der Seite der Demonstranten sein.

Wenn es nicht, ja wenn es eben nicht die Erfahrung gäbe, dass diese Aufstände von anderen totalitären Gruppen  missbraucht und benutzt werden. Und der eine Diktator durch einen anderen wieder ersetzt wird und die Hoffnung der Menschen erneut mit Füßen getreten wird.

Ob im Iran, als Chomeini den Schah ersetzte und den Iranern noch mehr Luft zum Atmen stahl, oder in vielen afrikanischen Ländern, wo ein verbrecherischer Präsident den anderen ersetzt. Ägypten ist nicht Tunesien, sondern das am meisten hochgerüstete und bevölkerungsreichste arabische Land.

Noch spürt man den friedlichen Hauch dieser Revolution. Schnell aber könnten islamistische Radikale sowohl die ägyptische Bevölkerung knechten als auch vom Iran unterstützt die gesamte geostrategische Balance des Nahen Ostens verschieben.

Der Domino-Effekt wäre fatal. Jordanien und die korrupten, despotischen Königshäuser Saudi-Arabiens oder Kuwait wären nicht mehr zu halten. Wer dies nicht sehen will, ist naiv. Wer die Chance dieses Umbruchs nicht erkennen will, ist verblendet und dümmlich. Wer beides nicht berücksichtigt, wird falsche politische Entscheidungen treffen.

Der Westen ist herausgefordert, kluge Entscheidungen zu treffen. Was sagte Gorbatschow: Wer zu spät bekommt, den bestraft das  Leben .Wer im Nahen Osten die neuen Zeichen der Zeit nicht erkennt, wird ebenfalls bestraft werden.

Shares
Folge uns und like uns:
error20
fb-share-icon0
Tweet 384

69 Gedanken zu “Der Westen ist herausgefordert, kluge Entscheidungen zu treffen;”

  1. avatar

    Lieber KJN: Ähem, ich hatte 2 Beiträge zu diesem Thema geschrieben und nachgefragt, ob der Nachfolgestaat einer ehemaligen“Nazidiktatur“ mehr Vetrauen verdiente, als die heute friedlich demonstrierenden Ägypter.
    Ihre Antwort wäre mir lieb und teuer.

    LG Ihre REG

  2. avatar

    @ EJ
    da ich Ihren vorletzten Kommentar erst jetzt sehe, sagen Sie, was haben Sie davon, was bezwecken Sie, dass Sie mich mit einem Vornamen anreden, Sie selbst sich hinter zwei Buchstaben verbergen? Dient das der Wahrheitsfindung oder der Diskussion?

  3. avatar

    @ KJN

    Ich mache Israel weder für die verfehlte Integrationsdebatte in diesem Land verantwortlich noch für die desaströse Wirtschafts- und Finanzpolitik der „westlichen Welt“ (hier empfehle ich als Lektüre Joseph Stiglitz, Im freien Fall). Ich habe hier auf Gil Yaron reagiert, der den Schwarzen Peter der Nahost-Politik auf die feigen, verräterischen Europäer (plus Obama) abschieben wollte.

    Ich will jedoch kein Blatt vor den Mund nehmen: Ich halte Israels Palästina-Politik für total verfehlt; M.E. handelt es sich um eine stille Annexionspolitik, die kaschiert wird durch eine „Friedenspolitik“, in der den Palästinensern systematisch die Schuld am Fehlschlagen gegeben wird. Ich kann den Satz kaum mehr hören „Die Palästinenser haben wieder mal eine Chance verpasst …“. Welche? Für diese Politik braucht man natürlich eine Sicherheitsarchitektur gegen die arabische „Straße“ – und ist immer in Panik, weil man weiss, wie tönern und wackelig die Wände sind. Ich glaube, man sollte genau auf ElBaradei hören
    „ElBaradei mahnte die israelische Regierung, sich mit dem Ende des Mubarak-Regimes abzufinden. „Die Israelis sollten verstehen, dass es in ihrem langfristigen Interesse liegt, ein demokratisches Ägypten als Nachbarn zu haben.“ Und dass es für gute Beziehungen zu Kairo „klug ist, die legitimen Interessen der Palästinenser zu würdigen, ihnen einen Staat zuzugestehen“ (SPIEGEL)

    @EJ

    Sehen Sie irgendwelche politischen bzw. wirtschaftlichen Maßnahmen, die in diesen Ländern zu einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft und zu genügend vielen „Einkommen“ führen könnten?

  4. avatar

    KJN: daß es scheint, daß Sie [Alt 68 der] schon dazu neigen, Israel scneller für Mißstände verantwortlich zu machen, als andere Länder “des Westens”.

    Es scheint? Sie kennen Othmars Blog nicht! 😉

  5. avatar

    @ KJN:
    Entschuldigung, KJN! Beinahe wären Sie mir duch die Lappen gegangen.

    Entwicklungsprojekte, z.B. der GTZ scheitern nicht zuletzt immer wieder daran, daß es nicht funktioniert anderen Kulturen unsere Verwaltungsstrukturen überzustülpen.

    Das ist genau, was ich implizit zu beschreiben versucht habe. Wenn sie keine arbeitsteilige (Wirtschafts-)Gesellschaft haben, können sie auch die entsprechenden Strukturen nicht aufbauen.

    Die rationale arbeitsteilige Gesellschaft macht „mich“ (heißt: jedermann!) anonym austauschbar, macht uns (insofern) gleich. Sie erlaubt damit rationale Strukturen und Verfahren – Strukturen und Verfahren ohne Ansehen der Person. Rentenökonomien „arbeiten“ genau umgekehrt: In ihnen werden Einkommen (und Lebenschancen) gerade auf der Basis des Ansehens der Person verteilt.

    Nur Arbeit und Arbeitseinkommen erlauben die Überwindung des Systems, das (im Prinzip) auf Verwandtschaftstrukturen basiert (und bei uns häufig mit Korruption verwechselt wird.)

  6. avatar

    @ Rita E. Groda
    Hm … Sie machen da ein riesiges Fass auf … Das Misstrauen in die Demokratiefähigkeit Deutschlands war – mit allem Recht – groß. Richtig. Daran gemessen, könnte man von einem „Wunder der Demokratie in Deutschland“ sprechen. Bei näherer Betrachtung ist das Wunder dann aber doch vielleicht kein ganz so großes. (Vieles wäre aufzuzählen. Aber nur kurz das:) Als langjährig besetztes Land hatten wir in Westdeutschland kaum eine Alternative, ähnlich Japan.(Hinzu kam sicher auch der Schock über die „Endlösung“.) Und für die ehemalige DDR standen dann schon die nötigen hoch entwickelten und erprobten Institutionen und Verfahren bereit. Dass unter einschlägigem Aspekt die ehemalige DDR aber auch nach zwanzig Jahren noch keinen ganz gefestigten Eindruck macht, liegt daran, dass ihr ein wesentliches Moment zu ihrem demokratischen Glück fehlte und fehlt: das (Äquivalent zum) Wirtschaftswunder der alten Bundesrepublik. (Und damit wären wir dann wieder bei Ägypten bzw. bei den ökonomischen Voraussetzungen der Demokratie.)

    @ Sascha
    Nein. Demokratie ist Demokratie. – Sie legitimieren Putin. Sie legitimieren das chinesische Regime. Sie legitimieren jeden und alles. Sie machen aus Demokratie einen universalen politisch-ideologischen Putzlappen.

    @ Alt 68 er
    Ja. Die Formel ist wahrscheinlich ganz einfach, regelrecht primitiv: Ohne Arbeit und Arbeitseinkommen keine Demokratie. Und keine Lebenschancen für Massen.

    (Das Blog ist nicht öffentlich. Es ersetzt – und zu meinem Erstaunen klappt das ziemlich gut – einen Teil unserer Diskussionen und Gespräche bei den gemeinsamen Mahlzeiten, die wegen Ganztagsschule und Studium inzwischen rar geworden sind.)

  7. avatar

    @Alt 68er
    nein, blinde Euphorie habe ich Ihnen nicht unterstellt, auch nicht, wie EJ, Israel-Hass; zu letzterem meine ich eher, daß es scheint, daß Sie schon dazu neigen, Israel scneller für Mißstände verantwortlich zu machen, als andere Länder „des Westens“. Ich weiß nicht, was Sie da antreibt. Im Übrigen bin ich absolut Ihrer Meinung, was die Unterstützung von Tunesien, Ägypten… angeht, insbesondere das Etablieren von „kooperativen Vorteilen“ für den Einzelnen (und natürlich mal – endlich – genau hin zu gucken), sowie auch, daß uns hier auch noch „Kuren“ drohen.

    @EJ
    Ich finde das sehr gut, womit Sie Ihre Kunder infiltrieren, nein, ich meine natürlich ihnen argumentative Substanz liefern. Widerspruch regt sich bei mir nur hier:„Demokratie setzt eine moderne, heißt: rational arbeitsteilige Gesellschaft voraus.“ Entwicklungsprojekte, z.B. der GTZ scheitern nicht zuletzt immer wieder daran, daß es nicht funktioniert anderen Kulturen unsere Verwaltungsstrukturen überzustülpen.

    @Rita E. Groda
    Ich befürchte auch, daß der Hunger in Ägypten nicht zuletzt auch mit unserer Wirtschaftsweise und „Förderung“ zu tun hat, daher sollten „wir“ m.E. auch ein bisschen bescheiden sein und die Bewunderung für die vitalen Tunesier und Ägypter weder mit unseren Schuldgefühlen ersticken (die jetzt auch niemandem mehr nützen), noch mit Besserwisserei. Schuldgefühle, die übrigens genauso wenig echt sind, wie das „schlechte Gewissen“ gegenüber sowas Unpersönlichem, wie dem „Klima“ beim Autofahren.
    Was den Artikel des schrecklichen Heinrich (i-phone-Herz) betrifft, so hätte er diesmal besser auf seinen Hund gehört und die heiße Luft jahreszeitentsprechend und klimaschonender verwendet, statt sie auf nachträglich analysierende Experten abzulassen. Ich war eigentlich bis dato davon ausgegangen, daß ihm die Chaoshaftigkeit unserer Welt, derer Vulkanologen, Meteorologen und Politikwissenschaftler mit ihren Voraussagen nur mit begrenztem Erfolg Herr werden, klar ist.
    Selbst der von uns hochgeschätzte Hamid Ab del Samad, der vorgestern im DLF in einem Interview ungeteilte Unterstützung für die ägyptische Revolution einforderte, hat vielleicht vorausgesehen daß „etwas“ passiert, aber doch nicht wann.
    Der Artikel hat in etwa die Zielrichtung und den Tiefgang der von mir regelmäßig proklamierten Forderung nach einem zuverlässigen Experten für die Lottozahlen (Aktienkurse etc.) der nächsten Woche..

    Im übrigen musste man die letzten Wochen mindestens CNN gucken, um überhaupt was mit zu kriegen, frage mich schon, wieso..

  8. avatar

    Marine Le Pen ist harmlos. Der Einfluss des Front National wird (absichtlich?) überschätzt. Diese Partei reicht höchstens um die bürgerliche Rechte (la droite) zu spalten wie in den 90er oder die Linke zur Wahl zu verhelfen (siehe zweite Amtszeit Mitterrands).
    Was der Vater nicht geschafft hat, wird sie auch nicht schaffen.

  9. avatar

    @David Berger: Noch besser nach Frankreich. Sie wissen doch, was Madame le Pen wieder einführen möchte ………

    Nichts für ungut, auch mir schwillt langsam der Kamm, nicht wegen Ihnen, sondern, siw wissen schon …………

  10. avatar

    @ Frau Groda

    Wieso nicht direkt nach Den Haag zum Internationalen Strafgerichtshof zusammen mit Ahmadinedjad, Ghaddafi und Ben Ali? Sie werden auch dort gut medizinisch versorgt.

  11. avatar

    Kommt Mubarak nach Deutschland?

    http://www.spiegel.de/politik/.....30,00.html

    Das fehlt ja noch! Oder, wäre er hier vielleicht gut aufgehoben?
    Aber bei uns möchten ja sowieso, laut Umfrage, lieber 70% der Bevölkerung die Demokratie gegen den Sozialismus bei sozialer Absicherung eintauschen.
    Paßt doch!!!
    Herr Mubarak wird sich hier sicher wohlfühlen.

  12. avatar

    @EJ
    Welchen Blog für Ihre Kinder betreiben Sie? Würde mich interessieren.

    Mir scheint auch eine der Hauptfragen zu sein, wie in „unterentwickelten Länderen“ eine Wirtschaft mit genügend komparativen Vorteilen entstehen kann, um eine rapide gewachsene Bevölkerung nicht nur zu ernähren, sondern ihnen darüber hinaus Lebenschancen zu geben.

    In Ägypten sind 50% der Bevölkerung unter 25 Jahre alt, das sind ca. 40 Millionen, und bei uns?

  13. avatar

    Lieber EJ,
    Ihre Ausführungen möchte ich nicht in Frage stellen, da sie prinzipiell schlüssig und nachvollziehbar sind. Allerdings vergessen wir Westler meistens einen wichtigen Punkt:
    Wir können und dürfen von nichtwestlichen Gesellschaften, die nach mehr Freiheit und Demokratie streben, nicht unsere westliche christlich-soziale Demokratie überstülpen. Modernisierung heißt nicht automatisch Verwestlichung. Diese Nationen haben ganz andere kulturelle, religiöse und geschichtliche Hintergründe und sie müssen und werden unsere Demokratieform auf ihre jeweilige Gesellschaft anpassen. Dies wird diese Nationen nicht zwingend weniger demokratisch machen als uns, nur anders!
    Vergessen Sie auch nicht, dass in anderen Kulturen ganz andere Wertevorstellungen vorliegen. In China, Japan und anderen asiatischen Nationen zählt das Individuum weit weniger als die Gesellschaft – ein Grund warum eben jene Länder sich so rasant entwickelt haben.
    Kurzum: Nichtwestliche Gesellschaften nicht mit westlichem Maß messen! Salopp gesagt: „Das ist wie Birnen mit Äpfeln vergleichen.“

  14. avatar

    Nachtrag: Die grundsätzliche Frage sei einem Nachkriegsdeutschen gestattet, ob der Nachfolgestaat einer 12 Jahre dauernden Diktatur, unter der Herrschaft der Nationalsozialisten, mit einer ungefähren Anzahl von 40 Millionen Toten, Völkermord an Juden, Zigeunern u.a. mehr Vetrauen verdient hat, als z.B. das Ägyptische Volk.

    Hätte man die Deutschen nicht gebraucht, wegen der“Bolschewistischen Gefahr“, wie sie es damals nannten, hätten wir Morgenthau bekommen, nicht Marshall.
    So groß war nämlich das Vertrauen in ein Nachkriegsdeutschland.

    Was wird Deutschland im Jahr 2011 anbieten? Morgenthau oder Demokratie?

  15. avatar

    Lieber EJ: Ich gehöre ja zu der Generation, die erst mal grundsätzlich alles in Frage stellt. Und Ihre Anmerkung

    „Die Wahrscheinlichkeit ist eher hoch, dass wir in beiden Ländern nicht mit Demokratien zu tun haben werden, sondern mit Regimen, die mehr oder weniger gefährlich zwischen Tradition und Moderne balancieren – müssen (und Manches und Manchen mit in den Abgrund reißen könnten).“

    dürfte sogar möglicherweise der Realität entsprechen.
    Ebenso finde ich Ihre“kindgerechte“ Erklärung der Voraus Bedingungen für Demokratie in keinster Weise kindlich.

    Bei der Einschätzung historischer Chancen möchte ich aber Sie auch einmal auf unsere Forderungen der Wiedervereinigung, nach der friedlichen Deutschen Revolution erinnern, die von einem Europäischen Land zumindest mit dem Hinweis auf den Vertrag von“ Rapallo“ beantwortet wurde, was bei manch einem Deutschen Demokraten absolutes Entsetzen hervorrief.

    Tatsächlich hat man den Deutschen damals, nach erwiesener, langjährig Demokratiefähigkeit sogar wesentlich weniger Demokratiefähigkeit zugetraut, als den Ägyptern heute. Für den Westen hatte Deutschland eine ähnliche Bedeutung in Europa, wie Ägypten für den nahen Osten. Wir waren das“Bollwerk gegen den Bolschewismus“.

    Bei vorsätzlicher Kleingläubigkeit würde es sich lohnen über diese Parallele nachzudenken.

  16. avatar

    @KJN
    Ich bin keineswegs euphorisch, gehöre eher zur skeptischen Generation (allerdings nach allen Seiten). Ich erwarte nicht, dass in Ägypten und anderswo im Nahen Osten bei den gesellschaftlichen Verwerfungen, die anstehen, jetzt das Reich der Freiheit ausbricht. Wie schwer und dornig der Weg in die Demokratie und die Mitnahme der Menschen dorthin ist, hat sich unter weitaus günstigeren Bedingungen in Osteuropa und Deutschland gezeigt. Vielleicht wird man sogar froh sein, wenn in Ägypten oder anderswo ein lupenreiner Demokrat wie Putin auf die Bühne tritt. Aber einer, der nicht ein Prokonsul Amerikas oder Israels ist.

    Mein Punkt ist ein anderer: der „Westen“ tut gut daran, das seine zu tun, um die Hoffnungen der Menschen auf eine lebens- und menschenwürdigeres Dasein zu unterstützen und mit einer breiteren Basis ins Gespräch zu kommen als mit den Nutznießern eines despotischen Systems. Frau Groda hat darauf hingewiesen, dass im Innern unseres zu freiheitlichen Systems destruktive Kräfte am Werk sind. Das sind Spekulanten, das sind auch Rating-Agenturen, die jetzt die Kreditwürdigkeit Ägypten herabstufen. Unter kurzfristigen Renditeerwartungen mag dies stimmen, langfristig ist das eine Katastrophe. Der Westen muss hoffen, dass bei so oder so schwindender Bedeutung und Macht unsere sklerotischen Staaten und Staatenbünde nicht dereinst den gleichen Kuren unterworfen werden wie weiland die Tigerstaaten oder Chile, Argentinien etc. Mit dem Verlust der Hegemonie müssen wir uns abfinden, vielleicht – aber nur bei sehr viel Klugheit – erreichen wir eine Epoche der Kooperation.

  17. avatar

    Sascha Sollten wir als Westen nicht zu unseren Idealen – Menschenrechte, Freiheit, Demokratie – stehen, dafür eintreten und jene unterstüzen, die darum kämpfen?

    Sicher sollten wir das. Und es dürfte nur wenige Menschen geben, die von dem unberührt bleiben, was in Ägypten geschieht. Sicher geht es in Ägypten um Freiheit, um die Befreiung aus Zwang und Despotie. Das ist unmittelbar erkennbar und ergreifend anzusehen. – Ob es darüber hinaus aber um Menschenrechte und Demokratie geht und, bitte, überhaupt gehen kann, ist nicht im selben Maße erkennbar.

    Ich führe für meine Kinder ein Blog. Dort habe ich ihnen das Problem zu erklären versucht. Wenn Sie nicht beleidigt sind, dass ich Ihnen mit elementarem „Kinderkram“ komme, fasse ich das, was ich dort geschreiben habe, hier zusammen:

    Die Ereignisse in Tunesien und Ägypten machen uns erschreckend klar, wie wenig wir über die Gesellschaften des Orients wissen.

    Demokratie hat wirtschaftliche Voraussetzungen. Und daraus abgeleitete gesellschaftliche. Kurz gesagt: Demokratie setzt im Prinzip das „eigene Einkommen“ voraus. Heißt: Demokratie setzt eine moderne, heißt: rational arbeitsteilige Gesellschaft voraus. Erst die macht „mich“ unabhängig, vom Clan z.B, und befähigt „mich“ zur freien Wahl. Sind diese modernen, heiß: rational arbeitsteiligen Voraussetzungen in Tunesien und Ägypten in mindestens halbwegs ausreichendem Maße gegeben? Wir wissen es nicht.

    Was wir wissen: Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, bin „ich“ auch unter „demokratischen“ Bedingungen gezwungen, meinen Ernährer, den Clanchef, den Patron o.ä. zu „wählen“. In der „Demokratie“ Afghanistans scheint das weitgehend der Fall zu sein. Mit entsprechend dramatischen Folgen: Nicht Arbeit ernährt in erster Linie „den Mann“, sondern Macht und Gewalt. Selbst im vergleichsweise hoch entwickelten Irak läuft „Demokratie“ weitgehend noch darauf hinaus, dass vor allem die traditionellen (Überleben sichernden) Obrigkeiten gleichsam zurück in ihre Positionen gewählt werden bzw. gewählt wurden. Von dort aus kämpfen sie um ihre – auch „mein“ Überleben sichernde – Pfründe.

    Von individueller Freiheit – damit von Menschenrechten und Demokratie – kann unter der Notwenigkeit, sich in (Überleben sichernde) Clan- oder Klientelstrukturen einpassen zu müssen, sicher nicht die Rede sein. Wir wissen nicht, wo zwischen den beiden Extremen, Algerien und SaudiArabien – beide sind Öl-Länder ohne Arbeit und ohne (mindestens relativ) unabhängige Arbeitseinkommen, Tunesien und Ägypten angesiedelt sind. Klar ist aber, ohne die notwendigen wirtschaftlichen Voraussetzungen kann es in beiden Staaten keine Demokratie geben. Ganz unabhängig davon, welches Ziel die Aufständischen haben oder nicht haben.

    Wie gesagt: Wir wissen wenig über Tunesien und Ägypten. Aber auch bei dem Wenigen, das wir über ihre wirtschaftliche Entwicklung wissen, ist Skepsis geboten. Die Wahrscheinlichkeit ist eher hoch, dass wir in beiden Ländern nicht mit Demokratien zu tun haben werden, sondern mit Regimen, die mehr oder weniger gefährlich zwischen Tradition und Moderne balancieren – müssen (und Manches und Manchen mit in den Abgrund reißen könnten).

  18. avatar

    @ gil yaron: Ihre Meinung hebt sich positiv von anderen Meinungen deutlich ab. Gefällt mir.

    „Du Europa willst Dich mitfreuen. Dir scheint die Rebellion in Kairo wie eine Reprise des Sturms auf die Bastille, als Geburtsstunde liberaler, toleranter arabischer Demokratien. Hattest Du nicht immer Recht? Hast Du den Arabern nicht immer europäische Grundwerte vorgelebt? Wie falsch, wie heuchlerisch!“

    Ich fürchte, dass hier denjenigen das Wort geredet wird, die die Ursache großen Teils außerhalb ihrer eigenen Reichweite sehen: Denn welche Teile Europas genau (!), welche Regionen, welche Stadt, welche Straße, welcher Zulieferer, welche Familie ist genau gemeint?

    Gil Yaron schreibt: „Dass Bildung nicht mäßigt, solltest Du (…) dem 11. September wissen.“

    Meinen Sie vielleicht, dass Bildung schadet? Oder verwechseln Sie Bildung mit Einbildung bzw. Anmaßung. Ich gebe zu, dass man zu dem Fehlschluß hier täglich kommen kann. 😉

    „Diejenigen aber, die bisher ihren Nacken für Dich hinhielten, werden fortan zögern:“

    Das wüsste ich gerne aus direkter Quelle.

    „Falsch – sie wollen Deine Privilegien, nicht Deine Weltanschauung.“

    Darüber ließe sich reden: Welchen Teil der Weltanschauung nicht?

    „Wohlstand verwestlicht nicht, wie das Beispiel Chinas zeigt.“

    Das Beispiel Chinas zeigt: Fortschritt auf Kosten der eigenen Bevölkerung, ist es das?

    „In einer Region, in der man Innenpolitik mit Kalaschnikows betreibt, erweist Du Dich als unzuverlässiger Bündnispartner, der kneift wenn es hart auf hart kommt. Viele Freunde werden Dir da nicht bleiben.“

    Aber der Vorwurf der Korruptheit wäre ab hier Europa nicht mehr zu machen. Oder?

    „Und zu guter Letzt meinst Du, Macht und liberale Demokratie mache Extremisten pragmatischer? Schau nach Palästina, wo eine demokratisch gewählte Hamas Kollaborateure hinrichtet und die Anerkennung Israels ablehnt, oder in den Iran, wo Mahmud Ahmadinedschad nur nach noch mehr Macht strebt. Bin schon gespannt, wie Du mit der Muslimbruderschaft über die friedliche Koexistenz mit Israel sinnierst!“

    Israel hat ein Recht auf eine Nation, genauso wie es den Palestinensern auch zusteht. Dafür steht Europa. Jede Region, jede Stadt und jede Straße.

    „Genau wie der Reichtum Europas auch auf den Ressourcen der Dritten Welt beruhte, so rührt die Freiheit Europas auch aus der Unfreiheit Arabiens. Das ist nun vorbei.“

    Oba, oba, oba, die Freiheit Europas ist auf den Verbündeten der amerikanischen und sowjetischen Gegenoffensiven im 2. Weltkrieg begründet. Aktuell auf einen jahrzehnte währenden inneren Frieden und rechtsstaatliche Stabilität.

    „Jetzt musst Du Dich allein schützen. Es mag ein guter Morgen sein, das böse Erwachen steht aber noch bevor.“

    So lange wir nicht vor dem jüngsten Gericht stehen, geht alles seinen Weg.

  19. avatar

    Ich freue mich, wenn in Israel ein Licht aufgeht, aus welchen Gründen auch immer.
    Netanyahu:
    „All those who value freedom are inspired by the calls for democratic reforms in Egypt (…) An Egypt that will adopt these reforms will be a source of hope for the world. As much as the foundations for democracy are stronger, the foundations for peace are stronger.“

  20. avatar

    EJ: „dann kann ich Ihnen eine solche Menge von Folgen für den gesamten Westen aufzählen, dass das Blog nicht ausreichen würde.“

    Dann nennen Sie bitte mal wenigstens 3 Wichtigere, um glaubwürdig zu argumentieren.

  21. avatar

    Sehr geehrter Herr Friedman,
    ich hätte es vorher nicht für möglich gehalten, aber Sie werden mir in letzter Zeit immer sympathischer. Sie sind zur Zeit eine der wenigen Personen des öffentlichen Lebens, die direkt, offen und ehrlich, aber dennoch klar differenziert und realistisch Zusammenhänge erkennen und aussprechen.
    Sie haben absolut Recht: Der Westen muss klar Stellung zu den friedlichen(!) Demonstranten beziehen. Nur durch die Untätigkeit des Westens kommt es zu Eskalationen wie wir sie in den letzten Tagen sehen mussten.
    Sollten wir als Westen nicht zu unseren Idealen – Menschenrechte, Freiheit, Demokratie – stehen, dafür eintreten und jene unterstüzen, die darum kämpfen? Oder wollen unsere Staatsoberhäupter wie Obama und Merkel weiter zusehen wie Unrecht in Ägypten geschieht?

  22. avatar

    Es ist schön, daß plötzlich wirklich alle – nach einigen Tagen Sprachlosigkeit – sowohl Schuldige parat haben, auf jeglicher Seite – als auch anfangen auf Besserwessi-Art den Arabischen Ländern beibringen wollen, was sie zu tun haben, und gleichzeitig, peu a peu ideologisch und parteipolitisch miteinander abrechnen wollen.

    Ob es nun Herr Scholl-Latour ist, der plötzlich die gesamte Politik des Westens für heuchlerisch hält, oder Herr Ossenberg vom Deutschen Fernsehen, der zu Anfang der Revolution in Ägypten Herrn Mubarak noch für den einzigen Garanten für Stabilität hielt, und heute, nachdem er wie ein Hase zur Deutschen Botschaft flüchten mußte, plötzlich die Opposition für gut und recht hält, oder einige hier.

    Auch ich bin der Meinung, daß die Deutschen Menschenrechts-Aktivisten sich keinen Deut um Ägypten scheren, während sich um die kürzlichen Vorgänge im Iran wenigstens noch ansatzweise „gekümmert“ wurde.

    So, und jetzt hocken die Selbstgerechten hier auf ihren dünnen oder dicken Hintern, hinter den warmen Öfen, und malen sich ein bißchen Revolution aus und deren Folgen für unsere dicken Hintern.

    Gestern Abend meinte Dr. Abdel-Samad, der sich wieder in Kairo aufhält, es sei eigentlich die Pflicht der Intellektuelen nicht akademische Debatten zu führen ……

    Wir sind so richtig zum Kotzen, und da schließe ich mich ein.

  23. avatar

    @EJ
    „Angst essen Seele auf“
    Sie haben total recht. Dann will man eine Sicherheitsarchitektur, die laut Bibel wie tönern Erz ist, um jeden Preis bewahren. Lieber die bekannte Hölle … Wenn Israel auf diesem Fundament gebaut ist – dann lasst alle Hoffnungen fahren. Oder setzt meinetwegen auf schimmernde Wehr und (nukleare) Abschreckung. Mit dieser Haltung – das sag ich noch einmal – treibt man die arabische „Straße“ garantiert in die Hände der Islamisten. Ich habe gar nichts gegen eine halbwegs westlich orientierte Demokratie, dafür muss jedoch die Strategie geändert werden. Bisher erleben diese Menschen den „Westen“ als doppelzüngig.
    Sie nehmen mir wohl nicht ab, dass ich bezüglich Israel meine Besorgnis ausdrücke. Aber lassen Sie es wenigstens, mir blinden Israel-Hass zu unterstellen. Und nennen Sie Ihren Vornamen, wenn Sie es für nötig halten mich mit einem Vornamen anzureden.

  24. avatar

    Klasse fand ich heute Abend den Auftritt von Michel Friedman bei ntv.
    Zu Ströbele: „Wo sind denn Ihre Demos und Solidaritätskundgebungen mit den Menschen in Ägypten?“. Ströbele war in Erklärungsnot.
    Da erkennt man die Heuchelei der Linke und Grünen.
    Wie Ignatz Bubis sagte: „Jemand, der sich selber helfen kann, für den interessiert sich dieser Typ Gutmensch nicht mehr.“
    Wenn die Ägypter frei sind (aus eigener Kraft), sind die für die Linke politisch unbrauchbar, weil keine Opfer mehr…

  25. avatar

    Wer sein Herz noch nicht gegen einen iPod nano eingetauscht hat ……….
    konnte man heute beim schrecklichen Henryk lesen.

    Sofern man an Gott glaubt, sollte man beten, was den morgigen Freitag betrifft, meint ebenfals Obiger, dem ich mich anschließe.

  26. avatar

    @EJ: Ressentiments fressen jeglichen Verstand auf? So ist es!
    Und den Rest fressen die Spekulanten auf, welche sich mit ihrer asoziale Gier, nachdem es mit Derivaten nicht mehr klappte, auf die Warenmärkte gestürzt haben, und die dafür gesorgt haben, daß z.B. die Ägypter jetzt teilweise hungern!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

    Diese Gier ist so geil, daß ein zivilisierter Europäer, wie meine Wenigkeit, sich notfalls zeitenweise auch mal mit Steinigung anfreunden könnte, wenn es sich nicht gerade um ehebrechende Frauen handelt.

    Hat sich hier schon mal jemand darüber aufgeregt?Meines Wissens nicht.

    LG Ihre Rita E.

  27. avatar

    @Alt 68er:“Nicht auszudenken, wenn diese den Eindruck bekämen, dass der “Westen” und Israel den Despoten Mubarak als Büttel und Knüppel für westliche bzw. israelische Interessen gegen die arabische “Straße” stützt.“

    Ihre Überlegung ist nicht unrichtig. Und bei ehrlicher Analyse der USA- und auch Europa-Politik erscheint einem der „Verdacht“ naheliegend, daß die Sicherheit Israels womöglich immer nur ein besonders fadenscheiniger, aber recht wirksamer Vorwand war – und auch gerade wieder ist – mit der Herren aus der diktatorischen Treibstoff-Liga Geschäfte zu machen.

    Niemand interessiert sich womöglich überhaupt für Israel, außer ein paar wenigen, kompetenen Berufsjuden, wie Herrn Friedmann, Herr Broder und Herr Posener.

    Es geht aber – nicht nur – um Israel. Es geht um eine stabilere und friedlichere Lage in einer Region der Welt, die auch unser Leben hier direkt beinflußt.

    Zynisch, wie ich nin einmal geworden bin, erwarte ich zuversichtlich, daß nach der nächsten Heizkostenabrechnung, wenn womöglich die Ölkosten noch weiter steigen, die Begeisterung des Westens für die Ägyptische Revolution schlagartig umschlägt.
    Dann werden diese wieder zu den ungebildeten islamischen Terroristen zählen, und Mubarak ist wieder ein Held. Die Wette halte ich.

  28. avatar

    Ich arbeite mit zwei Arabern. Beide haben hier studiert, perfektes Deutsch, überdurchschnittliches Einkommen usw. Laut ihren Aussagen wollen sie Demokratie und Freiheit in Ägypten. Wenn man aber weiter mit Ihnen diskutiert, kommt raus, dass Steinigungen sind in Ordnung und Gottesstaat das Beste wäre usw. Was kann man dann von Gemüsehändler oder arbeitslosen Arabern erwarten, wenn die Elite schon so was sagt?! So viel zur Integration, Bildung und demokratische Bewegungen in der islamischen Welt.

  29. avatar

    @Alt68er: Ja, will und soll der “Westen” die korrupten und despotischen Königshäuser unter allen Umständen retten? Cui bono? Ich sehe nur angeblichliche Sicherheitsinteressen Israels.

    Herrlich! Ihr Israel-Hass macht Sie völlig blind, Othmar.

    Sollten die orientalischen Deposten tatsächlich fallen, ohne durch eine halbwegs westliche – Sie würden „westliche“ natürlich wieder in Anführungszeichen setzen … ohne durch eine halbwegs westliche Demokratie ersetzt zu werden, dann kann ich Ihnen eine solche Menge von Folgen für den gesamten Westen aufzählen, dass das Blog nicht ausreichen würde.

    Und Sie meinen, auf dem Spiel stünden „nur angeblichliche Sicherheitsinteressen Israels“. Oh, Mann!

    Angst essen Seele auf? Ressentiment fressen alles Verstand!

  30. avatar

    @ Alt68er

    Nicht nur Israel ist besorgt, die Reisebranche auch!

    Jahr für Jahr fliegen alleine 1,3 Millionen Deutsche nach Ägypten. Ist das etwa kein Statement pro Mubarak? Oder soll das etwa bedeuten, dass unseren 1,3 Millionen Landsleuten bisher die ägyptische Unterdrückungsdiktatur sowas von piepsschnurzegal war? Westlich orientierte Diktaturen sind gut für die Tourismus-Branche, siehe Tunesien, Marokko, etc.
    Zuhause auf die Araber und Ausländer prügeln (Deutschland schafft sich ab), aber Urlaub bei denen machen… Eine einzige Heuchelei.

  31. avatar

    @ KJN
    „Zunächst geht’s ja mal hier nicht um Israel – oder?“

    Sie haben recht. Aber ist Israel, sofern es um Vorbehalte geht, nicht der archimedische Punkt? Alan Posener hat israelische Interessen ins Spiel gebracht, die „Schreckstarre“ der Netanyahu Administration, wenn die Sicherheitsarchtektur Israels im Nahen Osten, die sich auf schwache Despoten stützt, krachen geht. Oder Gil Yaron, der den Schwarzen Peter auf „unzuverlässige Bündnispartner, mithin Verrätern, schiebt, die Europäer, die von Mubaraks „Anti-Terror-Kampf“ profitiert hätten, dabei verschweigt, dass es hauptsächlich Israel mit seiner Hegemonialpolitik war, die von diesen „prowestlichen“ „Diktaturen light“ profitiert hat.
    Wie anders als vom israelischen point of view kann man Michel Friedmans Warnung verstehen „Der Domino-Effekt wäre fatal. Jordanien und die korrupten, despotischen Königshäuser Saudi-Arabiens oder Kuwait wären nicht mehr zu halten.“ Ja, will und soll der „Westen“ die korrupten und despotischen Königshäuser unter allen Umständen retten? Cui bono? Ich sehe nur angeblichliche Sicherheitsinteressen Israels. Mir scheint, Israel und der „Westen“ stehen z.Z. wie Zauberlehrlinge da vor den Scherben ihrer Sicherheitsarchitektur und einer Flut, der sie nicht Meister werden. Ich kann die Ängste von Seiten Israels durchaus verstehen, weniger die politischen panischen Schlußfolgerungen (z.B. Caroline Glick, managing editor der Jerusalem Post, http://www.carolineglick.com/e.....ington.php, zur Ikonographie http://von-den-einzigwahren-fr.....menge.html) oder Ari Shavit in Haaretz http://www.achgut.com/dadgdx/i.....s_westens/).
    Wir haben in den letzten Wochen Bilder der „Revolutionen“ und der Menschen, die sie betreiben gesehen. Nicht auszudenken, wenn diese den Eindruck bekämen, dass der „Westen“ und Israel den Despoten Mubarak als Büttel und Knüppel für westliche bzw. israelische Interessen gegen die arabische „Straße“ stützt. Das wäre der moralische Bankrott des Westens und die beste Hilfestellung der Zauberlehrlinge für die Islamisten.

  32. avatar

    Die Freiheit einrevoltierenden Protestbewegungen im arabischen Raum dementierten ihren Anspruch, beförderten sie im Haß die Option eines islami(sti)schen Gottesstaates – gäbe es da nicht die treu- und vorsorgenden Zeitgenossen, die den Aufständischen eine grün getönte Demokratur beispielsweise sensu Erdogan anempfehlen. Eine Perspektive freilich, die sich nach dessen jüngst geäußerten Weltmachtsphantasien in derjenigen Israels so ganz anders ausnehmen dürfte. Doch glücklicherweise erinnert man sich hierzulande überwiegend fleißig an das Judentum als integralem Bestandteil nationaler, d. h. lebensgemeinschaftlicher Leitkultur in Geist und Stein.

  33. avatar

    @Alt 68
    „Muss denn die Frage, ob es gut für Israel ist, das einzige und entscheidende Kriterium sein..“

    Zunächst geht’s ja mal hier nicht um Israel – oder?
    Aber wenn Sie die Frage schon aufwerfen: Sicher ist es keinesfalls verkehrt, nach Israel zu schauen, man ist dort nicht so naiv, wie im romantischen Europa und sagen wir „etwas näher dran“. Deplaciert ist schon daher Angela Merkels Belehrungsversuch in Jerusalem und wahrscheinlich eher ein PC statement in Richtung Heimat, charmant ignoriert vom israelischen Regierungschef.
    Um Missverständnisse zu vermeiden: Der tunesische und ägyptische Aufstand ist wohl eine zwangsläufige Folge der Verhältnisse und hat sicher nicht nur meine Sympathien. Aber davon auszugehen, daß es für Europa dadurch einfacher würde, gelingt nur, wenn man jegliche Geschichte ignoriert. Dr. Yaron hat die hier in seinem Beitrag die aktuellen Gegebenheiten nochmal beeindruckend kurz und treffend zusammengefasst.

  34. avatar

    @ Alt68er

    Die Araber wollen keine Demokratie, sie wollen essen bzw. an dem westlichen Wohlstand teilhaben: Handy und Klingeltöne, DVD, Big Brother, Sex ohne Hemmung, die ganze westliche Dekadenz, usw.
    Wenn sie Demokratie wollen, fliehen sie nach Europa.
    Na gut, dann könnte man die alle abschieben, wenn Demokratie in deren Heimat herrscht. Das Ausländerproblem wäre gelöst.

  35. avatar

    Ob wir wollen oder nicht: Europa muß zur Kenntnis nehmen, daß es die neuen Entwicklungen in den genannten Ländern nicht mitdiktieren wird. Diese Entscheidungen liegen in erster Linie in Händen der aufständischen Bevölkerung und das ist gut so.
    Schließlich trägt sie derzeit ihre Haut zu Markte und muß in Zukunft den Alltag unter ihrer neugewählten Führung leben.
    So gesehen ist die bisher eher neutrale Haltung Europas ein Gebot der Stunde!

  36. avatar

    Jimmy Carter will go down in American history as the president who lost Iran, which during his term went from being a major strategic ally of the United States to being the revolutionary Islamic Republic.

    Barack Obama will be remembered as the president who lost Turkey, Lebanon and Egypt, and during whose tenure America’s alliances in the Middle East crumbled.

  37. avatar

    Muss denn die Frage, ob es gut für Israel ist, das einzige und entscheidende Kriterium sein, wenn Menschen die Schnauze voll haben von einer Despotie, zumal einer erbärmlichen Despotie, in der ihre Lebenschancen immer schlechter werden?

  38. avatar

    Gil Yaron schrieb: Jetzt musst Du Dich allein schützen. Es mag ein guter Morgen sein, das böse Erwachen steht aber noch bevor.

    Das werden wir :-). Und es gibt ein böses Erwachen für Aggressoren und Terroristen.

  39. avatar

    Guten Morgen Europa! Endlich wach? Nach dreißig Jahren Ausnahmezustand in Kairo hast Du endlich entdeckt, dass Hosni Mubarak ein brutaler Diktator ist? So solidarisch, wie Du den demonstrierenden Massen in Ägypten zujubelst und hoffst, dass die Jordanier, Syrer und Saudis es ihnen nachtun. Hast ja Recht: Wie aufregend, die mutigen Ägypter dabei zu beobachten, wie sie freiheitsliebend und todesmutig das Joch Mubaraks abwerfen. Ihnen gebührt Anerkennung, wenn sie die Rechte einfordern, was ihnen zustehen. Und Du Europa willst Dich mitfreuen. Dir scheint die Rebellion in Kairo wie eine Reprise des Sturms auf die Bastille, als Geburtsstunde liberaler, toleranter arabischer Demokratien. Hattest Du nicht immer Recht? Hast Du den Arabern nicht immer europäische Grundwerte vorgelebt? Wie falsch, wie heuchlerisch!

    Dein fataler Fehler, mit Barack Obama den Demonstranten in Kairo zuzujubeln und einen Deiner treusten Verbündeten im Stich zu lassen, basiert auf drei grundlegenden Fehlannahmen. Du meinst, die Herzen der Massen würden für den Westen schlagen, nur weil Du sie jetzt gegen Mubarak unterstützt? Falsch – die Menschen hören Dich gar nicht, weil über ihren Köpfen Tränengaskanister mit dem Aufdruck „Made in USA“ explodieren. Zu lang stand Europa hinter den Despoten, als jetzt glaubwürdig zu sein. Diejenigen aber, die bisher ihren Nacken für Dich hinhielten, werden fortan zögern: In einer Region, in der man Innenpolitik mit Kalaschnikows betreibt, erweist Du Dich als unzuverlässiger Bündnispartner, der kneift wenn es hart auf hart kommt. Viele Freunde werden Dir da nicht bleiben.

    Du glaubst Ägypter wollen so sein wie Du? Falsch – sie wollen Deine Privilegien, nicht Deine Weltanschauung. Wohlstand verwestlicht nicht, wie das Beispiel Chinas zeigt. Dass Bildung nicht mäßigt, solltest Du spätestens seit Muhammad Atta und den Attentaten des 11. September wissen. Und zu guter Letzt meinst Du, Macht und liberale Demokratie mache Extremisten pragmatischer? Schau nach Palästina, wo eine demokratisch gewählte Hamas Kollaborateure hinrichtet und die Anerkennung Israels ablehnt, oder in den Iran, wo Mahmud Ahmadinedschad nur nach noch mehr Macht strebt. Bin schon gespannt, wie Du mit der Muslimbruderschaft über die friedliche Koexistenz mit Israel sinnierst!

    Den Menschen in Ägypten gebührt die Freiheit, die ihnen mit Hilfe der USA und Europa bisher vorenthalten wurde. Doch jubel nicht zu früh mit, Europa! Für Freiheit in Ägypten wirst auch Du zahlen. Mubarak machte für Deine Geheimdienste die Drecksarbeit. Er sperrte die Attentäter ein, die sonst in Europa in die Luft geflogen wären. Genau wie der Reichtum Europas auch auf den Ressourcen der Dritten Welt beruhte, so rührt die Freiheit Europas auch aus der Unfreiheit Arabiens. Das ist nun vorbei.

    Jetzt musst Du Dich allein schützen. Es mag ein guter Morgen sein, das böse Erwachen steht aber noch bevor.

  40. avatar

    Nobody said it better than Hosni Mubarak himself: „Our eventual goal is to create an equal society, not a society of privileges and class distinctions. Social justice is the first rule for peace and stability in society.“
    But it was in November 1981, a few weeks after he had become president of Egypt…

  41. avatar

    Sehr geehrter Michel Friedman,

    von einem Publizisten ihres Kalibers, darf man sich doch sicher auch eine (belastbare) Theorie der Revolution erwarten?

    Wo ist denn die Revolution bei Ihnen verortet oder geben Sie nur einem Bauchgefühl hier eine populäre Bühne?

    Ich gehe davon aus, dass Ihre Meinung mehr bedeutet als nur „sollen Sie doch machen was sie wollen“, also Sie nur einem antiquiertem Libertinismus das Wort reden ?

    Vielleicht besitzen Sie die Freundlichkeit darüber mehr kundzutun ?

    Mit freundlichen Grüßen
    JMB

  42. avatar

    Die Positionierung von Frau Merkel war „nicht hilfreich“, um mit den eigenen Worten der Kanzlerin zu sprechen.
    Unsere verehrte Kanzlerin hat den Europäischen Zeitgeist bedient, ordentlich politisch korrekt, nicht ohne gelichzeitig die ewige „Treue“ der Deutschen, an der Seite Israels zu betonen.

    Sie war, die Deutsch-Israelische Beziehung betreffend, mal wieder ein wenig schwanger.
    Vertraut sie womöglich auf die Pille danach?

  43. avatar

    Michel Friedman schrieb: Wer im Nahen Osten die neuen Zeichen der Zeit nicht erkennt, wird ebenfalls bestraft werden.

    Daß ich ihnen mal so uneingeschränkt zustimmen kann, verblüfft mich. Wer nicht erkennt, daß nur gleiches Recht für alle gerechten Frieden bringen wird, wird untergehen.

  44. avatar

    Lieber Michel Friedman, Sie haben Recht. Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund den Auftritt der Kanzlerin in Israel ein? Mir scheint, sie hat einen falschen Schwerpunkt gesetzt. Statt zu betonen, dass der Aufbruch der arabischen Massen eine Chance für die gesamte Region darstellt, drängte sie Israel zu Konzessionen, mit dem Hinweis, die Zeit arbeite gegen den jüdischen Staat. Mit anderen Worten, sie betonte die Gefahren und nicht die Chancen der neuen Situation, den Gegensatz zur Regierung Netanyahu, die offenbar starr vor Angst ist, und nicht die Gemeinsamkeit. Hinter verschlossenen Türen kann sie Netanyahu ruhig die Leviten lsesn, aber vor laufender Kamera fand ich das unangebracht. Sinnvoller wäre es gewesen, darauf hinzuweisen, dass sowohl Hamas als auch Fatah ein Legitimationsdefizit haben.

  45. avatar

    „Die Europäische Union wirkt, zumal nach der Finanzkrise, wie eine geriatrische, sklerotische Veranstaltung, die Veränderung abwehrt, statt sie zu begrüßen.“….wie treffend die Worte von Erdogan aus dem Beitrag zuvor..mit Dank an Herrn Posener!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shares
Scroll To Top