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Er-Lösung? Die Medien und der Ruf nach dem Messias oder: Obama, Guttenberg und Co können vieles, aber nicht alles

Hochmut kommt vor dem Fall. Im Fall Obama war es auch der Hochmut der Medien und Wähler. Aus dem „Yes, we can“ sollte ein „Yes, he can“ werden. Jetzt haben sich die Wähler, voran Frauen und Jüngere, enttäuscht abgewandt und so zum Triumph der erzkonservativen Republikaner beigetragen. Der „Messias“ muss seine Mission bereits nach zwei Jahren abbrechen und das übliche Verhandeln mit dem Gegner beginnen.

Die Medien haben Obama hoch- und zuletzt runter geschrieben. Zu spät hat der amerikanische Präsident erkannt, was auf dem Spiel steht. Und zu wenig hat er die konkreten Chancen seiner Wähler – Schwarze, Frauen und die Jungen – verbessert. Mit einer noch so wichtigen Gesundheitsreform ist auch in den USA kein politischer Blumentopf zu gewinnen. Gefehlt hat bis zuletzt ein übergreifendes Projekt, das seine Wähler anspricht und sie überzeugt.

In Deutschland soll der junge zu Guttenberg die Bürger vom Politalltag erlösen. Seit Wochen wird er von den Medien zur absoluten Macht hoch geschrieben. Wenn Politik, so das Urteil der Massenmedien, keine Probleme (welche?) mehr lösen kann, braucht es eben einen Er-löser. Erlöserinnen kann es nach dieser Logik nicht geben. Politik besteht jedoch aus dem Lösen von Problemen und in hochkomplexen Gesellschaften ist dies nur in Kooperation möglich. Eine präsidiale Demokratie wie die USA hat es hier schwieriger. Ihre Hoffnungsträger (Clinton, Obama) landen schneller auf dem Boden der Tatsachen als in anderen Demokratien. Politik tut daher gut daran nur die Hoffnungen zu wecken, die sie auch erfüllen kann. Und Politiker, die nachhaltig Erfolg haben wollen, sollten sich von Anfang an Verbündete, auch im gegnerischen Lager, suchen. Die Nachfrage nach einem Messias wird dann immer lauter, wenn die politische Klasse sich selbst deformiert und kleiner macht als sie ist. Und sie sollte gemeinsame Errungenschaften auch gemeinsam inszenieren und feiern. Eine schöne, gemeinsam erlebte Messe braucht keinen Messias. Sie ist sich selbst genug. Was sie aber braucht, sind Sprecher, Vorleser und Verantwortliche, die mit Lust und Respekt vor dem Wähler und Bürger Politik machen. Politik muss erlebbar sein. Erlösen müssen wir uns schon selbst.

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7 Gedanken zu “Er-Lösung? Die Medien und der Ruf nach dem Messias oder: Obama, Guttenberg und Co können vieles, aber nicht alles;”

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    Sie werfen mir schwarz-weiß-Denken vor? Glauben Sie tatsächlich, nur weil wir hier jeden Krieg ignorieren und so tun, als könne man sich die Hände in Unschuld waschen, indem man so tut, als würde es ausreichen, sich auf seinem Wohlstand auszuruhen, würde dies die Welt besser machen? Mir gefällt die Kriegstreiberei, die unter Bush stattgefunden hat, ebenfalls nicht. Jedoch zu glauben, dass ohne die „bösen Amerikaner“ die Welt in Harmonie schwelgen würde ist jedoch ignorant und schwarz-weißer als alles, was Sie mir hier vorgeworfen haben. Und was nach einem sofortigen Abzug aller Truppen aus Afghanistan wird, ist ebensowenig absehbar. Hauptsache Ihr Wohlstandswohlgefühl leidet nicht. Also wie wäre es, bei Ihren weisen Worten hier, wenn Sie auch die Amerikaner weniger schwarz-weiß betrachten würden. Etwas weniger Pippi Langstrumpf und etwas mehr Grundwissen würde Ihre Polemik hier vielleicht in besserem Licht erscheinen lassen. Die Abschaffung der Bundeswehr war des Weiteren schon von langer Hand vorbereitet und hat bereits Einzug gehalten, indem man die Wehrpflicht immer weiter verkürzte. Gefordert von den Grünen übrigens, lange verneint von der CDU. Herr von Guttenberg hat also nur beendet, was andere erkämpft und and Vorarbeit geleistet haben. Einfacher Job, anderer Leute Lorbeeren einzuheimsen. Aber solange man Menschen wie Ihnen solche Aktionen als große Heldentat verkaufen kann, hat er ja alles richtig gemacht. Sie sollten den Aufruf zu einem „realistischen Weltbild“ nicht tätigen, wenn Sie diesem selber nicht nachkommen können. Natürlich haben Sie immer die Wahl, sich „die Welt zu machen, wie Sie Ihnen gefällt“, nur nötigen Sie doch bitte nicht anderen mit markigen Sprüchen à la Pippi Langstrumpf Ihr zweidimensionales Weltbild auf. Vielen Dank

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    @winter:
    „…Vor allem, weil hinter Obama ein tatsächliches politisches Konzept stand. Hinter Guttenberg steht nur der unbedingte Machtwille und ein öffentliches Sprachrohr in der Bild…“

    Von Guttenberg schafft die Wehrpflicht in Deutschland ab, Obama verschärft die Bombardements in Afghanistan und wird Guantanamo auch nach zwei Jahren Amtszeit nicht schließen. Bei differenzierter Betrachtung sind die Dinge dann doch etwas vielschichtiger, mit schablonenhaftem Schwarz-Weiß-Denken wird man der Sache nicht gerecht. Auch Verschwörungstheorien über die geheime Macht der bösen Medien helfen da nicht wirklich weiter.

    Die Deutschen spalten seit jeher die Welt in Gut und Böse, sie lieben die Extreme und können Zwischentöne nur schwer erdulden. Diese Methode hilft zwar, die Unsicherheiten dieser chaotischen Welt leichter ertragen zu können, ein realistisches Weltbild ist mit einer derart vereinfachten Sichtweise jedoch nicht zu vereinbaren…

    – Zwei mal Drei macht Vier
    – Widdewiddewitt und Drei macht Neune
    – Ich mach‘ mir die Welt
    – Widdewidde wie sie mir gefällt…

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    @uniquolol

    Weder haben Sie mir ein Vorurteil nachgewiesen, noch Ihren seltsamen Kommentar so formuliert, dass er irgendwie nachvollziehbar wäre. Was wäre denn Ihrer Meinung nach eine realistischere Betrachtungsweise des „Heilsbringers“ Guttenberg? Vielleicht täten Sie gut daran, den Herrn etwas realistischer zu betrachten. Und wo stehe ich denn mit dieser Meinung auf der Seite der „Guten“? Und nach wessen Definition? Ihrer? Meiner? Woran würden Sie das wohl festmachen? Ich würde vorschlagen, die nächsten Vorwürfe an mich zu belegen und, falls Sie können, sachliche und inhaltliche Fehler zu korrigieren, sonst wirkt so ein Kommentar von Ihnen doch recht unausgegoren. Nur zu Ihrer Information: Auf welcher Seite ich laut Ihrer Definition stehen mag interessiert mich kaum, solange ich mich um ein reelles Bild bemühe und mir nicht den letzten Müll von Umfragewerten und geschickten PR – Strategen aufschwatzen lasse. Sollten Sie auch mal versuchen.

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    @winter:
    „…Wir würden gut daran tun, Herrn von Guttenberg realistischer zu betrachten ..(..).. Hinter Guttenberg steht nur der unbedingte Machtwille und ein öffentliches Sprachrohr in der Bild…“

    Eine unfassbar realistische Betrachtungsweise! Auch politisch-korrekte Vorurteile sind Vorurteile. Aber das macht ja nichts, wenn man per definitionem immer auf der Seite der Guten steht…

  5. avatar

    Das Erschreckende An Obama, wie auch an Guttenberg ist doch, zu beobachten wie sehr Medien Macht machen, und mit ihren Schlagzeilen und der Stimmungsmache damit auch Macht mißbrauchen. Die unselige enge Verbindung Guttenberg – Bildzeitung, die der „Erlöser“ dieser Tage geschickt nutzt, um sich ins rechte Licht zu rücken, hat mit realistischer Berichterstattung und der Verpflichtung von Medien, vor allem zur Informationsweitergabe, schon lange nichts mehr zu tun. Die Presse macht den Kanzlerkandidaten, um dann umso genüßlicher darüber zu schreiben, wie er scheitert. Bei Pseudo-Popsternchen mag das noch in Ordnung sein, in der Politik sollten wir uns jedoch dagegen verwehren, dass Politik sich in solcher Form dem anbiedernden Glamour-Populismus hingibt. Obama wusste um die Macht der Schlagwort-und Schlagzeilenpresse und die Macht der öffentlichen Zuneigung, hat diese genutzt um seine Pläne umzusetzen und darf nun ernüchtert feststellen, dass den Leuten markige Sprüche wichtiger sind als reelles Politikgeschehen. „Yes we can, but we don’t have the time to work for it“ Wir würden gut daran tun, Herrn von Guttenberg realistischer zu betrachten, um nicht auf die gleiche Weise desillusioniert zu werden. Vor allem, weil hinter Obama ein tatsächliches politisches Konzept stand. Hinter Guttenberg steht nur der unbedingte Machtwille und ein öffentliches Sprachrohr in der Bild.

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