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Eine neue grüne „Volkspartei“? Erstmals überholt die Partei die SPD

Rot-Grün ist tot, es lebe Grün-Rot?! Erstmals in ihrer Geschichte habe die Grünen jetzt als Partei die SPD überholt. Vor allem in den Großstädten können sich die Grünen vor Zuwachs und neuen Mitgliedern kaum retten. Verlierer des Trends ist zum einen das traditionelle „bürgerliche“ Lager. Union und FDP kommen aktuell auf gerade einmal 34 Prozent. Aber auch die SPD stagniert und hat sich seit der desaströsen Bundestagswahl im letzten Jahr kaum erholt.

Die Gründe für den grünen Boom sind vielfältig. Vor allem die beiden „großen“ Parteien, CDU/CSU und SPD, haben massive Identitätsprobleme. Was den Markenkern der Volksparteien ausmacht, ist zunehmend unklar. Die Mobilisierung der eigenen Wähler gelingt beiden immer weniger, Wechselwähler flüchten in die Enthaltung oder fühlen sich bei den Grünen besser aufgehoben. Als Wohl- und Lebensgefühlpartei neuen Typs verkörpert sie mehr als nur einen momentanen Zeitgeist.

Der Trend ist nachhaltiger und wirkt tiefer. Anders als die alten Parteien bieten die Grünen eine narrative Klammer, eine Erzählung an: Ökonomie und Ökologie sind ebenso vereinbar wie Multi-Kulti und Integration. Anders als das Spitzenpersonal von Union, SPD, FDP und Linkspartei deckt das grüne Personal ein breiteres Spektrum an Milieus ab.

Auf Bundesebene bieten sie mit Cem Özdemir als einzige Partei eine erfolgreiche Figur mit Migrations- und Aufstiegshintergrund. Union und SPD spielen auch hier zweite Liga.

Hinzu kommt der fortbestehende Protestcharakter. Die Grünen schaffen es glaubwürdig gegen Atomkraft, Stuttgart 21 und Gentechnik zu sein. Das bürgerliche Lager hat ein massives Vermittlungsproblem, wie zuletzt das Energiekonzept gezeigt hat. In der Öffentlichkeit wurde es auf die Verlängerung der AKW-Laufzeiten verkürzt, obwohl das Papier zu 90 Prozent die Erneuerbaren Energien betrifft.

Die Stärke der Grünen ist die Schwäche der Anderen. Bleibt es dabei, wird auch die Union ihren Charakter als Volkspartei verlieren und zur „Mittelpartei“ schrumpfen. Wahrscheinlich werden wir uns daran gewöhnen müssen: Grün-Rot, Grün-Schwarz oder Schwarz-Rot. Die Große Koalition gibt es bald im Plural.

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6 Gedanken zu “Eine neue grüne „Volkspartei“? Erstmals überholt die Partei die SPD;”

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    „Gruen“-„Green“-„Verde“: Es „gruent“ vielleicht politisch in BRD – aber in USA ist die „Green Party“ nur in San Francisco sichtbar. Sonst ueberhaupt nicht, besonders im jetzt enstehenden „No-holds-fight“ zwischen der Rechte (Tea Party, Republicans, Libertarians) und der Mitte (Democrats, Minorities, intellektuelle „Liberals). Eine „Linke“ besteht kaum in USA, aber die „Greens“ in USA sind viel mehr „links“ als die Gruenen in BRD. In Brasilien zieht die gruene „Partido Verde“ 10% der Waehler, und ist das trojanische Pferd der USA um Brasilien zu laehmen damit es nicht noch zu mehr Konkurrenz fuer den USA Agrarexport wird, und um Brasilien (und Lateinamerika) „under Kontrolle“ zu halten: Keine weltweite diplomatische Unabhaengigkeit, und „Sicherheirspartnerschaft“ mit USA.

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    Daniel Dettling sagt:
    „Als Wohl- und Lebensgefühlpartei neuen Typs verkörpert sie mehr als nur einen momentanen Zeitgeist.“

    Angesichts von Abwassergebühren von mehr als 6 Euro pro Kubikmeter in bestimmten Gemeinden und wuchernder Umweltbürokratie, sowie Ernüchterung nach den Integrationshoffnungen werden ökologische und Multikulti -Begeisterung ihre Grenzen gefunden haben.
    Die Grünen: Für viele wohl eher das kleinere Übel – von daher: klare Ablösung der SPD!
    Bin ich jetzt eigentlich ein Miesepeter?

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    Herr Dettling schrieb: Auf Bundesebene bieten sie mit Cem Özdemir als einzige Partei eine erfolgreiche Figur mit Migrations- und Aufstiegshintergrund.

    Einen Menschen der nicht einmal seine Steuererklärung so im Griff hat, daß er Brutto und Netto unterscheiden kann, darf man schlichtweg nicht erfolgreich nennen. Wenn er dann noch einen Kredit vom Lobbyisten Hunzinger annimmt, darf man das, was man eigentlich sagen müsste, öffentlich über Herrn Özdemir gar nicht mehr sagen, weil es möglicherweise justiziabel wäre.

    Daß Politiker von Lobbyisten Geld bekommen, weiss man seit der Schreiber-Affaire ganz genau. Daß man Grüne mit einem Kredit über den Tisch ziehen kann und über 20 Prozent der Bevölkerung dennoch Grün wählen, ist ein Armustzeugnis der politischen Reife für diese Demokratie.

    Das schreibe ich mit dem Zorn desjenigen, der immer durch das Land lief und Özdemir als einen vernünftigen Politiker gepriesen hatte. Dabei war ich nur das schafsnäsige Opfer von Spindoktoren und Werbeagenturen.

    Die Grünen sind das von der Werbeindustrie weichgespülte Politprodukt mit Claudia-Roth-Charme und dem Denkhorizont sowie Verantwortungsbewusstsein von Herrn Özdemir. Intellektuell und fachlich haben sie Interessensverbänden nichts entgegenzusetzen. Diese Republik wird von Interessensverbänden ausgeplündert werden, wenn die Grünen an der Macht sind.

    P.S.: Ich wurde 1979 Mitglied der Grünen und war Delegierter auf dem Gründungsparteitag im Januar 1980 in Karlsruhe.

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    Herr Dettling sagt: „Anders als die alten Parteien bieten die Grünen eine narrative Klammer,“

    Ne, ne Herr Dettling, muß Ihnen schon wieder widersprechen: Nur eine Variation auf dem Narrenschiff Deutschland. Sonst nix. Bleiben Sie dran, es bleibt spannend.

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