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Dümmer als die Polen? Deutschland verspielt seine Bildungszukunft

„Bildung ist ein Verliererthema“. Dieses Zitat wird dem jetzigen SPD-Vorsitzenden nachgesagt und von fast allen Spitzenpolitikern geteilt. Auch der dritte „Bildungsgipfel“, der heute zwischen Bund und Ländern stattfindet, bestätigt diese These.

Das auf dem letzten Gipfel vereinbarte Ziel, bis 2015 insgesamt zehn Prozent der Wirtschaftsleistung in Bildung und Forschung zu investieren, wird kassiert. Zwar will der Bund mehr Geld ausgeben, die Länder sind jedoch für das Thema Bildung zuständig und sparen zunehmend an der Bildung. Zudem gilt nach wie vor das „Kooperationsverbot“, welches Bund und Länder vor wenigen Jahren vereinbarten und dem Bund untersagt, den Ländern bei der Finanzierung von Bildung zu helfen.

Die Leidtragenden sind kurzfristig die Schüler und Studierenden und langfristig die Deutschen insgesamt.  Sie sind einen Föderalismus leid, der auf ihre Kosten zu wenig unternimmt, damit Deutschland international mithalten kann im Wettbewerb der globalen Wissensgesellschaften. Deutschland ist dringend auf eine Steigerung der sozialen Durchlässigkeit („Aufstieg durch Bildung“) angewiesen. Hierzulande studieren zu wenig und brechen zu viele Schule oder Uni ab.

Die Bildungspolitik in Deutschland ist eine Politik gegen die Menschen. Für die Bürgerinnen und Bürger ist Bildung eine gesamtstaatliche Aufgabe. In Umfragen sprechen sich immer mehr für eine Stärkung der Bundesebene aus. In Zeiten von Globalisierung und Dauer-Krise ist aus ihrer Sicht der Bund  der Garant für Bildungsgerechtigkeit.

Auf Länderebene fehlt offenbar der Leidensdruck. Dabei zeigen neue Studien, dass Deutschland im Vergleich der Bildungssysteme international weiter abrutscht, wenn es beim „Weiter so“ bleibt. Länder wie Polen, die mehr investieren und besser zusammenarbeiten, werden uns schon bald überholen.

Bildungsministerin Schavan sollte ihre bisherige rhetorische Zurückhaltung aufgeben und die Ministerpräsidenten der Länder stärker in die Verantwortung nehmen. Der real existierende Bildungsföderalismus macht uns dümmer, nicht schlauer.

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9 Gedanken zu “Dümmer als die Polen? Deutschland verspielt seine Bildungszukunft;”

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    Der real existierende Bildungsföderalismus hat den Vorteil, dass kluge Länder wie Bayern nicht gezwungen sind, dumme Bildungsreformen mitzumachen, und daher einen höheren Bildungsstand aufrecht erhalten können.

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    @68er

    „Zum Thema “Drill instructors…”

    Es ist gut, daß Sie das so sensibel sehen – aber gemach, die Assoziationen zum Thema bzw. Klischee „Drill Instructor“ sind durchaus unterschiedlich. Manche Sachen müssen einfach nur auswendig gelernt werden und das wissen auch die Schüler und goutieren das durchaus, wenn man ihnen das klar und ehrlich sagt. Aber das können Sie ja nun nicht wissen, daß ich kein Anhänger von „Ihr gebt gefälligst Eure Persönlichkeit an der Pforte ab“ bin, eher das Gegenteil. Ich wollte damit nur sagen, daß es alle enlasten würde, wenn in Sachen Bildung und Schule nicht ständig das Rad neu erfunden würde und daß weiteres Geld tendenziell eher in der Bürokratie verschwindet, als in den Unterricht.
    Und ich habe ja schon gesagt: Schwerpunkt auf „Unterricht“, nicht auf’s „Bewerten“ legen. Ich meine – und das ist mein Credo bei der Meinungsbildung zu allen Themen: Die Sache, so gut es mir möglich ist, ansehen, dann entscheiden, wie sie zu organisieren ist (..wenn ich was zu sagen hätte). Ob föderal oder zentral ist so gesehen zweitrangig.
    Von daher sind wir, so vermute ich, gleicher Meinung.

    @jan z. volens
    Bitte nicht immer gleich „Amerikahörigkeit“ unterstellen, die Jugendlichen gehen wesentlich entspannter und distanzierter mit dem Klischee „USEi“ als wir. In manchen Sachen („Germany’s Next Topmodell, Superstar etc.“) gebe ich Ihnen aber durchaus recht.

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    @SD
    Der Bund ist nicht besser in der Lage Bildungsstandards festzulegen, als das, was die Länder abliefern? Na, dann gute Nacht Deutschland..

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    Die vergleichsweise messbare „Verdummung“ der Jugend in Deutschland erklaert sich durch die verhaeltnismaessige intensivere „Americanization“ in Deutschland – im Vergleich zu anderen Nationen in Europa. Auch alle „Beamtenmassnahmen“ zur Veraenderung des Schulsystems koennen wenig aendern wenn der junge Deutsche ausserhalb dem Klassenzimmer in einem Dunst aus „Ersatz-Detroit“ und „New Yaaark show biz“ herumtaumelt.

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    @ KJN

    Ich habe eigentlich nichts dagegen, wenn sich die Lehrer vor Ort eigene Gedanken machen wie sie welche Inhalte den Kindern beibringen. Sicherlich gibt es da Grenzen und die deutsche Bürokratieneigung treibt mitunter bunte Blüten, aber ich denke grundsätzlich habe ich in meiner Schulzeit Lehrer, die ihre eigenen Lerninhalte anhand der Curricula entwickelt hatten, viel wertvoller empfunden als diejenigen, die stur nach vorgegeben Lehrbüchern unterrichtet haben.

    Wenn man die Lehrer allerdings zwangsweise in Kommissionen steckt, kann ich Ihre Kritik nachvollziehen.

    Auch ich bin der Meinung, dass der deutsche Evaluierungs- und Konkurrenzwahn unseren Schulen schweren Schaden zufügt. Ich sehe auch überhaupt keinen Grund dafür, dass irgendwelche Noten bundesweit vergleichbar sein sollen. Vor allem sollen die Kinder Spaß am Lernen haben, denn dann besteht die Hoffnung, dass sie das Gelernte wirklich annehmen und verinnerlichen.

    Zum Thema „Drill instructors“ kann ich nur sagen, dass ich selbst Menschen, die so etwas befüworten, nicht wünsche, dass ihnen dieser Unsinn durch „Drill instructors“ ausgetrieben wird. Denn um nichts anderes als Abrichtung, Erniedrigung und Entmenschlichung handelt es sich dabei.

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    Wieso sollte der Bund das denn bitteschön besser hinbekommen? Seid doch froh, dass es da eine klare Zuständigkeit bei den Ländern gibt. Kleiner Pro-Tip: Auch die Länderparlamente werden in Wahlen gewählt.

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    @68er
    Nun ist aber Geld nicht das Allheilmittel. Bei der Bildung behaupte ich sogar, am wenigsten: Da werden neue Lehrer eingestellt – zunächst vielleicht mit dem Ziel, die Klassen zu verkleinern und dann gibt die föderale Schulpolitik vor, Bildungsinhalte subsidiär weiter zu entwickeln. Da werden dann an den Schulen Ausschüsse, Unterausschüsse und Arbeitsgruppen gebildet und man verschwendet Zeit mit der Formulierung von Arbeitspapieren und Protokollen, die dann redigiert werden.. Letztlich (mittelbar) fällt für einen solchen Mist auch Unterricht aus. Die Krone wird dem Ganzen dann aufgesetzt, wenn dabei vorwiegend die Arbeitszeit verschwendet wird, um des Deutschen allerliebstes Kind, die Bewertungssysteme zu „objektivieren“ (seit wann macht man eigentlich Standardisierung dezentral???) damit jede Note auch juristisch nachvollziehbar wird.
    Andere Länder, z.B. das ach so hochgelobte Finnland investieren in die Ausbildung der Lehrer und damit in den Unterricht und nicht in die Ausfeilung der Bewertungsmaßstäbe. Das sagt doch schon alles: Hauptaufgabe der Schulen sollte nicht sein, Kinder auszusortieren, sondern denen was beizubringen.
    Von mir aus auch nach Art des amerikanischen „Drill instructors“ – allemal besser, als die verwissenschaftlichte, der jeweiligen Denkmode unterworfene Pädagogik.

    Bei innovativen Themen bin ich ja unbedingt für Dezentralisierung – Schulwissen ist aber altes Wissen mit langer Halbwertzeit – das kann und muss offensichtlich zentral (national) festgelegt werden.

    Da ich kürzlich hier gelernt habe, daß man sich am besten vorsorglich von einem Eigeninteresse an einem Thema distanziert: Nein, ich bin kein Lehrer (mehr).

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    Lieber 68er,

    der Bund darf den Kommunen laut Verfassung kein Geld direkt überweisen. Ohne die Länder geht es also nicht und die sperren sich gegen „gebundene Mittel“ des Bundes. Am Ende brauchen wir eine neue Finanzverfassung, da stimme ich Ihnen zu. Bis dahin brauchen wir mehr öffentlichen Druck.

    Ihr DD

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    Lieber Herr Dettling,

    wer hat Sie denn mit dem Thema losgeschickt?

    Über föderale Bildungsstrukturen mag man streiten, aber die Schließung von Schulen oder der Druck mit Studiengebühren bildungsferne Menschen von Universitäten abhzuhalten, kommt doch ein bisschen davon, dass der Bund den Ländern und Gemeinden nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt, um die Bildungsaufgaben angemessen zu bewältigen.

    Wem wäre damit geholfen, wenn Frau Schavan als Bundeskultusministerin auch nicht mehr Geld von Frau Merkel zur Verfügung gestellt bekäme, wie derzeit die Ministerpräsidenten?

    Richtig ist, dass die Ausgaben für Bildung die 10 Prozent Marke halten sollten, auch wenn die Zahl der Schüler sinkt.

    Tatsächlich ist es aber so, dass gerade die Kommunen einfach kein Geld mehr haben, um das derzeitige Niveau zu halten.

    Wie soll da eine Bundesschulpolitik helfen?

    Wohl nur mit mehr Geld für die Kommunen!

    Mit freundlichem Gruß

    Ihr 68er

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