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Bomben-Boni und Mindestlohn – zwei Seiten einer Medaille

Man kann dem deutschen Volk einiges zumuten, auch wenn es um Geld geht. Eine saftige Mehrwertsteuererhöhung, das winkt der Wahlbürger durch. Ein gebrochenes Wahlversprechen zu Steuersenkungen, was soll’s ?

Wenn aber der Sozialneid angestachelt wird, dann ist Schluss mit lustig. Die Gerechtigkeitsdebatte wird grimmig, wenn es um die Boni der Banker geht. Im Englischen nennt man sie „fat cats“, die überfütterten Katzen, die sich selbst üppig bedienen. Der britische Finanzminister versucht sich gerade in einem Taschenspielertrick, mit dem er die Boni wegzusteuern glaubt. Dem Volkszorn soll in allen europäischen Ländern Tribut gezollt werden.

Dabei feiert ein kommunistisches Argument Urstände: das Gehalt der Spitzenmanager dürfe nur mit einem bestimmten Faktor dem der einfachen Arbeiter und Angestellten entsprechen.

Der Umverteilungswahn wird ökonomisch nicht sinnvoller, wenn er sich als Herz-Jesu-Marxismus verbrämt oder im Gewerkschaftsjargon daherkommt. Er ist im Kern Unsinn.

Wider besseres Wissen zetert die politische Klasse gegen hohe Boni. Die Boni können in den Himmel wachsen, wenn derjenige, der sie zahlt, sie für gerechtfertigt hält. Alles andere ist DDR light.

Da wir aber eine Gerechtigkeitsfrage behandeln, beginnen wir am anderen Ende der Einkommensskala. Gerade in einer Marktwirtschaft, die einen freien Arbeitsmarkt bemüht, muss der Staat darauf achten, dass die Ware Arbeit nicht so billig wird, dass die Menschenwürde berührt ist.

Man muss von seiner Hände Arbeit anständig leben können. Zu den Rahmenbedingungen, die der Staat dem Markt setzen darf, gehört, dass wir keinen Pauperismus institutionalisieren wollen. Von einem Vollzeitjob muss man zur Not bescheiden, aber immer anständig leben können und nicht von dreien, die alle obszön niedrig honoriert werden.

Man liest von Ländern, in denen den Arbeitskräften in der Gastronomie Duschräume angeboten werden, die sie vor Arbeitsbeginn nutzen können, weil sie unter Brücken schlafen.

Es gibt ganz klare Grenzen: Wenn eine Arbeit nicht mehr Sesshaftigkeit finanziert, ist dieser Hungerlohn nicht hinzunehmen. Das Gebot der Menschenwürde verlangt einen Mindestlohn. Eine soziale Marktwirtschaft begrenzt sich nach unten.

Das hat nichts mit dem Arbeitgeberspruch von der Hängematte zu tun, der zynisch ist. Wenn es denn einen niedrigen Mindestlohn braucht, gut, aber der muss gesetzlich festgeschrieben und zur Not polizeilich kontrolliert sein. Dann darf sich eine Marktwirtschaft zu Recht sozial nennen.

Was nach unten gilt, gilt nicht nach oben. Es ist unsinnig zu fragen, um welchen Faktor die Einkünfte eines Fußballstars höher sind als die einer Kassiererin. Weil es nicht so ist, dass auch die nette Kollegin aus dem Aldi die Tore schießt, mit denen der junge Schnösel auf dem Platz das Spiel gewinnt und seinem Verein Millioneneinnahmen beschert.

Die Regel von den gleichen Löhnen für gleiche Arbeit mag Sinn machen. Aber der Arbeitsmarkt für fähige Vorstandsvorsitzende eines Bankhauses ist ein anderer als der Arbeitsmarkt für Fliesenleger. Bertolt Brecht hat das berühmte Wort geprägt: „Was ist der Einbruch in eine Bank gegen den Besitz einer Bank.“

Recht so, aber dann darf der Bankbesitzer auch freihändig entscheiden, was er seinem Spitzenmann zahlt. Bei Aktiengesellschaften ist das die Gemeinschaft der Anteilseigner, sprich die Hauptversammlung. Eigentümer können in diesem Land mit ihrem Geld machen, was sie wollen; es auf dem Balkon verbrennen oder einem Topmanager hinterherwerfen.

Anders stehen die Dinge bei öffentlichen Banken, da sind für die Allgemeinheit Politiker in der Verantwortung, eben diesen Eigentümer, den Steuerzahler, angemessen zu vertreten.

Aber auch da gilt das Gesetz des relativen Arbeitsmarktes. Niemandem ist gedient, wenn man für kleines Geld große Pfeifen einstellt. Dass in unseren öffentlichen Banken aufgeblasene Versager für sattes Geld gewirkt haben, ist eine andere Geschichte.

Boni lenken Manager; aber die Geschäftspolitik, für die es Boni gibt oder keine, ist eine Verantwortung der Eigentümer. Sollten diese gemeingefährlich sein, so ist eine Bankenaufsicht gefordert. In aller Härte, mit aller Konsequenz, am Ende auch mittels der Verstaatlichung.

Das Schlagwort der sozialen Gerechtigkeit mag fallen, wenn es um eklatante Mängel in der sozialen Sicherung geht. Ein Bürger ohne bezahlbare Krankenversicherung etwa, das ist ein Skandal. Aber es ist immer in sich falsch, weil es soziale Gerechtigkeit nicht gibt.

Der Staat hat Rechtsgleichheit zu garantieren, vor allem Chancengleichheit. Aber er hat kein Mandat, die Tüchtigen im Namen der Faulen zu bestrafen oder auch nur den Glücklichen etwas von der Gunst Gottes zu nehmen und es den Unglückseligen zu schenken.

Die Natur wie das Leben und die Gesellschaft sind nicht gerecht und gleich, im Gegenteil; erst der moderne Staat schafft einen egalitären Boden durch Rechtsgleichheit. Die christliche Identität meint: Wir wollen niemanden verkommen lassen, schon gar nicht, wenn er unverschuldet in Not ist. Aber einen politisch legitimen Auftrag zu einer Diktatur des Mittelmaßes, den gibt es nicht. Nicht mal gegenüber Topmanagern, die unser Mitgefühl wahrlich nicht brauchen, zumal wenn die Boni stimmen.

Was heißt das alles ethisch? Bomben-Boni und Mindestlohn sind zwei Seiten einer Medaille. Für die Arbeitnehmer mögen starke Gewerkschaften kämpfen, gut so. Den Managern sollen Wirtschaftsprüfer, Steuer und Bankenaufsicht auf die Finger schauen, recht so.

Aber einen sozialverträglichen Bonus, den die verschnurgelten Kleinbürger Seehofer, Westerwelle und Merkel festlegen und dabei opportunistisch in die BILD schielen, was die Stimme des Volkes sagt, das ist Murks nach Marx.

Man kann den Kapitalismus nicht dadurch bändigen, dass man ihn Beamten übereignet. Banken funktionieren nicht als Behörde, weil auf den Kapitalmärkten Raubtiere und Schlitzohren agieren, jedenfalls keine Amtsschimmel und Sesselpupser.

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3 Gedanken zu “Bomben-Boni und Mindestlohn – zwei Seiten einer Medaille;”

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    Herr Kocks, wissen Sie nicht, daß die Steuerzahler mit einer dreistelligen Milliardenhöhe aufgrund der Zockerei belastet sind? Daß die Boni nun mal etwas mit der Finanzkrise zu tun haben?
    Zwar müssen die Aktionäre als Eigentümer auf der HV dem zustimmen, jedoch waren die Zinsen und Dividenden ür sie so gut, daß sie die Boni selbstverständlich durchwinkten. Und die Kungeleien und Verflechtungen zwischen Vorständen und Aufsichtsräten ist bekannt.
    Beispielsweise saßen bei der IKB (Privatbank)führende Leute aus Industrie und anderen Banken im Aufsichtsrat.
    Bezüglich Umsatzsteuer:
    Die USt-Erhöhung zum 1.1.07 war eine Kompensation der Plünderungen der öffentlichen Haushalte im Bereich Personen- und Ertragssteuern. Die Banken und Konzerne wurden dadurch bedient (über Geldanlagen).
    Was die Begrenzung der Boni als Präventiv-Maßnahme mit Marx oder DDR-light zu tun, erschließt sich mir nicht. Die Regierung hat ein Eid geleistet, nämlich Schaden vom Volk abzuwenden.
    @lecker: In jeder Firma gibt es Eigentümer. Bei Kapitalgesellschaften sind es die Aktionäre (Mehrheitsaktionäre gibt es meines Wissens überall) oder Gesellschafter(bei GmbHs).
    Ein Aufsichtsratsmitglied ist nicht angestellt, sondern besitzt ein Mandat – steuerlich werden seine Einkünfte wie bei Freiberuflern behandelt. (Er hat ja den Vorstand zu kontrollieren und ist ihm nicht unterstellt.)

  2. avatar

    Der Eigentümer soll über die Höhe der boni entscheiden.
    Bei vielen Firmen gibt es keinen Eigentümer im eigentlichen Sinn weil es keinen Mehrheitsaktionär gibt.
    „Meediatisiert“ heisst wohl, Konzerne sind kein Eigentum im klassischen Sinne. Die angestellten Aufsichtsräte und Vorstände spielen sich wie Eigentümer auf. Nur ist ihnen das langfristige Schicksal der Firmen egal. Nach Erhalt der Boni die Sintflut.

  3. avatar

    Klaus Kocks: Recht so, aber dann darf der Bankbesitzer auch freihändig entscheiden, was er seinem Spitzenmann zahlt.

    Na. Da müsste erstmal gefragt werden
    (1) wer denn die „Bankbesitzer“ sind, insbesondere wieviele von ihnen wiederum Bezieher irgendwelcher Boni sind (Verflechtung! Banken-, Versicherungsleute, die ihrerseits irgendwelchen Aktionären „gehören“)
    (2) wer denn faktisch entscheidet, nämlich die Masse der Publikumsaktien auf den Hauptversammlungen – ohne imperatives Mandat – vertritt (Banker!)
    (3) usw. (denn (1) und (2) umschreiben nur die Spitze des Eisbergs)

    Ihr Liberalismus wäre weniger plakativ, wenn Sie sich weniger um Sozialneid als vielemhr darum kümmern würden, wie krass in unserem System Eigentum „mediatisiert“ wird und wie sehr „kapitalistische“ Grundprinzipien dadurch verfälscht werden. Sie könnten z.B. die gegenwärtige Krise des Kapitalmarkts wesentlich darauf zurückführen.

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