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Flugzeuge im Bauch

Heimlich schafft die Bundesregierung per Flugzeug hunderttausende Flüchtlinge ins Land – wie ein Internet-Hoax die „Junge Freiheit“, das publizistische Flaggschiff der Wutbürger, ins Schlingern bringt.

„Heiko“ aus der 1.593 Seelen-Gemeinde Globasnitz in Kärnten weiß Bescheid: Aufgeregt berichtet er am 6. August in seinem Blog austria-netz.de, dass am Köln-Bonner Flughafen jede Nacht „große Geheimnisse“ vor sich gehen. „Nacht für Nacht alle 3-5 Minuten“ landen dort „ab etwa 1 Uhr morgens klammheimlich Tausende Migranten“. Es seien „große Flieger“, die „über 500 Passagiere fassen“. Das gehe „jetzt schon wochenlang“, behauptet er. Woher er das weiß, schreibt Heiko leider nicht. Dafür rätselt er, woher die Flugzeuge kommen und hat einen Verdacht: „Die Herkunft kann man erahnen: Türkei, Griechenland, Italien!“ Eventuelle Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Vermutungen räumt er vorsorglich gleich aus dem Weg: „Von unseren gleichgeschalteten Medienlandschaften hört man zu diesem Zusammenhang nichts, ist aber auch egal, sollten sie etwas berichten wäre es sowieso gelogen!“ (Alle Zitate in Original-Rechtschreibung.) Weiterlesen

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Zornige Alte

 Vor einiger Zeit bekam ich von einem  alten Freund eine Mail, die mich verstörte.  Er bat mich,  die angehängte Petition gegen CETA und TTIP zu unterzeichnen. Als ich den Text  las, wurde mir klar, dass hier politische Geisterfahrer unterwegs sind.  Es wimmelte nur so von Halbwahrheiten, Verleumdungen und Verschwörungstheorien. Die amerikanischen Konzerne wurden pauschal  beschuldigt, alle sozialen und ökologischen  Errungenschaften Europas ihren Profitinteressen opfern zu wollen. Meine Erinnerung schweifte zurück: Mit dem alten Freund hatte ich in den rebellischen 68er Jahren an Demonstrationen teilgenommen, bei denen die dümmliche Parole „USA: SA – SS“ skandiert wurde. Der Freund ist nun auch schon im Rentenalter, steht aber immer noch fest in der alten Kampffront. Antiamerikanismus kann einen  ein Leben lang begleiten.   Es ist offenbar ein wärmendes Gefühl. Weiterlesen

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Occuypy Kinderzimmer

Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:

Der verkackte Bahnhof taugt nicht mehr für Protest. Die anständigen Baden-Württemberger haben eine grüne Regierung gewählt. Gebaut wird der Bahnhof trotzdem. Geschenkt. Denn jetzt geht es ums große Ganze. Occupy! Nicht nur den Schlosspark, sondern den ganzen Planeten!

Der Wutbürger ist wieder am Start, er hat die da oben im Blick: in den Regierungen, in den Hochhäusern der Banken. Der Mob möchte ernst genommen werden und weiß dabei nicht, wie eigentlich alles besser gehen sollte. Weiterlesen

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Mutbürger statt German Angst

Wir sind schon ein merkwürdiges Volk. Da taumelt Japan nach Erdbeben, Tsunami und atomarem Gau kurz vor dem Abgrund – und Deutschland hat nichts Besseres zu tun, als sich mit Jodtabletten und Geigerzähler einzudecken.

Dabei sind es doch die Menschen im Fernen Osten, die tote Angehörige beweinen, ihre Häuser verloren haben und den radioaktiven Fallout fürchten müssen. Zwischen Not und Elend der Japaner und den hiesigem Wohlergehen liegen fast 9000 Kilometer und offenbar mehrere mentale Welten.

Die Kernfrage lautet also: Warum machen wir die Katastrophen anderer zu unseren eigenen? Warum kümmern wir uns lieber um uns selbst, anstatt um diejenigen, die es viel nötiger haben? Die Antwort ist einfach: German Angst. Jenes zumeist irrationale Gefühl, alles ginge den Bach runter. Weiterlesen

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Das Hartz-Debakel und der Stillstand in Deutschland

Nichts geht mehr. Die Verhandlungen zur Hartz IV-Reform sind gescheitert und geben einen Vorgeschmack auf die nächsten beiden Jahre bis zur Bundestagswahl 2013. Die Opposition hat sich auf „Blockade“ eingestellt.

Die historische Parallele: In der Endphase von schwarz-gelb vor 1998 war es Lafontaine, der die SPD auf diese Strategie einschwörte. Jetzt ist es Gabriel. Für Merkel wird das Regieren schwieriger. Wenn Baden-Württemberg im März fällt, wird es einsam um Kohls Nachfolgerin. Weiterlesen

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Die Blindheit des Wutbürgers

Sie schimpfen. Sie wüten. Sie fordern. Weil sie enttäuscht sind. Weil sie glauben, Missstände aufgedeckt zu haben. Weil sie sich auf der richtigen Seite wähnen. Sie wollen, dass sich etwas ändert. Sie wollen die Menschen aufrütteln.

Dazu bedienen sie sich der Kraft des Wortes. Ihre Mission findet Platz zwischen zwei Buchdeckeln. Kampfansagen, die den Nerv der Zeit zu treffen scheinen und hunderttausendfachen Zuspruch erhalten. Damit enden allerdings die Gemeinsamkeiten des Deutschen Thilo Sarrazin und des Franzosen Stéphane Hessel. Denn ihre Streitschriften unterscheiden sich von Grund auf. Weiterlesen

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Der Wutbürger

Geld allein macht nicht glücklich. Das gilt offenbar auch für den inzwischen ziemlich wohlhabenden Thilo Sarrazin. Weit mehr als eine Million Exemplare seiner als Buch veröffentlichten Kampfschrift »Deutschland schafft sich ab« sind bereits verkauft worden. Doch dieser zählbare Erfolg und die damit einhergehende üppige Honorierung bereiten dem Ex-Bundesbanker kein Wohlbefinden. Der schnöde Mammon, er kann allenfalls den Schmerz ein wenig lindern. Wenn überhaupt.

Denn Sarrazin scheint zu leiden – unter Liebesentzug. Weiterlesen

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Stuttgart 21, Rente mit 67: Plädoyer für eine Politik der Standhaftigkeit

In einer modernen Demokratie geht es um Stimmen und die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger. Nicht um Stimmungen. Politiker, die Demokratie mit Demoskopie verwechseln, müssen dies zwangsläufig anders sehen. Ihnen geht es um einen permanenten Kampf der Stimmungen. Egal, ob ein Bahnhof vor bereits 15 Jahren oder eine Rentenreform von einer Großen Koalition beschlossen wurde: alles soll wieder rückgängig gemacht werden können.

Als Legitimation dienen zweifelhafte Umfragen nach dem Motto „Haben Sie Verständnis für die Proteste gegen Stuttgart 21?“ oder „Sind Sie für oder gegen die Rente mit 67?“. Solche Fragen lassen keine Differenzierung zu. Moderne Gesellschaften sind jedoch immer auch komplexe Systeme, die sich nicht auf ein banales „ja“ oder „nein“ reduzieren lassen. Weiterlesen

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