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Zur Aktualität von Martin Walsers Paulskirchenrede

Martin Walsers Paulskirchenrede von 1998 wurde vor nunmehr beinahe zwanzig Jahren wegen ihrer Kritik an der so genannten Gedenkkultur berüchtigt. Als Walser „vor Kühnheit zitternd“ behauptete, die Deutschen seien ein „ganz normales Volk“ geworden und seine Abscheu gegen die „Dauerrepräsentation unserer Schande“ bekundete, als er bekannte, er habe sich angewöhnt, bei Bildern aus den KZ „wegzuschauen“, da sprang die versammelte Elite der Bundesrepublik – mit einer Ausnahme, nämlich Ignatz Bubis – von den Sitzen auf und applaudierte. Womit sie ungewollt jenem „wirklich bedeutenden Denker“ Recht gab, der im Zentrum der Walser’schen Kritik stand, weil er von einer „moralisch-politischen Verwahrlosung“ des Landes gesprochen hatte.

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Ritualisiertes Gedenken zum Mauerfall

Vor ein paar Wochen gab Bärbel Bohley im SZ-Magazin ein langes Interview. Vieles, von dem, was sie sagt, hat mich in der Direktheit und Unkonventionalität erstaunt. Sie durchkreuzt die Linien, sagt nicht nur Dinge, die man von ihrer Generation, von den ehemaligen Bürgerrechtlern erwarten würde. Ich fand darin den Satz: “Ich freue mich, dass es die Mauer nicht mehr gibt. Aber ich habe etwas gegen Jubiläumsfeiern. Ritualisiertes Gedenken finde ich schrecklich – weil dadurch das, woran man sich wirklich erinnern müsste, begraben wird.”

Ich glaube das auch. Ich glaube, dass das dauernde Erinnern an den Mauerfall und die Wende die eigentlichen, individuellen und authentischen Erinnerungen unter sich begraben, sie abtöten. Weiterlesen

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