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Der italienische Patient

Dass Parteien vor einer Parlamentswahl den Wählern das Blaue vom Himmel versprechen, gilt in Demokratien inzwischen als normal. In Italien schlagen die Parteien, die fast alle populistisch infiziert sind,  vor der Wahl am 4. März 2018 bei ihren Versprechen alle Rekorde. Was haben sie im Angebot? Die in der Krise abgeschaffte Frühverrentung soll wieder  eingeführt, die Mindestrente soll auf 1.000 Euro angehoben werden; das erste Auto soll wie das erste Haus steuerfrei sein; die Einkommens- und Unternehmenssteuern sollen auf einen linearen Tarif von 15 Prozent abgesenkt,  der Mindestlohn soll auf 10 Euro angehoben werden; die Fernsehgebühren sollen abgeschafft werden. Italienische Zeitungen haben die Kosten für diese Orgie an Wohltaten addiert und eine Summe von über 100 Milliarden Euro veranschlagt. Weiterlesen

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EU am Scheideweg

Die witzigste Überschrift zum Brexit war auf der Titelseite der britischen Boulevard- Zeitung „SUN“ zu lesen: „See EU later“. Diese Prophezeiung könnte eines Tages in Erfüllung gehen. Wenn sich das Vereinigte Königreich demnächst in seine Bestandteile auflöst, weil sich Schottland und Nordirland abspalten, hätten England und Wales die Nachteile des Austritts aus der EU alleine auszubaden. Die ökonomischen Erschütterungen am Tage nach der Wahl lassen nichts Gutes ahnen. Der wichtigste Einpeitscher des Leave-Lagers Nigel Farage (Ukip) musste schon am Tag nach der Abstimmung kleinlaut eingestehen, dass die eingesparten Mitgliedsbeiträge nicht in das britische Gesundheitssystem fließen werden. Der Beitrag für den Verbleib im Binnenmarkt wird nämlich nur unwesentlich kleiner sein als der ohnehin schon ermäßigte britische   Mitgliedsbeitrag. Bald wird sich im Königreich Katzenjammer breit machen und die Briten werden dieselbe Lehre lernen wie die Russen: Patriotismus kann man nicht essen. Es könnte also durchaus sein, dass die junge Generation in England, die beim Brexit von der Generation Rollator düpiert wurde, eines Tages das Blatt wendet, und einen Neu-Eintritt in die EU durchsetzt. „See you later EU“. Weiterlesen

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Der reaktionäre Herr Posener und der fortschrittliche Herr Augstein

Fünfzig Prozent der Europäer fühlen sich wegen der Zuwanderung gelegentlich fremd im eigenen Land. In Deutschland sind es 53, in Italien erschreckende 70 Prozent. Nur 36 Prozent der Deutschen sind für eine „großzügige“ Vergabe von Asyl, zumal 58 Prozent Zuwanderer als „Belastung“ des Sozialsystems empfinden. In Polen, das bekanntlich keine Asylanten aufnehmen mag, aber kräftig Menschen exportiert, empfinden sogar 71 Prozent der Menschen Ausländer als Belastung. In ganz Europa sind es 54 Prozent, weshalb eine Mehrheit der Europäer gegen das großzügige Gewähren von Asyl ist. Die Westeuropäer sind mit überwältigender Mehrheit dafür, den Osteuropäern die EU-Fördermittel zu kappen, wenn sie ihnen nicht mehr Asylanten abnehmen, die Osteuropäer sind mit großer Mehrheit natürlich genauso dagegen wie sie dagegen sind, Asylbewerber aufzunehmen.

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Die Eurokrise geht in die nächste Phase

 

Um der Gefahr einer Deflation entgegenzuwirken, hat die Europäische Zentralbank noch einmal den Leitzins gesenkt. Banken müssen sogar einen Strafzins zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken wollen. Das Geld wird also billig. Gute Nachrichten für Leute, die einen Kredit aufnehmen wollen. Schlechte Nachrichten für kleine Sparer. Aber wird die Politik des billigen Kredits – wie beabsichtigt – den Volkswirtschaften am südlichen Rand der Eurozone helfen, aus der Deflationsspirale herauszukommen? Oder wird sie im Gegenteil – wie ich vermute – die Ungleichgewichte in der Eurozone noch verstärken?

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Zehn Punkte für Europa

Am 23. Januar nahm ich an einer Debatte teil, die in der Bibliothek des Europäischen Parlaments in Brüssel stattfand. Auf dem Panel saßen außer mir Richard Corbett, Berater des Ratspräsidenten Herman von Rompuy, und Silvana Koch-Mehrin, MdEP. Das Thema der von der Parlamentariergruppe „EU 40“ organisierten Diskussion war „Dream Europe: What to keep and what to cut“.

Zur Vorbereitung – und zur Einstimmung – hatte ich im Vorfeld zehn Punkte – die Zahl ist, zugegeben, etwas willkürlich – aufgestellt. Hier sind si

First: keep the dream – cut the crap. Weiterlesen

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Der Euro, das Mysterium, und Mutti, die Märchentante

Im Universum des Dummschwätzens, das unsere Zeit prägt, taucht gelegentlich ein wahrer Satz auf, der wie ein Blitz die Nacht erhellt: „Eine Staatsschuldenkrise lässt sich nicht mit immer neuen Schulden bekämpfen. Die Schuldentragfähigkeit der Griechen wurde nur auf dem Papier hergestellt. Das gilt für die ganze Euro-Rettung: Der Wunsch hat sich als Wirklichkeit maskiert.“ Unser Schicksal wird von einem Mysterium bestimmt, das wir als Euro-Krise wahrnehmen, aber nicht wirklich verstehen. Politik als Opium für das Volk. Weiterlesen

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Die Euro-Lüge zerstört Europa

„Sieg Heil!“, rief der ältere Herr in gebrochenem Deutsch mit durchgestrecktem Arm. Und mich traf der Blitz. Bis heute kann ich nicht glauben, was im Sommer 1990 in London geschah. Ich traf auf dem ehemaligen Militärflughafen Biggin Hill den Baron of Liddesdale an der Bar, eine Zigarette hing in seinem Mundwinkel.

Ich wusste sofort, wer da angetrunken vor mir stand, the Right Honourable Nicholas Ridley, bis vor kurzem im Kabinett der Eisernen Lady als Umweltminister. Weiterlesen

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Der Euro: Wunsch und Wirklichkeit

Die Einführung des Euro als Zahlungsmittel in 17 europäischen Ländern im Jahre 2002 war ein politischer Akt. Helmut Kohl löste  durch die Zustimmung zum Euro ein Versprechen ein, das er im Jahre 1990 dem damaligen französischen Präsidenten Francois Mitterand gegeben hatte.

Dieser hatte seine Zustimmung zur Wiedervereinigung Deutschlands davon abhängig gemacht, dass in der EU eine „Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion“ stattfindet. Durch den Vertrag von Maastricht wurde sie  1992 in Angriff genommen. Frankreich erhoffte sich durch die gemeinsame Währung, die wirtschaftliche Stärke des wiedervereinigten Deutschland  bändigen zu  können, indem es in den Entscheidungsprozess der 17 Euro-Länder eingebunden wird. Bei Helmut Kohl  schwang das Gefühl mit, Deutschlands historische Schuld, die es durch die  monströsen Verbrechen der Nazis auf sich geladen hatte, durch das Aufgehen in der Währungsgemeinschaft teilweise wieder gut machen zu  können. Beide Erwägungen waren ehrenwert und vom nationalen Standpunkt aus legitim. Sie waren jedoch rein politisch motiviert und hatten mit wirtschaftlichem Sachverstand wenig zu tun.  Weiterlesen

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Banküberfall auf Zypern

Langsam dämmert den Deutschen, was in Zypern gespielt wird. Als am Samstagmorgen die Nachricht über das „Hilfspaket“ für die dortige Regierung – sprich: die dortigen Banken – bekannt wurde, atmete man zunächst auf.

Deutschland wurde nicht für eine weitere Rettungsaktion in Mithaftung genommen – allenfalls indirekt durch die bereits bewilligten und bereitgestellten Fonds des “Europäischen Stabilitätsmechanismus” und durch den Internationalen Währungsfonds. Dafür sollte jeder Bankkunde in Zypern mit einer Zwangsabgabe belegt werden. Und damit, wie die Medien zunächst unisono behaupteten, treffe es vor allem „russische Geldwäscher“. Wer könnte dagegen seien, dass solche Leute ihren Teil zur Rettung des überdimensionierten und unterregulierten zyprischenBanksystems  beitragen?

Nun, Anhänger des Rechtsstaats zum Beispiel. Weiterlesen

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Ein Gespräch im Hause Springer über die Zukunft des Euro

Neulich traf ich im Bus auf dem Weg zur Arbeit einen Kollegen aus der Wirtschaftsredaktion, mit dem ich gelegentlich plaudere, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie in Fachkreisen über die Zukunft der Gemeinschaftswährung gedacht wird. Der Kollege war nicht sehr glücklich über einen Kommentar in der „Welt“, in dem die Europäische Zentralbank (EZB) unter Mario Draghi wegen der Ankündigung großer Aufkäufe von Staatsanleihen der Krisenländer als „trojanisches Pferd der Südländer“ bezeichnet worden war.

Der Kollege (K): Draghi hatte doch Recht. Und auch Angela Merkel und Francois Hollande haben Recht, wenn sie sagen, sie würden „alles tun“, um den Euro zu retten. Wir machen uns gar keine Vorstellung davon, was passiert, wenn die Eurozone zerbricht. Das wird der Untergang Deutschlands als Exportnation bedeuten.

Ich: Weil wir bislang von einer im Verhältnis zu unserer nationalen Wirtschaftskraft unterbewerteten Währung profitieren? Weiterlesen

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Warum der Euro scheitern wird

Der Euro scheitert an seinen eigenen Widersprüchen. Wenn nicht jetzt, dann später

1. Es ist ein Gemeinplatz zu sagen der Euro sei kein ökonomisches, sondern ein politisches Projekt gewesen. Diese Aussage ist nicht deshalb falsch, weil sie ein Gemeinplatz ist, aber sie bedarf der Ergänzung.

2. Ursprünglich sollte die politische Union der wirtschaftlichen Union Europas vorausgehen – oder ihr zumindest schnell folgen. Das war die Position der Bundesregierung und der Bundesbank, der Wirtschaft und der Politik, bis Anfang der 1990er Jahre. Aus welchen Gründen auch immer: Helmut Kohl gab diese Position auf. Weiterlesen

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