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Taliban in Nadelstreifen

Von Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur „The European“:

Der Ausdruck entspricht vielleicht nicht der Parlamentssprache: “Taliban in Nadelstreifen.” Gesine Lötzsch von der Linken hat aber, als sie den Begriff im Bundestag verwendet hat, dennoch ziemlich genau das auf den Punkt gebracht, was im Moment auf dem internationalen politischen Parkett passiert.

Der Euro wird angegriffen – und damit unsere politische Ordnung, die Sicherheit in der Europäischen Union. Und unser Wohlstand. Die nackte Angst grassiert: Was passiert mit unseren Rentenfonds und mit unseren Sparbüchern? Wir sprechen im Krieg gegen die islamistischen Taliban von asymmetrischer Kriegsführung. Worin liegen die Parallelen zu den Finanz-Taliban? Weiterlesen

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Was tun, wenn man immer wieder an seinen eigenen Maßstäben scheitert?

Keine Ansprache verhallt in diesen Tagen, ohne dass nicht auch ein Satz zum Thema Werte fallen würde. Wie wichtig sie sind, diese Werte. Wie entscheidend es für das Land ist, dass sich auch Banker und Manager wieder auf sie besinnen. Wie unverzichtbar es ist, dass der Anstand wieder Einzug in die deutschen Familien hält, und der ehrbare Kaufmann zurück an seinen Arbeitsplatz kehrt.

Hinter den Predigten und Appellen verbirgt sich eine aufgekratzte Ratlosigkeit: Woraus besteht denn wohl der Anstand für die Familien? Wie sieht er denn aus, der ehrbare Kaufmann des 21. Jahrhunderts? Weiterlesen

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Bomben-Boni und Mindestlohn – zwei Seiten einer Medaille

Man kann dem deutschen Volk einiges zumuten, auch wenn es um Geld geht. Eine saftige Mehrwertsteuererhöhung, das winkt der Wahlbürger durch. Ein gebrochenes Wahlversprechen zu Steuersenkungen, was soll’s ?

Wenn aber der Sozialneid angestachelt wird, dann ist Schluss mit lustig. Die Gerechtigkeitsdebatte wird grimmig, wenn es um die Boni der Banker geht. Im Englischen nennt man sie „fat cats“, die überfütterten Katzen, die sich selbst üppig bedienen. Weiterlesen

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Wer regiert? Nach dem „Kapitalismus auf Pump“ ist starke Politik gefragt

„Ich glaube an die Deutsche Bank, denn die zahlt aus in bar“. Die Zeile aus einem Song von Marius Müller-Westernhagen aus den 80er Jahren gibt einen Stimmungstrend wider, der fast dreißig Jahre angehalten hat. Zehntausende junge Abiturienten und Akademiker zog es in diesen Jahren in den Finanzsektor.

„Aus Geld Geld machen“ war das Lebensziel einer ganzen Epoche, welche der Soziologe Ralf Dahrendorf in einem fulminanten Essay kurz vor seinem Tod in diesem Jahr als „Kapitalismus auf Pump“ beschrieb. Weiterlesen

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Banker als geliebte Gangster: wie wir unseren großen Geld-Ganoven verzeihen

Im Zentrum der Weltwirtschaftskrise stehen nicht nur die Gebrüder Lehman, deren Bank der amerikanische Staat, Gott strafe ihn, fallen ließ, sondern auch Bernard Madoff, der die Gierigsten der Gierigen an der Wall Street um ihr Vermögen brachte.

Für 150 Jahre hat man ihn hinter Gitter geschickt, den Liebling der amerikanischen Finanzwelt, den geachteten Bürger gehobener jüdischer Kreise, weil er vorgegaukelt hatte, deren Vermögen in Höhe von 65 Milliarden Dollar läge sicher in seinem Safe und würde nächtens von Heinzelmännchen vermehrt. Weiterlesen

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Einigt Euch Politiker – sonst drehen Euch die Banker wieder eine Nase

Die Banker sind sich einig. Sie wollen Geld, noch mehr Geld und am besten noch sehr viel mehr Geld verdienen. Sie wollen hohe Grundgehälter, noch höhere Boni und unendlich hohe Abfindungen. Von den Pensionsregelungen ganz zu schweigen.

Wären sich doch nur die 20 Staatsoberhäupter in Pittsburgh, die sich kurz G20 nennen, genauso einig wie die Banker, dann wäre die wichtigste Voraussetzung geschaffen, ein kluges und verantwortungsbewusstes Regelungswerk zur Bekämpfung der Gier und damit zur Bekämpfung einer zukünftigen Wirtschafts- und Finanzkrise zu entwickeln.

Sind sie aber nicht. Sie tun nur so als ob. Weiterlesen

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Warum Ackermanns Prognosen unglaubwürdig sind

Wenn es noch eines weiteren Beweises bedurft hat, dass an die Prognosen von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann selbst intern niemand so recht glaubt, wurde er jetzt wieder einmal erbracht. „Ich sehe für die Finanzmärkte ein Licht am Ende des Tunnels“, freute sich Ackermann Anfang September öffentlich bei einem seiner seltenen Auftritte in Frankfurt.

Jetzt, wenige Tage später, fährt dem Banker ausgerechnet sein Chefvolkswirt Norbert Walter in die Parade. Der Ökonom warnt vor einem Dax-Absturz: „Wir haben nicht die Rezession hinter uns gelassen, sondern nur das erste U.“ Walter spielte damit auf die Diskussionen der zurückliegenden Monate an: Experten diskutierten, ob die Rezession einer V-Form (kurzer Absturz und dann schnelle Erholung) folgt, oder wie ein U einen längeren Weg durch ein tiefes Tal beschreitet – woran Walter glaubt. „Das wird die Aktienkurse belasten“, resümiert der Chefökonom der Deutschen Bank.

Sein Chef, Ackermann, wird eines Besseren belehrt. Beobachtern wird die fehlende Prognosekraft der Deutschen Bank vor Augen geführt.  Ackermanns Tunnelblick ist nichts als purer Zweckoptimismus. Das ist sehr gefährlich. Die Anleger könnten ihm glauben, sich ein weiteres Mal blenden lassen – und das Risiko eines Kurseinbruchs an der Börse übersehen.

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Die „Nie wieder“-Industrie startet durch

Im Folgenden – hier ein bisschen gekürzten und zugegebenermaßen flapsig wiedergegebenen – Brief (Original als PDF) haben die mächtigsten Ökonomen des Vereinigten Königreichs Ende Juli an Königin Elisabeth II geschrieben:

Majestät,
bei unserem Zusammentreffen im vergangenen November haben Sie gefragt, warum niemand die Krise vorhergesehen hat. Nun, wir haben am 17. Juni eine Konferenz dazu abgehalten. Mit diesem Schreiben übermitteln wir Ihnen die Ergebnisse.

Ehrlich gesagt, viele haben die Krise kommen sehen. Wir wussten halt nur nicht, wann genau sie kommt und wie heftig sie ausfällt. Es reicht aber nicht, eine Krise kommen zu sehen. Das „wann“ ist entscheidend bei der Vorhersage. Gewarnt haben viele, darunter auch die britische Notenbank. Das Risikomanagement wurde immer wichtiger. Es wurden sogar in vielen Bereichen noch extra Risikomanager eingestellt. Wir haben übersehen, dass man auch jemanden braucht, der die Summe aller Risiken einschätzt. Weiterlesen

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Zum Jubeln ist es zu früh

War das schon die Krise? Klingt so. Immerhin freuen sich Wirtschaftsforscher und Notenbanker immer freizügiger über das Ende der Rezession. Die Firmen, die sich gerade in Berlin zur Funkausstellung trafen, jubeln über dicke Auftragsbücher. Und sogar die Banker atmen auf. Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein zum Beispiel beschwörte diese Woche bei einer Stippvisite in Frankfurt das Krisenende: „Das Schlimmste liegt hinter uns!“

Seltsam. Die Krise scheint überstanden. Aber was hat sich geändert? Schließlich hatten doch die aufgeschreckten Akteure aus Politik und Wirtschaft noch vor Monaten sich in ihren Warnungen überboten. Alles werde sich ändern, nichts so bleiben, wie es war. Geändert hat sich seit dem Ausbruch der Finanzkrise, die sich schnell zu einer Weltwirtschaftskrise auswuchs, wirklich viel: Billionen von Steuergeld flossen in marode Banken, Milliarden von Anlegergeld hat sich scheinbar in Luft aufgelöst, Millionen von Arbeitsplätzen wurden ausradiert. Weiterlesen

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Was graue Anzugsträger über Arbeitslosigkeit lernen müssen

Neulich an der Supermarktkasse wurde mir wieder bewusst, dass die großen Themen der  gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen im Wahljahr 2009 auch in meinem kleinen Alltag  entnebelt werden.

Frühmorgens also in einer deutschen Großstadt, eingeklemmt in der Warteschlange einer überforderten Kassiererin. Vor mir eine übermüdete junge Mutter mit zwei kleinen, ungeduldigen Kindern und wenig Geld. Um die drei Liter Milch und  vier Bananen auf dem Band zu bezahlen, kramte sie außergewöhnlich lange die restlichen Cents in ihrem Portemonnaie zusammen. Die drei ins Leben drängenden, vor Selbstbewusstsein strotzenden jungen Banker hinter mir wurden in ihren feinen Anzügen langsam ungeduldig und machten, zunächst leise, Bemerkungen über die wohl mickrigen Finanzen der jungen Frau. Weiterlesen

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