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Liberale mit Mehrheit: „Wir sind mehr Volk!“

Es ist immer wieder interessant, den Blick in den Rückspiegel zu werfen und eigene Texte aus der Vergangenheit unter die Lupe zu nehmen. Bereits 2011 hatte ich mir die selbsternannte „schweigende Mehrheit“ vorgeknöpft und konstatiert: „Sie sind alles, aber nicht schweigend und nicht die Mehrheit.“ Hört man sich derzeit, angesichts der Flüchtlingskrise allerdings um, kommt man ins Grübeln: Gilt das noch? Oder hat sich der Wind inzwischen komplett gedreht? Eine Antwort auf diese Frage hat am Wochenende die Schweiz gegeben. Und dort zeigt sich, wenn auch knapper als wünschenswert wäre: Liberale können Mehrheit. Rechtsradikale mögen wie die Mehrheit klingen, sind es aber nicht.

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Nach Clausnitz – und davor: Braucht die Polizei uns Bürger?

Clausnitz, Bautzen und Co sind in den Medien. Gestern waren es Heidenau und Freital, vorgestern Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda (ein kleines Erinnerungsvideo, wie die Bilder sich doch gleichen). Morgen werden es beliebige andere Städtenamen sein. Keine Frage: Der Hass, auch der tödliche – ob im rechten, linken oder islamistischen Gewand –, ist in unserer Mitte. Es sind unsere Nachbarn und Arbeitskollegen, Facebook-Freunde oder sogar Familienmitglieder, die sich ihm ungehemmt hingeben – und Politik, Polizei und Staatsanwaltschaft vor Probleme stellen. Wie gehen wir nun damit um? Sollen wir auf die Kraft des Rechtsstaats vertrauen und abwarten? Oder sollen wir ihn nach Kräften unterstützen, auch wenn das heißt, regelmäßig Menschen anzuzeigen – und damit im Einzelfall auch Existenzen zu gefährden? Weiterlesen

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Rückblick auf den Ausblick – 2015 im Rückspiegel

Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich einen Jahresausblick für das Jahr 2015 gewagt und angekündigt, dass ich 100 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung spenden werde, wenn ich nicht mit mindestens acht von zehn Vorhersagen richtig liege. Das Ziel habe ich, das lässt sich an dieser Stelle schon sagen, verfehlt. Daher freue ich mich über Vorschläge für Spendenempfänger in der Kommentarspalte. Hier nun aber ein Blick auf die Vorhersagen im Detail.

  1. In Sachen Europa

Meine Hypothese war, dass Syriza bei den Wahlen in Griechenland schwächer abschneidet, als gedacht, der proeuropäische Kurs fortgesetzt und die Austeritätspolitik gleichzeitig abgeschwächt wird und der Euro bleibt. In Bezug auf Syriza lag ich offensichtlich daneben, der Rest hat sich allerdings bestätigt. Nur eben mit Syriza an der Spitze. Ich gebe mir mal einen halben Punkt. Weiterlesen

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Gestatten, ARD – Rundfunk für „besorgte Bürger“

Was ist eigentlich bei der ARD los? Während die Regionalprogramme und Spartensender ihren Bildungs- und Aufklärungsauftrag noch ernstnehmen und über die Gefahren für unsere offene Gesellschaft in hintergründigen Beiträgen und mit guten Gesprächspartnern berichten, entwickeln sich einige Zugpferde zu Steigbügelhaltern von AfD, Pegida und Reichsbürgern. Schielt man bei Plasberg, Jauch und Co eher auf die Quote als auf den eigentlichen Auftrag?

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Angst ums Abendland – Fakten gegen den Hass

Auch wenn sie leider weitestgehend untergehen zwischen den Ulfkottes, Pirinçcis, Abdel-Samads und Co., die sich derzeit die Taschen mit ihrem Hass gegen die offene Gesellschaft füllen und den Rechtsradikalen jeden Tag aufs Neue ihre Dosis Vorurteile liefern: Es gibt tatsächlich einige Bücher, die sich mit Islamismus und Islam, Flüchtlingsfrage und Integration differenziert und gut recherchiert auseinandersetzen. Einige davon will ich in nächster Zeit hier vorstellen. Und beginnen will ich mit „Angst ums Abendland“ von Daniel Bax. Weiterlesen

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Matthias Matussek und die „Arschloch-Affäre“

Matthias Matussek, mein ganz spezieller Freund von der Welt (also bis heute), muss sich nach einem neuen Arbeitgeber umschauen. Wer seinen Werdegang der letzten Jahre verfolgt hat, wird sich über den Grund für den Rausschmiss wundern. Homophobe Ausfälle? Nein, das ließ man ihm durchgehen. Antisemitische Beleidigungen? Auch das reichte nicht. Selbst das unerträglich zynische Statement zu den Anschlägen von Paris hätte vermutlich noch nicht ausgereicht. Wenn man den Medienberichten glauben kann, musste Matussek erst seine beiden Chefs, Chefredakteur Peters und seinem Stellvertreter Ulf Poschardt, als Arschlöcher beschimpfen, um gehen zu müssen. Axel Springer kann man nur raten, den Fall im Nachhinein noch einmal in Ruhe zu betrachten und zu überlegen, wie man derlei in Zukunft vermeiden kann. Aber das soll hier nicht das Thema sein.

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Wer ist eigentlich dieses „Wir“, Frau Merkel?

Der Satz „Wir schaffen das“ von Angela Merkel ist binnen kürzester Zeit zu einem geflügelten Wort geworden, im In- und Ausland. Heftig wird darum gerungen, ob er denn nun richtig oder falsch ist, ob wir eine sinnvolle Bewältigung der Flüchtlingskrise wirklich schaffen, oder nicht. Dabei gerät aus dem Fokus, dass überhaupt nicht klar ist, wen Angela Merkel mit „wir“ eigentlich meint. Die Regierung? Die Bevölkerung? Europa? Die westliche Welt? Oder gar die Menschheit?

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1000 Peitschenhiebe als Mahnung

Von Christoph Giesa:

Der deutsche Journalist Constantin Schreiber hat Texte des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi gesammelt, übersetzen lassen und als Buch herausgegeben („1000 Peitschenhiebe – Weil ich sage, was ich denke“). Nach der Lektüre erkennt man nicht nur, dass Badawi für Gedanken brutal bestraft wird, die hier in Deutschland unspektakulärer Mainstream sind. Vielmehr kann man auch Impulse mitnehmen, die der aktuellen Debatte rund um Flüchtlingsströme und Radikalisierung interessante neue Facetten hinzufügen.

Schon im Vorwort schreibt der Herausgeber:

Raif Badawi hat nicht den Weg gewählt, den Tausende andere junge Araber jedes Jahr wählen, und sich Richtung Westen verabschiedet. Dabei hat er die gleichen Beweggründe wie sie: Die jungen Saudis sind es leid, in Lebensmodelle gedrängt zu werden, die sich kaum mit der Moderne verbinden lassen. Sie wollen sagen, was sie denken; treffen, wen sie wollen; tragen, was sie mögen. Aber für diese Sehnsucht zu kämpfen und zu leiden, das trauen sich die wenigsten – und überlassen damit ihre Heimat denjenigen, die sie noch konservativer, noch strenger, noch rückwärtsgewandter machen wollen. Weiterlesen

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Radikal –ein Roman wie ein Drehbuch für die derzeitige Eskalation

Von Christoph Giesa:

Yassin Musharbash, bei der Zeit unter anderem für die Themen Islamismus und Islamophobie zuständig und Autor des Blogs zum Thema (Link: http://blog.zeit.de/radikale-ansichten/) hat ein hoch aktuelles Buch geschrieben. Allerdings nicht heute, sondern vor vier Jahren. Es beschreibt faktisch die derzeitig zu beobachtende Eskalation, die Radikalisierung der gesellschaftlichen Mitte zwischen Islamismus und Rechtsradikalismus.

Der Plot ist an sich schnell erzählt, bildet er doch nur das Grundrauschen für die erschreckende Moral des Buches. Ein gemäßigt muslimischer Grünenpolitiker wird Abgeordneter – man muss ein wenig an Cem Özdemir denken bei der Beschreibung – und sorgt für große Hoffnungen in der muslimischen Community. Noch bevor er allerdings richtig Fuß fassen kann, wird er in einer Live-Sendung, die dem ZDF-Morgenmagazin sehr ähnlich scheint, von einer Bombe getötet. Mit ihm sterben viele der anwesenden Zuschauer und Mitarbeiter. Kurz danach taucht ein Bekennervideo von Al-Qaida im Netz auf, alles scheint klar.

Die Öffentlichkeit reagiert wie erwartet: Pauschaler Hass schlägt Muslimen entgegen, die sich als Reaktion darauf tatsächlich zu radikalisieren beginnen. Eine ehemalige Mitarbeiterin des umgekommenen Politikers und ein Islamexperte erkennen allerdings, dass die Erzählung Schwächen hat. Irgendwas scheint faul. Weiterlesen

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