avatar

Nur „vergossene Milch“? Wie die FDP zwei Jahre später mit Kemmerich umgeht

Foto: IMAGO / Karina Hessland

Ein Gastbeitrag von Dorothee von Hoff

“Es interessiert einfach außerhalb Thüringens niemanden mehr. Niemand redet mehr darüber und das ist schon ziemlich lange so. Den meisten ist gar nicht klar, dass Kemmerich immer noch da ist.”, schrieb mir zum 5. Februar ein Parteifreund. Der 5. Februar, das war der zweite Jahrestag der Wahl des sechsten Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen, der zweite FDP Ministerpräsident in der Geschichte der Bundesrepublik.

Der wiedergewählte Landesvorsitzende traf sich mit dem renommierten thüringischen Journalisten Martin Debes zu einem Gespräch für die „ZEIT“. Die Lektüre lohnt sich und schmerzt den beteiligten Beobachter aber gleichermaßen. Kemmerich sagt: „Ich habe damit schon vor einer geraumen Weile meinen emotionalen Frieden gemacht.“ Alles also halb so wild, lediglich vergossene Milch? In der Landespartei möchte man nicht darüber reden. Weiterlesen

avatar

Schulen: Das Ende von Schreibpult und Fünf-Tage-Woche

Ein Gastbeitrag von Friedrich Broeckelmann

Die hilflose Suche der Kultusminister nach einem Weg zwischen Präsenz- und Distanzunterricht hat bei Eltern, Lehrkräften und Lernenden die Unzufriedenheit und teilweise Empörung über Mängel des Schulsystems nur auf die Spitze getrieben. So richtig zufrieden ist mit den Schulen kaum jemand. Unser Gastautor Friedrich Broeckelmann hat sich infolge seiner Praxiserfahrung weitere Gedanken gemacht.

Während in Partyküchen bei Gesprächen Sofortmaßnahmen entworfen werden, damit alles besser wird, entwickeln Kultusbeamte in verzweifeltem Klein-Klein immer neue Verordnungen, um alle Erfordernisse von der Begabtenförderung über die Verwendung von Laptops bis zur Hygiene auf Schultoiletten auf dem engen Raum der fünf wöchentlichen Schultage unter einen Hut zu bekommen. Weiterlesen

avatar

Über die Ästhetik der Differenz des Boykotts von Wissenschaftler*innen und Ohnmachtsgefühle der Macht

Foto: imago images / snapshot

Ein Gastbeitrag von Volker Beck

Am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, haben zahlreiche und Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen einen Aufruf gegen die BDS-Resolution des Bundestags veröffentlicht. Unser Gastautor Volker Beck findet dazu deutliche Worte.

Sorgfältig inszeniert, mutig und ambitioniert meldeten sich am diesjährigen Tag der Menschenrechte – keine 24 h nach Verabschiedung des Kulturetats durch den Deutschen Bundestag – über zahlreiche Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen mit einem Aufruf namens „Initiative GG 5.3. Weltoffenheit“ auf der Bühne des Deutschen Theaters zu Wort. Ein so breites Bündnis von vom Bund und den Ländern alimentierten Institutionen hat man lange nicht gesehen. Die „Süddeutsche Zeitung“ spricht von einem „kulturpolitischen Erdbeben“. Weiterlesen

avatar

Die transatlantische Renaissance gibt es nicht zum Nulltarif

Foto: imago images / ZUMA Wire

Ein Gastbeitrag von Volker Beck

Die kommende US-Präsidentschaft von Joe Biden bietet die Chance für eine Wiederbelebung des transatlantischen Verhältnisses. Damit diese nicht vergeben wird, muss Deutschland endlich bereit sein, im NATO-Bündnis wie zugesagt zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung zu investieren.

Ganz Europa ist erleichtert. Wenn Trump sich nicht erdreistet, gegen den Wählerwillen zu putschen, hat der vierjährige Albtraum im Weißen Haus am 20. Januar 2021 ein Ende. Die transatlantische Partnerschaft zwischen Deutschland und den USA, Brüssel und Washington kann wiederbelebt werden. Weiterlesen

avatar

Raus aus dem gallischen Dorf!

Ein Gastbeitrag von Dorothee von Hoff

Thomas Kemmerich behauptet seit Neuestem, dass nicht die Annahme seiner Wahl zum Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD ein Fehler war, sondern, der Umgang  der anderen Parteien damit. Mit dieser Sichtweise steht er innerhalb der Thüringer FDP nicht allein dar. Für das Dorothee von Hoff, selbst Mitglied der Thüringer FDP, ist das eine fatales Signal. Die jetzige Entwicklung sieht sie als Folge der fehlenden Aufarbeitung der Thüringer Ereignisse durch die FDP als Gesamtpartei.

Foto: Credit: imago images / Jacob Schröter

Als ein Lehrstück in Demokratie könnte man die Thüringer Landtagswahlen 2019 und alles was daraus folgte verstehen. Was es zu lernen gab? Viel. Allerdings gibt es darüber noch immer zu wenig Austausch, Erkenntnis und Einigkeit. Weiterlesen

avatar

Der EU den Friedensnobelpreis entziehen? – Kritik eines gefährlichen Framings

Gastbeitrag von Konstantin Sakkas

Das Flüchtlingslager in Moria auf Lesbos ist abgebrannt. Am Donnerstag nach dem Unglück trendete daraufhin auf Twitter folgender „Hashtag“: „Stück Scheiße Europa“. Europa, das heißt die Europäische Union, habe den katastrophalen Zuständen in dem Sammellager auf der griechischen Insel viel zu lange tatenlos zugesehen. Und am heutigen Freitag twitterte Michael Wildt: „Wäre es nicht eine angemessene Reaktion, wenn die Schwedische Akademie Europa angesichts dieses humanitären Versagens den Friedensnobelpreis wieder entzöge?“

Michael Wildt ist nicht irgendwer, sondern einer der profiliertesten deutschsprachigen Zeithistoriker. Er lehrt als Professor an der Humboldt Universität Berlin, 2003 wurde er mit einer Studie über die Generation des Unbedingten bekannt. Wenn jemand wie er sich Forderungen, der EU den ihr 2012 verliehenen Friedensnobelpreis wieder abzuerkennen, anschließt, dann hat das Gewicht. Die Frage ist nur: hat er damit recht?

Weiterlesen
avatar

Das Problem heißt Klasse

Warum die Leugnung sozialer Unterschiede Fremdenfeindlichkeit befeuert

Ein Gastbeitrag von Konstantin Sakkas

Wenn es je eine Leitkultur des Westens gab, dann hieß sie Ständegesellschaft. Die Unterteilung der Gesellschaft erst in Stände, dann Klassen, dann Schichten ist der vielleicht entscheidende Unterschied des Westens als Kulturregion zum Rest der Welt. Die ursprüngliche Funktion dieser Unterteilung war, die Arbeitsteilung in der agrikulturellen Gesellschaft zu gewährleisten – und die sich daraus ergebenden Unterschiede in der Vermögensverteilung zu zementieren.

Weiterlesen
avatar

Einige Anmerkungen von Gretchen Dutschke-Klotz zu Alan Poseners Text „Wann wird man den Juden Auschwitz verzeihen?“

Eine Replik von Gretchen Dutschke-Klotz zu einem Essay von Alan Posener

Sehr geehrter Herr Alan Posener,

die Fähigkeit der 68er, die rassistische Geschichte ihres Landes zu erkennen und ihr entgegenzutreten, ist ein Erfolg der 1960er Revolte. Aber in den 1970er Jahren kam es zur Solidarität mit Palästina, ohne sich die Widersprüchlichkeit dieser Position in Bezug auf Israel klar zu machen.

Weiterlesen
avatar

Eine Replik zu Alan Poseners Essay „Wann wird man den Juden Auschwitz verzeihen?“

Ein Gastbeitrag von Bruno Heidlberger

In seinem Gastbeitrag setzt sich Bruno Heidlberger mit Alan Poseners These: „die Kritik am deutschen ‚Judenknax‘ gehört spätestens seit der Studentenbewegung auch zum Arsenal linker Rhetorik“, auseinander.

Lieber Alan Posener,

wenn ich Sie richtig verstanden habe versuchen Sie in Ihrem auf diesem Blog erschienenen Essay „Wann wird man den Juden Auschwitz verzeihen?“ aufzuzeigen, dass es nicht allein rechte, sondern auch linke Varianten der Instrumentalisierung des Holocaust gibt, deren Ursprung Sie bei „den 68ern“ zu finden meinen. Sie nennen das „sekundären Antisemitismus“. Seine Instrumentalisierung, um die eigenen politischen Interessen zu befeuern, stelle ich aber vor allem auf der rechten Seite fest. Ihrem Wortspiel: „Rinks und lechts“ kann ich deshalb nur mit Einschränkung folgen.

Weiterlesen
avatar

Westliche Selbstkritik und die Feinde des Westens

Ein Gastbeitrag von Konstantin Sakkas

Die renommierte Princeton-University hat im Gefolge der Anti-Rassismus-Proteste nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd ihre School of International and Public Affairs umbenannt. Sie heißt nun nicht mehr nach Woodrow Wilson. Der 28 Präsident der USA kämpfte zwar für die internationale Verständigung nach dem Ersten Weltkrieg, aber er unterstütze auch die Rassentrennung in den USA während der Ära der Segregation. Dennoch ist die Umbenennung nicht unproblematisch.

Weiterlesen
avatar

Covid-19: die orientierungslose AfD und der starke Rechtsstaat – eine Zwischenbilanz

Ein Gastbeitrag von Bruno Heidlberger

Lange hörte man nichts von der AfD. Umso lauter waren die Corona-Rebellen und Verschwörungstheoretiker. Hauptsache „gegen die da oben“ im Namen des Grundgesetzes. Bald sprang die AfD auf diesen Zug, aber ohne nennenswerten Erfolg. Während sie immer weiter nach rechts rückte und sich von innen her zerlegt, hofft sie auf ein „Geschenk“ wie 2015. Die Ereignisse um Stuttgart nutzt sie als Reanimation. Jetzt kommt es darauf an auf der „hellen Seite zu stehen“ und den „Kurs der bürgerlichen Mitte“ nicht zu verlieren. Eine sach- und eine am Recht orientierte Analyse der Ereignisse von Stuttgart kann helfen.

Der vorübergehende Ausnahmezustand der AfD

Anfangs wirkte die AfD wie gelähmt. Sie tat sich schwer eine einheitliche Linie zu finden. Am 4. März hieß es noch, es sei ein gefährliches Virus (Alice Weidel).

Weiterlesen
Scroll To Top