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Verteidigung der Gesamtschule

Das deutsche Erbrecht kennt die Regelung, dass man ein  Erbe   ausschlagen kann. Dies ist  vor allem dann ratsam, wenn man von dem Verstorbenen Schulden erbt, die man mit dem eigenen Vermögen nicht begleichen kann. In der Politik kommt es selten vor, dass man das politische oder moralische Erbe negiert, das von einem früheren Heros der Partei überkommen ist. So sonnt sich die  CDU  heute noch im Glanze  Konrad Adenauers. In der SPD ist Willy Brandt fast zur Heiligenfigur aufgestiegen. Mit der Sachpolitik früherer Parteiführer geht man schon etwas vorsichtiger um. Manches Erbteil wird auch schlicht verweigert.  So distanzieren sich heute große Teile der  SPD  von der Agenda 2010 von Gerhard Schröder, obwohl diese Reform die Grundlage für unser heutiges Wirtschaftswachstum gelegt und den Sozialstaat vor dem Kollaps bewahrt hat. Schändlich geht die SPD heute mit einer Schulform um, die sie einst erfunden hat und die auf eine lange, ehrwürdige Geschichte zurückblicken kann: die Gesamtschule.

Die ältesten Gesamtschulen in Deutschland sind die inzwischen geschlossene  Odenwaldschule im hessischen  Heppenheim (1910) und  die Waldorfschule  in Stuttgart (1919). In der Weimarer Republik führte der Reformpädagoge Fritz Karsen in Berlin-Neukölln die Karl-Marx-Schule als Einheitsschule. 1948 wurde im Berliner Stadtteil Britz die Fritz-Karsen-Gesamtschule gegründet, die bewusst die pädagogische Tradition ihres berühmten Namenspatrons  weitertragen wollte. In der Bundesrepublik wurden staatliche Gesamtschulen ab 1967 gegründet, die erste in Kierspe (Sauerland), ein Jahr später dann mehrere Gesamtschulen in Westberlin. Andere von der SPD regierte Bundesländer folgten. Ziel sozialdemokratischer Schulpolitik war es, das dreifach gegliederte Schulsystem   zu überwinden und durch eine „Einheitsschule“, in der alle Kinder gemeinsam lernen, zu ersetzen. Da der Widerstand von konservativer Seite und vor allem von Seiten der Eltern („Das Gymnasium darf nicht sterben!“) zu groß war, begnügte sich die SPD schließlich damit, die Gesamtschule als ergänzende Schulform einzuführen.

Diese friedliche Koexistenz mehrerer Schulformen nebeneinander hatte ein Ende, als sich die SPD im Verein mit den Grünen daran machte, zwei Schulen des gegliederten Systems zusammenzulegen: Haupt- und Realschule. Die daraus entstandene Sekundarschule, die in jedem Bundesland einen anderen Namen trägt, sollte die zweite Säule des Schulsystems neben dem Gymnasium werden. Auch die  bestehenden Gesamtschulen mussten  sich in eine Sekundarschule umwandeln. Als sei der organisatorischen Verwirrung nicht genug, gründen rot-grüne Landesregierungen seit einigen Jahren eine  weitere integrierte Schulform: die Gemeinschaftsschule. Diese Schulform ist sehr umstritten, weil die Lernergebnisse der Schüler äußerst dürftig ausfallen.

Was ist der Grund für das nie erlahmende Gründungsfieber im rot-grünen Lager? Hintergrund ist der uns von der OECD ständig um die Ohren gehauene Befund, im deutschen Schulsystem sei der Schulerfolg unserer Kinder noch zu sehr an den sozialen Status der Eltern gekoppelt. Anders ausgedrückt: Die Kinder von Akademikern landeten alle auf der Universität, während die Kinder von Busfahrern oder von Müllarbeitern eine Lehre als Automechaniker oder Verkäuferin machten oder im schlimmsten Fall gar keinen Schulabschluss erreichten. Seit Jahren wird uns ins Stammbuch geschrieben, wir sollten unser Schulsystem so organisieren, dass es die Bildungschancen von Kindern aus bildungsfernen Milieus und aus dem Migrantenmilieu verbessert. Das Zaubermittel dafür sei – so die rot-grünen Bildungsplaner – die Gemeinschaftsschule.

Wie funktioniert eine Gemeinschaftsschule? Jeder Schüler erhält einen an  seinen Kenntnisstand und sein Leistungsvermögen angepassten Lernplan. Ihn arbeitet er nach eigenem Gutdünken und mit der ihm zuträglichen Geschwindigkeit ab. Da nie alle Schüler eine Lernsequenz gleichzeitig abschließen, werden die Tests zur Überprüfung des Gelernten zeitlich gestaffelt geschrieben.  Die Guten zuerst, die Schlechten zum Schluss. Ein Axiom des individualisierten Lernens ist die nur noch beratende Rolle der Lehrkraft. Sie ist nicht mehr Initiator des Lernprozesses, nicht mehr Lehrender und Erklärender, nicht mehr Inspirator und Vorbild, sondern nur noch Lernbegleiter. Die Schüler sind weitgehend auf sich allein gestellt: Das Verstehen aus eigener Kraft hat  Vorrang vor der Erläuterung durch den Lehrer.

In der Theorie hört sich all  dies gut an. Zum Glück gibt es schon Erfahrungsberichte aus den Schulen, die Einblick in die praktische Umsetzung des neuen Lernkonzepts  gewähren.  Sie trüben  das schöne Bild vom ungestörten  Lernglück. In einem Bericht beschreibt eine Mutter, wie die  Kinder der  Klasse ihres Sohnes ihre  eigene „Lernstraße“ entlanggehen, sich abstrampeln, um  sich zu den Guten hochzuarbeiten.  Ihr Fazit:  „Allerdings stellte sich schnell heraus, dass es nur für die Kinder aus dem vorderen Leistungsdrittel wirklich motivierend und gewinnbringend und leichtfüßig ist. Die Kinder der beiden anderen Leistungsdrittel, die nicht so fit sind, irren irgendwann alleingelassen und orientierungslos umher.“ Die Kinder, die mit dem durchschnittlichen Lerntempo in der Gruppe nicht mithalten können, geraten immer mehr ins Hintertreffen. Ständig sehen sie, dass ihre Mitschüler  schon mehr bearbeitete Lernblätter abgeheftet haben als sie selbst, dass sie im Lehrbuch schon zwei Kapitel weiter sind als sie. Sie bekommen mit, welche Klassenkameraden schon den ersten Lerntest schreiben dürfen. Die Mutter: „Stets wird dem Kind klar: ich hänge hintendran.“ (Alle Zitate: Arbeitskreis Schule und Bildung, Baden-Württemberg)

Auch Wissenschaftler gehen mit der Selbstlernmethode der Gemeinschaftsschule hart  ins Gericht. Der  Didaktiker Hermann Giesecke kritisiert vor allem die Überforderung leistungsschwacher Schüler: „Offener Unterricht […] hindert die Kinder mit von Hause aus geringem kulturellen Kapital daran, ihre Mängel auszugleichen.“ […] „Nahezu  alles, was die  moderne Schulpädagogik für fortschrittlich hält, benachteiligt die Kinder aus bildungsfernem Milieu.“ (2003) Die Planer der Gemeinschaftsschule dürften sich das anders vorgestellt haben. Schwache Lerner benötigen offensichtlich die helfende Hand des Lehrers, seine Erklärungen und Ermutigungen. Dies zu negieren, gehört zu den größten Versäumnissen der Selbstlerndidaktik.

Warum stellt die SPD  die Gesamtschule neuerdings  in Frage? Ideologisch geprägte Politiker stört an dieser Schulform, dass nicht alle Unterrichtsfächer integrativ unterrichtet werden, weil die Schüler in den  Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Englisch in Fachleistungskursen  lernen. Dies – so der Vorwurf – bilde das gegliederte Schulsystem, das man ja gerade überwinden wolle,  im Inneren der Schule ab, verhindere also das integrierte Lernen, das nach dem Gebot der „sozialen Gerechtigkeit“ unverzichtbar sei. Die Fixierung auf das integrative Lernen geht so weit, dass in der Hamburger Sekundarschule  („Stadtteilschule“) die Fachleistungsdifferenzierung untersagt ist. Die Differenzierung muss im Klassenunterricht stattfinden, entweder in Arbeitsgruppen oder in Einzelarbeit („Binnendifferenzierung“). Wohin ein solches Diktat führt, konnte man jüngst in einer Studie nachlesen („Kermit 2016“). Danach erreichten in den Kernkompetenzen „Leseverstehen“ 35% der Schüler nicht den geforderten Regelstandard. Von diesen Schülern  scheiterten 15% sogar am niedrigeren Mindeststandard. Im Bereich „Sprachgebrauch“ sieht es nicht besser aus. Hier verfehlten  43% der Schüler den  Regelstandard. Im Fach Mathematik gibt es einen  ähnlich  düsteren Befund:  77% der Schüler liegen  unterhalb des Mindeststandards. Beim „Englisch-Hörverstehen“ liegt  die Quote bei 48,5%.  Wie man an diesen Ergebnissen sehen kann, verhindert das Verbot der  Fachleistungsdifferenzierung Schülerleistungen, wie sie an der Gesamtschule selbstverständlich sind.

Ich habe in den 12 Jahren, die ich an der Gesamtschule unterrichtet habe, sehr gute Erfahrungen mit den Fachleistungskursen gemacht. Der Unterricht in den homogenen Gruppen verläuft entspannt, weitgehend störungsfrei. Dies gilt auch für die Kurse, in denen die lernschwachen Schüler sitzen. Sie konnten dort ohne Konkurrenzdruck lernen, weil sie nicht ständig die Überflieger vor der Nase hatten, deren Dominanz sie oft als demütigend empfunden haben. Dass die  Berliner Gesamtschulen gut arbeiten, kann man auch  an den Schulabschlüssen ablesen. Ein relevanter Anteil der  Schüler erreicht  einen höheren Schulabschluss, als er in der Grundschulprognose vorhergesagt worden war. Diese Schulform  erfüllt also durchaus die Anforderungen der  OECD:  Sie hat  die Herkunft der Schüler aus sozial schwachen und bildungsfernen Elternhäusern ein Stück weit  kompensiert.

Man kann es auch in  Zahlen ausdrücken. In Berlin erreichten im  Schuljahr 2012/2013    an der Gesamtschule 88% der Schüler den Mittleren Schulabschluss (MSA). An der Gemeinschaftsschule waren es nur 78%. In den Folgejahren hat die Schulverwaltung die Ergebnisse nicht mehr nach Schulformen getrennt ausgewiesen, weil sie die schlechten Resultate der Gemeinschaftsschule verstecken wollte.

Man kann es fast tragisch nennen, dass die SPD die Schulform, die erfolgreich arbeitet – die Gesamtschule – , aus ideologischen Gründen durch eine Schulform ersetzt, die zwar das sozialpolitische Gerechtigkeitspostulat erfüllt, aber schlechtere pädagogische Ergebnisse erzielt. Politik dient hier nicht mehr den Menschen, sondern einem Parteitagsbeschluss. „Im Mittelpunkt steht der Mensch, nicht der Einzelne.“ (Reiner Kunze)

 

 

 

 

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22 Gedanken zu “Verteidigung der Gesamtschule;”

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    Es geht also bei der Kritik ausschließlich um die Fachleistungsdifferenzierung, dh die Zuweisung zu einer homogenen Lerngruppe durch Lehrkräfte.
    Was spricht denn für eine solche Vorgehensweise? Was sind die Nachteile?
    Soweit ich sehe, wird der Verzicht auf eine frühe Festlegung in Lerngruppen – außerhalb von Berlin – nicht ideologisch vorgenommen. Intern wird sehr wohl differenziert. Was spricht denn gegen dieses – etwa in SH praktizierte Vorgehen?

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      Jedem Lehrer ist geläufig, dass der Unterricht in stark heterogenen Lerngruppen nicht allen Begabungen der Schüler gerecht werden kann, weil der Spagat zwischen einem Hauptschüler und einem Gymnasiasten nur schwer zu überbrücken ist. Selbst das ausgeklügeltste Unterrichtsmaterial zur Differenzierung kann dies nicht leisten. Der Unterricht in homogenen Gruppen hingegen ist relativ einfach und führt auch zu guten Ergebnissen. Lehrer fragen sich zurecht, warum man ihnen aus politischen Gründen eine Unterrichtssituation zumutet, die zu schlechteren Lernergebnissen führen muss. Sie fragen sich vor allem, warum die Politiker die schlechten Lernresultate (z.B. beim Vergleichstest VERA und beim Mittleren Schulabschluss) nicht zugeben und die Ergebnisse auch nicht veröffentlichen. Es bedarf kleiner Anfragen in den Parlamenten oder aufwendiger Recherchen von Journalisten, um an die gut gehüteten Geheimnisse der Lernergebnisse an Gemeinschaftsschulen zu kommen.

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    Wie ich heute weiter unten anführte: Vertragen sich nicht: Mathematik und Religiosität:

    Während im Landesdurchschnitt knapp 70 Prozent der Schüler Abitur machen, sind es bei den Muslimen nur 50 Prozent. Bei den Haredim verlassen nur 8,8 Prozent die Schulen mit dem Reifezeugnis. In ihren Schulen werden fast ausschließlich heilige Schriften gelehrt, so kommen sie ohne ausreichende Englisch- oder Mathematikkenntnisse auf den Arbeitsmarkt – mit verheerenden Konsequenzen in einem Land, das von seiner Innovationsfähigkeit und High-Tech- Exporten lebt.
    https://www.welt.de/politik/ausland/article158153077/Israel-bekommt-die-falschen-Kinder.html
    Bei beiden unvernünftige Geburtenraten. Sehr interessanter Bericht.

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    @ Monika Frommel,
    wenn die Gemeinschaftsschule eine Variante der Gesamtschule wäre, hätte keine Notwendigkeit bestanden, sie als neue Schulform zu deklarieren und auch mit einem neuen Namen zu versehen, zumal die Gesamtschule eine „Marke“ mit durchaus guter Reputation darstellt. Die SPD wollte gerade den Bruch mit dieser Form von Schule. Den Grund dafür kann man in den Schulgesetzen und Ausführungsvorschriften der betreffenden Bundesländer nachlesen. Dort wird ausdrücklich gesagt, dass an der Gemeinschaftsschule die Fachleistungsdifferenzierung – Erfolgskriterium der Gesamtschule – nicht erlaubt ist. Der Unterricht in Fachleistungskursen erinnert die SPD-Strategen zu sehr an das gegliederte Schulsystem, während die Gemeinschaftsschule das egalitäre Konzept in Reinkultur verwirklicht. Mir hat neulich die ehemalige Schulsenatorin Sibylle Volkholz (Die Grünen) erzählt, dass die Linke der SPD diese neue Schulform im rot-roten Senat von Klaus Wowereit eingeredet habe. Im Programm der Linkspartei steht folgerichtig nur noch eine Schulform: die Gemeinschaftsschule. Dass die SPD diese Schulform nun in allen Bundesländern, wo sie regiert, übernimmt, kann man als Ausdruck ihres Linksrucks interpretieren.

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    Noch einmal zu Rainer Werner und seine Kritik an der SPD:
    Die Auswahl derer, die früher eine Gesamtschule besucht haben, ist eine völlig andere als die heutige beim Wechsel in Gemeinschaftsschulen. Nach Wegfall der Hauptschule sind da nun viele Schüler mit negativen Erfahrungen. Das berücksichtigen ihr Vergleich mit den absoluten Zahlen nicht. Nun gestehe ich Ihnen zu, dass die Berliner Schulverwaltung offenbar nicht in der Lage ist, die Zahlen sinnvoll zu interpretieren, das kann so sein.
    Was die Kritik „der Praktiker“ betrifft:
    Auch eine interne Differenzierung nach Leistungsvermögen ist didaktisch umsetzen. Das muss praktisch erprobt werden.
    Mein Schluß:
    Wer Schule verbessern will, sollte konkret und konstruktiv und nicht zu politisiert an die Probleme heran gehen.
    In Baden-Württemberg etwa müssen die Lehrer lernen, dass sie jetzt nicht mehr in einem stark gegliederten Schulsystem unterrichten.
    In Schleswig-Holstein hat das Ministerium gelernt, dass zu viel Polemik Unsinn war (bezogen auf die frühere Ministerin wende).
    Was in Berlin der Grund für Unmut ist, weiß ich nicht, aber die Punkte lassen sich finden!

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    Reiner Werner, Schauen sie sich die diversen PISA Studien an: der Lernerfolg in den Gesamtschulen ist leicht unterschiedlich, insbesondere derjenigen mit Hauptschulempfehlung. Die Gemeinscsftsschule ist kein neues Modell, sondern eine veränderte Version der Gesamtschule, die SPD konstant in ihrer Bildungspolitik. Sie ignorieren wesentliche Fakten! Kritik sollte fair und informiert sein.

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    @ Oleander
    Ich bin auch für das Gymnasium, für das humanistische zumal. An dieser Schule habe ich über 20 Jahre gerne unterrichtet. Das Problem ist nur, dass nicht alle Schüler das Gymnasium besuchen können. Die Intelligenz folgt nämlich der sog. Normalverteilung, die der Mathematiker Gauß in einer Glockenkurve abgebildet hat. Man braucht also noch eine zweite Schulform neben dem Gymnasium. Bis auf Bayern ist das inzwischen in unserer Republik eine egalitäre Schulform, in der die Kinder gemeinsam lernen. Ich wollte mit meinem Beitrag verdeutlichen, dass die SPD gerade dabei ist, die erfolgreiche Schulform „Gesamtschule“ abzuwickeln und sie durch eine problematische – die Gemeinschaftsschule – zu ersetzen. Die SPD gibt dadurch nicht nur ein Stück ihrer eigenen Tradition preis, sondern negiert auch das, was in der Schulpolitik immer eine Rolle spielen sollte: die Qualität der Ergebnisse, die eine Schule zeitigt.

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      Es ist eine sehr schlüssige und gut ausgeführte Analyse.
      Es ist dagegen auch nichts zu sagen, solange Gymnasien, auch speziell ausgerichtete mit Musik- oder Kunstzweigen wie auch humanistisch-philosophische Spezialisierungen erhalten bleiben.
      Übrigens meine ich festgestellt zu haben, dass ausufernde Religiosität, hier auch semispinnerte Spriritualität, und Mathematikkompetenz auf verschiedenen Planeten wohnen.

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    @ Monika Frommel,
    wenn man eine neue Schulform gründet, sollte doch zumindest sicher gestellt sein, dass die Lernerfolge der Schüler an dieser Schule nicht schlechter sind als die an den schon bestehenden Schulen. Dies ist aber nach diversen Studien an der Gemeinschaftsschule der Fall. Der Grund liegt nach Meinung der Experten (und der Praktiker: der Lehrer) an der problematischen Didaktik: Selbstlernen der Schüler statt Unterrichtsgespräch. Davon profitieren nur die guten Schüler, während die leistungsschwachen unter die Räder kommen. Wenn ein Auto die Abgaswerte nicht erfüllt, gibt es bei uns einen Skandal. Wenn eine Schulform versagt, gibt es gesammeltes Schweigen. Deshalb mein Artikel.

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    Lieber Trute, Ihre Antwort ist ein Scherz! Selbstverständlich geht es um die Organisation des Bildungswesens und nicht um „Landesgeychichte“.

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      Liebe Frau Frommel, da haben wir uns wohl missverstanden. Ich bin bisher davon ausgegangen, beim Bildungswesen ginge es in erster Linie um Wissens- und Kompetenzvermittlung. Wenn Sie schon auf die Organisierung des Bildungswesens abheben – man kann sich auch totorganisieren! Schließlich ist München ganz anders als Simbach, Hannover anders als Groß Ilsede. Wo anfangen, wo aufhören, „organisatorisch“ auf unterschiedliche Voraussetzungen zu reagieren?
      P.S. Ich schreibe hier mit Klarnamen, genau wie Sie, nehme ich an, liebe Frommel. 😉

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    Lieber Trute,
    die Länder, insb. die Stadtstaaten unterscheiden sich sehr voneinander.
    Die Idee eines Zentralismus ist also nicht sinnvoll (Bayern, Ba-Wü und Berlin sind nicht über einen Kamm zu scheren). Die Transparenz ist mittlerweile hoch. Auch kann man gut wechseln. So viel Pfusch wie früher ist da nicht mehr!

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      Liebe Frau Frommel, regionale Gesichtspunkte können doch länderspezifisch beispielsweise im Geschichtsunterricht berücksichtigt werden. Ansonsten gilt der Satz des Pythagoras in Bayern genauso wie in Berlin.

      @RZ
      Für die Beibehaltung von Spezialschulen mit bestimmten Schwerpunkten bin ich natürlich auch.

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    In der Evaluation schnitt die klassische Gesamtschule (Ideologie der 1970 und -80er Jahre) gegenüber Real- und Hauptschule eher schlechter ab. Sie ist sehr teuer, das Sozialverhalten war – trotz Schwerpunkt – nicht besser (jedenfalls in den Tests). Die Leistungen (bezogen auf die jeweiligen Empfehlungen der Schüler) sind es auch nicht. Die Gemeinschaftsschule ist daher schlicht eine Fortsetzung der Gesamtschule mit etwas weniger finanziellen Mitteln. Je nach Politik kann dann auch noch ein Abitur (ggf. mit Kooperationen) drauf gesetzt werden. was spricht also dagegen?

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    Aus meiner elterlichen Sicht ist die Beibehaltung von gegliederten und diffferenzierten Schulformen unbedingt notwendig. Eine Einheitssschule für alle wäre eine Katastrophe. Es gibt Musik- und Sportschulen usw., und das ist sehr gut so und sollte unbedingt so bleiben., Auf einer normalen Schule können Musikbegabte ihr Musikinstrument getrost an den Nagel hängen, weil keine Zeit mehr dafür bleibt. Pausenlos muss man unsinnige Referate, Gruppenarbeiten, Projewtke usw. machen udn hat für nichts anderes mehr Zeit. Auf einer Spezialschule kann man seinen Talenten dagegen nachgehen und die Schulfächer mit reduziertem Aufwand (nur das Nötigste) betreiben. Das ist sehr gut.

    Auch das Gymnasium oder eine Leistungsklasse ist im Prinzip eine gute Sache, weil die Kinder angespornt werden, es zu schaffen. Sportlicher Ehrgeiz ist gutz, und nichts ist tödlicher als die Langeweile, wenn alle den gleichen behäbigen Trott latschen, ohne irgendetwas von ihrer Leistung zu haben. Das weiß ich gut aus eigener Schulerfahrung.

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      Großartiger Eintrag. Auf diesem Sektor denken wir ähnlich, unterschiedliche Charaktere, aber sicherlich ähnlich gute Eltern.
      Ich hätte gern wieder mehr humanistische Gymnasien.
      Gesamtschulen gehen mir am butt vorbei, aber Sozialdemokrat Werner hat sie gut überlebt und wird hier nur noch übertroffen von Kommunist Trute.

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        Lieber Oleander, Sie finden Kritik am derzeitigen organisatorischen Bildungswirrwar in Deutschland und ein Plädoyer für mehr Leistungsorientierung im Bildungswesen kommunistisch? Interessant!

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    Bildung sollte nicht Ländersache sein, wie in der Bundesrepublik, sondern zentral geregelt werden. Einheitsschule für alle, bis zur 8. Klasse. Danach gehen die ersten ab („Hauptschulabschluss“). Nach der 10. „Realschulabschluss“. Entweder auf der Sekundarschule oder – mit entsprechendem Numerus Clausus – auf dem Gymnasium. Danach 2 Jahre Abitur. Zugang hier wiederum durch NC, nicht weils die Eltern wollen… Wer trotzdem Abi machen will, kann das auf der Abendschule machen. Füllen muss man das ganze mit Geld und – vor allem – Köpfen! In Sachsen – Anhalt ist kein Geld für Lehrer da. Dafür verbrennt man Millionen für „Gender – Studien“ , dubiose Beratungsverträge mit der Privatwirtschaft und dämliche Imagekampagnen. Ach ja, am Bildungssystem wird auch wieder ein gepfuscht. Jedenfalls ist klar, wo hier die Prioritäten liegen…

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      Ich denke, es sollte so Einiges nicht Ländersache sein, zumindest nicht, wenn ‚Harmonisierung‘ von an sich klaren Sachverhalten und daraus ableitbaren Maßnahmen daran scheitert, daß Länderinstitutionen um ihre Stellen bangen (wo man übrigens bei der Wiedervereinigung bei fachlich guten Leuten wenig zimperlich war – eben nicht nur, weil diese Leute sich schuldig gemacht haben). Am Beispiel Bildung heißt das:
      Das elementare und entscheidende Wissen (und Denken), was Schüler-/innen vermittelt (!) werden sollte, ist mindestens 50 Jahre alt, eher älter. Schulen ans Netz, Informatik – alles das wird völlig überbewertet, wenn es für sich steht, was es i.d.R. tut. DER moderne Irrweg: Die Verehrung der Werkzeuge (i-pad usw.). Falsche, zeitgeistige Prioritäten, die Gegner der Moderne und Schlimmere auf den Plan rufen, die ihre politischen, ideologischen Agenden unters Volk bringen können, weil viele das Wichtige und Unwichtige (fürs eigene Fortkommen) nicht mehr unterscheiden können. Die fortgesetzten pädagogischen Experimente tun ihr Übriges. Deswegen wären zentrale Curricula, und die wirklich effektiven Formen der Wissensvermittlung, wie Darstellung des Themas im Frontalunterricht und Unterrichtsgespräch zu rehabilitieren. (ich weiß, daß viele Schüler nur noch mit den Augen rollen, wenn mal wieder eine neue Form der Gruppenarbeit an ihnen ausprobiert wird.) ich denke unser Nachwuchs hat ein Recht darauf, daß seine Lebenszeit nicht für pädagogische Experimente verschwendet wird.

      (Interessant in diesem Zusammenhang, daß die EU-Bürokratie, die bisher sehr wohl vieles harmonisiert hat, von den gleichen Leuten gescholten wird, die mir vermutlich oben zustimmen würden.)

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