avatar

Wiederkehr des Verdrängten: Kauft nicht bei Juden

Die Fotos findet man in allen Geschichtsbüchern. SA-Mitglieder belagern jüdische Einrichtungen, an denen sie Plakate angebracht haben: „Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei Juden!“ – Die Schaufensterscheiben und Fassaden der Geschäfte haben sie mit Judensternen beschmiert und für diejenigen, die dieses Symbol nicht kennen, in Großbuchstaben in weißer Farbe dazu geschrieben: „J U D E !“

Das geschah am 1. April 1933, nur zwei Monate nach der Machtübertragung an Adolf Hitler und seine NSDAP. Dieser Judenboykott war generalstabsmäßig vorbereitet. Im ganzen Reich sollten am frühen Morgen jüdische Geschäfte, Warenhäuser, Rechtsanwaltskanzleien, Notariate und Arztpraxen von SA-Einheiten abgeriegelt und die nichtjüdische Kundschaft am Betreten gehindert werden. Schon im ersten Parteiprogramm von 1920 hatte die NSDAP angekündigt, dass sie, wenn sie an die Macht komme, alle Juden aus dem Wirtschaftsleben „entfernen“ wolle. In einem hatte sich die NSDAP allerdings verrechnet: Die Bevölkerung stand dem Boykott so passiv gegenüber, dass man die Abriegelung der Geschäfte kaum mit der Vollstreckung des „Volkszorns“ begründen konnte. Der Boykott wurde deshalb schon am Abend des 1. April für beendet erklärt. Er gilt dennoch als der erste schwerwiegende Angriff auf die Juden im Deutschen Reich nach Machtantritt Hitlers.

Szenenwechsel: Ende November 2015 wird bekannt, dass das Flaggschiff der Luxuskaufhäuser Berlins, das KaDeWe, Weine aus Judäa, Samaria (Westjordanland) und von den Golanhöhen (ehemals Syrien) aus den Regalen genommen hat. Eine Sprecherin des Kaufhauses, das zwei Investoren aus Österreich und Italien gehört, bestätigte diese Maßnahme vor der Presse. Sie berief sich dabei auf eine Vorgabe der EU-Kommission, die allen 28 Mitgliedsstaaten der EU auferlegt, jüdische Produkte, die aus dem Westjordanland, Ostjerusalem und den Golanhöhen stammen, besonders zu kennzeichnen. Das Etikett „Israel“ reiche dafür nicht mehr aus. Die EU-Kommission möchte mit dieser Verordnung den Kunden die Entscheidung ermöglichen, ob sie Waren aus den von Israel besetzten und besiedelten Gebieten kaufen möchten oder nicht. Es handelt sich um eine indirekte Aufforderung zum Boykott.

Pikant dabei ist, dass das Kaufhaus KaDeWe in jüdischem Besitz war, bis es von den Nazis enteignet wurde. Adolf Jandorf hatte es 1907 als Nobelkaufhaus gegründet. Es sollte „die verwöhnten Ansprüche der oberen Zehntausend, der obersten Eintausend, der allerobersten Fünfhundert“ befriedigen, wie eine Berliner Zeitung damals schrieb. Die israelische Regierung, die Jüdische Gemeinde in Deutschland und die Gesellschaft für deutsch-israelische Freundschaft drückten ihre Empörung über das Vorgehen des Kaufhauses aus. In der deutschen Politik hielt sich der Protest in überschaubaren Grenzen.

Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern wird durch den Warenboykott auf einen Schauplatz verlagert, der die politische Sphäre eindeutig verlässt. Der Boykott trifft jüdische Menschen: den Olivenbauer in Samara, den Weingärtner in Katrzin (Golanhöhen) und den Zitronenhändler aus Ostjerusalem. Sie sollen geschädigt werden, obwohl sie genauso wenig Einfluss haben auf die Politik ihrer Regierung wie die Bürger in Deutschland. Oder handelt es sich um eine Kollektivstrafe dafür, dass die Wähler erneut dem konservativen Likud die Regierungsverantwortung anvertraut haben? Der Präsident der Knesset Yuli Edelstein äußerte bei seinem Deutschlandbesuch die Befürchtung, dass der Boykott Tausenden palästinensischen Arbeitern auf den Plantagen und in den Weinbergen der Israelis den Job kosten könnte.

Ein Blick zurück: Am 10. Juni 1967 endete der sog. Sechstagekrieg Israels gegen seine arabischen Nachbarn. Unmittelbare Auslöser des Krieges waren die ägyptische Sperrung der Straße von Tiran für die israelische Schifffahrt, der von Nasser erzwungene Abzug der UNEF-Truppen vom Sinai und ein ägyptischer Aufmarsch von 1000 Panzern und fast 100.000 Soldaten an den Grenzen Israels. Ein israelischer Präventivkrieg war unvermeidlich. In sechs Tagen wurden die Armeen Ägyptens, Syriens und Jordaniens geschlagen und große Teile der an Israel grenzenden Gebiete besetzt: die Golanhöhen, die Sinai-Halbinsel, der Gazastreifen und das Westjordanland mit Ostjerusalem. Die arabischen Führer hatten vor Ausbruch des Krieges keinen Zweifel an ihren Kriegszielen gelassen. Am 27. Mai 1967, also kurz vor Kriegsausbruch, verkündete G. A.  Nasser, der Präsident Ägyptens: „Unser grundlegendes Ziel ist die Vernichtung Israels. Das arabische Volk will kämpfen.“ Der syrische Präsident Mustafa al-Atassi äußerte sich ähnlich.

Der israelischen Führung war klar, dass der Sechstagekrieg, der in Israel als dritter Befreiungskrieg seit der Staatsgründung 1948 gilt, nicht der letzte gewesen sein wird, solange die arabischen Nachbarn von dem Ziel, Israel als Staat zu vernichten, nicht ablassen würden. Israel musste deshalb Vorsorge treffen, um auch die in der Zukunft noch drohenden Kriege erfolgreich bestehen zu können. Deshalb wurden wichtige Teile der eroberten Gebiete als Pufferzonen unter israelische Verwaltung gestellt: der Gazastreifen, das Westjordanland und die Golanhöhen. Ostjerusalem wurde dem israelischen Staat als ewige heilige Staat einverleibt. 1981 annektierte Israel auch die Golanhöhen. Dieser Schritt wurde vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für null und nichtig erklärt. Dieses Votum wurde wiederum von Israel nicht anerkannt. Aus dem Gazastreifen hingegen zogen sich die Israelis 2005 unter Ministerpräsident Ariel Scharon wieder zurück. Sie räumten dabei alle zuvor errichteten Siedlungen. 2007 kam im Gazastreifen die radikalislamische Hamas an die Macht, die Israel von dort aus immer wieder mit Raketen angreift.

Komplizierter ist der Status des Westjordanlands. Im Teilungsplan der UN-Vollversammlung von 1947 wurde es dem zu gründenden arabischen Staat zugesprochen. Die Palästinenser und ihre arabischen Bündnisgenossen lehnten jedoch die Gründung Israels ab und verlangten dessen Staatsgebiet für sich. Unmittelbar nach der Staatsgründung begannen sie gegen den jungen israelischen Staat einen Krieg. Während des Kriegs annektierte Jordanien das Westjordanland. Dieser illegale Akt wurde von der Staatengemeinschaft nicht anerkannt. Dennoch verblieb das Gebiet bis 1967 in jordanischem „Besitz“. Seit 1993 werden Teile des Westjordanlands von der Palästinensischen Autonomiebehörde (PNA) verwaltet. In den 1990er Jahren wurden im sog. Oslo-Friedensprozess weitgehende Annäherungen zwischen beiden Kontrahenten erzielt. Den Palästinensern sollten Stück für Stück weitere Gebiete zur Selbstverwaltung übergeben werden, bis schließlich ein eigener palästinensischer Staat erreicht wäre. Die zweite Intifada von 2000 und der Bau weiterer jüdischer Siedlungen rund um Jerusalem untergruben den Friedensprozess, der heute vollständig zum Erliegen gekommen ist.

Es war ein historischer Fehler Israels, dass es die im Sechstagekrieg eroberten Gebiete, vor allem das Westjordanland, nicht sofort und für immer annektierte. Dann hätte es die Chance gehabt, sie dauerhaft zu befrieden, weil klar gewesen wäre, dass auf israelischem Staatsgebiet nie ein zweiter Staat Palästina hätte entstehen können. Das Israel nach 1967 wäre dann ein multiethnischer und multireligiöser Staat gewesen, wie es einige Gegenspieler von Ben Gurion, z.B. Moshe Sharett, schon bei der Staatsgründung 1948 vorgeschlagen hatten. Der israelische Schriftsteller Amos Oz spielt in seinem jüngsten Roman „Judas“ dieses Szenario eines ethnisch gemischten Israel durch. Dieser multiethnische Staat Israel hätte den Palästinensern unter dem Dach des Einheitsstaates in ihren Siedlungsgebieten eine weitgehende Autonomie, etwa nach dem Vorbild des Baskenlandes, gewährt. Sie hätten dann von der wirtschaftlichen Stärke Israels profitiert und nicht mehr wie heute als Arbeitsmigranten um Jobs in israelischen Fabriken, Baufirmen und Plantagen betteln müssen. Wir wissen: Wohlstand ist die beste Gewähr dafür, dass sich die Menschen gewalttätiger Mittel enthalten. Und ein Leben in Wohlstand und Würde können weder die korrupte PLO-Verwaltung noch die eifernde Hamas ihren Bürgern gewährleisten. Beide „Staatsgebilde“ hängen am Tropf internationaler Sponsoren, in erster Linie der Europäischen Union. Ohne diese Hilfe brächen ihre Ökonomien sofort zusammen.

Ein ungeschriebenes Gesetz der Geschichte besagt, dass nach einem Krieg der oder die Sieger sich einen Teil des Landes der unterlegenen Macht einverleiben: als Beute und als Puffer, um bei weiteren Kriegen bessere Verteidigungsmöglichkeiten zu besitzen. So geschah es nach dem Ersten Weltkrieg, als Deutschland 13% seines vorigen Staatsgebiets und 10% seiner Bevölkerung verlor. Noch gravierender waren die Verluste nach dem Zweiten Weltkrieg. Deutschland verlor das Elsass im Westen sowie Ostpreußen, Pommern und Schlesien im Osten. Bis auf die Heimatvertriebenen und versprengte Anhänger nationalistischer Gruppierungen fanden sich alle mit dem Verlust ab. Er wurde als „Entschädigung“ für die grauenvollen Verbrechen gewertet, die Deutschland unter den Nazis in Europa begangen hatte (Aggressionskrieg, Judenvernichtung).

Mit demselben Argument hätte sich Israel die 1967 gewonnenen Gebiete aneignen können: als Entschädigung für die Kriege, die die arabischen Länder seit 1948 gegen das Land vom Zaun gebrochen haben, und als eine wichtige Garantie dafür, dass die Heimstätte der Juden (Eretz Israel) dauerhaft überleben kann. Das Gedächtnis der Staatengemeinschaft ist, wie man an aktuellen Ereignissen ablesen kann, recht kurz. Vor zwei Jahren hat Russland seinem Nachbarn Ukraine die Halbinsel Krim weggenommen – ein klarer Bruch des Völkerrechts. Heute gibt es in Europa schon wieder Politiker (bei uns vor allem in der SPD), die die Syrienkrise zum Anlass nehmen, die gegen Russland verhängten Sanktionen lockern oder ganz aufheben zu wollen. Ich wage die Voraussicht, dass in zehn Jahren kein Mensch mehr über die Krim reden wird. Es wird sogar wieder einen florierenden europäischen Tourismus an die Strände des Schwarzen Meeres geben. Mir ist auch nicht bekannt, dass die EU-Kommission russische Erzeugnisse darauf hin untersucht, ob sie nicht auf der Krim hergestellt worden sind, für die ein Embargo der EU gilt.

Ein besonders dreiste Annektierung leistete sich die Volksrepublik China mit Tibet. 1950 eroberte die „Volksbefreiungsarmee“ Tibet und verkündete den „Anschluss an das chinesische Mutterland“. Tibet war seit 1913 ein selbständiger Staat gewesen. Heute wird Tibet von den Chinesen wie eine Kolonie gehalten: Die tibetische Kultur und Religion werden unterdrückt, die Ur-Bevölkerung durch die massenhafte Ansiedlung von Han-Chinesen zur Minderheit degradiert. Die Tibeter dürfen keinen Reisepass besitzen, so dass sie Tibet nicht verlassen können. Für die Annektierung Tibets durch die VR China gab es keinen triftigen Grund, außer dem Machtstreben der Kommunisten. Dem Überfall war weder eine Krise noch ein Krieg vorausgegangen, wie das bei den Annektierungen, die ich oben geschildert habe, der Fall war. Wer in der Welt stellt heute noch diesen illegitimen Gewaltakt in Frage? Wer würde es sich ökonomisch mit China verscherzen wollen, indem er die Tibet-Frage neu aufrollt? Und ist die EU-Kommission je für eine Kennzeichnungspflicht chinesischer Produkt aus Tibet eingetreten?

Antisemitismus hat viele Gesichter. Heutzutage tarnt er sich besonders gut, weil sich niemand dem Stigma, ein offener Antisemit zu sein, aussetzen möchte. Die raffinierteste Spielart dieses ewigen Ressentiments geht so: Von 100 Konflikten in der Welt sucht man sich einen heraus, an dem man dann die Frage der Menschenrechte durchdekliniert. Der Palästinakonflikt bietet die Chance, das Fehlverhalten Israels exemplarisch nachzuweisen (Motto der sog. Antizionisten: „Die Juden sind die Nazis von heute“). Wie man früher die „jüdische Rasse“ auf negative Merkmale hin untersuchte, macht man heute Fehler der Juden in Israel dingfest. Antisemitisch daran ist, dass man die Juden für etwas kritisiert, was man anderen Völkern und Staaten stillschweigend durchgehen lässt.

Wenn sich Deutsche an diesem traurigen Spiel beteiligen, ist es besonders peinlich.

Shares
Folge uns und like uns:
error20
fb-share-icon0
Tweet 384

8 Gedanken zu “Wiederkehr des Verdrängten: Kauft nicht bei Juden;”

  1. avatar

    „Die Kennzeichnungspflicht halte ich jedoch für richtig und wichtig, weil eben eigener Meinungsbildungsprozess und eigene Handlungsverantwortung und leben nach Idealen und ausleben seiner eigenen Meinung.“

    Den Eindruck, dass das besonders wichtig ist, wenn Juden im Spiel sind, werde ich auch nicht los. Warum werden eigentlich Produkte aus Wallonien nicht gekennzeichnet? Immerhin wird Flandern seit Generationen ausgebeutet (so flämische Stimmen). Was ist mit Basken oder der ungarischen Teilen der Slowakei? Was ist aus dem Elsass oder Schlesien? Spielt alles keine Rolle, für die Meinung. Erst wenn Juden ins Spiel kommen, bricht der Idealismus der freien Meinungsbildung aus. Dann setzen wir alle Zusammenhänge auf 0 und tun mal so, als ob wir uns solchen Fragen zum ersten Mal nähern.

    „Doch ob das etwas mit Antisemitismus zu tun hat, wage ich stark anzuzweifeln.“ Ich nicht.

  2. avatar

    Ich verstehe denn Punkt des Autors, und gebe ihn recht, dass es doppelmoralisch ist, wenn man Isreals Produkte aus besetzen und umstrittenen Gebieten boykottiert jedoch bei andern Produkten aus ähnlichen kritischen Gebieten mit solchen Hintergrund eben nicht boykottiert.

    Die Kennzeichnungspflicht halte ich jedoch für richtig und wichtig, weil eben eigener Meinungsbildungsprozess und eigene Handlungsverantwortung und leben nach Idealen und ausleben seiner eigenen Meinung.

    Doch ob das etwas mit Antisemitismus zu tun hat, wage ich stark anzuzweifeln. Vorallem weil die Hintergründe bei verschiedenen Produkten und ihren Ursprunggebeieten doch meist komplex sind, und man nicht alles wissen kann.

    Wenn man dann noch anfängt, sich nicht doppelmoralisch bei Boykottiergeschichten zu verhalten, kommt man irgendwann an dem man sich ein Stück Land selbst zu kaufen müsste und sich komplett selbst zu versorgen.

    Dieser Antisemitismusvorwurf allgemein – bei Berlins bekanntestem Laden ist die Kritik verständlich – ist bei allem Verständniss für den Kritikpunkt an der Doppelmoral nicht nachvollziehbar und entarnt sich selbst als übereifriger Vorwurf und eine Angst/Meinungs/Vorurteilskeule, die unverhältnissmäßig am Ende des Artikels geschwungen wird .

    Außerdem scheint es mir hier, dass der Autor zwischen einem Staat und einer Religion selbst nicht unterscheiden möchte, aber im Gegenzug Kritik an staatlichen Problematiken gleich als religösen Rassismus abtut.

    Ich würde es positiven Antisemitismus/Rassismus nennen weil es das selbe ist wie etwa, jemanden weil er eine andere Hautfarbe hat, Vorteile zu bieten.

    Das halte ich persönlich für falsch. Die Kritik am Staat Isreal, an seinen Politikern ist politisch zu halten, und sollte nicht mit einer Religion argumentiert werden. Weder von den Kritikern noch von Leuten, die gegenkritisieren – wie der Autor hier.

    Wie erwähnt starke Meinung – hihi ist ja auch der Titel der Webseite – und Position des Autors, aber das Ende des Artikels, der Vorwurf des Antisemitismuses, weil man etwas boykottiert, was man für verwerflich hält, halte ich für übereifrig und sollte vom Autor selbst noch einmal überdacht werden.

    Es sei denn ich darf die CDU/CSU nicht weiter kritisieren, weil ich sonst gegen christliche abendländische Traditionen und Werte verstoßen würde und so ein Antichrist wäre …. *Als ob einen Athisten wie mir die Bezeichnung „Antichrist“ nicht gefallen würde hihi*

    Friede im Herzen

  3. avatar

    68er: … sind die Besetzungen Israels, die von der UN missbilligt wurden und werden, OK?‘

    Israel siedelt nicht in besetzten Gebieten. Das West-Jordanland, im Neuen Testament Judäa und Samaria, hat keinen Status als eigenständiges Staatsgebilde, bestenfalls ist es umstrittenes Gebiet. Wäre ich Israeli, würde ich, so aus diesen Gebieten Terror droht und wie er tatsächlich, seit Israels Staatsgründung ’48 [sic!], von dort kommt, ähnlich handeln. Auch mit Siedlungsbau.

    Ansonsten kennt das Völkerrecht keine einseitigen Territoriumserweiterungen. Womit ich dann bei R.W. bin, ‚dass alle Verstöße gegen das internationale Völkerrecht von Übel sind,‘ und wir damit in Deutschland von 1918 bis 2015 wären.

  4. avatar

    @68er
    Vielleicht können wir uns darauf verständigen, dass alle Verstöße gegen das internationale Völkerrecht von Übel sind. Mein Beitrag richtet sich gegen eine Haltung in der Welt (leider auch in Deutschland), dass man Israel für Dinge an den Pranger stellt, die man anderen Staaten stillschweigend durchgehen lässt. Eine solche „Sonderbehandlung“ der Juden lehne ich ab. Sie weckt auch ungute Erinnerung an finstere Zeiten.
    R. W.

  5. avatar

    Es ist schon ein haarsträubender Vergleich, wenn man die (schnell korrigierte) Fehlentscheidung des KaDeWe auf eine Stufe stellt mit dem Boykott jüdischer Geschäfte durch die Nazis am 1. April 1933.

    Und zu behaupten, dass Israel eine Chance gehabt hätte, den Konflikt mit den Palästinensern dauerhaft zu befrieden durch die Annektion aller 1967 eroberten Gebiete, weil dann „klar gewesen wäre, dass auf israelischem Staatsgebiet nie ein zweiter Staat Palästina hätte entstehen können“, wie der Autor schreibt, ist reines Wunschdenken. Gar nichts wäre dadurch klarer gewesen.

  6. avatar

    Ich wünsche es Israel so sehr, nach einer solchen Historie des ungerechten Leides seit Jahrhunderten, und auch jetzt so bedroht! – dass ein nachhaltiger, echter Friede geschaffen werden kann, der keine Panzer mehr benötigt. Ich wünsche auch – und zwar nicht als Gegensatz mit „aber“ -, den Palästinensern, denen es schlecht geht, und die ihr Land, Palälstina, erhalten müssen, um dort etwas frei und zukunftsorientiert aufbauen zu können. Das haben sie verdient.
    Ich bin, lieber Herr Posener, davon tief überzeugt, dass nur(!) eine Politik, die diese Zweistaatenlösung angeht, ist eine, die die Menschenwürde achtet, die nicht eine des bloßen Stärkeren ist – Vielleicht wissen selbst Leute wie Netanjahu, v.a. aber der einfache israelische Bürger gar nicht, wie es wäre, wenn wirklich Frieden wäre – welcher unterschwelliger Druck, Belastung oder Angst dieses jetzigen üblen Dauerzustands verschwinden würde, eine Belastung, die vielfach ja sicher noch mit dem Holocaust zusammenhängt, und dem NIE WIEDER! – nichts ist verständlicher und berechtigter: Einen neuen Holocaust zu verhindern ist sicher Ziel vieler „starker“ Maßnahmen Israels, nie mehr dos Kelbl zu sein, das zur Schlachtbank geht – aber es geht ja um noch mehr im Grunde: eine Art „Systemwechsel“ – dass es nämlich einen jüdischen Staat wird hoffentlich geben können, wo solche schrecklichen Befürchtungen – der Bedrohung von allen Seiten, des antisemitischen Hasses, des Holocausts als evtl. wieder möglicher Auslöschung des israelischen Staates – hoffentlich gar nicht mehr aktuell oder möglich sind.
    Je früher die Politikänderung anfängt, die so respektvoll den Palästinensern ein „Zuhause“ zulässt, desto weniger Leid und Tote – und das Zugehen auf die Palästinenser, was wäre denn ein größeres Zeichen von Stärke – und menschlicher Größe? Und aus bloßer Machtpolitik kann eine kooperierende, die Beziehungen auf eine neue Basis stellende, und militärisch immer noch (wenngleich mit Veränderungen) abgesicherte neue Politik werden. Die gewisse militärische Schwächung durch eine territoriale Veränderung im Zug eines Staates Palästina muss durch Vereinbarungen, etwa einer israelischen Präsenz im Palästinenserstaat bis auf Weiteres etc. ausgeglichen werden. Der größte Ausgleich sollen aber Frieden und Zusammenarbeit beider Staaten sein – schrittweise vorangehend, aber nicht zurückgehend durch falsche Maßnahmen. Das wäre ein außergewöhnlich mutiges und menschliches, aber nicht naives sondern weiter wehrhaftes, souveränes Israel, ein Beispiel für andere Völker.

  7. avatar

    Immerhin hat das KaDeWe den Boykott rückgängig gemacht, und das Management sich entschuldigt.
    Und: In der Tat waren die Reaktionen der deutschen Politik „überschaubar“, wie du schreibst. Positiv hervorgetan hat sich vor allem MdB Volker Beck von den Grünen. Auch das sollte festgehalten werden.

  8. avatar

    Ich halte solche Boykotte für falsch, wenn sie tatsächlich, wie Herr Werner richtig sagt, nur einen Konflikt herausgreift und andere nicht sanktioniert.

    Ansonsten kann ich der Argumentation aber nicht wirklich folgen, Weil die Chinesen Tibet besetzt haben oder Rußland die Krim, sind die Besetzungen Israels, die von der UN missbilligt wurden und werden, OK? Oder wollen Sie sagen, sowohl das Vorgehen der Volksrepublik China in Tibet, das Russlands auf der Krim und das des israelischen Staates im Gaza-Streifen und im Westjordanland, sind vergleichbare Rechtsverstöße?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shares
Scroll To Top