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Ein Buch, das ich nie geschrieben habe …

… weil kein Verlag es haben wollte:

Klassenkampf – Bericht vom Überleben in der Schule
Exposé

1. Ein ganz normales Jahr in einer ganz normalen Schule: Kann man aus diesem Stoff Funken schlagen? Ja, denn es ist der Stoff, aus dem die Albträume einer verängstigten Gesellschaft sind: Zuwanderung, Überfremdung, Kampf der Kulturen und Klassen. Mit Ängsten lässt sich Auflage machen; trotzdem will dieses Buch ein Beitrag sein gegen die Angst und für das Festhalten am Traum einer multikulturellen Gesellschaft


2. Die Gebrüder-Grimm-Grundschule liegt im Wedding, einem ehemaligen Arbeiterbezirk im Norden Berlins. Hier gingen früher die Kinder von Facharbeitern und Kleinbürgern zur Schule, darunter ein späterer Bürgermeister und eine Schlagersängerin. Innerhalb einer Generation wurde der Wedding zum Einwandererbezirk. Die Schule wurde unversehens und unvorbereitet zur Schule der Schmuddelkinder, der türkischen „Kopftuchmädchen“, der kleinen arabischen Machos und der Hartz-IV-Empfänger.
3. Mit diesem Buch, basierend auf den alltäglichen Erfahrungen einer ganz normalen Lehrerin, will Alan Posener die Menschen hinter dem Wort „Migranten“ zeigen, die tagtägliche Arbeit hinter dem Wort „Integration“, die Träume hinter den Albträumen. Denn es sind ganz normale Kinder, die am ersten Schultag mit großen Augen, großen Schultü-ten und großen Erwartungen durch das Tor des alten Backsteingebäudes aus der wilhelminischen Ära kommen. Ihnen begegnet die Lehrerin Luise Breslau mit Offenheit, Neugier, Hoffnung und Vertrauen. Sie hat keine besondere didaktische Methode. Sie hat wenig mehr zur Verfügung als ein unwirtliches Klassenzimmer. Sie ist bald 63, unterrichtet hier seit 35 Jahren, sie hat genug Enttäuschungen einstecken müssen, sie könnte resignieren, zynisch werden oder krank. Aber sie gibt den Kindern Liebe, und sie bekommt Liebe zurück. Und zuweilen aus Liebe auch Leistung und Erfolg.
4. Das Buch beschreibt ein Jahr in dieser ganz normalen Schule aus dem Blickwinkel Luises: Unterricht und Spiel, das Ringen um Disziplin und den Anspruch auf Spaß. Es geht um Kleinigkeiten wie das Einrichten einer Schulbibliothek, um das Anwerben von Lesepaten, die Ausbildung von Konfliktlotsen, um Lesetests und Sportfeste. Es geht um das Trösten eines Jungen, dessen gewalttätiger Vater in U-Haft kommt und eines Mädchens, das unerwartet seine erste Periode bekommt, um die unmögliche Romanze zwischen einem Tschetschenen und einer Russin und die unwahrscheinliche Freundschaft zwischen einem tiefgläubigen Muslim und einem Atheisten, um einen Legastheniker, der auf die Uni kommt und einen hochbegabten Jungen, der Drogendealer wird und sein Auto von der Stadtbrücke fährt. Es geht auch um die Kollegen und Kolleginnen: um Burnout und Resignation, um Ausländerfeindlichkeit und Ostalgie, aber auch um Einsatz und pädagogischen Eros, um Freundschaft und Hilfe.
5. Immer wieder reflektiert Luise ihren eigenen Werdegang, von der radikalen Maoistin, die „dem Volke dienen“ und ihre Arbeitereltern agitieren wollte, hin zur engagierten Demokratin, die sich mit ihren muslimischen Müttern regelmäßig zum Nachmittagstee trifft, bei dem auch mal das Kopftuch etwas lockerer sitzt, und die Zunge auch. Probleme werden hier nicht abstrakt gewälzt, es werden vielmehr Geschichten von Menschen erzählt.
6. Ist das nun ein Tatsachenbericht, eine Reportage, eine Biografie oder gar ein Roman? Ein bisschen von allem, vor allem aber ein Buch, das völlig aufrichtig sein soll und dennoch Hoffnung machen will.

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5 Gedanken zu “Ein Buch, das ich nie geschrieben habe …;”

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    Hallo Alan, ich wünsche Ihnen viel Glück mit dem Buch.Aber nach meinem Gefühl sind Sie „a little bit“ naiv.Ein nicht existentes „Produkt“anzubieten, Geld dafür kassieren und noch unter dem heute aufreizendem Titel Klassenkampf……..-in der heutigen schwierigen und vor allem konkurrenzstarken Verlagswelt.

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      Liebe Gertrude Havel, ich weiß nicht, wer von uns naiv ist. Es ist in der Verlagswelt üblich, „nicht existente Produkte anzubieten“, nämlich durch ein Exposé, und einen Vorschuss zu „kassieren“, damit man überhaupt arbeiten kann. So habe ich es mit meinen – ach, ich weiß gar nicht mehr: zehn? – bisherigen Büchern getan. Das Problem ist auch nicht der Titel, sondern der Inhalt gewesen. Berichte über gelingende normale Schule passen nicht in die, wie Sie es sagen, Verlagswelt.

    1. avatar

      Lieber Martin Jander, ich schreibe aber erst, wenn ich einen Vertrag und einen Vorschuss erhalten habe. Und dazu war kein namhafter Verlag bereit. Was auch einiges aussagt. Darum habe ich das Exposé hier veröffentlicht.

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