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Gabriel goes Google

Man muss es Frank Schirrmacher lassen: Wieder einmal ist es dem FAZ-Mitherausgeber gelungen, eine „große Debatte“ aufzuziehen, dieses Mal die „Google-Debatte“. Um es vorwegzunehmen: sie ist ungefähr so relevant wie die früheren von Schirrmacher aufgezogenen Debatten: um die Nanotechnik, die unsere Erde zu grauer Pampe reduzieren werde; um die Gentechnik, die dazu führen werde, dass genetisch durchprogrammierte Designermenschen uns beherrschen; um das „Methusalem-Komplott“ der Alten gegen die Jungen; um die Gefahr der Beherrschung von Medien und Politik durch Frauen; und zuletzt um die finstere Macht der Spieltheorie, die uns alle zu hirnlosen, aber konsumgeilen Egoisten mache. Die neue Debatte ist, mit einem Wort irrelevant.

Keine der früheren Debatten hat zu irgendwelchen Veränderungen – nicht einmal zu Bewusstseinsveränderungen – geführt, weil Schirrmacher keine realen Entwicklungen beschreibt, sondern Horrorszenarien entwirft. Aber das macht im Schirrmacher’schen Kalkül gar nichts. Hauptsache, der große Zampano steht im Mittelpunkt.

 

Nun hat sich in der Google-Debatte SPD-Chef Sigmar Gabriel zu Wort gemeldet. Sein Beitrag erschien kurz vor der Europawahl, und die Platzierung muss als direkte Wahlhilfe verstanden werden. Einige Wochen zuvor hatte sich auch der „Spitzenkandidat“ der SPD, Martin Schultz, mit einem Beitrag zu Wort gemeldet. Es ist überhaupt interessant, wie die Google-Alarmisten die SPD als Partei des Staatsinterventionismus umwerben. Dabei hat die SPD in der Regierung kein für den Datenschutz relevantes Ministerium oder Amt. Inneres und Verteidigung sind ja in der Hand der Union. Das von der SPD geleitete Justizministerium, das theoretisch für entsprechende Gesetze zuständig wäre, hat  nicht einmal ein eigenes Referat zum Thema Internet-Recht und Cybersicherheit. Und das von der SPD geleitete Sozialministerium verwaltet die vermutlich größte ungeschützte Sammlung persönlicher Daten der Welt, wo die empfindlichsten Daten über jeden gespeichert werden, der jemals einen Antrag auf Hartz IV, Wohngeld, Kindergeld oder dergleichen gestellt hat, und auf die jeder Jobcenter-Mitarbeiter überall in Deutschland – und damit jeder halbwegs geschickte Hacker – Zugriff hat.

 

Hier ist zunächst der Beitrag von Sigmar Gabriel. Wie üblich, wenn sich ein deutscher Minister zu Wort meldet, bestehen  zwei Drittel des Beitrags aus textbausteingeneriertem Wortgeklingel, das man getrost überspringen kann, aber etwa ab Seite vier wird es konkret:

 

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-digital-debatte/sigmar-gabriel-konsequenzen-der-google-debatte-12941865.html

 

Will man mit Schirrmacher Schritt halten, der alle paar Monate einen neuen Abschnitt der Weltgeschichte ausruft, darf man rhetorisch nicht mit zu kleiner Münze zahlen.  Es geht also laut Gabriel um nichts Geringeres als die Zukunft der Freiheit in Europa:

 

„Wir haben die naive und spielerische Phase des Internets hinter uns gelassen. Wir sehen klarer: Die Gefahren der digitalen Revolution liegen zum einen in autoritären oder gar totalitären Tendenzen, die den Möglichkeiten der Technologie selbst innewohnen, zum anderen darin, dass neue Monopolmächte Recht und Gesetz aushöhlen. Es geht also um nicht weniger als die Zukunft der Demokratie im Zeitalter der Digitalisierung und damit um Freiheit, Emanzipation, Teilhabe und Selbstbestimmung von 500 Millionen Menschen in Europa.“

 

Überflüssig also zu fragen, ob Gabriel es nicht eine Nummer kleiner habe. Wenn man aber fragt, was die Bundesregierung, deren Vizechef er ist, denn konkret tut, um die Zukunft der Demokratie zu sichern, merkt man, dass Gabriel seine eigenen Worte für Blabla hält. Anders gesagt: in Ländern wie Israel oder den USA sind Tausende von Menschen mit Fragen der Cybersicherheit beschäftigt, innerhalb und außerhalb der Regierung. In Deutschland sind es amtlicherseits auf Bundesebene ein paar Dutzend. Was, wenn es wirklich um die Zukunft der Demokratie ginge, doch ein bisschen wenig wäre, zumal es auf Landesebene wieder überall ein paar Dutzend Leute gibt, die hauptsächlich damit beschäftigt sind, zu verhindern, dass die relevanten Bundesministerien zu viele Kompetenzen bekommen.

 

Egal. Hauptsache die Phrasenmaschine funktioniert:

 

„Europa steht für das Gegenteil dieser totalitären Idee, jedes Detail menschlichen Verhaltens, menschlicher Emotionen und menschlicher Gedanken zum Objekt kapitalistischer Vermarktungsstrategien zu machen. Zur Würde des Menschen gehört vor allem sein Selbstbestimmungsrecht auch und gerade über seine persönlichen Daten. Und Marktwirtschaft ist für uns etwas anderes als ein „Halsabschneider-Wettbewerb“, bei dem die schier unbegrenzte Marktmacht des einen allen anderen die Bedingungen zur Marktteilnahme vorschreiben kann.“

 

Diese Passage muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Konfrontiert mit neuen Herausforderungen, greift der SPD Chef auf die abgenutzten rhetorischen Figuren zurück, die er seit seinen Juso-Tagen im Schlaf aufsagen kann: „kapitalistische Vermarktungsstrategien“, „Halsabschneider-Wettbewerb“, „unbegrenzte Marktmacht“. Um einmal zu ermessen, wie wenig Gabriel überhaupt von der Materie versteht, muss man sich vor Augen führen, worin Experten die Hauptgefahren des Netzes sehen:

 

1. Cyber-Kriminalität: Von der Kinderpornografie über die Erpressung bis hin zum Diebstahl von Bank- und Kreditkarteninformationen: Hier sind professionelle Banden unterwegs, die im quasi-gesetzlosen  Raum Osteuropas angesiedelt sind und Tag für Tag der Volkswirtschaft insgesamt und Millionen von Individuen Schaden zufügen. Fast jeder hat bereits erlebt, dass mit seiner Kreditkarte – angeblich – jemand auf Mallorca oder in London auf Einkaufstour war. Während sich Gabriel echauffiert über die relativ unschuldigen Daten, mit denen Google, Amazon und Co. ihre Geschäfte machen wollen (was habe ich wo eingekauft, wie alt bin ich, welche Themen habe ich recherchiert), werden täglich harte Daten (Kontonummern, Passwörter usw.) geklaut und zum Schaden der Bürger eingesetzt.

 

2. Terrorismus seitens staatlicher und nichtstaatlicher Akteure: Jeder kennt STUXNET, den Computervirus, mit dem es israelischen und amerikanischen Cyberkriegen gelang, das iranische Atomwaffenprogramm zeitweise lahm zu legen (und der auch bei einer deutschen Großfirma auftauchte, die angeblich nicht mit den Iranern zusammenarbeitet). Glaubt irgendjemand, nur die Israelis und Amerikaner würden an solchen Viren arbeiten? Man stelle sich vor, Terroristen würden einen deutschen Atomreaktor, das deutsche Stromnetz, die deutsche Flugsicherung oder die deutsche Bahn ins Visier nehmen: Wie gut gesichert sind diese hochempfindlichen Daten?

 

3. Ausländische Geheimdienste: Und ich meine nicht nur die NSA. Himmelherrgottnochmal, es sind vielleicht Schurken, aber wenigstens sind sie auf unserer Seite! Was ist mit Russland, was ist mit China? Unsere Blauäugigkeit geht hinunter in die banalsten Details: Der SPD-Abgeordnete Edathy hatte vertrauliche Unterlagen des NSU-Untersuchungsausschusses – neben Kinderpornos für den privaten Gebrauch – auf seinem Laptop, den er im ICE liegen ließ und der bisher verschwunden bleibt, ebenso wie Edathy selber. Ist er ein Einzelfall?  

Oder: In Berlin baut der BND eine riesige neue Zentrale. Die Baustelle wird, zum Schutz vor Satellitenkameras, mit einer Plane abgedeckt. So weit, so gut. Aber bewacht wird dieses hochempfindliche Gelände von einer stinknormalen privaten Sicherheitsfirma. Nehmen wir an, jemand wollte unbedingt in den Kabelschächten irgendwelche Geräte zum Abfischen von Daten installieren, oder auch nur den Verlauf dieser Kabelschächte kennen – wie viel verdient so ein Wachmann? Glauben wir ernsthaft, keiner dieser unterbezahlten Leute sei bestechlich?

 

4. Produktpiraterie und Industriespionage: Im Zusammenhang mit der NSA-Affäre waren deutsche Politiker schnell mit dem Verdacht zur Hand, die US-Dienste würden Industriespionage betreiben und die Ergebnisse amerikanischen Firmen zuspielen. Freilich wurde dafür nicht ein einziger Beweis auf den Tisch gelegt. Was nicht heißt, dass es keine staatliche Industriespionage gebe, dies passiert jedoch hauptsächlich in Ländern, in denen Staat und Wirtschaft eine Einheit bilden. Soeben haben die USA fünf chinesische Militärs wegen Industriespionage angeklagt. Wissen wir in Deutschland, wer die für uns zuständigen chinesischen Spione sind? OK, wenn ein Airbus-Manager, wie kürzlich geschehen,  sein Laptop mit den Plänen des neuesten Flugzeugs darauf irgendwo liegen lässt, kann man nichts machen. Oder vielleicht doch? Haben die relevanten Firmen entsprechende Sicherheitsprotokolle, damit solche Unterlagen sich selbst löschen, wenn bestimmte Abläufe nicht eingehalten werden? 

 

Ich habe die vier größten Gefahren im Bereich der Datensicherheit – der Cybersecurity – genannt, weil Gabriel vier Punkte nennt, die – Überraschung! – nichts mit diesen realen Gefahren zu tun haben:

 

„Erstens: Wir müssen den Bürgern die Verfügungsmacht über den Gebrauch der digitalen Technologie sichern und, wo sie schon entglitten ist, zurückerobern. Das Demokratiegebot, die Fundamentalnorm jeder freiheitlichen Verfassung, dass jeder selbst über sein Schicksal entscheide, muss auch im Datenzeitalter gelten, wo jeder selbst darüber befinden soll, wie viele Informationen er über sich selbst in Umlauf setzt. Wo diese Freiheit eingeschränkt wird, um zum Beispiel Meldepflichten oder Strafverfolgung zu ermöglichen, muss dies aufgrund eines Gesetzes und in Übereinstimmung mit der Verfassung geschehen.“

 

Jeder soll selbst entscheiden, wie viele Informationen er über sich selbst in Umlauf setzt, so Gabriel. Aber das tue ich doch längst. Ich muss weder bei Amazon einkaufen noch bei Google recherchieren oder auf Facebook posten. Ich brauche meinem Smartphone nicht die Nutzung meiner gegenwärtigen Aufenthaltskoordinaten zu erlauben.

Interessant ist allerdings, was Gabriel sozusagen im Kleingedruckten belässt und also nicht ändern will. Zum Beispiel die Meldepflicht, die man in demokratischen Ländern nicht kennt. Wenn Sie in einem deutschen Hotel einchecken, müssen Sie Ihren Ausweis vorzeigen und einen Meldeschein ausfüllen. Wissen Sie, was mit den Daten passiert? Wie lange sie gespeichert werden? Und wozu? Aber Sie sind doch gegen „Vorratsdatenspeicherung“ ohne konkreten Verdacht? Warum lassen Sie sich so etwas gefallen?

Was Gabriel nicht abschaffen will, sind die „Verfassungsschutzämter“ des Bundes und der Länder, deren tagtägliche Aufgabe der Bruch der Verfassung ist, nämlich das Sammeln von Daten über politisch abweichende Gedanken der Bürger, und nebenbei das Steuern rechtsextremer Parteien und die Bezahlung ihrer Funktionäre.

Kurzum: Google soll gezwungen werden können, Informationen zu vergessen, die – sagen wir – Sigmar Gabriel „nicht selbst in Umlauf gebracht hat“; aber ich kann bis heute den Verfassungsschutz nicht zwingen, die Leute zu benennen, die über mich Informationen in Umlauf gebracht haben, die dann als „Erkenntnisse“ des Amts bei meinem Berufsverbotsverfahren vorgelegt wurden. Und wer arbeitslos geworden ist und staatliche Unterstützung beauftragt hat, muss damit leben, dass seine Adresse, seine Einkommens-, Wohn-, Familien- und eventuell  Liebesverhältnisse („verheiratet, zwei Kinder, lebt aber nicht mit seiner Frau, sondern …“), seine Krankheiten und Charakterschwächen („Herr B. macht den Eindruck eines cholerischen Einzelgängers…“) weiterhin jedermann zugänglich sind. Ein Schelm, wer sich dabei was denkt.

 

„Zweitens: Die Wirtschaftspolitik steht vor der fundamentalen Herausforderung, die Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft auf die Höhe des digitalen Zeitalters zu bringen. Konstitutive Elemente dieser Ordnung stehen in Frage: Die Vertragsfreiheit und der freie Wettbewerb drohen zur Schimäre zu werden, wo die Ungleichheit zwischen den Wirtschaftssubjekten absurde Ausmaße annimmt, wo in neufeudaler Selbstherrlichkeit auftretende Monopolisten sich rechtsstaatlichen Regeln entziehen und notwendige Informationen verweigern. Der klassische Eigentumsbegriff bekommt Risse, wo Gratisangebote ganze auf bezahlten Gütern fußende Märkte zerstören oder die unautorisierte Kopie und Verfügbarmachung von Inhalten den Urheber enteignet. Ordnungspolitik ist also gefordert, wo nach der Finanzmarktkrise ein weiteres Mal regellose Märkte und maßlose Marktakteure großen Schaden anzurichten drohen.“

 

Hm, ja. Wenn man die großen Worte abzieht, steht da im Wesentlichen, dass Gabriel gegen Gratisangebote ist. Was die deutschen Zeitungsverleger gern hören werden, obwohl auch sie gern Gratisangebote machen, wenn sie mit Werbeeinnahmen finanziert werden können, siehe diverse Hochglanzbeilagen. Aber natürlich „bekommt der klassische Eigentumsbegriff Risse“. Und die wird man nicht auf Dauer kitten können, sondern muss sich eben neue Geschäftsmodelle ausdenken, die nicht auf dem „klassischen Eigentumsbegriff“ und auf „bezahlten Gütern“ fußen. Das hat zum Beispiel Google getan. Und deshalb hasst man Google. „Wirtschaftsministerium und Bundeskartellamt prüfen, ob ein Unternehmen wie Google seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, um durch die Beherrschung einer „essential facility“, einer wesentlichen Infrastruktur, Wettbewerber systematisch zu verdrängen. Eine Entflechtung, wie sie bei Strom- und Gasnetzen durchgesetzt wurde, muss dabei ernsthaft erwogen werden. Sie kann aber nur ultima ratio sein. Wir fassen deshalb zuerst eine kartellrechtsähnliche Regulierung von Internetplattformen ins Auge.“

 

Auch die Verwendung eines englischen Begriffs – „essential facility“ – macht diese Passage nicht klüger. Google als Suchmaschine hat in Deutschland zwar einen Marktanteil von 91 Prozent (in den USA sind es nur 67 Prozent). Aber als Browser – als „Internetplattform“, um mit Gabriel zu reden – hat die Firma mit Google Chrome in Deutschland nicht einmal 24 Prozent Marktanteil. Hier liegt Mozilla mit Firefox weit vorn, mit 45 Prozent. Was soll also die Drohung mit einem gegen Googles „Internetplattform“ gerichteten kartellrechtlichen Vorgehen? Wovon redet Gabriel? Von Dingen, von denen er nicht einmal die elementarsten Kenntnisse hat. Es ist zum Fremdschämen.

 

„Drittens: Wir brauchen ein Stoppschild für Steuerdumping. Mindestbesteuerung in Europa ist ein Thema für die Hüter des Wettbewerbs in der digitalen Ära. Es kann doch nicht sein, dass der Internethandel durch aggressive Verlagerung der Gewinne in Steueroasen und Steuerunterbietungsländer radikal der Besteuerung ausweicht, während die normalen Einzelhändler vor Ort, die sich an die Regeln halten, zugrunde gehen.“

 

Gut. Hier ist Gabriel endlich ganz bei sich. Steuern und Abgaben, davon versteht er etwas. Man kann sich über Vokabeln wie „aggressive Verlagerung von Gewinnen“ amüsieren, aber dass die – sagen wir – Steuervermeidung großer Verdiener ein Problem ist, soll nicht geleugnet werden. Ist allerdings auch kein wirklich neues Problem. Bei „Mindestbesteuerung in Europa“ und dem Schimpfen auf „Steuerunterbietungsländer“ sollte man freilich aufhorchen. Es ist für viele Länder innerhalb und außerhalb der EU schwer, sich gegen die deutsche Industrie- und Exportmaschine zu behaupten. Eine Möglichkeit ist der Steuerwettbewerb. Offensichtlich will Gabriel unter dem Vorwand, es gehe gegen Google (dessen Hauptsitz im Hochsteuerland Kalifornien liegt), den schwächeren Ländern auch diesen Vorteil aus der Hand schlagen.

Übrigens lenkt Gabriel vom Hauptproblem des Internethandels ab, wenn er meint, „die normalen Einzelhändler vor Ort“ würden eingehen, weil sie sich dem Finanzamt nicht entziehen können, während der Internethandel „aggressiv“ das Steuerzahlen meidet. Wäre dem so, könnte der Gesetzgeber mit einer „aggressiven“ Steuerpolitik zugunsten des Einzelhandels antworten, so wie er es bereits zugunsten der Hoteliers getan hat. Das Problem etwa beim Buchhandel liegt aber woanders:  Warum soll ich in ein Buchgeschäft gehen, wenn ich in vielen Fällen weder das Buch bekommen werde, das ich suche, noch eine gute Beratung erhalte? Bei Amazon bekomme ich zu jedem Buch meistens mehrere – auch antiquarische – Angebote und zweitens dank der Leserrezensionen oft ziemlich gute Auskünfte zur Qualität. Hinzu kommt: Dank der Buchpreisbindung sind auch E-Books deutscher Autoren oder in deutscher Übersetzung oft doppelt so teuer wie Bücher englischsprachiger Autoren. Das ist auf Dauer kein haltbares Geschäftsmodell. Dazu weiß Gabriel nichts zu sagen, weil ihn als Sozialdemokrat Geschäftsmodelle nicht interessieren. Es ist schon bezeichnend, dass der SPD-Chef mit großen Worten über die Zukunft der Demokratie beginnt und schon beim dritten konkreten Punkt  bei seinem Lieblingsthema ist: Steuern.

 

„Viertens: Wir müssen eine Ordnung der Arbeit formulieren, in der die „Clickworker“ nicht zu den rechtlosen Tagelöhnern der digitalen Moderne werden.“

 

Da hat Sigmar Gabriel Recht. Da ist ihm uneingeschränkt zuzustimmen. Das beobachte ich Tag für Tag. Was ausgerechnet Google dafür kann, ist mir allerdings ein Rätsel. 

 

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31 Gedanken zu “Gabriel goes Google;”

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    Ich habe eine Email am 27.5.2014 eines Freundes erhalten: Unbedingt lesen, von Posener, sehr guter ArtikeI. Lieber Herr Posener, Sie wissen um welchen Artikel es sich handelt. Er stand auch im Netz, ist aber
    nicht mehr auffindbar, also gelöscht worden. Wenn kritische Artikel z.B über Europa . . . . in Google anschließend gelöscht werden, dann weiß jeder hier, was man davon zu halten hat. Klar, dass man gerne gegen Google vorgehen will, um dann ganze Stabsabteilungen politischerseits zu beschäftigen und alle kritischen Beiträge/ Artikel/ Statements zu löschen. Die Recherche wird somit eingeschränkt. Dies ist m.E gewollt. Wir sind zu einem Überwachungsstaat verkommen. Nicht nur die USA lässt grüssen!

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    This made my day (naja, fast):

    „Denn was gibt es Schöneres, als mit der eigenen Stimme dafür gesorgt zu haben, dass die NPD keinen Abgeordneten nach Brüssel schicken kann und die AfD hoffentlich nur ganz wenige?“

    hier: http://www.gruene.de/themen/eu.....wurst.html

    Na, was gibt es da wohl Schöneres? 😉

    Ich bin jetzt auch mal für eine Weile still – Versprochen!

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    Zitat:
    „Offenbar geht es dem deutschen Auslandsgeheimdienst wohl insgesamt darum, mit den Geheimdiensten anderer Länder mithalten zu können.“
    ..naja, damit dürfte die Volksseele ja beruhigt sein.. nicht nur der Ami.. (tut mir leid, aber es ekelt..)

    Zum Thema ‚Währung‘ noch ein Gedanke: Natürlich ist die Stabilität der Währung auch nichts anderes als Vertrauen in das Rechtssicherheit in einem Wirtschaftsraum und eben daß sie einen Realwert, der durchaus schwanken kann, zum Zeitpunkt des Handels gut widerspiegelt. Wenn nun aber eine Währung für politische Ziele missbraucht wird (-> Euro), ist das nicht nur deswegen problematisch, weil der Währung politisches Unvermögen überantwortet wird, sondern vor allem, weil sie eben diese Information über den Realwert in einem Wirtschaftsraum verfälscht. (Der griechische Staatsbankrott z.B. wird in den zu harten Euro eingepreist, es darf nicht – auch nicht teilweise – in Insolvenz gehen, also neu beginnen)

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    @lucas
    „und kann sich nicht jeder der will Gold und bitcoins kaufen?“

    Eben, der zitierte Kommentator hat’s ja erläutert: Geld ist das pragmatischste was es gibt, Gold letztlich auch eine Währung (für die meisten bestenfalls als Briefbeschwerer zu verwenden) und deswegen ist es auch weder das Finanzsystem, noch Google, vor dem wir zu schützen wären, sondern eher vor den Staatsgläubigen, die uns einreden wollen, daß wir vor alldem – natürlich von Staatsinstitutionen, die selber vermehrt ins Geschäft wollen – zu schützen wären. Daher meine Allergie gegen diese Form von ‚Verbraucherschutz‘. Und der EUGh sagt nichts anderes, als daß Google jetzt per Gesetz dazu verdonnert werden soll, zu entscheiden, was wir finden dürfen. Ich denke, verquaster geht es nicht mehr. Zur ‚Strategie‘ unserer Politik und Staatsführung nochmal ein Rückblick: Da z.B. das NSA-Bashing verbunden mit einem ‚Nichtverhören‘ oder ‚Videoanhören‘ von Edward Snowden ja nur noch peinlich ist, lässt man jetzt wohl – ein wenig – den Blick auf die übliche Praxis der hiesigen Überwachungspraxis zu:
    http://www.heise.de/newsticker.....12289.html
    (Die „Süddeutsche“ darf’s verlautbaren.) Puuh, nicht schön, aber man musste ja mal was machen, sonst läuft das aus dem Ruder..

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    KJN: Klar, das Internet ist ein Ventil, eben auch und gerade für Schwächere (oder sich so fühlende). Es ist einfacher – wie so einiges – hinter dem Bildschirm zu sagen und zu tun, jedenfalls anonym.

    … wenn dem so wäre, bräuchten die Sozialisten weder Zensur noch Moderation.
    Das Internet war/ist der Anfang vom Ende der Lüge. Unumkehrbar. Daher!

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    @KJN

    „wir haben in unserem Alltag den ‘Rubicon’ längst überschritten.“

    Daher war dieses Center wohl nötig:

    „In establishing the interdisciplinary Risk Center by mid 2011 ETH Zurich places itself among the leading proponents of understanding the growing complexity and interdependence of our social and engineered systems, and discovering and modeling related behavioral phenomena“

    aus:http://www.riskcenter.ethz.ch/

    Was BMW und Daimler betrifft:

    Ist es nicht erstaunlich, dass Fahrzeuge dieser Marke immer häufiger auf der Standspur stehen 🙂

  7. avatar

    @lucas
    Klar, das Internet ist ein Ventil, eben auch und gerade für Schwächere (oder sich so fühlende). Es ist einfacher – wie so einiges – hinter dem Bildschirm zu sagen und zu tun, jedenfalls anonym. Letztlich linke Touren. Sie sagen, dennoch kein Klarnamenzwang. Ich wäre nicht unbedingt dagegen – aber wie denn??? Das ist doch Illusion. Blogbeiträge nur mit Personalausweis? – gut das wäre eine deutsche Lösung, aber das Problem ist damit nicht gelöst. Mich stört (wie so oft) daß über die Verursacher von Unrecht nicht gesprochen wird (also ein Justizproblem) – statt dessen Ausweichen auf Themen mit scheinbarer Wichtigkeit, wie die „Datenkrake Google“.

    @M.B.
    Was meinen Sie? Besser nicht auf Elektronik vertrauen? Ich teile Ihre Skepsis, aber dann dürften wir konsequenterweise Autos ab Baujahr, sagen wir 1990, nicht mehr besteigen.
    Aber ehrlich gesagt verstehe ich auch lieber das, was ich bediene und nutze – andererseits kann auch reine Mechanik brechen, bersten, brennen usw. usf. – wir haben in unserem Alltag den ‚Rubicon‘ längst überschritten.

  8. avatar

    http://www.finanzen.net/nachri.....um-3615250

    Larry Page sagt finde ich etwas wichtiges, das EuGH-Urteil behindert neue Startups, also auch potenzielle Konkurrenz zu Google.

    Andere werden die Situation, dass Google nun untersucht, „ob ein öffentliches Interesse an den Informationen bestehe – zum Beispiel, ob es um finanzielle Betrugsfälle, Berufsvergehen oder Amtsmissbrauch, strafrechtliche Verurteilungen oder das öffentliche Verhalten von Regierungsbeamten geht“, bestimmt schlimm finden.

    Andererseits schafft das Urteil einen hohen Anreiz stärker an künstlicher Intelligenz zu forschen, die solche Aufgaben übernehmen kann.

    Vielleicht kann man dann ja irgendwann künstlich intelligente Volksvertreter wählen.
    Oder kann man das nicht sogar schon? Schließlich wird sogar Gabriel schonmal Google benutzt haben.

  9. avatar

    ot:
    Auf Achgut dämmert’s auch langsam:
    „Wir brauchen starke und gleichzeitig schlanke Staaten. Der Staat kann nicht wie ein Unternehmen geführt werden.“

    aus:
    http://www.achgut.com/dadgdx/i.....e_ja_bitte

    und
    @R.Z.
    Genau – der Google-Smart mit dem Autopiloten für die Autobahn, das wärs‘. Und wenn mir dann beim Überholvorgang mit der Google-geschwindigkeit 120 Km/h ein grimmig dreinbickender und lichthupender schwarzer Kampf-Audi an der hinteren Stoßstange klebt, hebe ich beide Hände und verweise landestypisch auf Ditte: google ist’s schuld..

  10. avatar

    Edmund Jestadt sagt:
    27. Mai 2014 um 19:25

    @ Moritz Berger: “Glenn Greenwald: “Privatsphäre ist ein Instinkt”

    Das ist mir zu “privatistisch”, zu unpolitisch gesagt (auch zu biologistisch). Es mag so sein, wie Greenwald sagt. Wichtiger ist aber die für die rechtsstaatliche Demokratie konstitutive Unterscheidung von Privatsphäre und Öffentlichkeit, vgl. oben, APO.

    Ich habe Greenwald nur als Beispiel zitiert.

    Angesichts der Tatsache, dass mit der Einführung von IPv6 soll heißen : Sextimillionen IP´s können vergeben werden, sprich jedes Sandkorn könnte eine IP Adresse erhalten, ist mehr oder weniger eine Anonymität nicht gewährleistet.

    Wie wir mit dieser virtuellen Welt zukünftig umgehen wollen???

    Bei Gabriel kann man feststellen, dass er in vielen Dingen nicht überblickt, was sich in der virtuellen welt zukünftig abspielen wird.

    Bei Alan Posener lese ich:

    „die relativ unschuldigen Daten, mit denen Google, Amazon und Co. ihre Geschäfte machen wollen“

    Dann frage ich mich schon, was mit “ unschuldigen Daten “ gemeint ist??

    Wer nur ein wenig tiefer in das Web und in den Bereich “ big data “ eintaucht, der verliert sehr schnell die “ Unschuld „.

  11. avatar

    Ob google Auto oder BMW.

    Es kostet heute nur 20US$ ein solches Auto zu hacken:

    http://www.businessinsider.com.....-20-2014-2

    @Alan Posener

    Was Kalifornien und die Steuern von google betrifft:

    Geben Sie einmal in ihre google Suchmaschine ein:

    taxes of google

    http://www.bloomberg.com/news/.....ncome.html

    http://www.businessweek.com/ma.....146825.htm

    Ach, ich vergaß:

    Die Bermudas müssen sich gegen die deutsche Industrie- und Exportmaschine zur Wehr setzen.

    Vielleicht sollten wir die Cayman Islands und auch den Kanalinsel unterstützen.

  12. avatar

    @KJN

    „Sollten also Googles Suchmaschinen auf einmal anfangen, bestimmte Begriffe nicht mehr zu finden, würde ich mir eher Sorgen machen.“

    Dann fangen Sie schon einmal sich Sorgen zu machen ….

    @Roland Ziegler

    ich vergaß 🙂

    Und ob Sie tatsächlich in einem Google Auto soviel freie Energie zum Nachdenken haben?

  13. avatar

    Dass sich nur real bekannte Jugendliche cybermobben, ist falsch! Da es Mobbing ohne Internet gibt und sich Mobbingopfer dort leichter anonym Hilfe holen können, wäre ein Klarnamenzwang trotzdem falsch und könnte schlimmere Folgen haben, wenn sich Opfer weniger trauen Hilfe zu holen.

    Der „Technologische Totalitarismus“ ermöglicht die beschleunigte kreative Zerstörung nationalkultureller Sprachgrenzen und wird so wahrscheinlich die vom Urheber dann vermutlich doch nicht so gewollte Verbreitung patriotischer Parolen vereinfachen.

    Was wohl Honi über „technologisch-totalitaristische“ simultan Übersetzer gesagt hätte, vielleicht: „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.“

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    @KJN: Das „anonyme Grundrauschen“ im Internet ist ja wahrscheinlich nicht ur demokratiegefährdend, sondern allgemein-subversiv. Aber wie dem auch sei –
    ideal wäre es doch, wenn man auf den kleinen Nebensträßchen selber lenken kann, aber auf den Autobahnen sich in das digitale Leitsystem einklinkt und ein Nickerchen macht. Dann bräuchte man sich nicht mehr mit diesem scheußlichen, aber wirkungsvollen Red Bull krampfhaft wach zu halten und den ersten Ulraubstag komplett zu verschlafen.

    @Moritz Berger: Früher sind wir auch immer mit der Bahn gefahren, aber eines kalten Tages in der Vorweihnachtszeit, als wir mit einem Doppelkinderwagen, in dem zwei kleine Kinder lagen, die dazu keine Lust hatten, und einem Riesenhund sowie mehrere große Koffer in der Bahn standen bzw. gestanden wurden, beschlossen wir die Anschaffung eines Autos.

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    @R.Z.
    „Identität“ ..in der virtuellen Welt.
    Das gibt’s doch gar nicht. Wir sind nur ganz wir selber in der physischen Realität. Wie wir hier z.B. merken, muss man sich schon ziemlich anstrengen um sich einigermaßen gut auzudrücken, damit man einigermaßen verstanden wird. Deswegen versucht man, sich mit diesen Emoticons zu helfen, trifft sich lieber bei Vertrauenssachen (Geschäften mit viel Geld) persönlich und die Trefferquote in Singlebörsen scheint ja wohl auch eher mau zu sein. An dieser Stelle wird das Internet m.E. völlig überbewertet, wie eigentlich jede neue Technologie zeitweise völlig überbewertet wird. Mobbing? Das tun Jugendliche, die sich real kennen, sonst würde das nicht verletzen – das Internet ist nur Medium, das ginge mit etwas mehr Zeitaufwand auch über Telefon. Gut, mit dem Internet, Facebook, kann jeder senden (broadcast, im Sinne von ‚breiter Verteilung‘), aber wer soll das alles immer empfangen? Und das eigene Haus wird – zumindest von einigen – auch hin und wieder mal im TV oder in der Zeitung gezeigt. Der Unterschied ist nicht qualitativ, sondern quantitativ: Kommunikation, Verteilung von Ideen, Erkenntnisprozesse – das alles wird katalysiert. Es würde sowieso geschehen, nur eben schneller. Und wenn, wie EJ meint, daß das ‚anonyme Grundrauschen‘ im Internet demokratiegefährdend wäre, dann war es das auch ohne schon Internet, denn Demokratiefeindlichkeit ist ja wohl kaum im Internet erfunden worden. Und wenn jemand meint, daß dieses ‚anonyme Grundrauschen‘ durch das Internet besonders verstärkt würde und es daher regulieren möchte, dann sollte sich dieser jemand fragen, ob dann vielleicht etwas mit seiner Demokratie nicht stimmt, denn wenn im Internet das Gift schnell wirkt, sollte es das Antidot genauso tun. Das Internet ist kein Volksempfänger, sondern multidirektional. Ich fände es gut, wenn das so bleiben würde. Sollten also Googles Suchmaschinen auf einmal anfangen, bestimmte Begriffe nicht mehr zu finden, würde ich mir eher Sorgen machen.

    Was die Google cars betrifft – ich will gar nicht immer arbeiten oder ausruhen, sondern lieber lenken. Aber es wäre eine Lösung für die Stadt und vor allem die Autobahnen: Es würde nicht mehr dicht aufgefahren, gedrängelt, Lücken gesprungen und dieses ganze hysterische Gedöne – statt dessen wäre der Verkehrsfluss laminar, Staus Vergangenheit, der Durchsatz höher, die Kosten niedriger, auch die Zahl der Verkehrstoten… das alles mit Algorithmen (den bösen), denn die sind ja nun mal Googles Geschäft.
    Und wenn diese Google cars mit einer Vorlaufzeit von, sagen wir 1 Std., gebucht werden könnten und solche Mätzchen, wie Frühbucherrabatte unterbleiben würden.. tja dann..

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    @Roland Ziegler

    „Und es hat den Vorteil, dass diese unendlichen Stunden Konzentration entfallen und massenhaft Energie frei wird, um beim Fahren an etwas anderes zu denken.“

    Ich nehme die Bahn. Am besten ein Abteil ohne Mobile-Nutzer und ohne Webzugang

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    @KJN und Ziegler

    Natürlich muss der Staat schützen, regulieren und manchmal auch zerschlagen. Wenn nicht Privat, dann halt Staat. Nur das Rad der Zeit zurückdrehen, kann nicht mal Nord Korea. Jede Neuerung ist ein Gesellschaftsexperiment – deswegen passt der Begriff der digitalen Revolution. Wobei deutsche Medien das Ancien Régime und Google die Jakobiner sind.

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    @Ziegler

    Ja, lustig das Auto und ein prima Beispiel: Google hat für ein solches Projekt nicht mal 0,1% dessen zur Verfügung, was deutsche Automobilbauer so in die automobile Oberklasse pumpen, um legendäre Erfolge wie den Maybach oder Phaeton aufzulegen.

    Sollte es ein iCar geben, dann nur, weil die deutsche Automobilindustrie es seit 20 Jahren nicht bauen will. Über die Dienstwagen-Steuererleichterung dicke Mittelklassewagen verkaufen, ist halt einfacher.

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    Gabriel möchte dem Mob ein Bauernopfer präsentieren, weil er natürlich weiß, dass er weder Digitalisierung noch Globalisierung aufhalten kann – ganz im Gegenteil, als Wirtschaftsminister fördert er die Digitalisierung Deutschlands nach Kräften und das EINZIGE Problem mit Google ist, dass es eben kein deutsches Unternehmen ist. Natürlich ist der Vergleich mit schaffendem und raffendem Digitalkapital ziemlich schräg, aber darum geht es hier – nicht aus Böswilligkeit, so funktioniert nun mal die Kommunikation mit dem Mob. Da sehe ich Parallelen zu NSA-Affäre: Jeder weiß es, aber keiner traut es sich zu sagen und damit auch nicht zu erklären. Also fordert Oppermann mit rotem Kopf Aufklärung, obwohl er jeden Tag neben Frank-Walter sitzt.

    Heute Morgen war ein Vertreter der Funk-Mediengruppe im ZDF Morgenmagazin und beschwerte sich über Google. Was natürlich die Frage provoziert, wie es im Land der Dichter und Denker sein kann, dass die überpotenten Medienvertreter kein ordentliches Nachrichtenportal hinbekommen, deswegen Teile des Geschäftsmodels outsourcen und sich dann beschweren, dass Google zu mächtig ist. Google, Apple, facebook hängen an einem unglaublich seidenem Faden. So lange Unternehmer in Deutschland von der Konzentration auf das Kerngeschäft träumen (auf Kölsch: hammer immer su jemaat!), ist der Faden eben stark genug.

    Erinnert ihr euch an wer-kennt-wen?
    http://de.wikipedia.org/wiki/Werkenntwen

    Hätten das gefunzt, wäre RTL heute Google und wir würden uns über die neidischen Südländer aufregen, die zu faul sind, Strukturen zu schaffen…irgendwie dreht es sich immer im Kreis.

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    Schirrmacher macht Themen einem breiten Publikum zugänglich, natürlich nicht ohne Weltuntergang, mit dem wichtige von unwichtigen Themen getrennt werden. Dafür verdient er Anerkennung, wenn auch nicht unbedingt Zustimmung. Dank Schirrmacher beschäftigen sich viele Menschen mit dem spezifischem Thema, wie man sich eben so mit Themen beschäftigt: AIDS war präsent, weil meine Lehrer das Aussterben der Menschheit an die Wand malten, Altöl in die Landschaft kippen war im Angesicht von Waldsterben einfach doof. Wäre Schirrmacher nicht bekannt, hätte ich zB Links von lucas für IT-Fuzzi-Mist gehalten und wahrscheinlich nicht gelesen. Aufklärung und Hoffnung keimen am besten in einer depressiven Selbsthilfegruppe, wenn man des „Schlimm, ganz, gaaanz schlimm“ einfach müde geworden ist (weil die Sonne wieder aller Wetten schon wieder aufgegangen ist). Also: Respekt für Schirrmacher, zumindest ich ziehe aus seinen Schreiben Hoffnung, weil es eben worst case Variationen eines Themas sind und es bekanntlich so schlimm nicht kommt (et hätt noch immer jot jejange).

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    …sowas finde ich im Prinzip super:

    http://www.heise.de/newsticker.....99035.html

    Natürlich hat das den Nachteil, dass man überwacht wird. Aber jedes Navi und jedes Handy lässt sich bereits heute überwachen. Und es hat den Vorteil, dass diese unendlichen Stunden Konzentration entfallen und massenhaft Energie frei wird, um beim Fahren an etwas anderes zu denken. Beispielsweise darüber, wie man sich von Googles Dominanz befreit.

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    Aber bei der Frage, wieso nach staatlichem Schutz gerufen wird, widerspreche ich. Wenn es ein systematisches Problem gibt, muss man nach staatlcihem Schutz rufen; was soll man denn sonst tun? Seine Pumpgun im Schrank lagern, wie man es vielleicht in Texas bevorzugt? Auf seine alten Tage noch Informatik studieren und sich unter die Hacker begeben? Privatinitiative ist eine schöne Sache, hat aber auch Grenzen.

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    @KJN: Es ist ein Gesellschaftsexperiment, ja, und auch ein Spiel mit der Identität. Die Identität ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich die virtuelle Welt von der realen unterscheidet. Ich meine nicht nur das Spiel mit den Nicknames, Selfies und Selbstdarstellungen, sondern zunächst die basalere Frage, worin die Identität in der virtuellen Welt besteht. Was bedeutet es, eine Datei zu sein? In der Realwelt hat jedes Ding seine Identität, die nur ihm zukommt. Jedes Sandkorn befindet sich an genau einer Raumzeitstelle, hat eine Form, die es (theoretisch) unverwechselbar macht, und bekommt so eine eineindeutige Identität.
    Das ist in der virtuellen Welt ganz anders: eine kopierte Datei ist mit dem Original identisch. Aufgrund dieses Unterschieds gibt es nun die größten Probleme beispielsweise im Urheberrecht, wo die GEMA noch krampfhaft versucht, eine Analogie zur realen Welt zu behaupten.
    Ein zweites Beispiel ist die bereits angesprochene Frage, was denn digitalisiert werden darf. Die Digitalisierung beinhaltet bereits die Veröffentlichung; das muss man sich erstmal klar machen. Alles digitale kann jederzeit auf einem kleinen Speicherstick durch die Gegend getragen und hochgeladen werden. Was darf also digitalisiert werden? Bei Google Street View gibt es immerhin die Möglichkeit, Einspruch zu erheben, wenn das eigene Haus gezeigt wird – dann wird der Bereich verpixelt. Der Staat ist da nicht so pingelig.

    All dieses ist jedem gut bekannt, nur sind die Konsequenzen daraus noch nicht geklärt.

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    @R.Z.
    Ich sehe das meiste so, wie Sie, nur hier ein Verständnisproblem:

    „Dieser Umstand unterscheidet die virtuelle Welt von der Realwelt, d.h. die Gesetze der Realwelt lassen sich nicht per Analogieschluss in die virtuelle Welt übertragen. Man muss sich stattdessen passende digitale Gesetze ausdenken.“

    Wieso denn? Was in früheren Zeiten nur bei der Elite, Herrschern, Aristokratie, dokumentiert wurde, ist heute bei jedem dokumentiert, bzw. die Leute geben sich selber alle Mühe per ’selfies‘, ‚youtube-videos‘, alles für die ‚Ewigkeit‘ zu dokumentieren – nicht zu vergessen wir mit unseren Ergüssen hier. Wir leben halt mal wieder in schlimmen Zeiten – jeder will ein Buch schreiben..
    .. aber wir wollen später nicht daran erinnert werden, was das eigentliche (Reife-) Problem dabei ist. Wir wollen also im Internet eben NICHT Bürger sein. Und das Internet ist ein Gesellschafts-Experiment ohne abgeschossene Privaträume, ohne Hinterzimmer, es ist brutale Öffentlichkeit. Privates, wo es unabdingbar ist (Handel) wurde durch Verschlüsselung geschaffen, und zwar ohne staatliches Zutun.

    Und daher will ich auch den „staatlich geprüften Browser“ nur dann, wenn die Prüfung mit staatlicher Haftung verbunden ist, denn sonst nützt er nichts, er hat gegenüber dem jetzigen Zustand keinen Vorteil. Ich kann nur dem Staat Dinge überantworten, wenn er auch die Verantwortung für diese Dinge (-> z.B. Gewaltmonopol) übernimmt und nicht einseitig selbst Profit daraus zieht (deswegen auch mein Hinweis auf die Post).

    Deswegen kann ich auch nicht verstehen, wieso nach staatlichem Schutz gerufen wird, wenn die Kompetenzen dort offensichtlich in einer Weise fehlen, daß noch nicht mal das Kanzlerhandy.. (ich lass‘ weiteres). Weswegen auch die ganze Diskussion um Google albern (vornehmer, nicht relevant) ist.

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    Anscheinend steckt hinter der Google-Debatte, die auch hier in die zweite Runde geht, die Bemühung, die digitale Technologie besser zu verstehen. Nachdem man sie die ersten Jahrzehnte lang einfach blind angewendet hat. Das ist jedenfalls gut. Man wird sie übrigens auch in den nächsten Jahrzehnten einfach anwenden, egal ob Freiheit und Demokratie auf dem Spiel stehen oder ob es nur um Cyberkriminalität geht.

    Man sollte bei diesem Versuch stärker beachten, dass das Internet auf vernetzter Speicherung basiert. Jeder Internetakt – jede Serveranfrage – ist mit einer Speicherung verbunden. Prinzipiell, unhintergehbar. Man kann nicht Internet haben und gleichzeitig flächendeckend löschen. Wer fliegen will, muss den Boden verlassen und der Gefahr des Absturzes ins Auger sehen. Die Vorstellung, man könnte miteinander über das Internet kommunizieren und der Datenfluss würde wie in der Realwelt irgendwo spurlos versickern, wenn die Datenkrake Google nicht wäre, ist falsch. Stattdessen werden alle digitalen Aktivitäten auf Servern, und sei es in der Südsee in Form von Maschinencode, langzeitgespeichert.

    Dieser Umstand unterscheidet die virtuelle Welt von der Realwelt, d.h. die Gesetze der Realwelt lassen sich nicht per Analogieschluss in die virtuelle Welt übertragen. Man muss sich stattdessen passende digitale Gesetze ausdenken. Was darf man digitalisieren, was nicht? Was wollen WIR? Wir sind die, die das entscheiden müssen. Ich persönlich finde Google Earth gut, halte das für einen echten Fortschritt. Aber es gibt natürlich auch Gründe, die dagegen sprechen. Ist Internet nicht ein Allgemeingut bzw. sollte ein solches sein, wie Wohnungen, Wasser, Strom, das man besser in die Hände der Allgemeinheit gibt, weil es de rAllgemeinheit zu gehören hat? Dann bräuchte man z.B. einen staatlichen oder wenigstens staatlich geprüften Browser.
    Die Mehrheit soll das entscheiden.

    Abhörsicherheit gibt es nicht und wird es nie geben. Diesen Zahn sollte man sich wirklich ziehen. Was es stattdessen gibt – um doch mal eine Analogie zur relaten Welt zu versuchen – sind Türschlösser vor den digitalen Wohnungen. Man könnte verschlüsselt miteinander kommunizieren, um Gelegenheitsdiebstahl zu verhindern. In jedem Provider gibt es Mitarbeiter, die im Prinzip unbegrenzten Zugriff auf die Emails haben, alles lesen können und bei genügend krimineller Energie schnell mal eine Erpressung machen könnten.

    Hier gibt es Lösungen in Form von Verschlüsselungen. Aber wie jedes „reale“ Türschloss auch ist jede Verschlüsselung von Profis knackbar. Jeder Datenknoten kann angezapft werden, jeder Datenfluss unbegrenzt kopiert und gespiegelt werden, ohne dass es jemand bemerkt. Man sollte als Erstes dieser Tatsache ins Auge sehen, statt den Leuten eine unerfüllbare Hoffnung von einer (im strengen Sinne) selbstbestimmten, „sicheren“ digitalen Kommunikation zu machen. Eine solche gibt es nicht und kann es auch nicht geben. Beispielsweise ist es sinnvoll, in seine Emails nur Sachen hineinzuschreiben, die nicht allzu kompromittierend sind. Wer das nicht will, sollte seinen Kommunikationsparter lieber besuchen und einen Waldspaziergang machen.

    Dass der Staat selber der größte Datensammler von allen ist, zumindest bei den armen Leuten, die Wohngeld etc. beantragen, darauf hat Herr Posener zurecht hingewiesen. Politiker sollten deshalb erstmal den Umgang mit staatseigenen Daten thematisieren, bevor sie auf Google zeigen.

  26. avatar

    Spr 24,5 ‚Der Weise ist dem Starken überlegen, ein verständiger Mensch dem robusten.‘ oder

    Francis Bacon: ‚Knowledge is power‘

    … daher die Sozialisten: ‚Nix knowledge macht nix.‘

    Sozialismus ist Selbstüberhebung. q.e.d.

    Ich beglückwünsche meinen Hamster für diese weitere Beweisführung. Es gilt zu überlegen ihn, meinen Hamster, nunmehr seinen dritten Dr. honoris causa … bla, bla …

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