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Wir geben nix ! Ein Plädoyer für Hartherzigkeit

Mildtätigkeit ist ein widerlicher Charakterzug. Jetzt auch Hasso Plattner, davor Bill Gates und David Rockefeller. Die Milliardäre wollen, nachdem sie sich ein Erwerbsleben lang ohne jeden Skrupel bereichert haben, geliebt werden und als kunstsinnig erscheinen.

Das ist der alte Mäzenatentraum, in dem sich die Wucherer und Ausbeuter in den Augen ihrer Zeitgenossen zu besseren Menschen erheben wollen. Es drängt ihre Seelen eine Art von Altersmilde. Ein kleines Paradies auf Erden soll nun ihren Namen tragen. Das Motiv ist vielleicht Reue, sicher aber Eitelkeit. Ekelhaft.

Der Mensch lebt ja nicht nur von Kunst allein; manche, so weiß man selbst in den besseren Vierteln, hungern wohl. Hier setzen die „Tafeln“ an, die arme Menschen aus den Mülltonnen der Reichen ernähren wollen. Weil man Lebensmittel, das tägliche Brot des Herrn, ja nicht einfach wegwirft, wird die Suppenküche mit den Resten aus dem Sterne-Restaurant aufgenordet. Den hungrigen Bettler, der an unsere Tür klopft, weisen wir auf unsere Mülltonne? Widerlich.

Pferdefleisch hat sich in die Nahrungskette jener geschlichen, die nur argentinisches „beef“ mögen oder spanischen „ham“, weil sich die Tiere allein von Gras oder Kastanien ernährten. Weil die Tiefkühlgourmets nun Ekel ereilt, entsteht eine mildtätige Idee: Man möge doch die Lasagne mit Fury  nicht wegwerfen, sondern an die Armen verfüttern. Zynisch.

Der Frankfurter Hauptbahnhof wird von Sinti und Roma durchzogen, die systematisch betteln. Über diese Romakinder höre ich nun, dass sie als Sklaven in gewerbsmäßigen Banden gehalten werden und 350 € pro Tag an die Clanchefs abliefern müssen, wollen sie nicht als Stricher zur Prostitution gezwungen werden. Mir kommt der Gedanke, dass ich mit meinem Euro dieses System überhaupt erst möglich mache. Fassungslos.

Auf dem gleichen Gleis spricht mich ein Junkie an, der etwas Hartgeld will. Man kann ahnen, dass er den nächsten Druck braucht. Betrachtet man ihn, sieht man, dass er nicht sesshaft ist und der Winter ihm zusetzt. Man kann die Uhr danach stellen, wann Aids oder Unterkühlung ihn umbringen. Die Zeit der Verwahrlosung verlängere ich mit meiner milden Gabe. Das Geld landet bei der internationalen Drogenmafia. Bedenklich.

Dabei gebe ich gerne. In Berlin Moabit kommt jeden Samstag ein Trompeter durch die Straße, immer werfe ich Geld vom Balkon. Ein Kind sammelt es ein. Ich fühle mich dabei gut, ja, danach fühle ich mich sogar besser, weil ich, der Schlipsträger, gezeigt habe, dass ich ein Herz habe. So ein klein wenig fühle ich mich wie der tolle Hasso in Potsdam. Was mein karitatives Herz aber in Wirklichkeit wärmt, ist Eitelkeit. Scheinheilig.

Geht es hier gegen versklavte Romakinder oder Junkies auf Entzug oder verarmte Menschen mit Hunger oder Universitäten mit Finanzbedarf oder klamme Museen, denen man ein Kupferdach schenken muss? Unsinn. Es geht darum, dass Mildtätigkeit die Empfänger beschämt und die Geber in dem Maße erhöht, in dem sie die Beschenkten erniedrigt. So wird nicht das Elend beseitigt, sondern es erscheint erträglich, den Nicht-Elenden. Hartherzigkeit wäre hilfreicher.

Niemand soll in diesem Land unter Brücken schlafen müssen oder aus Mülltonnen essen; das ist mein politischer Ernst. Aber genau dagegen hilft nicht diese scheinheilige Mildtätigkeit, sondern nur eine wirkliche Veränderung der Verhältnisse. Dieses „Geben-Wollen“ verlängert das Elend. Wir sollten es lassen. Im großen wie im kleinen. Christliche Nächstenliebe ist etwas ganz anderes, denn sie ist reinen Herzens.

Die Hassos dieser Welt mögen sich doch bitte ein anderes Hobby suchen, um ihr Ego zu pflegen. Vor die Altersmilde hätten sie in ihrem Erwerbsleben Steuerehrlichkeit stellen können. Und dort, wo der Staat ihnen die Steuerflucht legaliter erlaubt hat, Steuerredlichkeit. Und sollte die Mildtätigkeit auch noch staatssubventioniert, sprich steuersparend sein, so gilt endgültig: Schluss mit der Doppelmoral der milden Gaben.

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8 Gedanken zu “Wir geben nix ! Ein Plädoyer für Hartherzigkeit;”

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    Die alten Sozis im „sozialistische“ Ostreuropa/Balkan hatte die sozial-ethnische Herausforderung der Roma-Eingliederung HUMANISTISCHER und PRAKTISCHER „managed“ durch die Moeglichkeit (und Verpflichtung) zur normalen Arbeit in der staatlichen Landwirtschaft und Industrie, mit gleichzeitgen offiziellen Schranken gegen rassistsche Verfolgung Im heutigen wilden „Euro-West“ it’s: „Get yours and s… the rest“…

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    @M.B.
    „Die Chinesen verfolgen letztlich die gleiche Politik wie die westlichen Staaten in der Vergangenheit.“
    Leider haben Sie damit recht. Was ich aber meinte, ist, daß bezahlbare nachgefragte Waren aus China kommen (z.B. solare Handy-Ladegeräte) und damit vorort Handel betrieben wird. Sozusagen „Kollateralnutzen“ der Ausbeutung.

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    @KJN

    „Die beste “Entwicklungspolitik” in Afrika (arme Negerkinder und so..) machen die Chinesen. Weil sie Handel treiben. Auf Augenhöhe.“

    Das ist leider ein Märchen lieber KJN.

    Handel per se ist keine Entwicklungspolitik.

    Was in Afrika fehlt ist Investitionssicherheit für potentielle SMEs.

    Und solange die politishe Nomenclatura wie Santos in Angola und Mugabe in Zimbabwe ihre eigenen Länder mit Hilfe auch der Chinesen ausplündern, wird dort sich kein Wandel einstellen.

    Die Chinesen verfolgen letztlich die gleiche Politik wie die westlichen Staaten in der Vergangenheit.

    http://www.spiegel.de/politik/.....28609.html

    http://www.bbc.co.uk/news/business-20693119

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    K.K. hat meine volle Zustimmung.
    Die beste „Entwicklungspolitik“ in Afrika (arme Negerkinder und so..) machen die Chinesen. Weil sie Handel treiben. Auf Augenhöhe.
    In der arabischen Welt ist die Spende religiös gebotene Pflicht. Diese Pflicht verhindert auch die Abwertung des Empfangenden.
    Unsere verquaste, komplexbeladene „Spendenkultur“ ist vielleicht die Folge des Calvinismus.

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    @Klaus Kocks

    „Dieses „Geben-Wollen“ verlängert das Elend. Wir sollten es lassen.“

    Kann ich auch unterschreiben.

    Besser man kauft einen straßenzeitung oder man engaiert sich in einem Bürgerprojekt, dass
    “ nachhaltig“ bestimmte Mißstände in unserer Gesellschaft beseitigt.

    Wie wäre es z.B. wenn Sie Ihre Erfahrungen im PR Bereich kostenlos einer NGO zur Verfügung stellen?

    Vor Ihrer Haustür in Berlin-Moabit gibt es doch sicherlich einige.

    Ist doch sicherlich wertvoller als ein paar Münzen den Balkon hinunterzuwerfen, um damit das Gewissen zu beruhigen.

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