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Verfassungsschutz – drei Stück zehn Mark

So spotteten wir früher, in meiner wilden Jugend, über die Schlapphüte. Verfassungsschutz als Kondome. Drei Stück zehn Mark. Antikonzeptiva. Pariser. Wir wollten jene verächtlich machen, die uns als Büttel des Regimes erschienen.

Das war pubertär. Denn dieser Staat war kein Unrechtsregime, das den Tyrannenmord gerechtfertigt hätte. Und der Terror, damals linksradikaler Herkunft, hat keine Glorifizierung verdient. Heute weiß ich, die Verfassung ist ein Gut, das man schützen sollte.

Um so schmerzhafter, wie sich die Verfassungsschützer jüngst in eine Perspektive bringen, die nur eine Frage erlaubt: Sind das Verbrecher oder Trottel? Es sind Trottel.

Der Fall der faschistischen Mörderbande NSU zeigt diesen Staat in einem Zustand, der Spott im Halse stecken bleiben lässt. Eine Terrorbande hat infam Migranten abgeschlachtet. Und die Behörden haben dann die Familien der Opfer zu Tätern gemacht.

Als Aufklärung über das Versagen der Behörden droht, gehen die Akten in den Schredder. Beweisvernichtung. Strafvereitelung im Amt? Die Frage steht im Raum. Vom CSU-Innenminister hohle Sprüche in scharfem Ton. Das reicht nicht.

Viele Fragen stehen im Raum. Und Entlastung kommt nur von dem grotesken Argument, dass der Verfassungsschutz für so viel kriminelle Energie sicher zu doof sei. Na bravo.

Ein Halbweltmilieu scheint auf. Agenten, Gegenagenten, Informanten, V-Leute. Nazis mit einem Zubrot als Denunzianten. Selbst wenn so etwa unumgänglich ist, es gefällt mir in der widerlichen Mischung von Justiz und Verbrechen nicht.

Müssen Geheimdienste so sein? Wenn dabei der Verdacht eines tiefen Staates entsteht, dann ist Schluss mit lustig. Tiefer Staat meint, dass sich die Verfassungsschützer die braune Sache zu eigen gemacht haben. Weimarer Befürchtungen. Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.

Aber warum sind die Schützer so schlecht? Avanti diletanti. Jeder Malermeister, der einen solchen Schlendrian in seinem Betrieb tolerierte, ginge pleite. Keine Nudel liefe vom Band, wenn diese Jungs sie fertigen müssten. Inkompetenz mit Pensionsanspruch.

Die Lösung ist banal. Der Verfassungsschutz ist so schlecht, weil er eine Behörde ist. Die Verfassung wird nicht geschützt, weil damit ein Konglomerat von Behörden beauftragt ist.

 

Der Staat ist nicht Dienstleister seiner Bürger. Der Behördenstaat ist Selbstverwalter. Die Politik sollte das kontrollieren; das kann nicht gut gehen. Doch Beamte könnten, was wir von ihnen erwarten, wenn sie nicht mehr Beamte sein müssten.

 

Preußen ist groß geworden, weil es überall von Staats wegen agierte. Preußen wird untergehen, wenn wir nicht lernen, dass das Problem der Behörden die Behörden sind. Wer den Staat effizient will, wird ihn von seinen Behörden befreien müssen.

 

Der Fall NSU hat einen weiteren Grund geliefert, die staatliche Verwaltung als hoheitliches Behördentum zurückzuschneiden. Das vermaledeite Berufsbeamtentum gehört abgeschafft.

 

Man muss den Geheimen das Geheime nehmen (das hat der Grüne Ströbele recht); und man muss den Beamten die Behörde nehmen. Lasst die Schlapphüte erfolgsorientiert arbeiten, bezahlt sie gut oder schmeißt sie raus.

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5 Gedanken zu “Verfassungsschutz – drei Stück zehn Mark;”

  1. avatar

    Von beiden Amerikas gesehen, wahrscheinlich auch von auserhalb Deutschlands: Jede Panne welche die imperfekte „Normalitaet“ der deutschen Gesellschaft erkennen laesst, ist eigentlich positiv fuer Deutsche, weil man sie dann genau so wie andere normalen Menschen betrachtet. Besonders eine gestapo-artige Behoerde welche sich zumindest symbolisch als nazi-freundlich und fremden-argwoehnich erkennen laesst – zeigt Deutschland als noch geplagt vom Schatten einer noch nicht vollkommen verschwundenen entstellenten Ideologie.

  2. avatar

    @Lieber Herr Kocks:
    Ende der 60er Jahre und die ganzen 70er Jahre adressierte ein guter Freund von mir seine Urlaubspost an mich immer mit dem Ländervermerk“Amerikanisch besetzte Zone“, anstatt BRD. Dies erweckte irgendwann einmal tatsächlich den Unmut des“Heimatschutzes“.

    Nach dem Skandal mit dem Bundesmeldegesetz, sowie dem Rücktritt des Chefs des Verfassungsschutzes, sollte sich mein Freund jetzt wirklich ernsthaft fragen, an welches Deutsche Land er zukünftig seine Post an mich adressiert.

    Bankenrepublik Deutschland, Bananenrepublik Deutschland, Undemokratische Republik Deutschland,
    Vereinigtes Königreich Merkel, usw.

    Nun ja, vielleicht fällt ihm eine gleich treffende Bezeochnung ein, wie einem besonders Findigen, die neue Bezeichnung für den BND“Bundes-Nachsende-Dienst“, für Teppiche aus dem Morgenland.

    Meinem Gefühl nach befinden wir uns nicht nur auf dem Weg in die Postdemokratie, mir riecht es schon verdächtig stark nach Diktatur!!!

    Ich werde mich zwar weiterhin als Demokraten bezeichnen, dieses, unser Land aber niemals mehr als Demokratie. Dafür hat unser Parlament gestern gesorgt, und zwar gesamtdeutsch!!!!!!!!!!!!

  3. avatar

    Strafanzeige

    gegen die Mitglieder der Bundesregierung, Mitglieder des Bundestages und des Bundesrates der Bundesrepublik Deutschland

    welche dem ESM-Vertrag zugestimmt haben

    wegen Hochverrates und Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens

    gemäß §81 – §83 StGB

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