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Ein deutscher Kriegsminister als Popstar

Karl Theodor zu Guttenberg ist nicht mehr Verteidigungsminister. Er widmet sich nach einschlägigem Bekunden der „Vernichtung“ von Menschen einer Bürgerkriegspartei in Afghanistan, jedenfalls wenn sie vorher Tanklaster gestohlen haben.

Dann dürfen Hundertschaften von Menschen zusammengebombt werden, Zivilisten unbekannter Zahl eingeschlossen. Darüber redet man nunmehr frank und frei, nachdem zunächst die Wahrheit das erste Opfer der kriegsähnlichen Zustände war. Trotzdem darf man Zweifel haben, ob unser Vaterland bereit für einen derartigen Angriffskrieg ist.

Wenn Verteidigungsminister Scharping einst stürzte, weil er deutsche Soldaten zu Auslandseinsätzen sandte und sich gleichzeitig mit einer Gräfin im mallorquinischen Pool räkelte, sollte man auf die Pose unseres neuen „war lords“ achten.

Guttenberg ist klüger als Scharping, aber allem Anschein nach nicht weniger eitel. Er zeigt sich prahlend als besonders clever; die Amerikaner nennen das smart. Der neue deutsche Kriegsminister inszeniert sich zugleich inbrünstig als Popstar. Auf einer solchen unheiligen Allianz von Ernst und Eitelkeit liegt kein Segen.

Sehr genau hört die CDU ihm zu, vor allem wie der CSU-Mann Guttenberg über seinen Amtsvorgänger redet. Den braven Jung hat man als Trottel nach Hause geschickt; und der fränkische Baron tritt nach. Ob gelogen worden sei, wird er gefragt, und er antwortet: „Nicht in meiner Amtszeit!“ Also vorher.

Er behandelt Jung wie einen Paria, über den er kein weiteres Wort zu verlieren hat. Die Seele der Union ist von einer kleinbürgerlichen Solidität, der es bei soviel Yuppitum fröstelt. Seine Profilneurose wird dem Allzu-Alerten viele Feinde in den eigenen Reihen schaffen. Dazu können Liberale kommen, die sich wundern, dass das Verteidigungsressort neuerdings die Außenpolitik gleich mit macht.

Westerwelle ist nicht nur Vizekanzler, er ist auch nur Vizeaußenminister. Und irgendwann wird Merkel wach und sorgt für die Wiederherstellung der Kleiderordnung: Sie macht dann den Oettinger mit ihm. Guttenberg ist ein Schlaumeier, das ist nicht klug. Im Amerikanischen sagt der Volksmund: „Nobody loves a smart ass.“ Einen Klugscheißer mag niemand. Guttenbergs erster politischer Sargnagel.

Die größere Gefahr für den Bündniskonsens des Landes geht von der so provozierten SPD aus. Wenn den Anhängern der Sozialdemokraten weiterhin ein aalglatter Bellizismus geboten wird, fällt die außenpolitische Staatsräson. Dieses Land ist nicht kriegslüstern, schon gar nicht finden Sozis einen solchen Krieg geil; aber genau so wirkt der Herr Minister auf viele Friedensfreunde: irgendwie kriegsgeil.

Hier liegt der zweite politische Sargnagel. Die SPD wird eine Kriegsunterstützung innerparteilich nicht mehr organisieren können. Und dann kämpfen am Hindukusch Merkel und Westerwelle und nicht mehr Deutschland. Wer mit einer solchen Konstellation, also im Stahlhelm gegen Sozis, Linke und Grüne in eine Bundestagswahl oder in ein parlamentarisches Misstrauensvotum muss, ist abgewählt; man frage den Altkanzler Schröder, den Erfinder dieses Tricks. Selbst wenn Schwarz-Gelb überlebt, wäre der außenpolitische Schaden  dramatisch.

Der Popstar mit dem schlanken Fuß kriegt sein Ministerium nicht mehr in den Griff. Ohnehin neigt das Militär zu Dolchstoßlegenden und einer inneren Verachtung der Politiker, die schwätzen, während „da draußen“ die Männer ihr Leben nicht nur riskieren, sondern auch verlieren. Das „fränkische Bengelchen“, wie sie Herrn Baron in den Kasinos nennen, hat sich über Nacht in den lauen Wind des Populismus gelegt.

Er brüstet sich mit eigenen völkerrechtlichen Erkenntnissen und originären militärstrategischen Erwägungen zu einem Zeitpunkt, da er sich im Verteidigungsministerium wohl noch den Weg zum Klo zeigen lassen muss. Der Truppe erscheint er als Feigling vor dem Feind, der seine Haut durch Spontanentlassungen rettete. Die Verachtung der Bundeswehr ist der dritte politische Sargnagel des Freiherrn mit den Hardrock-Vorlieben. Die Truppe freut sich schon jetzt auf den letzten Zapfenstreich für den Minister mit dem kurzen Mäntelchen.

Richten werden den charismatischen Politiker jene, die ihn groß gemacht haben, die Medien. Noch schwillt das Glück über oberchice Fotos aus Bayreuth und den hübschen neuen Einreiher im BOSS-Look und die Gattin mit bella figura.

Aber schon beginnt das Gift der Eitelkeit zu wirken. Wir sehen den Minister vor die Kameras am CSU-Hauptquartier eilen, und er kann die Vorfreude auf seinen nächsten schlauen Satz kaum verbergen. Die Gefallsucht blitzt aus seinen Augen.

Aus Pressekonferenzen werden nur noch Statements; foto-opps hat Ronald Reagan das genannt, Gelegenheiten, bei denen man ihn ablichten darf. Sehr präsidial. Fragen unerwünscht. Charisma wird zur Masche. Selbst Joschka Fischer hat dieses Schwinden jedweder Demut politisch entzaubert. Bei Guttenberg kommt hinzu, dass er nicht mal die Leidenspose von Fischer vollführt. Er ist gut drauf, so wie wir es von seiner Landsmännin Gloria von Thurn und Taxis kennen.

Der Kriegsminister als Medienstar, das ist ein sehr kurzlebiges Vergnügen. Wen sie hochschreiben, sagt ein Boulevardjournalist, den dürfen sie auch wieder runterschreiben. Der vierte Nagel für den Sarg einer politischen Karriere. Erst Opel, dann Kundus, morgen die Welt.

Ich schließe mit einem persönlichen Wort zu diesem fabelhaften Krieg am Hindukusch und dem fabelhaften KTG: „Nicht in meinem Namen!“ Man sieht, es geht bei mir schon los mit der Aufkündigung der außenpolitischen Staatsräson. Ich beginne zu denken: „Holt unsere Jungens nach Hause!“ Das wird ein zweites Vietnam, ein Krieg, den auch die Sieger verlieren.

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6 Gedanken zu “Ein deutscher Kriegsminister als Popstar;”

  1. avatar

    Herr Kocks, ich verstehe Sie: dass da einer Medienstar wurde, ohne von Ihnen beraten zu sein – das geht Ihnen gewiß gewaltig auf den Sack!

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    Von der „neutralen“ Welt gesehen: Auch im „neuen“ Deutschland sind noch viele welche das Wort „stark“, im Zusammenhang mit Deutschlands Beziehungen zu Welt , zu auffaellig gebrauchen: „Eine starke Stimme in Europa“. Irgendwie merkt das der Deutsche noch nicht: Keiner in Europa moechte wieder ein „starkes“ Deutschland: Auch nicht in der Weltpolitik! Wer ein „starkes“ Deutschland, fuer seine geostrategische „global-whole-spectrum-domination“ wuenscht ist nur einer: Der New Yaaarker! Das darf aber keiner in Deutschland ganz unverbluemt sagen – die Haelfte sind schon Ersatz-Amis und die Schalter&Walter waren doch alle ein Jahre als „Gaststudent“ in einem USA-Elfenbeinturm, und dafuer muessen sie ein lebenlang alles schoen gemuetlich fuer ihre Wohltaeter verrichten.

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    Habe noch selten eine solch unsachliche – weil sowohl polemisch als auch persönlich untergriffig – politische Analyse gelesen.
    Nein, soooooo nicht! ;-(

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    Übel, übel, Herr Kocks, haben Sie das nötig??
    Ganze Kübel voll Häme und Boshaftigkeit schütten Sie aus, ist man eigentlich so in diesem sonst so sachlichen Forum nicht gewohnt.
    Und locker übernehmen Sie die Etiketten aus dem ultralinken Lager. Solche zielführenden Vergleiche – war lord, Klugsch…., Schlaumeier, Kriegsminister, Profilneurotiker, kriegsgeil und weitere ähnlich nette Bezeichnungen sind der Auseinandersetzung in dieser ernsten Angelegenheit nicht angemessen (um dieses in den letzten Tagen arg strapazierte Wort zu gebrauchen)
    Mag sein, dass Sie dafür in der FR Anerkennung und Beifall finden, in diesem Blog sollten wir – trotz gewünschter deutlicher Sprache – sachlich und weniger persönlich beleidigend bleiben/werden.
    Im Übrigen empfehle ich, bei der Wiedergabe von Kasinoberichten vielleicht etwas genauer hinzuhören wenn von KTG – und nicht vom „fränkischen Bengelchen“ (ei, wie lustig!) gesprochen wird. Viel deutlicher liegt da die Betonung auf Loyalität und Respekt zu und vor einem Minister, der sich nicht scheut, zu seinen Soldaten zu stehen. Und das mit den „Spontanentlassungen“ wissen Sie besser, Herr Kocks.
    Über den hinter so viel Polemik versteckten eigentlichen Inhalt Ihres Beitrages zu diskutieren, macht mir die Gehässigkeit der Formulierung leider unmöglich.
    Si tacuisses…

  5. avatar

    Das war so reflexartig wie gewohnt, inkompetent und rasch fällig, klar.
    Der Herr Kocks, diesmal in der Rolle:
    „Selbsternannter Afghanistanexperte beim überventilierendendem Sesselfurzen.“ Niedlig!

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